mehr
Lage mitten in einem prachtvollen Gebirgskranz.
Stark besuchter Kurort. 1170: Silvaplana.
Lage mitten in einem prachtvollen Gebirgskranz.
Stark besuchter Kurort. 1170: Silvaplana.
(Kt. Graubünden, Bez. Inn). 1794 m. Zweitoberster und zweitgrösster der Engadinerseen (2,65 km2 Fläche und 77 m tief), am obern und untern Ende von Alluvialebenen, sowie rechts und links von Bergwänden eingeschlossen, die einerseits zum Piz Corvatsch und zur Fuorcla Surlej, andrerseits zum Piz Polaschin ansteigen. Einst bildeten der Silser-, Silvaplaner- und Campfèrersee ein einziges zusammenhängendes Seebecken, das von Maloja bis Campfèr reichte, dann aber durch Deltabildungen der Zuflüsse zerteilt und auf die heutigen Reste eingeschränkt wurde.
Noch ist der Zusammenhang des Silvaplaner- und Campfèrersees nicht völlig erloschen. Sie haben gleiche Spiegelhöhe und hängen durch eine, allerdings fast flussartig schmale Seeenge zusammen, über welche eine Brücke von Silvaplana nach Surlej führt. Zwei grosse, einander entgegenwachsende Deltas, das eine vom Julierbach, das andere vom Surlejbach gebildet, haben den See hier so stark eingeengt und in zwei fast völlig getrennte Teile zerlegt. Auf dem sanft ansteigenden wiesengrünen Delta der linken Seite breitet sich das Dorf Silvaplana aus, dessen Namen andeutet, dass die jetzige Wiesenfläche einst bewaldet war.
Das gegenüberliegende Surlej ist ein verlassenes, fast ganz in Ruinen zerfallenes Dörfchen, in dem nur noch einzelne Ställe und Heugaden benutzt werden. Die beiden Bergseiten des Sees sind ähnlich beschaffen wie beim Silsersee, doch eher etwas steiler und weiter hinauf bewaldet. Auch hier führt längs der linken Seite die Poststrasse, längs der rechten Seite ein hübscher Waldweg, von dem weitere Wege nach der Alp la Motta und gegen die Fuorcla Surlej abzweigen. Betr. die Entstehung des Silvaplanersees, die durchaus derjenigen des Silsersees entspricht, vergl. die Art. Graubünden, Inn und St. Moritzersee.
(Monte) (Kt. Wallis, Bez. Visp). So nennen die Bewohner des Val Tournanche das Matterhorn. S. diesen Art.
(Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquart). 3013-2448 m. Unstreitig schönster und besuchtester Gletscher der Silvrettagruppe. Als mächtiger Eisstrom flutet er, meist mit glänzendem Firnkleid bedeckt, vom Silvrettapass herunter. Im ganzen von sanftem Charakter, ist er im Vergleich mit vielen andern Gletschern ähnlicher Grösse wenig zerschrundet, so dass man im Winter schon Schlittenpartien auf ihm unternommen hat, die in sausender Fahrt von der Höhe des Silvrettapasses bis unter die Rotfurka führten.
Gleichwohl fehlt es ihm stellenweise nicht an weitklaffenden Spalten, und besonders sein sw. Ende weist ein prächtiges Seracsgebiet auf, wo die Eismassen in wildem Aufruhr vielfach gebrochen und geborsten gegen das tief unten liegende Verstanklathal abstürzen. Sie bilden damit einen typischen, vielbewunderten Gletschersturz mit mannigfaltig gestalteten Tafeln, Türmen und Pyramiden von blauschimmerndem Eis und dazwischen eingerissenen Klüften. Grossartig ist die Gebirgsumrandung des Silvrettagletschers mit den Steilwänden des Gletscherrückens und der Rotfluh im N., den drei Schneedomen des Silvretta-, Eck- und Signalhorns und dem eisgepanzerten Gletscherkamm im O., der schlanken, kühn aufgetürmten Pyramide des Verstanklahorns und dessen verkleinertem Abbild, der sog. Thorwache, sowie der hoch aufragenden Zinnenmauer der Verstanklaköpfe im S. Das ganze bildet ein Gebirgs- und Gletscherbild von wunderbarer Schönheit und Harmonie.
Kein Wunder, dass ein Spaziergang auf diesen Gletscher, zum nahen Gletschersturz, zum sanft gewölbten Schneerücken der Krämerköpfe oder bis hinauf zum Firnplateau des Silvrettapasses, auch wenn keine Gipfelbesteigung beabsichtigt wird, zur «promenade favorite» der Kurgäste von Klosters geworden ist und auch Gipfeltouren, die über diesen Gletscher führen, mit Vorliebe gemacht werden. Der Piz Buin und das Silvrettahorn verdanken ihren Ruf und ihre Beliebtheit gewiss nicht nur ihrer leichten Zugänglichkeit und ihren allerdings herrlichen Panoramen, sondern ganz wesentlich auch dem Umstand, dass ihre Besteigung mit einer Wanderung über den Silvrettagletscher verbunden ist.
