mehr
Locarno nach Brissago, sowie das Val Maggia unterhalb Cevio.
c) Der Mais (Zea mays) liefert die Nationalspeise des Tessiner Bauern (Polenta). Er gedeiht in den warmen Tessinerthälern in üppigster Fülle.
d) Zu diesen drei Hauptkulturpflanzen kommt dann noch eine grössere Zahl anderer, deren Anbau, obwohl z. T. weit verbreitet, doch keine so grossen Flächen in Anspruch nimmt. Es ist meist Obst- und Gemüsebau, der sich gewöhnlich auf die nähere Umgebung der Ortschaften beschränkt, so Pfirsichbäume, Kirschen, Tafelobst, Mandeln, Feigen. Im insubrischen Gebiet, besonders um Lugano, bei Gandria und bei Locarno, wird mehr als eine seltene Zierde, ein Kulturrelikt, denn als wirkliche Nutz- und Nährpflanze auch noch der Oelbaum (Olea europaea) vereinzelt angetroffen. Noch in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die Kultur der Olive im südl. Tessin offenbar recht verbreitet gewesen. Fäsi sagt noch 1772, dass der Oelbaum um Lugano stark angebaut war, besonders auch zur Gewinnung von Zweigen für die kirchlichen Feste am Palmsonntag. Nach der Roggenernte wird öfters als zweite Frucht Buchweizen gehalten, aus dessen Körnern man eine schwarze Polenta zubereitet. Die Ernte erfolgt im Oktober. Seltener sind die uralten Kornpflanzen Hirse und Fennich geworden, wichtiger dagegen ist der Anbau des Tabak. Zur Charakteristik der Kulturregion gehört endlich noch die Erwähnung der exotischen Pflanzenwelt, wie sie in den zahlreichen Gärten und Parkanlagen des südl. Tessin in so üppiger Fülle entwickelt ist. Ihre schönste Entfaltung erreicht sie allerdings erst ausserhalb der Landesgrenze; es sei nur an die Villa Carlotta in der Tremezzina (Comersee) und an die Borromäischen Inseln bei Pallanza erinnert. In diesen Parkanlagen und Gärten ist eine grosse Zahl subtropischer Gewächse beider Hemisphären vertreten, so das Mittelmeergebiet (Oleander, Pinie, Aleppokiefer, Zypresse), Japan (Kamelien, Goldlärche, Jezzokiefer, japanischer Flieder, Spindelbaum, Mispel etc.), Südchina und Indien (Cunninghamia, Kampherbaum, Theestrauch, Azaleen), der Himalaja (Pinus excelsa, Cupressus torulosa), Australien (Fieberbäume, mehrere Akazien), die Norfolkinsel (Araucaria excelsa), Kalifornien (Mammutbaum), die südl. Staaten der Union (Magnolien, virginische Sumpfzypresse oder Taxodium distichum), das mexikanische Hochland (Agave americana, Pinus religiosa), ja selbst Chile (Araucaria imbricata, und Jubaea spectabilis, die chilenische Kokospalme) fehlt nicht.
2) Die montane Region,
Laubwald- oder Bergregion, nach ihrem Charakterbaum wohl auch als Buchenregion bezeichnet, von etwa 1000-1500 m. Neben den Buchenwäldern ist diese Höhenzone durch Birkenwälder, sowie die Grauerlen- und Haselstrauchformation ausgezeichnet. Stellenweise spielen auch die Farnheiden eine bedeutende Rolle. Auf alten Bergsturzgebieten und auf den Schuttkegeln siedelt sich die Felsschuttflora an. Letzte Spuren des Getreidebaus; intensiver Wiesenbau, schwach gedüngt, besonders als Festuca rubra-fallax- oder Trisetum flavescens- Typus. Flora reich an südalpin-montanen Elementen.
3) Die subalpine Region.
Koniferen- oder Nadelwaldgürtel; reicht von der Buchengrenze bis zur mittleren Baumgrenze, d. h. rund 1500-2000 m. Diese Region zerfällt in zwei Unterabteilungen: a) Subregion der Fichte von 1500-1750 m und b) Subregion der Lärche von 1750-2000 m. Fettmatten zurücktretend, verbreitet das Agrostetum; Magermatten häufiger, besonders das Brachypodietum. An feuchtwaldigen Stellen und in Schluchten finden sich oft mehr oder weniger ausgedehnte Hochstaudenfluren. In Lawinenzügen gedeihen Alpenerlen und Alpenrosen. Die subalpine Region fällt schon beinahe vollständig auf den N.-Abschnitt des Kantons und ist südl. Bellinzona nur noch im Gebiet des Camoghè vertreten. Auftreten der Arve in vier kleinen Inseln. Die Flora ist arm und erscheint als eine Mengung subalpiner, montaner und alpiner Pflanzen, die meist Arten von weiter Verbreitung angehören. Hauptnutzung: Holzwirtschaft; Uebergangsgebiet vom Wiesenbau zur Alpwirtschaft.
