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la République du Valais» hervorgegangen ist;
zwei Bierbrauereien, deren eine bei Brämis steht;
fünf Kreditinstitute, worunter die kantonale Hypothekarkasse;
fünf Gasthöfe und zahlreiche Gastwirtschaften.
Von den bedeutenden Jahrmärkten fallen fünf auf das Frühjahr und sechs auf den Herbst. Es werden dabei durchschnittlich etwa 1000 Stück Grossvieh, 500 Kälber, Schweine, Schafe etc., sowie etwa 50 Pferde und Maultiere aufgeführt. Jeden Samstag findet ein Wochenmarkt statt. Der Handel beschränkt sich auf die Ausfuhr einiger Landesprodukte, wie Holz, Felle, Nahrungsmittel etc. Die um 1850 eingeführte Uhrsteinschleiferei ist wieder in Abgang gekommen. Dagegen stehen die durch den Weinhandel geförderte Fassfabrikation und zwei erst in neuerer Zeit eingerichtete Möbelfabriken, die ihre Erzeugnisse auch nach auswärts versenden, in Blüte. An Bedeutung nimmt von Jahr zu Jahr der Versand der Produkte der Weinberge zu: frische Trauben, Weinmost (Sauser), feine Weine in Flaschen und Fässern. Sitten ist auch ein beliebter Traubenkurort. Kürzlich hat sich eine Gesellschaft zur Ausfuhr von Honig und feinem Tafelobst gebildet.
Wege und Mittel des Verkehrs.
Eine besondere Transportunternehmung besteht in Sitten nicht. Hauptverkehrswege sind die Simplonbahn, die Strasse des Rhonethals, die Strasse ins Eringerthal (mit Postwagenkurs Sitten-Vex, der im Sommer bis nach Evolena und Les Haudères geführt wird) und die Strasse nach Brämis (mit regelmässiger Postwagenverbindung durchs ganze Jahr). Dazu kommen die nicht fahrbaren Wege über den Sanetsch und den Rawil ins Berner Oberland. Die Station Sitten gibt monatlich etwa 5000 Personenbillets aus und steht damit bis jetzt je nach den einzelnen Jahren im zweiten oder dritten Rang (nach Saint Maurice und im gleichen Rang oder nach Martinach) der Walliser Eisenbahnstationen. 1901 war sie mit Bezug auf die Einnahmen nach Brig und Martinach die dritte, mit Bezug auf die Zahl der beförderten Reisenden die dritte und mit Bezug auf den Güterverkehr die fünfte der Walliser Bahnstationen.
Der Bahnhof Sitten spediert jährlich durchschnittlich 3 Millionen Liter Wein und zur Zeit der Weinlese 1200000-1700000 Liter Sauser, d. h. ebensoviel wie alle übrigen Walliser Bahnhöfe zusammen. Postbureau zweiter Klasse mit einem Postverwalter; Telegraph und Telephon. Für den Bau einer Eisenbahn von Sitten über Savièse und den Sanetschpass nach Saanen ist eine Konzession vorhanden. Diese Bahn soll 46,3 km lang sein, elektrisch betrieben werden, eine Spurweite von 1 m und eine Maximalsteigung von 8% haben. Sie würde durch die Rue du Grand Pont gehen und am Scheitel eine Höhe von 2215 m erreichen. Als Stationen sind auf Walliserseite vorgesehen: Sitten Bahnhof, Sitten Stadt, La Muraz, Saint Germain, Ormona, Granois, Sainte Marguerite, Prabé, Zanfleuron, Sanetsch.
Geistiges Leben; Erziehungs- und Unterrichtswesen.
Als politisches und religiöses Zentrum des Wallis besitzt Sitten die Mehrzahl der mittlern und höhere Unterrichtsanstalten. Eine Folge der Autonomie der ehemaligen Republik Wallis ist, dass heute noch in Sitten eine eigene Rechtsschule besteht, an der die Advokaten und Richter des Landes ihre juristische Bildung holen. Diese 1807 gestiftete Schule ging schon 1810 mit der Einverleibung des Wallis in das französische Kaiserreich ein, trat dann 1824 von neuem ins Leben und hat sich bis 1895 unter der ausdauernden Leitung von Dr. Cropt, der sich in dem genannten Jahr als über 90 jähriger Greis ins Privatleben zurückzog, regelmässig entwickelt.
