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von Papst Julius II. den Solothurnern
dedizierte grosse Fahne, ferner elf in den Burgunderschlachten und bei
Dornach und Rennedorf
erbeutete feindliche Feldzeichen, wovon zwei durch den berühmten Konservator Eigner aus Augsburg renoviert worden sind.
Erwähnung verdienen auch vier aus dem 1476 vor
Grandson erbeuteten Prunkzelt Karls des Kühnen hergestellte
Kirchenornate. Trophäen der Schlachten bei
St. Jakob (1444),
Murten (1476),
Dornach (1499) und Marignano (1515) erinnern an
wichtige Entscheidungsschlachten aus der eidgenössischen Heldenzeit.
Eine Unmenge Waffen, wie Hellebarden,
Spiesse, Schwerter,
Schilde, Schiesszeug von zum Teil einzigartigen Typen, schmücken
den mächtigen
Saal. Eine seiner Hauptzierden bildet auch die nach den künstlerischen Intentionen
Martin
Distelis gestellte szenische Wiedergabe der Tagsatzung von
Stans (1481). Die in die Fenster eingelassenen, gemalten Glasscheiben
verdienen aufmerksame Betrachtung. Zur Unterbringung des modernen Kriegsmaterials aller Art wird gegenwärtig mit einem Kostenüberschlag
von 400000 Fr. in der Nähe des Bahnhofs
Neu Solothurn
ein den heutigen Anforderungen entsprechendes
Zeughaus gebaut.
Man geht mit dem Gedanken um, in dem zu einem guten Teil leer werdenden alten Arsenal die Kantonsbibliothek unterzubringen,
welche bis jetzt in den vier Erdgeschosssälen im W.-Flügel des Kantonsschulgebäudes ihr
Heim gehabt hatte.
Auch das Kantonsschulgebäude verdient Erwähnung. In ihm wohnten 1538-1792 die französischen Gesandten bei der Eidgenossenschaft, weshalb das Gebäude im Mund alter Leute jetzt noch «der Hof» heisst. Später wurde es eine Kaserne, und dann zog, nach gründlichen baulichen Veränderungen, 1883 die höchste Mittelschule des Kantons hier ein. Vor dem Bieltor erheben sich die Kantonalbank und das nach den Plänen Tugginers erbaute stattliche Amthaus. An der Aare zwischen Eisenbahnbrücke und Wengibrücke steht am linken Flussufer das grosse eidgenössische Postgebäude, gegenüber am rechten Ufer der Bürgerspital und das ehemalige Waisenhaus.
Aareabwärts erhebt sich aus den Wellen des Flusses selbst das Landhaus, mit dem gegenüberliegenden Rollhafen, der an die
Zeiten erinnert, da noch ein reger Verkehr zu
Wasser stattfand. An das Landhaus stösst mit seinem an
der
Aare hochaufgemauerten
Garten der bei der Kreuzackerbrücke stehende frühere Bischofspalast, das heutige Konvikt der Kantonsschule.
Jetzt residieren die
Bischöfe von Basel
in der südl. der Kathedrale gelegenen Propstei mit der St. Peterskapelle. Am O.-Ende der
Stadt liegt am linken Aareufer das von herrlichen
Bäumen beschattete
Schützenhaus, Eigentum der Stadtschützengesellschaft
Solothurn
.
Zu den schon bestehenden Schulhäusern wird nach Beschluss der Einwohnergemeinde vom an der Bielstrasse noch ein neues mit einem Kostenüberschlag von 775000 Fr. errichtet. Als eigentliche Zierde der Stadt sind die in neuester Zeit nördl. der Stadt auf den Glazismatten errichteten, Kunst und Wissenschaft dienenden Gebäude, der Konzertsaal und das Museum, zu nennen. Der Saalbau steht in der Nähe der protestantischen Kirche und dient mit seinen weiten Räumen Konzertaufführungen und grössern Versammlungen. Der Hauptsaal hat 800 Sitzplätze und Raum für 350 Gedecke; der kleinere Saal ist mit den Galerien des grossen Saals verbunden, fasst 250 Personen und hat Platz für 120 Gedecke. Der Bau ist 1900 errichtet worden.
Oestl. von ihm erhebt sich, der N.-Front der Kantonsschule gegenüber, des städtische Museum (1898-1900 erbaut). Seine einfach
schöne, in florentinischem Palaststil gehaltene Fassade ragt aus grosszügig erdachten Gartenanlagen auf. Durch das
nach S. gerichtete Hauptportal treten wir in einen Vorsaal, der mit Skulpturen von
Leu, Chiattone und Peter geschmückt ist.
Im Erdgeschoss sind die naturhistorischen Sammlungen untergebracht. Unter ihnen befinden sich hochinteressante Jurafossilien,
aus welchen wiederum als Unica von bedeutendem wissenschaftlichen Wert die fossilen Schildkröten aus den Solothurn
nördlich einfassenden
Kalksteingruben zu nennen sind. In der zoologischen Sammlung verdienen einige Prachtexemplare, wie z. B.