4) Die alpine Region
umfasst alle Gebiete über 2000 m. Letzte spärliche Reste des Pionierwaldes (Lärche, Arve). Holzwuchs sonst nur noch durch Alpenerlen und Alpenrosengestrüpp, in den höchsten Lagen durch die Zwergstrauchheide vertreten. Hauptformation: Weide vom Typus der Borstgras- oder Nardus weide. Auf besseren Böden: Milchkrautweide und Alpenkleematten; an steilen Hängen Wildheuplanggen, bald als Horstseggenrasen, bald als Krummseggenrasen ausgebildet.
Die alpine Region lässt sich einteilen in a) die eigentliche Alpenregion, zwischen Baumgrenze und Schneegrenze, mit seltenen ost- und westalpinen Einstrahlungen; b) die nivale Subregion, oberhalb der
Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse des Kantons Tessin
Lief. 246.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 30’ O; 46° 20’ N; 1:400000]
Stück Rindvieh auf 100 Einw.
░ 15-20
▒ 30-35
▓ 50-60
▐ 60-80
░ Weinbau
▒ Ackerland
▓ Bergackerland
▐ Wald
░ Weide
▒ Unproduktiver Boden
▴ 50 Pferde
● 200 Rinder
❙ 100 Schweine
v 100 Ziegen
⥾ 100 Schafe
^ 100 Bienenst.
× Tabak
⤧ Steinbruch
Mce. Borel & Cie. Neuchâtel.
Attinger, sc.
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE DES KANTONS TESSIN
mehr
Schneegrenze, mit geringer Artenzahl, meist Felspflanzen. Die Vegetation ist hier nur noch ausnahmsweise geschlossen, meist aber sehr offen. Schneethälchenflora. Grat- und Gipfelpflanzen, viele polsterbildende Arten.
Herkunft der Flora des Tessin.
Der Grundstock (etwa 85%) der Tessinerflora wird von baltisch-silvestren oder alpinen Elementen gebildet, d. h. der Kanton Tessin ist trotz seiner Lage südl. der Alpen doch noch dem grossen nordischen Florenreich zuzuzählen, das sich vom Atlantischen Ozean durch Mittel- und Nordeuropa und das ganze nördl. Asien bis zum Stillen Ozean erstreckt. Pflanzengeographisch ist die Flora des Tessin gegenüber der übrigen Schweizerflora durch eine grössere Zahl (etwa 12%) südalpin-montaner Arten und mediterraner Hygro- und Tropophyten ausgezeichnet, während mediterrane Xerophyten, spezifisch ost- oder westalpine Elemente und Neophyten nur eine sehr untergeordnete Rolle (etwa 3%) spielen. Da die Pflanzenwelt der Poebene wieder ganz mitteleuropäischen Charakter trägt, indem die südl. Bestandteile der Tessinerflora fehlen, so liegt der Gedanke nahe, wenigstens den insubrischen Tessin als eine Exklave des mediterranen Florenreiches und die Flora selbst als eine Reliktenflora zu erklären. Dies trifft jedoch nicht zu. Die Pflanzen der Tessinerflora ziehen sich fast ohne Unterbrechung längs dem S.-Fuss der ganzen Alpen hin. Viele von uns oft als Tessinerpflanzen angesprochene Arten sind bis ins Friaul und längs der Dinara bis in die Herzegowina zu verfolgen, wie auch nach W. wenigstens für einzelne Arten, der Anschluss an das mediterrane Florengebiet erwiesen ist. Es ist die grossartige Spalierwirkung der Alpen, welche die Vegetation vor den kalten N.-Winden schützt, ferner die gewaltige Insolation, das Seeklima und die reichlichen Niederschläge, die hier zusammen für die Pflanzenwelt ausserordentlich günstige Lebensbedingungen schaffen. Die Flora zeigt daher eine Ueppigkeit, wie sie im Mittelmeergebiet nur selten, unter ausnahmsweisen und fast immer nur lokalen Bedingungen angetroffen wird. Biologisch ist somit die Flora des Kantons Tessin eine Mesothermophyten- und nicht eine Xerophytenflora. Xerophyten spielen nur eine ganz untergeordnete Rolle. Nur da, wo edaphische Verhältnisse ihre Ansiedelung begünstigen, vermögen sich Xerophytenkolonien zu halten. Ueber Spezialfloren vergl. die Art. Pizzo Camoghè, Monte Generoso, Bezirk Locarno, Valle Maggia, Lago di Muzzano, Val Piora, Monte San Giorgio, Monte San Salvatore und Sankt Gotthard unseres Lexikons.
