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Stunde schlägt. Ums Jahr 1520 liess der Rat von Solothurn durch den Winterthurer Lorenz Liechte die grosse Schlag-Halbuhr und das astronomische Werk bauen, welches die 12 Tag- und 12 Nachtstunden zeigt und den scheinbaren Gang der Sonne und des Mondes durch den Tierkreis veranschaulicht. 1545 berief Solothurn den kunstfertigen Schaffhauser Uhrenmacher Joachim Habrecht, den Vater des nach der Sage nach Vollendung der Strassburger Münsteruhr geblendeten Isaak Habrecht, der das jetzt noch viel bewunderte automatische Werk am Turme verfertigte: In einem eigenen Gehäuse befindet sich zwischen Tod und Kriegsmann der auf seinem Trone sitzende König, der bei jedem Schlag den Mund öffnet und mit seinem Szepter die Schläge zählt;
der Kriegsmann bewegt bei jedem Stundenviertel den Arm nach der Brust;
beim vierten Streich wendet der Tod die Sanduhr um und wackelt im Takte mit dem Kopf.
Unterhalb dieser Figuren sind das Wappen der damaligen freien Reichsstadt Solothurn und die Daten der Erstellung 1545 und der Renovation 1883 angebracht. Die Stadt liess sich's dann nicht verdriessen, zum Unterhalt der Turmuhr 1566 mit grossen Kosten den berühmten Uhrmacher Urban Kärler aus Memmingen kommen zu lassen, dessen Nachkommen als Meister ihres Fachs bis ins 18. Jahrhundert in Solothurn lebten. 1583 wurde von zwei in hohem Ansehen stehenden solothurnischen Malern das grosse astronomische Zifferblatt gemalt, das heute noch die N.-Fassade des Zeitglockenturms ziert und 1880 von Heinrich Jenny, sowie 1904 von A. Rüefli renoviert ward. Am Fuss des Turmes befand sich bis ins 19. Jahrhundert hinein der Lasterstein mit dem Halseisen.
Das Rathaus wird in seinen ältesten Bauteilen in graue Vorzeit zurückreichen. 1476 erhielt der Stadtbaumeister Späti vom Rat den Auftrag, das Haus des Armbrusters in ein Rathaus umzubauen. Dass dies gerade in den bösen Tagen der Burgunderkriege geschah, mag als Beweis für das Vertrauen auf den eidgenössischen Sieg gelten. Der Mittelturm der O.-Fassade hat damals schon gestanden. Zu Ende des 16. Jahrhunderts erhielt das Rathaus eine bedeutende Erweiterung durch den Anbau des Kanzlei- und Archivgebäudes.
Dies machte aber auch eine neue Treppenanlage nötig, welche in glücklichster und origineller Weise als Turm mit vielbewunderter Wendeltreppe in die Mitte der N.-Seite zu stehen kam und 1632 von Gibelin, einem Enkel des Baseltor-Erbauers, erstellt wurde. Aus 1622-1712 datiert der Ausbau des heute schönsten Teils, der O.-Front, des Rathauses, das neuestens (1904-1905) mit einer Bausumme von beiläufig 400000 Fr. erweitert und in einigen Partien hübsch renoviert worden ist: Sehenswert ist der im ersten Stockwerk gelegene «steinerne Saal» seiner Glasgemälde, kriegerischen Trophäen und des künstlerischen Schmuckes wegen. Auch der in glücklichster Weise renovierte Kantonsratssaal ist besuchenswert.
Schon von weither sichtbar ragt auf einer Anhöhe im O. der Stadt das Münster St. Ursus und Viktor auf, das seit 1828 Kathedralkirche des neuerrichteten Bistums Basel ist und an dessen Stelle in römischer Zeit ein Apollotempel gestanden haben soll. Ueber dem Grabe der thebäischen Soldaten und Blutzeugen Ursus und Viktor wurde in burgundisch-fränkischer Zeit eine christliche Kirche, das alte St. Ursusmünster, errichtet, dessen Bau aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts stammt und dessen an der W.-Seite stehender Turm im 18. Jahrhundert eingestürzt ist.