Eisbär, Krokodil, Vögel und Schmetterlinge aus den Tropen, Beachtung.
Hübsche ethnographische Sammlungen sind z. B. die von H. Lüthy (Sumatra), H. Ackermann (Westafrika) u. a. m. In der antiquarischen
Sammlung finden wir prähistorische, römische und alemannische Funde hauptsächlich aus dem Kanton Solothurn
(z. B.
Grenchen, Oensingen,
Hohberg,
Subingen), dann auch wertvolle mittelalterliche Schätze, wie silbertauschierte Gürtelschnallen
aus der Zeit der Burgundionen, einen Abtsstab aus dem 11. Jahrhundert, einen prächtig geschnitzten Kapitelschrank mit kirchlichen
Geräten, herrliche, in strahlenden Farben leuchtente Standesscheiben (Glasgemälde); bemerkenswert sind zwei
Zimmer des 17. und 18. Jahrhunderts
aus dem alten Kollegium und von
Le Landeron; Chorbücher und Miniaturen, Münzsammlung u. s. f. Die Gemäldesammlung
ist nach Basel
und Genf
die reichhaltigste der
Schweiz an ältern Bildern:
Madonna von Holbein und
Madonna in den Erdbeeren (oberrheinische
Schule 1420),
Bilder von Ribera, Hans
Asper u. s. f. Von den neuern
Malern sind einige hervorragende
Solothurner
besonders gut vertreten: der Karikaturist
Martin Disteli, der Landschafter Otto Frölicher, der weitgereiste Frank
Buchser,
von dem das Museum an 60
Bilder aufweist etc. Hübsche Sammlungen von Aquarellen und Kupferstichen.
Konzertsaal und Museum sind nach Plänen des städtischen Architekten Edgar Schlatter und unter seiner Leitung ausgeführt worden.
Die Umgebung der Stadt ist nicht nur reich an netten modernen Villen, sondern auch an alten, ihrer charaktervollen und originellen Bauart wegen bemerkenswerten Landsitzen. Vor dem Baseltor sind erwähnenswert die einander gegenüberliegenden Bauten des Schlosses Steinbrugg und des Hallerhauses; weiter vor der Stadt Schloss Waldegg; andere finden sich in der Steingrube, am Werkhof, an der Bahnlinie nach Biel und auf den Hügelketten des rechten Aarufers.
[Zum Teil nach Bischof Dr. Fiala, nach Wilhelm Rust, F. A. Zetter u. a.].
Bevölkerung.
Die Einwohnerzahl der Stadt Solothurn
betrug 1692: 3750, 1796: 3500, 1808: 3839, 1829: 4254, 1837: 4647, 1850: 5370, 1860:
5916, 1870: 7008, 1880: 7534 und 1888: 8317
Seelen. Am belief sich die Gesamtwohnbevölkerung
auf 10025
Seelen, wovon 2250 Ortsbürger, 2859 Bürger anderer Gemeinden des
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Kantons, 3981 Bürger anderer Kantone und 935 Ausländer. 2077 Haushaltungen in 877 Häusern;
4708 Ew. männlichen und 5317 weiblichen Geschlechtes;
3814 Reformierte. 6098 Katholiken, 81 Israeliten und 32 Andere;
9286 Ew. deutscher, 509 französischer, 109 italienischer, 8 romanischer und 32 anderer Muttersprache.
Stimmberechtigte: Rund 600 in bürgerlichen, 2319 in kantonalen und 2355 in
eidgenössischen Angelegenheiten. Interessant ist der Hinweis, dass die politische Gemeinde Solothurn
an Fläche bloss 622,4
ha umfasst, während die Bürgergemeinde im Kanton Solothurn
und ausserhalb desselben (Neuenstadt, Le Landeron und Auvernier) an Wald, Weide
und Kulturland 2214,7 ha besitzt.
Gesundheitliche Verhältnisse.
Mehrere starke Typhusepidemien haben, namentlich im Jahr 1873, die Behörden auf die Verbesserung der
Trinkwasserversorgung aufmerksam gemacht. Heute ist die Stadt ausreichend mit vorzüglichem Trinkwasser versehen und sind
eigentliche Epidemien, abgesehen von einigen Fällen von Masern, Scharlach und Diphtherie bei Schulkindern, völlig verschwunden,
so dass der von der Stadt am rechten Ufer der Aare ö. der nun abgetragenen Turnschanze erstellte Isolierpavillon
fast immer leer steht. Dank dem Impfzwang treten auch die Pocken nur noch sehr selten auf und haben die 1901 im benachbarten
bernischen Nieder Bipp und die 1907 in den nahen Gemeinden Luterbach und Derendingen ausgebrochenen Pockenepidemien nicht auf
Bezirk und Gemeinde Solothurn
übergegriffen.
Handel und Gewerbe.
Die verschiedenen in den Nachbarorten Langendorf. Oberdorf, Bellach, Selzach, Bettlach, Grenchen, Biberist, Gerlafingen, Derendingen,
Luterbach und Attisholz installierten Industriebetriebe sind in mehrfacher Hinsicht auch der Stadt Solothurn
zugute gekommen.