Eine besonders reiche Lokalflora besitzt die Umgebung von Gandria östl. Lugano. Der ausgleichende Einfluss des Seespiegels, die volle S.-Lage der sehr steilen Gehänge und die Kalksteinunterlage sind hier drei überaus günstige Faktoren zur Ansiedelung einer Thermophytenflora. Die Pflanzenwelt zwischen Gandria und Castagnola trägt daher auch einen südl. Anstrich, wie kaum eine zweite Lokalflora der Schweiz. Man findet da Buschwälder, welche hauptsächlich aus Ostrya italica, Quercus lanuginosa und Q. cerris, Fraxinus ornus, Cotinus coggygria, Celtis australis, Cornus mas, Prunus mahaleb und Cytisus laburnum (selbst der Lorbeer und Feigenbaum fehlen nicht) bestehen; ferner Felsfluren, die bald in offener, bald in geschlossener Formation auftreten; dazwischen zeigen sich auch noch einzelne Magerwiesen vom Typus der Burstwiese. Die wichtigsten Vertreter dieser Florula sind: Rhamnus saxatilis, Fumana procumbens und Amelanchier vulgaris; ferner Stupa pennata, Melica ciliata, Bromes erectus ssp. condensatus, Aceras anthropophora, Lilium croceum, Clematis recta, Erysimum helveticum, Ruta hortensis, Dictamnus albus, Campanula spicata, Phyteuma corniculatum, Chrysanthemum corymbosum, Lactuca perenni etc., sowie an feuchten Felsen in einer Bachschlucht Pteris cretica. Auf nahezu unzugänglichen Stellen der Felsen an der Rocca di Gandria ist Agave americana völlig eingebürgert und längs dem Seeweg finden sich hin sind wieder einzelne Oelbäume als letzte Reste einer früher auch hier intensiver betriebenen Kultur. Oberhalb Castagnola befinden sich über dem hier terrassierten Kulturgelände kleinere Kastanienselven mit folgender Begleitflora: Festuca ovina var. capillata, Ophrys apifera, Ornithogalum pyrenaicum, Lathyrus montanus var. linifolius und L. vernus var. gracilis, Vicia Gerardi und V. tenuifolia, an Wegborden auch noch Vicia villosa; Trifolium rubens, Genista, germanica, Aristolochia rotunda, Thesium bavarum, Euphrasia brevipila, Centaurea variegata var. axillaris etc.
Bibliographie.
Aus der bereits sehr umfangreichen Literatur über die Flora des Tessin seien hier nur einige Hauptarbeiten herausgehoben: Bettelini, A. La Flora legnosa del Sotto Ceneri. Zürich 1905. - Chenevard, P. Note sur la lacune tessinoise (im Boll. della Soc. Tic. di sc. nat. 1, 1901). - Christ, H. Das Pflanzenleben der Schweiz. 2. Aufl. Zürich 1882. - Franzoni, Alb. Le piante fanerogame della Svizzera insubrica. Zurigo 1890. - Freuler, B. Forstliche Vegetationsbilder aus dem südl. Tessin (in den Verhandl. der schweiz. naturf. Gesellsch. Locarno. 1903). - Keller, Rob. Vegetationsbilder aus dem Val Blegno (in den Mitt. der naturw. Gesellsch. in Winterthur. 4 und 5, 1903 und 1904). - Merz, F. Die forstlichen Verhältnisse des Kantons Tessin (in den Verhandl. der schweiz. naturf. Gesellsch. Locarno 1903). - Rikli, M. Zur Kenntnis der Pflanzenwelt des Kt. Tessin. (Berichte der zürch. botan. Gesellschaft. 10, 1907). - Schroeter, C., und M. Rikli. Botanische Exkursionen im Bedretto-, Formazza- und Boscothal (in den Verhandl. der schweiz. naturf. Gesellsch. Locarno 1903; auch separat Zürich 1903).
[Dr. M. Rikli.]
10. Land- und Forstwirtschaft.
Die enormen Höhenunterschiede der einzelnen Gebiete des Kantons Tessin von 200 m der Tessinebene bis hinauf nach den 2000-3000 m sich erhebenden Alpen bedingen auch gewaltige Unterschiede im Klima und in der Kultivierung des Bodens in den verschiedenen Landesgegenden. Während in den vier nördl. Hauptthälern (Maggia, Verzasca, Leventina und Blenio) die Wiesen und Alpen, sowie die Nadelholz- und Buchenwaldungen vorherrschen, treffen wir in der untern Region ausgedehnte Rebberge und Aecker, die mit Maulbeerbäumen für die Seidenzucht übersät sind, während die steilen Berghänge mit Buschwäldern von Kastanien, Hopfenbuchen, Akazien und andern südl. Holzarten bekleidet erschienen.
Abgesehen von dem immer zunehmenden Fremdenverkehr und einigen neuern Industrien, die durch die allmählige Nutzbarmachung der Wasserkräfte in hohem Masse gefördert werden, ist der Kanton Tessin industriearm. Seine Bevölkerung beschäftigt sich zu ⅔ mit Landwirtschaft. Trotz den Anstrengungen der Regierung und des über 3000 Mitglieder zählenden landwirtschaftlichen Vereins befindet sich die tessinische Landwirtschaft noch auf einer relativ niedrigen Stufe. Es mag dies der ausserordentlichen Zerstückelung des Grundeigentums, dann aber auch der überseeischen und periodischen Auswanderung zugeschrieben werden, welche namentlich die jungen Arbeitskräfte der Landwirtschaft entfremden. Die Güterzerstückelung ist namentlich in den Berggemeinden zu Hause, wo die einzelnen Familien 100-200, ja öfters 300 bis 400 Grundstücke besitzen. Dass