Bis hierher steigt im Vorderrheinthal
der
Nussbaum hinauf.
Mitten im Dorf entspringt eine Quelle, an der sich früher die zur Landsgemeinde nach
Truns begebenden
Abgeordneten zu erfrischen pflegten. An die Rheinbrücke knüpfen sich einige Erinnerungen aus dem Kriegsjahr 1799.
Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen Tavannes-Les
Genevez. Gemeinde, mit
Belfond, Le Doux, Orange,
Sous le Mont und
La Tanne: 156
Häuser, 1591 Ew.
(wovon 232 Katholiken der Pfarrei
Bévilard; 1096 Ew. französischer, 427 deutscher und 68 italienischer Sprache);
Ackerbau und Viehzucht.
Holz- und Viehhandel. Käsereien.
Mühlen
und
Sägen.
Brüche auf guten Haustein. Grosse Uhrenfabriken.
Gut besuchte Jahrmärkte im April und September. Sparkasse. Sekundarschule
und Gewerbeschule. Eine Buchdruckerei. Eidgenössisches
Zeughaus. Das an der
Römerstrasse über die
Pierre Pertuis gelegene
Tavannes ist eine sehr alte Siedelung. 866: Theisvenna;
1147: Tasveno;
1181: Tasvenna;
1258: Tasvanne. Die
seit dem 13. Jahrhundert auftretenden Edeln von Tavannes sassen in einer 1449 und dann wieder 1846 in Flammen aufgegangenen
Burg, deren Reste auf einer Anhöhe 1,5 km n. vom Dorf, über der
Fin duChâtelet und rechts der Strasse Tavannes-Le
Fuet heute
noch sichtbar sind.
Die hervorragendsten Angehörigen derer von Tavannes waren: Johannes als Besitzer
der Burg
Saugern
(Soyhières) 1337, Peter als Burgherr von
Saint Ursanne, Johannes als Chorherr des
Münsters zu Basel
1492. 1518 liess
sich
Jean de Tavannes,
Herr von
Delle, als Franzose naturalisieren;
er war ein kühner Kriegsmann, der die Engländer in der
Picardie und die Spanier im S. des Landes zurückschlug, sowie unter
Franz I. bei Marignano sich auszeichnete.
Seine Schwester Marguerite vermählte sich 1504 mit
Jean de Saulx, einem Vorfahren des später als «Marschall von Tavannes»
bekannt gewordenen Gaspard de Saulx. Die von den Edeln von Tavannes in der Kirche
St. Germain zu
Pruntrut 1427 errichtete
Kapelle ist in ihrer ursprünglichen Gestalt noch heute vorhanden. Aus Tavannes stammte ferner der französische General
Voirol. Die reformierte Pfarrei Tavannes umfasst ausser dieser Gemeinde noch die
DörferChindon,
Reconvilier,
Saicourt und
Saules.
Die Kollatur zu Tavannes stand zuerst dem Kloster
Bellelay zu, dessen Abt auch nach der. Reformation bis 1798 den
dortigen Pfarrer ernannte. Der zum katholischen Pfarrer von Tavannes
ernannte Jakob Möchler, Subprior von
Bellelay, trat 1529 zur
Reformation über, verheiratete sich und wusste die ganze Pfarrei zum neuen Glauben zu bekehren. Bern
begünstigte diese Bewegung
und sandte Farel zur Unterstützung des Pfarrers nach Tavannes. Wie Möchler selbst unterhielten auch
seine Nachfolger im reformierten Pfarramt mit dem Kloster
Bellelay bis zu dessen Aufhebunge durchaus freundschaftlich Beziehungen.
Nachkommen von Jakob Möchler leben in Tavannes heute noch. Nahe dem Dorf befindet sich die Stromquelle der
Birs, die am Kontakt
der beinahe senkrecht stehenden Schichten des Portland mit dem Kimeridge entspringt.
(Valléede) (Kt. Bern,
Amtsbez.