Die aus Ascona im Tessin stammenden Baumeister Gaetano Matteo Pisoni (1713-1782) und sein Neffe Paolo Antonio Pisoni (1738-1804) erbauten 1762-1773 die heutige Kathedrale, welche als schönstes Monument der italienischen Hochrenaissance in der Schweiz gelten kann. Zwischen zwei mehrschaligen Kunstbrunnen, welche die Standbilder des Moses und Samson tragen, führen dreimal elf Stufen zur Höhe der drei mit Reliefs geschmückten Portale hinauf. Die mit Heiligenstatuen und Steinkandelabern geschmückte Fassade ragt hoch über die umstehenden Häuser auf.
Das Innere hat die Form eines lateinischen Kreuzes. Zehn gewaltige Pfeiler tragen das Gewölbe des Hauptschiffs und der Querschiffe. Die niedrigere Seitenschiffe enthalten je drei Altäre. Ueber der Mitte des lateinischen Kreuzes wölbt sich eine imponierende Kuppel mit zwei Halbkuppeln. Die Kathedrale zählt elf marmorne Altäre, deren künstlerischen Schmuck Domenico Corvi, Josef Escher, F. J. Wirz, Guiribal und J. H. Treu geliefert haben. Die Fresken der Decke stammen von Domenico Pozzi und von Gottfried Bernhard Goetz aus Augsburg. Die mit Reliefs geschmückte Kanzel ist das Werk von Doret aus Vevey, der marmorne Hochaltar mit dem Sarkophag der Thebäer und die reichen Stukkaturarbeiten dasjenige der Tessiner Francesco und Carlo Luca Pozzi. An der NO.-Ecke der Kirche ragt der etwa 60 m hohe St. Ursusturm über das Baseltor auf. Er enthält ein überaus harmonisches Geläute von 11 Glocken. Ein augezeichnetes Werk ist auch die neue Orgel des St. Ursusmünsters.
Kaum einige hundert Schritte von der Kathedrale entfernt steht die in die Häuserreihe der Hauptgasse sich einschmiegende Jesuiten- oder Professorenkirche. Sie ist als Annex zum Jesuitenkollegium 1689 vollendet worden und im Roccocostil des Ordens gehalten. Die mächtige Fassade hat als Schmuck riesengrosse Steinbilder von Ordensheiligen, während das Deckengewölbe, die Säulen und Lettner mit Stukkornamenten überladen sind. Den Hauptaltar ziert ein ausserordentlich grosses Gemälde des ¶
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Konstanzers Meuder, welches Maria in ihrer Glorie, umgeben von Chören der Heiligen, darstellt. Als Maler der z. T. trefflichen Seitenaltarbilder seien erwähnt der kurbairische Hofmaler Johann Kaspar Sieg und Johann Andreas Wolf aus München. Die Totengruft barg einst die einbalsamierte Leiche des am in seinem Hause an der Gurzelngasse zu Solothurn verstorbenen Polenhelden Thaddäus Kosziusko, bis sie dann in die Königsgruft von Krakau überführt wurde.
Zu dem am N.-Rand der mittelalterlichen Schanzen Solothurns gelegenen aufgehobenen Franziskanerkloster (heute Konvikt der solothurnischen Lehrerbildungsanstalt) gehörte die Franziskanerkirche, welche den Altkatholiken eingeräumt worden ist. Auf den Glazismatten der geschleiften Schanzen haben die Reformierten in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts ihre Kirche in neugotischem Stil gebaut. Unter den Kirchen des Visitanden-, des Nominis Jesu-, St. Josephs- und Kapuziner-Klosters verdient die Kapuzinerkirche Erwähnung wegen des prächtigen Hauptaltargemäldes von Gerard Seghers, eines Freundes und Mitstrebenden Rubens' und van Dyk's.
Von den übrigen Kirchen und Kapellen sind Loretto und Dreibeinskreuz von Solothurner Bürgern gestiftete Gotteshäuser; letzteres steht rechts der Aare an der Stelle, wo der Gegenpapst Felix V. auf seiner Reise von Lausanne ans Basler Konzil vom Solothurner Rat und von der Bürgerschaft feierlich empfangen wurde. Der heutige Bürgerspital in der Vorstadt und das einstige Sondersiechen-, jetzt Pfrundhaus St. Katharinen östl. der Stadt haben ihre eigenen Kirchen.
