1721 von Bern
erworben, trat er 1746 an Bern
wieder ab; das
Schloss hingegen wurde von da an Privatbesitz und ist es jetzt noch. Hier
verlebte der Schriftsteller Alfred Hartmann (1814-1897) als Sohn des damaligen Oberamtmanns des Amtes
Aarwangen seine Jugendzeit,
und das
Schloss und seine Umgebung ist auch der Schauplatz seines
RomansMeister Putsch und seine Gesellen
(erste Ausgabe: Solothurn
1858). 1220: Tunchstetten; 1228: Tuncstetin; 1387: Thungstetten. Die Ableitung des Namens vom keltischen
dunum = Hügel und dem lateinischen statio = Wachtposten ist sehr zweifelhaft. - Vergl.
Mülinen'sHeimatkunde desKantons Bern
(5. Heft.
Bern
1890).
Die Thur entspringt im obersten
Toggenburg, das orographisch und geologisch eine weite Mulde bildet, im N. vom
Säntisgebirge
und im S. von den
Churfirsten begrenzt ist, sowie eine durchschnittliche Breite von 6 km und eine Länge
von 8 km hat. Ihr Kern besteht aus Flysch, einem schiefrigen und leicht verwitternden Gestein, auf dem die schönen
Alpen
s.
Wildhaus liegen. Im tiefsten Teil dieser Mulde hat sich ein Längenthal gebildet, das von der Passhöhe
bei
Wildhaus bis nach
Starkenbach reicht.
Den obersten Teil der Thallinie nimmt die
Wildhausthur ein, deren Quellen im Munzenriet (1028 m) auf der Passhöhe gegen das
St. gallische
Rheinthal hin liegen und die bis
Unterwasser, wo sie sich mit der Säntisthur vereinigt, auf Flysch fliesst.
Sie hat eine Länge von 4,5 km und ein Gefälle von 128 m oder 2,85%. Da die beiden Thalflanken hauptsächlich
aus Kreidekalken bestehen, die Regen- und Schneewasser leicht in ihren vielen Spalten einsickern lassen, ist das Gebiet der
Ausbildung von starken Seitenbächen ungünstig.
Während so z. B. die Kammlinie der
Churfirsten von der Thur etwa 5 km entfernt liegt, kommen von dieser
Seite nur
Bäche von 0,5-2 km Länge herab. Einzig bei
Starkenbach erscheint von links ein «starker» Bach, der 5 km lange
Leistbach, der aber nicht auf Kalkstein, sondern auf den eozänen Bildungen sich entwickelt, welche die w. Fortsetzung
der Mulde vonWildhaus darstellen. Auch von rechts kommen mit einer einzigen Ausnahme nur unbedeutende
Bäche. Diese Ausnahme ist die Säntisthur, welche sich bei
Unterwasser mit der
Wildhausthur vereinigt, nachdem sie die südliche
der beiden westlichen Säntisketten durchbrochen hat.
Als ihren
Ursprung kann man den
Gräppelensee (1308 m) ansehen. Damit hat sie eine Länge von 4,8 km und
ein Gefälle von 408 m oder 8,5%. Sie zeigt demnach noch mehr als die
Wildhausthur Wildbachcharakter. Die so aus der Vereinigung
von
Wildhausthur und Säntisthur entstandene Thur durchfliesst nun von
Unterwasser bis zur Ruine
Starkenstein ein ziem-ich breites
Thal, das bis
Starkenbach in der Mulde von
Wildhaus liegt, von da an aber Querthal
ist. Dennoch hat das
ganze Thalstück den einheitlichen Typus einer mit
Schutt erfüllten Rinne.
Anschwemmungen der Thur und des
Leistbaches bilden zusammen mit Gehängeschutt eine Aufschüttungsebene von 5,3 km Länge
und 500-600 m Breite. Die Thur selbst hat auf dieser Strecke eine Lauflänge von 6 km und ein Gefälle
von 38 m oder 0,6%. Dieses Gefälle wird durch den Felsriegel von
Starkenstein (862 m) bestimmt, der auch die ganze thalaufwärts
gelegene Alluvion veranlasst hat. Es ist stark genug, um der Thur zu gestatten, die von den
Seiten herkommenden Schuttmassen
anzugreifen und in ihnen ein breites und flaches Thal auszutiefen, an dessen Erweiterung sie stetsfort
arbeitet. Auf den Terrassen liegen die Ansiedlungen des obern
Toggenburgs:
Starkenbach,
AltSt. Johann und
Unterwasser, die aber,
wie auch das weiter oben befindliche
Wildhaus, nur rudimentäre Ansätze zu
Dörfern geblieben sind, da die überall vorhandenen
Quellen die Hofsiedelung begünstigten.
Schon bei
Starkenbach wendet sich die Thur nach NW. und wird ihr Thal zum Querthal durch das
Säntisgebirge. Bei der Ruine
Starkenstein verengt sich das Thal plötzlich zu einer
Schlucht, die aber nur etwa 600 m lang ist. Dieser Durchbruch schneidet
das westl. Ende des
Säntisgebirges, den Hädernberg, vom übrigen Gebirgskörper ab. Dicht an der Thur
erheben sich links der
Mittagberg (1552 m) und rechts der Rotenstein (1344 m). An dieser Stelle verlässt die Thur das Kalksteingebiet,
um nun rasch das subalpine Eozän zu durchqueren und bis
Dietfurt in der dislozierten Molasse zu fliessen, die schon bei
Stein beginnt.