Münster). 756-665 m. 13,6 km langes und 2 km breites Muldenthal im Kettenjura, zieht
sich zwischen dem
Monto im S. und dem
Mont Moron im N. von der
Pierre Pertuis bis zur
Klus von
Court. Das vom Oberlauf der
Birs
entwässerte Thal senkt sich zunächst in der Richtung gegen NO., um von
Reconvilier an direkt ostwärts
umzubiegen. Nordwestl. Tavannes münden zwei kleine Seitenthälchen ein, durch welche man zur N.-Flanke der
Montagne du Droit
und nach
Tramelan hinaufgelangt; unterhalb
Reconvilier öffnet sich von links das von der
Trame durchflossene Thälchen von
Saicourt; oberhalbCourt erhält die
Birs von links den Bach von
Champoz und am Eingang in die
Klus den Bach
von
Le Chaluet aus dem gleichnamigen kleinen Thal zwischen dem
Graitery im N. und dem
Monto im S. Von
Reconvilier bis
Court ist
der Birslauf kanalisiert.
Das längs der
Birs sumpfige und an den beidseitigen Berghängen steinige und felsige Thal von Tavannes
eignet sich wenig zum Ackerbau, trägt dagegen gutes Weideland und ist noch stark bewaldet, so dass sich hier ein starker
Holzhandel entwickelt hat.
Heisse Sommer und lang andauernde, kalte Winter mit starkem Schneefall. Das Thal wird seiner ganzen
Länge nach durch die Bahnlinie
Biel-Sonceboz-Delsberg, die die
Pierre Pertuis in einem
Tunnel unterfährt
und durch die
Klus von
Court das Thal von
Münster erreicht, durchzogen und zudem noch von der Regionalbahn
Tavannes-Tramelan
bedient, die in naher Zukunft an die Linie
La Chaux de Fonds-Saignelégier Anschluss erhalten soll.
GuteStrassen. Gleich der Bahn betritt die Kantonsstrasse das Thal durch die
Pierre Pertuis, um es durch
die
Gorges de Court wieder zu verlassen. Von Tavannes zieht sich eine Strasse nordwestwärts nach
Tramelan-Saignelégier und
eine andere nordwärts über
Bellelay und durch die
Klus des
Pichoux nach
Glovelier. Ferner führt ein guter Weg von
Court aus
ostwärts durch das Thälchen von
Le Chaluet nach
Gänsbrunnen, von woher der
Weissenstein bestiegen werden kann. In dem verhältnismässig
engen Thal von Tavannes folgen sich die Siedelungen auf kurze Strecken und bilden die Gemeinden Tavannes (1591 Ew.),
Reconvilier
(1730 Ew.),
Loveresse (383 Ew.),
Pontenet (234 Ew.),
Malleray (1224 Ew.),Bévilard (652 Ew.),
Sorvilier (438
Ew.) und
Court (1082 Ew.) mit zusammen 7334 zur Mehrzahl reformierten und französisch sprechenden Einwohnern. 2011 Ew. deutscher
Zunge; 912 Katholiken der Pfarrei
Bévilard; die deutsch-sprechenden Reformierten sind nach
Münster eingepfarrt. Die Bewohner
des
Thales von Tavannes sind arbeitsam, unternehmungslustig und sparsam. Die Uhrenindustrie
¶
mehr
hat im Thal einen grossen Aufschwung genommen und besonders Tavannes, Reconvilier, Malleray und Bévilard zu einem Wohlstand
gehoben, der mit der unfruchtbaren und rauhen Landschaft in seltsamem Widerspruch steht. Grosse Messinggiesserei in Reconvilier;
Vieh-, besonders Pferdemärkte in Chindon; grosse Sägen in Malleray. Sekundarschulen in Tavannes und Reconvilier, Waisenhaus
«La Ruche» in Reconvilier. Das ehemalige Altersasyl in Loveresse ist 1905 aufgehoben und vom Staat zu einer
Besserungsanstalt für verwahrloste Mädchen umgewandelt worden.
Seiner zentralen Lage im Berner Jura verdankt Tavannes ein eidgenössisches Zeughaus. Das in seiner geschichtlichen Entwicklung
mit der Propstei Münster eng verknüpfte Thal von Tavannes trug früher den Namen Dorval oder Dorvau,
der zwar mit der Etymologie Orval = aurea vallis nichts zu tun hat, wohl aber auf den unter Mark Aurel in Avenches residierenden
römischen Statthalter Durvus sich beziehen könnte, unter dem nach der Inschrift an der Pierre Pertuis diese berühmte Strasse
durch den Jura dem Verkehr übergeben worden ist.