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und Kainit. Es bestehen einige Stationen für Wiesendüngungsversuche. Die Resultate der interessanten Versuche sprechen sehr zu Gunsten der Thomasmehl-Kainitdüngung. Eine Kunstdüngerfabrik existiert in Märstetten, doch wird eine Menge Kunstdünger importiert, und zwar meist genossenschaftlich. Auch in der Fütterungslehre sind neue Bahnen betreten. Heu, Emd und andere Futterstoffe werden ergänzt durch sog. Kraftfutter (Kleien, Erdnuss und Sesam, Malzkeime, Mais, Treber, Abfallprodukte der Mehlmüllerei).
Den bessern landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen ist man sehr zugänglich. Ueberhaupt zeigen sich die Bauern seit ihrer Organisation und seit Errichtung einer landwirtschaftlichen Winterschule (mit drei Hauptlehrern) ungemein regsam für Förderung ihrer Interessen. Zentralstelle ist der thurgauische landwirtschaftliche Verein. Gegründet 1835 von Seminardirektor Wehrli, zählte er im Jahr 1906 in 50 Sektionen beinahe 3000 Mitglieder und über 200 Einzelmitglieder. Der Zweck des Vereins ist Förderung von Land- und Volkswirtschaft in technischer und wirtschaftspolitischer Richtung. Er sucht ihn zu erfüllen:
1) Durch Veranstaltung und Unterstützung von Kursen und Wandervorträgen über land- und volkswirtschaftliche Fragen. - 2) Durch Herausgabe eines Vereinsblattes und Unterhaltung einer landwirtschaftlichen Bibliothek. - 3) Durch Förderung des Genossenschaftswesens, insbesondere durch Anhandnahme der Vermittlung landwirtschaftlicher Bedarfsartikel und Verwertung landwirtschaftlicher Produkte bezw. Verbesserung des Absatzes derselben. Zu diesem Zwecke bildet der Hauptverein die Sonderabteilung Genossenschaftswesen. - 4) Durch die Abhaltung und Unterstützung landwirtschaftlicher Ausstellungen und Produktenmärkte, Geräteproben und Kulturversuchen. - 5) Durch Unterstützung der dem Hauptverein beigetretenen Zweigvereine, wie der Bestrebungen des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins und des schweizerischen Bauernverbandes.
Die Menge der durch den Genossenschaftsverband des thurgauischen landwirtschaftlichen Vereins im Jahre 1904/05 an dessen Sektionen gelieferten Düngemittel beträgt 2584355 kg, an Futtermitteln 42000 kg, der Wert der Düngemittel Fr. 198100. Die landwirtschaftliche Winterschule war zwei Winter über provisorisch in der Kaserne Frauenfeld untergebracht und hat seit dem Winter 1906/07 ein nach Lage und Einrichtung ausgezeichnetes Heim in Arenenberg gefunden, welches Schlossgut von der Exkaiserin Eugenie im Frühjahr 1906 dem Kanton geschenkt worden ist. Der Schule ist jetzt auch eine milchwirtschaftliche Versuchsstation angegliedert. Neuestens sucht der landwirtschaftliche Verein den Getreidebau wieder zu heben durch Abhaltung von Samenmärkten mit Prämierung für vorzügliches Saatgut. Es existiert auch ein kantonaler Obstbauverein.
Der Weinbau ist zur Zeit noch in allen Bezirken vertreten; in den Bezirken Arbon, Diessenhofen, Bischofszell und Münchwilen allerdings nur in geringem Umfange. Höchstgelegene Lagen sind die bei Bettwiesen und Eschlikon (620 m). Berühmtere Thurgauer Weine sind diejenigen von Ittingen (Karthäusler), Ottenberg (Bachtobler), Bissegg, Götighofen, Stettfurt (Sonnenberger), Herdern, Steinegg und Katharinenthal. Die Qualität des Traubensaftes wird durch sorgfältige Absonderung des weissen Gewächses vom roten und durch Vor- und Nachlese des letztem in zwei bis drei Qualitäten gehoben.