Unter seinen Nachfolgern konnten aber die Kurse teils aus Mangel an Professoren, teils wegen ungenügender Schülerzahl nicht mehr regelmässig gehalten werden, sodass man sich jedes Jahr von neuem fragt, ob diese veraltete Institution noch aufrecht erhalten werden solle. Die Kantonsschule (Collège-Lycée) zählte im Schuljahr 1904/05 114 Schüler (mit Inbegriff der 38 Schüler der Gewerbeabteilung) und 18 Professoren, die in der Mehrzahl dem geistlichen Stande angehören.
Man geht mit dem Gedanken um, die gewerblich-technische Abteilung zu einer selbständigen Industrieschule auszubauen. Die
dem Priesterstand sich zu widmen wünschenden Jünglinge besuchen das bischöfliche Priesterseminar.
Ferner bestehen ein Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar für den französisch sprechenden Kantonsteil. Mädchensekundarschule
mit etwa 35 Zöglingen.
Sieben französische und zwei deutsche Primarschulklassen für Knaben mit 204, bezw. 54 Schülern;
sieben
französische und zwei deutsche Primarschulklassen für Mädchen mit 278, bezw. 52 Schülerinnen. Ferner sind je eine
reformierte Knaben- und Mädchenschule mit 23 Schülern und 29 Schülerinnen vorhanden. Mit Einschluss der
Schulen einiger
vor der Stadt gelegenen Ortschaften beläuft sich die Gesamtzahl der Primarschüler in den Gemeindeschulen auf 610 Knaben
und 699 Mädchen. Der Unterricht liegt in den Händen von weltlichen
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und geistlichen Lehrern und Lehrerinnen. Der in Sitten schon seit jeher bestehende Antagonismus zwischen der deutschen und französischen Sprache hat bald zugunsten dieser oder jener geschwankt und scheint jetzt endgiltig zum Siege des Französischen führen zu wollen. In der Tat treten die die deutschen Schulen besuchenden Kinder vom dritten oder vierten Schuljahr an fast alle in die französischen Klassen über. Von wissenschaftlichen, literarischen, künstlerischen etc. Gesellschaften und Vereinen, die ihren festen Sitz in Sitten haben, seien folgende genannt: die von der Stadt subventionierte Stadtmusik (Harmonie municipale), ein Liebhaberorchester, der deutsche Männerchor «Harmonie», sowie der Rhonesängerbund, der gemischte Zäzilien-Kirchenchor.
Brennpunkt der geistigen Bestrebungen in der Stadt Sitten war lange Zeit der heute in seiner Bedeutung merklich zurückgegangene Cercle du Casino, dem die Glieder der alten Patrizierfamilien, ferner hauptsächlich Beamte, Advokaten, Notare, Aerzte etc. angehören. In Sitten erscheinen vier wöchentlich dreimal ausgegebene politische Zeitungen (drei französische und eine deutsche), sowie eine landwirtschaftliche und eine pädagogische Zeitschrift. Das Bulletin officiel ist das Amtsblatt der kantonalen und Gemeindebehörden. Im Kantonsschulgebäude befindet sich die Kantonsbibliothek, während das namentlich durch seine Sammlung von Pannern, Waffen, Altertümern und Gemälden bemerkenswerte kantonale Museum in einem neuen Gebäude neben der Kirche auf Valeria untergebracht ist. Schon 1788 besass Sitten ein Theater, das sog. Komödienhaus, das in der Folge umgebaut wurde und am W.-Hang des Hügels von Valeria steht. Es werden hier hauptsächlich die jährlichen Vorstellungen der Kantonsschüler gegeben und nur ausnahmsweise Veranstaltungen von lokalen Vereinen oder Wandertruppen organisiert.
Verwaltung.