Damit quert sie nacheinander: die auf sich selbst zurückgelegte Molasse (zwischen
Stein und
Nesslau), die zweite Synklinale
(zwischen
Nesslau und
NeuSt. Johann), die zweite Antiklinale (ob
Ebnat), die erste Synklinale (bei
Ebnat) und die erste Antiklinale
(bei
Kappel). Auf diesem Teil ihres
Laufes trifft die Thur also lauter schief bis senkrecht gestellte Schichten
von Nagelfluh, Sandstein und Mergel, die je nach Lage und Widerstandsfähigkeit sowohl die Details als auch die Hauptzüge
der Orographie bedingen.
Gerade unterhalb der
Schlucht von
Starkenstein tritt die Thur in das subalpine Eozän ein, in dessen weichen, schiefrigen Schichten
sie eine Thalerweiterung geschaffen hat, der an der Grenze zwischen Eozän und Molasse unmittelbar eine
zweite folgt. Beide zusammen sind bloss etwa 2 km lang und mit Alluvionen bedeckt, in denen man deutlich alte Thurufer unterscheiden
kann. Zwischen beiden ragt aus dem
Schutt anstehender Molassefels auf, der Gelegenheit zu einem Flussübergang bot und so
die Entstehung des Dorfes
Stein begünstigte. Das Eozän veranlasste die Bildung eines Längenthälchens,
in welchem der 4 km lange
Dürrenbachoberhalb Stein von links der Thur zustrebt. Von der selben
Seite kommt unterhalb des Dorfes
Stein die
Weisse Thur, die ihr Thal ungefähr auf der Grenze zwischen Eozän und Molasse gebildet hat und
mit ihrem 8 km langem
Lauf bis an den Gipfel des
Speer hinaufreicht.
Thur
* 2 Seite 46.95.
Unterhalb
Stein treten die stark geneigten Schichten der Kalknagelfluh der Speerkette dicht an den Fluss heran, indem sich
links davon der Blaskopf (1446 m) und rechts der
Stockberg (1754 m) erhebt. Die nach SO. fallenden Nagelfluhbänke
bilden lauter unsymmetrische
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Firsten mit steilerem Nordabbruch und sanfterem Südgehänge. Zwischen den Firsten sind kleine Isoklinalthälchen entstanden,
in welchen kurze Bäche von links und rechts der Thur zuströmen. Diese selber fliesst in enger Schlucht, hat aber auf der
rechten Thalseite eine Erosionsterrasse stehen lassen, welcher die Thalstrasse folgt.
Von Nesslau aus sieht man thalaufwärts die Steilabstürze von Blaskopf und Stockberg, während nach unten
ein sanfter geformtes Gelände sich ausdehnt. Wir sind in eine an Nagelfluh arme Zone gelangt, in welcher die Thur zwei Thalerweiterungen
ausgegraben hat, zu denen sich von links das 5 km lange Jenthal und von rechts das 8 km messende Lauternbachthal
öffnen. Diese weicheren Stellen sind wiederum mit Anschwemmungen ausgefüllt, und es hat namentlich der Lauternbach einen
grossen Schuttkegel abgelagert, auf welchem die Ortschaften NeuSt. Johann, Sidwald und Wasserbrugg liegen.
Der Kern von Nesslau steht dagegen auf dem Molasseriegel, welcher die zusammen 3 km langen beiden Thalkessel voneinander
trennt. Nördl. NeuSt. Johann wird das Thal wieder eng. Neuerdings treten Nagelfluhbänke an den Fluss heran und bauen auf
beiden Seiten hohe Berge auf, die das selbe schematische Querprofil zeigen wie diejenigen der
ersten Nagelfluhzone. Diese Schichten
bilden den südl. Schenkel der zweiten Antiklinale und fallen also ebenfalls nach SO. ein. Das linke
Ufer zeigt denn auch genau die nämlichen Erscheinungen wie der Durchbruch durch die erste Nagelfluhzone.
Anders ist aber das rechte Ufer entwickelt. Die mächtigen Bänke von bunter und Kalknagelfluh, welche hier den Stoffelbuck
(1428 m) aufbauen, bilden eine grosse Zahl von übereinanderliegenden, thalaufwärts fallenden Verwitterungsterrassen, auf
denen mehrere Bäche der Thur oder dem Lauternbach zueilen und dabei der Richtung des Hauptstroms direkt entgegenströmen.
Dieser fliesst meist in einer engen Schlucht. Oberhalb Krummenau sieht man in ihr die berühmte Naturbrücke, deren Entstehung
sich folgendermassen erklären mag: An dieser Stelle bildete die Thur einen Wasserfall, veranlasst durch eine
der Erosion starken Widerstand bietende Nagelfluhbank. Die weicheren Schichten am Fuss dieses Wasserfalles wurden vom Fluss
weggenommen und jene Nagelfluhschicht weit unterhöhlt. Ihrer Unterlage beraubt, sank sie an der schwächsten Stelle ein,
merkwürdigerweise nicht an ihrer thalabwärts gerichteten Front, sondern etwa 10 m flussaufwärts. Dadurch entstand der
auf unserem Bild sichtbare, thalaufwärts gerichtete Abbruch
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