Die für das Jahr 1906 aufgenommene Statistik der Weinernte ergibt folgende Zahlen:
Bezirke | Fläche des Reblandes | Quantität in Hektolitern | Geldwert (Mittl. Preis) per Hektoliter in Franken | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
ha | Rotes Gewächs hl | Weisses Gewächs hl | Gemischtes Gewächs hl | Rotes Gewächs Fr. | Weisses Gewächs Fr. | Gem. Gewächs Fr. | |
Arbon | 8.21 | 42.00 | - | 8.80 | 73.33 | - | 70.- |
Bischofszell | 36.25 | 83.35 | - | - | 66.- | - | - |
Diessenhofen | 55.00 | 25.00 | 330.00 | 30.00 | 50.- | 30.33 | 40.- |
Frauenfeld | 324.82 | 765.10 | 2463.30 | 362.65 | 50.94 | 31.44 | 36.25 |
Kreuzlingen | 113.69 | 234.00 | 884.00 | 75.80 | 43.60 | 25.80 | 36.- |
Münchwilen | 47.34 | 47.00 | 38.00 | 25.00 | 53.33 | 35.- | 40.- |
Steckborn | 317.07 | 679.20 | 3615.30 | 189.80 | 47.85 | 29.97 | 29.25 |
Weinfelden | 176.90 | 1532.50 | 516.00 | 305.40 | 44.33 | 32.62 | 31.75 |
Total | 1079.28 | 3408.15 | 7846.93 | 997.45 | 53.67 | 30.86 | 40.46 |
Geldwert Fr. | 182895.41 | 242146.07 | 40266.82 |
Ein zuverlässiger buchführender Winzer am Untersee berechnete das Durchschnittsergebnis einer Juchart Reben von 5000 Stöcken (wovon ⅔ weisses und ⅓ rotes Gewächs) in den 20 Jahren von 1881 bis 1901 und erhielt:
Fr. | |
---|---|
Brutto-Ertrag pro Juchart | 401.20 |
Unkosten | 378.- |
Bleiben | 23.20 |
Hieraus folgt, dass bei Annahme einer Verzinsung von 4% die Juchart Reben dort bloss noch 580 Fr. und die Hektare 1580 Fr. wert ist. Daneben gibt es aber Weinlagen im Kanton (besonders an steilen Halden), die nicht mehr als einen Taglohn von 20-30 Rappen rentieren, also völlig wertlos sind. Es ist daher wohl begreiflich, wenn bei Abstimmungen über ein Gesetz von finanzieller Tragweite die Weinbauern des Thurgaues gerne negieren.
Für das Pflanzen und Pflegen von Obstbäumen, namentlich Kernobstbäumen, haben die Thurgauer von jeher eine grosse Vorliebe gehabt, was nicht Wunder nehmen muss in einer Gegend, wo der Boden und das Klima für die Entwicklung kräftiger, mächtiger Obstbäume und für reichen Ertrag an gutem Wirtschafts- und Tafelobst so günstig sind. Seitdem für Absatz gesorgt und Aepfel, sowie Apfelwein und Birnensaft ein reger Handelsartikel geworden sind, wird der Obstkultur noch vermehrte Beachtung geschenkt. In zahlreichen Vorträgen und Kursen (teils im Kanton, teils an der Schule zu Wädenswil) über Zucht und Wartung des Obstbaumes, Sortenkunde, Bekämpfung der Schädlinge, Verpackung und Versand von Obst, sowie über Mostbereitung und Kelterung sucht man den Obstbau zu heben. Die Thurgauer Bauern sind erklärte Pomologen und Freunde des Obstbaumes. ¶
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Namentlich das thurgauische Mostobst erfreut sich eines ausgezeichneten Rufes. Eine Obstbaustatistik mit Zählung sämtlicher Obstbäume ist im Jahr 1884 aufgenommen worden. Darnach betrug die Zahl sämtlicher Obstbäume im Acker- und Wiesland 968839, die der Gartenobstbäume 30093, zusammen 998932 Stück. Davon waren 806356 Kernobstbäume und 147491 Steinobstbäume. Es entfielen: pro ha Gesamtfläche 11,5 und pro ha Obstbauareal 16,1 Bäume, sowie auf je 1 Ew. rund 10 Bäume.
Von 1859 bis 1884 vermehrte sich die Zahl der Obstbäume um 91229 Stück. 1884 war der Prozentanteil der Apfelbäume 50,4%, der Birnbäume 32,9%, der Kirschbäume 3,0%, der Zwetschgen- und Pflaumenbäume 12,3% und der Nussbäume 1,4%. Der Hauptexport geht immer noch nach Stuttgart, wohin innert 11 Jahren 16379 Wagenladungen aus Oesterreich und 16375 solcher aus der Schweiz (meist aus dem Thurgau) gegangen sind. Erst in grossen Abständen von 1800-4700 Wagenladungen folgen Holland, Belgien, Hessen, Frankreich und Baden.