Deren eigene Industrien sind namentlich: die Uhrenmacherei und Herstellung von einzelnen Uhrenbestandteilen, Ziegeleien und
Herstellung von andern Baumaterialien, Steinbrüche, mechanische Sägereien und Schreinereien, Herstellung
von Malz, Zichorie, Likören, Bier, Essig;
Mühlenbau, Bauschlossereien;
Herstellung von Gasapparaten, Motoren, Fahrrädern, Bürstenwaaren und Lack.
Lebhafter Handel in Kolonial-, Tuch- und Baumwollwaaren, Eisen- und andern Metallartikeln, Möbeln, Getreide und Sämereien, Wein, Oel, Farben und Lack, Zucker, pharmazeutischen Produkten, Töpferwaaren, Leder etc. Samstag-Wochenmarkt, Messen und Viehmärkte je am zweiten Montag im Monat (besonders im Mai und Oktober).
Bürgergemeinde.
Die Ausscheidung zwischen Einwohner- und Bürgergemeinde als besondere Verwaltungskörper erfolgte im Jahr 1876. Aber noch heute sind die Eigentumsverhältnisse der Einwohner- und Bürgergemeinde zum Teil unausgeschieden und streitig.
Die Bürgergemeinde Solothurn besitzt laut Rechnung auf ein Gesamtvermögen von Fr. 7712519. Die Forstkasse allein weist einen Bestand von Fr. 4076802 auf, der Bürgerspitalfonds beträgt Fr. 1219942. Aus einer ganzen Zahl kleinerer bürgerlicher Fonds mag der Grossalmosenfonds mit Fr. 461134 genannt sein, aus dessen Erträgnissen arme Bürger unterstützt werden; wir nennen ferner eine Stiftung in der Höhe von Fr. 149688, deren Zinsen zur Bezahlung von Lehrgeldern, sowie zu Anschaffungen beim Hinaustreten ins Leben für Bürgersöhne und Bürgertöchter Verwendung finden. 1904 beschloss die Bürgergemeinde die Erstellung eines neuen Bürgerspitals, für den der vorhandene Baufonds bereits Fr. 384852 beträgt.
Die Bürgergemeinde besitzt zwei Pfrundanstalten mit zusammen gegen 50 Insassen: das Thüringerhaus und das alte Sondersiechenhaus zu St. Katharinen östl. der Stadt. Die Aufnahme erfolgt nach dem 60. Altersjahr bei Unbemittelten unentgeltlich, sonst aber gegen Entrichtung einer den Verhältnissen angemessenen Pfrundeinlage. Es werden, wenn Platz offen steht, auch Nichtbürger gegen Bezahlung in die Pfrundhäuser aufgenommen. Eine der Bürgergemeinde gehörige Waisenanstalt (in der Steingrube) dient zur Aufnahme verwaister Bürgersöhne und eventuell (gegen Bezahlung) auch anderer alleinstehender Knaben.
An Wald, Weiden und Kulturland besitzt die Bürgergemeinde Solothurn 2214,72 ha. Der Bürgerwald ist in sechs Reviere eingeteilt. An der Spitze des Forstwesens stehen der Forstkommissär als Verwaltungsperson und ein Oberförster, welchem ein Forstadjunkt und acht Bannwarte beigegeben sind. Der Ertrag des Waldes kommt den Bürgern in Form von Brennholz zu gute und zwar in abgestuften Mengen, je nachdem eine Bürgerfamilie kinderlos oder mit Kindern gesegnet ist. Grosse Mengen Holz werden alljährlich verkauft. Zu den Weiden der Bürgergemeinde gehört auch die auf der südlichsten Jurakette liegende Weissensteinweide mit dem seit bald hundert Jahren als Kuranstalt weitbekannten Gasthaus Weissenstein. Von dem der Bürgergemeinde Solothurn eigenen Kulturland sind besonders zu erwähnen die ausgedehnten Rebberge in Neuenstadt, Le Landeron und Auvernier. 1905 wurden aus den Kellern des Bürgerspitals etwa 20000 Liter Wein verkauft.
Die Behörden der Bürgergemeinde sind folgende: ein Ammann und zwei Kommissäre, welche zusammen die die Geschäfte vorbereitende Bürgerrats-Kommission bilden;
dann der (inkl. Ammann und die beiden Kommissäre) aus 16 Mitgliedern bestehende Gemeinderat;
zwei Fondsverwalter und ein Gemeindeschreiber.
Die Rechnungsführung wird durch eine fünfköpfige Rechnungs-Revisions-Kommission geprüft. Dazu kommt eine aus 7 Mitgliedern bestehende Waisenbehörde, welcher der Ammann von Amtes wegen als Präsident angehört. Das waisenamtlich verwaltete Vermögen beträgt 4914090 Fr. Sämtliche Beamte und Angestellte der Bürgergemeinde werden auf eine Amtsdauer von vier Jahren ernannt und sind einer periodischen Wiederwahl unterworfen. ¶