Die Gemeinde Sitten besitzt zwei getrennte Verwaltungen: die allgemeinen städtischen Behörden und den Bürgerrat, welch letzterer bis zum Inkrafttreten der Bundesverfassung von 1848 die alleinige Verwaltungsbehörde war. Heute bestehen beide Institutionen aus der sog. Urgemeinde und einem vollziehenden Rat. Die Ortsgemeinde umfasst alle stimmfähigen Bürger; sie ernennt den Stadtrat samt dessen Präsidenten und Vizepräsidenten, genehmigt den Voranschlag und nimmt den Rechenschaftsbericht des Stadtrates entgegen.
Dieser besteht aus 15 Mitgliedern und bildet die vollziehende und Verwaltungsbehörde der Gemeinde. Der Bürgergemeinde steht die Verwaltung des eine halbe Million Franken erreichenden Bürgergutes und des Bürgerspitales zu, der über ein Vermögen von 600000 Fr. verfügt, sowie alle bedürftigen Stadtbürger unentgeltlich und die übrigen Kantonsbürger gegen eine geringe Entschädigung verpflegt. Der Wert der von beiden Verwaltungen gemeinsam benutzten öffentlichen Gebäude ist in den gegebenen Ziffern nicht mitinbegriffen.
Die Ortsgemeinde verwaltet den 1905 auf 2699 Fr. angestiegenen Pfarrfonds, den Schulfonds mit 29640 Fr. und den Armenfonds mit 87302 Fr. Seit 1898 ist sie Eigentümer der Gasfabrik, deren früher wenig günstige Rechnungsergebnisse sich allmählig verbessern. An produktivem Grundeigentum gehört ihr einzig ein der Rhone entlang ziehender Strich Unterholz. Die Stadtverwaltung hat seit 1901 eine Trinkwasserversorgung geschaffen, wie sie sich manch grössere Stadt nicht besser wünschen könnte.
Eine Eigentümlichkeit der sedunensischen Verwaltung bildet der Unterhalt der Bewässerungskanäle (Bisses) und die Verteilung des befruchtenden Wassers an die Nutzungsberechtigten der Gemeinde. Diese letztere ist Eigentümer folgender «Bisses»:
1) des Bisse de Champsec für die Ebene links der Rhone;
2) der Bisses d'Uvrier, des Vergers und de Châtroz für die Ebene rechts der Rhone;
3) der Bisses de Clavoz und de Lentine für die Weinberge. Dieser Kanäle wird urkundlich schon im 15. Jahrhundert gedacht, doch ist es sehr wohl möglich, dass ihre Erstellung noch aus weit älterer Zeit datiert. Infolge der Zuführung des Quellwassers von La Fille hat die Stadt Sitten in den letzten Jahren noch einen neuen Bisse anlegen lassen, der das Wasser am Fusse des Rawil fasst und seinen Ueberschuss in das im Sommer oft trockene Bett der Sionne abgibt. Die Ausgaben der Gemeindeverwaltung belaufen sich durchschnittlich auf jährlich 190000 Fr. An Steuern werden bezogen:
1) Eine Vermögens- und Einkommenssteuer;
2) eine Gewerbesteuer und 3) eine Haushaltungssteuer. Die Stadt Sitten besitzt eine Katastervermessung, die vom städtischen Baubureau nachgeführt wird. Steueransätze: Feste Haushaltungstaxe Fr. 12.- pro Jahr;
Grundstücke 5,5‰ vom Katasterwert;
Gebäulichkeiten 5,5‰ von zwei Dritteln des Katasterwertes;
Vermögenssteuer 3,66‰;
5,5‰ vom vierfachen Einkommen;
Immobilien ausserhalb der Gemeinde Sitten 2,3‰;
Maikäfersteuer 0,5‰ vom Wert der Grundstücke (nur alle 3 Jahre);
Kaminkehrsteuer 0,30 Fr. für ein drittes, 0,50 Fr. für ein zweites und 0,70 Fr. für ein erstes Stockwerk;
Hundetaxe Fr. 4.- pro Jahr (dazu Fr. 8.- kantonale Taxe, zusammen also Fr. 12.- pro Hund).
Ein Existenzminimum wird nicht in ¶