In neuerer Zeit haben sich Genossenschaften für Obstexport, sowie für rationelle Herstellung und Kelterung des Obstweins gebildet; so in Egnach, Bischofszell, Märstetten, Oberaach etc. Die Obstverwertungsgenossenschaft Bischofszell zählt z. B. etwa 60 Landwirte aus Bischofszell und den Nachbargemeinden als Mitglieder. Es wird laut Statuten zunächst das verfügbare Obst der Genossenschafter und, je nach Bedarf, nachher auch dasjenige anderer Bauern verarbeitet und abgesetzt.
Grosse, von Motoren getriebene Obstmühlen in der obern Etage des Gebäudes mahlen täglich 500-600 Meterzentner Obst; dieses fällt in die im Parterre befindlichen Pressen-Beete (auf Rollwagen), wird hier mittels hydraulischer Pressen ausgepresst und der Saft durch Schläuche in die prächtigen ovalen (bis 5 m hohen und 100-120 hl fassenden) Lagerfässer im Keller geleitet. Nach aussen ist der Verkehr sehr kulant. Hunderte von Transportfässern in allen möglichen Grössen werden den Konsumenten leihweise zur Verfügung gestellt.
Egnach besitzt eine Dampfzentralheizung in den Kellern, um durch gleichmässige Temperatur einen raschen Gährungsprozess und damit glanzhelle, haltbare Produkte zu erzielen. Eine selbsttätige Wasserdruckpumpe befördert die Säfte in die Lagerfässer. Die Genossenschaft Egnach hat 1905/06 nicht weniger als 800000 Liter Saft und Most verkauft. Das Jahr 1906 hatte bisher im Thurgau wahrscheinlich den stärksten Handel in Obst und Obstsäften aufzuweisen. Die Zufahrtsstrassen zu den Obstmärkten, zu den Genossenschaftsmostereien und den Eisenbahnstationen waren zeitweise von Obstfuhrwerken förmlich gesperrt. Der Export über Romanshorn und Singen dürfte 1500 Eisenbahnwagenladungen betragen haben (in Romanshorn allein während 14 Tagen täglich 100-120 Wagenladungen).
[F. Ribi.]
Die Hauptobstgegend ist das Egnach mit seinen riesigen Birnbäumen; hier allein gedeiht auch noch der Kirschbaum in grösseren Mengen auf Kalkboden im sog. «Chriesichratten» Obstbaumwälder haben auch die Seeufer von Horn bis unterhalb Steckborn, der flache O.-Teil des Seerückens und der Bezirk Bischofszell. Das Thurthal mit seinem Kiesboden ist dem Obstbaum weniger günstig. Leider werden noch immer viel zu viele Sorten gepflanzt (nach Schwyzer-Reber 264 Aepfel- und 172 Birnensorten), weshalb keine Gleichmässigkeit in der Handelsware und im Obstwein vorhanden ist.
Als beste Mostobstsorten erfreuen sich weiter Verbreitung: unter den Aepfeln Waldhöfler, Uttwiler oder Spätlauber, Gelbjoggler, Rotenhauser Holzapfel, Palmoder Nägeliapfel, Hessenreuter, Salomonsapfel etc.;
unter den Birnen: Sülibirne, Bergler, Gelbmöstler, Grünmöstler, Guntershauser, Knollbirne, Spätweinbirne und.
Wasser- oder Kugelbirne. Als Tafeläpfel erzielen hohe Preise: Fraurotacher, Baumanns und Kasseler Reinette, Gravensteiner, Goldparmaine, Breitacher, Pariser Rambour, Lederapfel, Sommerer (roter Sommerkalvill) u. a. Unter den Birnen spielt fast nur die Pastorenbirne eine Rolle als Lagerfrucht; der Baum ist sehr tragbar. Einige wertvolle alte Sorten gehen immer mehr zurück: Fraurotacher- und Gelbjogglerbäume wollen nicht mehr recht gedeihen, und auch die Langstieler- oder Chriesibirne wird nur noch selten angetroffen. Beim Steinobst spielt die Zwetschge die wichtigste Rolle; einzelne Gemeinden führen in günstigen Jahren 1200-1500 Zentner aus, meist zum Brennen. Als Dörrfrucht kann sie mit den billigen Balkanzwetschgen nicht konkurrieren. Die Hauptsorte ist die gewöhnliche Hauszwetschge, doch sind auch die ¶