In den neuen Quartieren nach W. hin erhebt sich seit einigen Jahren auch ein Gotteshaus der Methodisten. Wenn auch nicht in den Gemeindebann von Solothurn gehörig, verdient doch die St. Niklauskirche, die Pfarrkirche der benachbarten Dörfer Rüttenen, Riedholz, und Feldbrunnen, deshalb Erwähnung, weil ihr Friedhof eine Reihe von Grabstätten hervorragender Solothurner birgt. Hier ruhen u. a. der berühmte deutsch-amerikanische Schriftsteller Charles Sealsfield (Karl Postel), der seine letzten Jahre in Solothurn verbracht hat; der eminente Geologe Amanz Gressly, der solothurnische Dialektschriftsteller Fr. J. Schild; der bedeutende Maler Frank Buchser, dessen Grab eine überaus lebensvolle Büste des Meisters aus der Hand Max Leu's trägt, welcher selbst in der Blüte seiner Jahre dahingerafft, nur wenige Schritte entfernt seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Auch die gewesenen Bundespräsidenten Josef Munzinger und Bernhard Hammer, sowie die tüchtigen Aerzte Kottmann und andere bedeutende Männer der Stadt sind hier bestattet.
Im 19. Jahrhundert sind nebst den grössten Partien des Schanzengürtels auch einige architektonisch hervorragende Tore gefallen, so das Berntor in der Vorstadt und das äussere Biel- oder Gurzelentor. Erhalten blieb nur und wird es hoffentlich bleiben das Basel- oder Eichtor, von dem der bekannte süddeutsche Schriftsteller Hansjakob sagt, dass es ihm unter allen auf seiner Reise durch die Schweiz gesehenen Baudenkmälern am meisten imponiert habe. Es war ein aus Brignolles im südl. Frankreich nach Solothurn eingewanderter Baumeister Hans Gibelin, der dieses prächtige Stadttor 1504-1508 um die Summe von 3002 Gulden und die Gratifikation von 20 Maltern Hafer errichtet hat. Sein Sohn Konrad vollendete 1535 den Torbau, indem er die Türme mit einer auch für Kanonen genügenden Brustwehr versah.
Zu den denkwürdigen Bauten älterer Zeit gehören sicherlich auch die beiden «Muttitürme» an der NO.- und NW.-Ecke der Stadt, zwei 1535 und 1548 errichtete ungeheuer feste und behäbige Mauerkolosse, sowie der «Krumme Turm» (1462) am rechten Ufer der Aare oberhalb der Eisenbahnbrücke.
In der Stadt selbst fesseln das Auge des Fremden fünf monumentale Brunnen, deren polychrome Renovation alle Anerkennung verdient. Es sind dies: der St. Mauritiusbrunnen auf dem Zeughausplatz (1556); der Fischbrunnen, eine mächtige, von dem Standbild des h. Ursus auf hoher Säule überragte monolithe Brunnenschale auf dem Marktplatz; der Gerechtigkeitsbrunnen in der Hauptgasse (1561), der St. Georgsbrunnen mit dem kühnen Reiterstandbild des Heiligen auf dem Börsen- und der Simsonbrunnen auf dem Friedhofplatz (die beiden letztern von 1548 stammend).
Das Zeughaus der Stadt Solothurn (erbaut 1610-1614) enthält die bedeutendste schweizerische Sammlung von Rüstungen und Waffen, die namentlich durch die Mannigfaltigkeit der Formen, die sie aufweist, und durch eine grosse Zahl seltener und schöner Stücke bemerkenswert ist. Unter den 383 vollständigen Rüstungen finden sich eigentliche Prunkstücke, so z. B. die der Familie vom Staal, sowie diejenige des Ritters und Generalobersten Wilhelm Frölich. Von den Pannern sind bemerkenswert die Fahne, welche von Leopold von Oesterreich den Solothurnern nach der Belagerung von 1318 geschenkt wurde, die ¶