dem
Julier zurück, da diese fahrbar, jene aber nur für Saumtiere gangbar waren. Immerhin bekamen jene Fahrstrassen die
Konkurrenz dieser Saumstrassen deutlich zu spüren, was unter anderm in Herabsetzung der Transport- und Lagergebühren, in
vermehrter
Sorge für die Sicherheit der Leute und
Güter etc., sowie auch in Streitigkeiten zwischen den
beteiligten Thalschaften und sog. Portgemeinden sich äusserte. So klagten 1467 die Gemeinden an der Septimerstrasse beim
Bischof von
Chur gegen diese Stadt und verlangten, sie sollte gehalten sein, fremde Kaufmannsgüter nur über den Septimer
zu leiten.
Und der
Bischof gewährte die Bitte. Allein bald darauf (1473) bauten die Gemeinden
Thusis,
Cazis und
Masein
im Einverständnis des
Grafen von
Werdenberg-Sargans und der Gemeinden des
Domleschg linker Rheinseite einen wagenbreiten, in
Fels gesprengten Weg durch den innern Teil der Viamalaschlucht vom
HofRongellen nach Zillis, wobei sie von den Clevnern und
Misoxern unterstützt wurden. Dann bildeten sie eine Portgenossenschaft, wie solche gleich auch in Räzüns,
Schams,
Rheinwald,
Misox und im
San Giacomothal entstanden.
Die neue Strasse kam so immer mehr in Aufnahme. Einen vollständigen
Sieg errang sie aber erst durch den Neubau (1818-1823).
Seitdem kam der Septimer in Vergessenheit und Verfall. Der ganze transalpine Verkehr, so weit er überhaupt durchGraubünden
ging, bewegte sich nun über
Splügen und
St. Bernhardin. Aber auch diese
Strassen wurden durch die 1820-1830 gebaute St. Gotthardstrasse
und dann durch die Gotthardbahn immer mehr in Schatten gestellt. 1880 gingen 18798 Reisende über den
Splügen und 8023 über
den
St. Bernhardin, 1890 nur noch 10090 über den erstern und 3703 über den letztern.
Vor Eröffnung der Gotthardbahn betrug die Zahl der Reisenden über
Splügen und Bernhardin jährlich 25000-30000 und darüber,
nachher nur noch um 15000. Ein vollständiger Umschwung ist im Güterverkehr eingetreten. Nur wenige Posten, wie Kastanien
und Mehl, sind sich vor und nach Eröffnung der Gotthardbahn annähernd gleich geblieben. Der Weintransport
aus Italien aber fiel von etwa 14000 auf 7000 Zentner, die Seide gar sank von rund 10000 Zentnern auf O. Aehnlich hat die
Ausfuhr schweizerischer Baumwollfabrikate über die zwei genannten Pässe, die früher 2000-4000 Zentner per Jahr betrug,
gänzlich aufgehört. Diese und noch viele andere Dinge gehen nun alle durch den
Gotthard. Eine Splügenbahn
aber, so sehr ersehnt und umstritten, will noch immer nicht kommen.
Längs dem Splügenweg hat man verschiedene lateinische Inschriften entdeckt, so z. B. in Vô zwischen Cimaganda und Campodolcino.
Die Strassenbrücke über den Pigneuerbach auf Schweizerseite trägt die Inschrift: Jam via patethostibuset amicis. CaveteRäti! Simplicitas morum et unio servabunt avitam libertatem. Eine andere, aus 1838 stammende Inschrift
unterhalb Pianazzo (auf der italienischen
Seite) ist von der Kaufmannschaft von Chiavenna zu Ehren des Kaisers Ferdinand I.
angebracht worden, der die Strasse nach den Hochwassern von 1834 zum Teil neu anlegen liess.
Bibliographie:
Bavier, S. DieStrassenderSchweiz. Zürich
1878. - Schulte, Aloys. Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischenWestdeutschland und Italien. Leipzig 1900. - Reinhard, R. Topographisch-histor. Studien über die Pässe undStrassenin denWalliser-,
Tessiner- und Bündneralpen.Luzern
1901. - Gilli, G. Das Strassennetz desKantons Graubünden
(im Jahresbericht dernaturforschenden GesellschaftGraubündens).
Chur 1898. - Die schweizerischen Alpenpässe; offizielles Posthandbuch. 2. Aufl.
Bern
1893.
Kalkberge(Kt. Graubünden,
Bez. Hinterrhein).
Sehr interessante Berggruppe, auch Splügner Dolomiten geheissen. Grenzen: im S. und O.
das Hinterrheinthal von
Splügen bis unterhalb
Andeer, im N. der Annarosabach und die
Fuorcla dil
LaiGrond,
im W. der das
Safienthal mit
Splügen verbindende Safier- oder
Löchliberg. Hauptgipfel sind das
Weisshorn (2992 m) am
Löchliberg,
das
Alperschellihorn (3045 m),
Steilerhorn (2983 m),
Teurihorn (2975 m) mit dem
Kalkberg (2565 m); dann die Pizzas d'Annarosa
oder
Grauhörner (3002 m) und das
Cufercalhorn (2801 m), sowie endlich der
Piz Calandari (2543 m) und
Piz Vilan
(2472 m). Der Bergsockel besteht aus grauen und dunkeln Bündnerschiefern, auf welchen weisse, hellgraue oder gelbe Kalke,
Marmore oder auch Dolomite ruhen. Die Gipfel zeigen zerrissene und phantastische Formen und erscheinen von weitem her, besonders
bei Sonnenuntergang, von blendendem Weiss mit verschiedenfarbigen
Bändern.
Diese auf Bündnerschiefer ruhenden Splügner Kalkberge umfassen eine Fläche von etwa 18 km2 und bestehen hauptsächlich
aus weissen, grauen, gelben oder rosaroten Marmoren, aus grobkörnigen dichten Kalksteinen, Zellendolomiten und Kalkbreccien.
Eingelagert sind Gips, dem Verrucano entsprechende Grünschiefer, verschiedene Konglomerate und sog. Taspinit
(von der
Alp Taspin am
Piz Curvèr genannt), ein grobkörniges Eruptivgestein. Das ganze bildet den letzten Ueberrest einer
von der Erosion zum grössten Teil zerstörten Deckscholle.
Der den Bündnerschiefern direkt aufgelagerte Rötidolomit erscheint auf den geologischen Karten als ein rund um die Gruppe
der
Kalkberge herumreichendes Band. Es stellen somit die Splügner Kalkberge jurassische und triadische
Gesteinsfetzen dar, die in abnormaler Lagerung auf den zum Teil dem tertiären Flysch entsprechenden Bündnerschiefern ruhen.
Ueber die Anordnung und Herkunft dieser zerstückelten Deckscholle werden uns noch genauere Untersuchungen zu belehren haben.
Vergl.
Heim,
Alb. Geologie derHochalpenzwischenReussundRhein. (Beiträgezur geolog. Karte derSchweiz.
25). Bern
1891.
(Kt. Graubünden).
Bedeutendster Zufluss des
Inn auf Schweizerboden. Entspringt auf italienischem Boden an der
Forcella, (2328
m), die von
Livigno zum
Berninapass hinüberführt, und durchfliesst dann auf eine Strecke von 23 km Länge
das italienische Livignothal, das
¶
mehr
im untern Abschnitt stark durchschluchtet, zwischen dem Piz Murtarus und dem Monte del Ferro eingeengt und Lawinen und Steinschlag
ausgesetzt ist, so dass es leichter von S. her über die gegen das Veltlin hin stehenden Berge als von N., d. h. vom Engadin
her erreicht werden kann. Auf Schweizerhoden tritt der Spöl beim Ponte del Gallo, der über die ihm von
rechts zufliessende und auf 2 km Länge die Landesgrenze bildende Acqua del Gallo führt. Dieses ganze Dolomitgebiet, d. h.
das vom Oberlauf der Acqua del Gallo durchflossene Val Mora, das Val del Gallo im engern Sinn und die sich mit ihm
vereinigenden Arme des Val dell' Orso und Val Ciasabella, hat einen öden und wilden landschaftlichen Charakter und trägt
nur magern Rasen, sowie Legföhrengestrüpp.
Dagegen findet sich Edelweiss in Menge. Vom Ponte del Gallo an schneidet sich der Spöl in immer tiefer werdende Schluchten
aus mesozoischen Gesteinen ein. Die an den Hängen dieses Schluchtensystems stehenden grossen Lärchen-,
Föhren- und Arvenwälder sind aber zu abgelegen, um von der Gemeinde Zernez, deren Eigentum sie sind, rationell bewirtschaftet
werden zu können. Der Weg von Livigno nach Zernez, der bis zur Landesgrenze den Spöl bald auf dem rechten und bald auf dem
linken Ufer begleitet hatte, sieht sich nun genötigt, die Höhe des rechtsseitigen Gehänges zu gewinnen,
um sich dort unterhalb Il Fuorn (1710 m) mit der Ofenpassstrasse zu vereinigen, die sich selbst hoch über dem in seiner Schlucht
tobenden Wildbach hält.
Der vom Ponte del Gallo bis Zernez 12 km lange Schluchtenlauf bildete die grosse Schranke, die eine Besiedelung
des Livignothales von unten her und nähere Beziehungen des Engadin mit diesem seinem Seitenthal verunmöglicht hat. Heute
liegt das ValLivigno ausserhalb der italienischen Zollschranken, sodass es eine ähnliche Stellung einnimmt wie etwa die zollfreie
Zone von Savoyen. Seine Bewohner kaufen die zum Leben nötigen Waren hauptsächlich in Zernez ein.
Bei Zernez tritt der Spöl ins Innthal ein, wo er sich zunächst mit Serpentinen durch eine kleine Anschwemmungsebene windet,
um dann eine Säge zu treiben und oberhalb Zernez von rechts zu münden. Man trägt sich mit dem Gedanken, den untersten Abschnitt
des Spöl einzudämmen und so zu verhindern, dass das wildere und an Geschieben reichere Wildwasser das
ruhiger fliessende und weniger mit Geschiebe belastete Wasser des Inn zurückstaue und zum Austritt in die anliegenden Wiesen
und Felder zwinge. Auf Schweizerboden fliessen dem Spöl neben der schon erwähnten Acqua del Gallo noch zu: von rechts der
vom Ofenpass und den Buffaloraalpen kommende Ofenbach (Ova del Fuorn), die Ova d' Spin und der Laschadurabach, von links die
Wildbäche des Val dell' Acqua und des Val Cluozza.