Eine schöne Zugabe zu diesem Gletscher ist seine Nebenkammer: der Verstanklagletscher mit der feingeschwungenen Linie des Verstanklators. Getrennt sind die beiden Gletscher durch den von W. sanft ansteigenden, nach O. steiler abfallenden Rücken der Krämerköpfe, die selber teilweise in Schnee und Eis eingehüllt sind und ostwärts zum schmalen Kammgletscher und zum Gletscherkamm ansteigen. Ueber die ö. Partie der Krämerköpfe kann man leicht vom Silvrettagletscher zum Verstanklagletscher und zum Verstanklator gelangen.
Bei Punkt 2812 m der Krämerköpfe, etwa 1½ Stunden von der Silvrettahütte entfernt, steht man so ziemlich im Mittelpunkt des wundervollen, weiten Gletscherzirkus, den man von hier aus in allen Teilen und Einzelheiten überblickt: s. in der Tiefe den in enger Mulde eingebetteten Verstanklagletscher mit seiner mächtigen S.-Wand, im N. den breitgelagerten und höher liegenden Silvrettagletscher mit seinen nach O. immer mächtiger ansteigenden Wellen. Andere günstige und vielbesuchte Uebersichtspunkte der beiden Zwillingsgletscher sind der Birchenzug (2428 m) und der Medjekopf (2481 m) in unmittelbarer Nähe der Silvrettahütte vor dem W.-Ende dieser prachtvollen Gletscherlandschaft.
Oestl. hängen die beiden Gletscher durch den Silvrettapass (3013 m) und das Verstanklator (2951 m) mit dem Firnbecken «La Cudèra» zusammen, aus welchem der Vadret Plan Rai nach O. ins Val Tuoi und der Vadret Tiatscha nach S. ins Val Lavinuoz (beide zum Inn) abfliessen. Aus dem Silvretta- und Verstanklagletscher kommen die Hauptquelladern der Landquart, d. h. aus jenem der Medjebach und aus diesem der Verstanklabach, die sich noch im Verstanklathal, etwa 1 km hinter der Hütte der Alp Sardasca, vereinigen. Sehr sehenswert und von der Silvrettahütte des S. A. C. leicht zu erreichen ist der Ursprung des Medjebaches, der aus einem prächtigen Gletschertor hervorquillt, in das man ein Stück weit eindringen kann.
(Kt. Graubünden, Bez. Inn und Ober Landquart). Die Silvrettagruppe umfasst die ganze Gebirgsmasse zwischen dem Prätigau und Unter Engadin einerseits und der Arlberglinie andrerseits, sowie vom Rhein im W. bis Finstermünz und Landeck im O. Als Grenze gegen die Albulagruppe nehmen wir hier den Flesspass an, den kürzesten Uebergang von Klosters nach Süs. Schärfer ist die N.-Grenze, die als fast gerade Linie von Feldkirch über den Arlberg verläuft und sowohl orographisch als geologisch eine ausgezeichnete Grenzlinie bildet, da sie tief eingeschnitten ist - der Arlberg hat nur 1802 m Höhe - und die kristallinen Zentralalpen von den n. Kalkalpen trennt. Die
Silvrettagruppe ist damit den Zentralalpen zugewiesen. Das ganze so umgrenzte Gebiet teilt man in vier Abschnitte, indem man die Teilungslinien über das Schlappinerjoch im W., den Fimberpass im O. und das Zeinisjoch im N. zieht, wodurch der Rätikon, die Samnaungruppe und die Ferwallgruppe vom Zentralstock der Silvrettagruppe im engern Sinn abgeschnitten werden. Dieser Zentralstock, der also vom Schlappinerjoch und Flesspass bis zum Fimberpass und Zeinisjoch reicht, zeichnet sich als solcher nicht nur durch seine Lage, sondern auch durch seine bedeutende Höhen- und Gletscherentwicklung, sowie durch seine Gesteinsbeschaffenheit aus.
Wir zählen hier mehr als 50 Gipfel von je über 3000 m Höhe, darunter 2 mit über 3400 m (Piz Linard 3414 m und Fluchthorn 3403 m) und 2 weitere mit über 3300 m (Piz Buin 3316 m und Verstanklahorn 3301 m), dann 12-15 Gipfel mit über 3200 m. Dagegen hat die Samnaungruppe nur 10 Gipfel mit über 3000 m, wovon 2 auf über 3200 m und weitere 2 auf über 3100 m kommen (Muttler 3298 m, Stammerspitz 3258 m, Piz Mondin 3147 m und Vesilspitz 3115 m). Die Ferwallgruppe hat noch 8 Gipfel mit über 3000 m, darunter 4 mit über 3100 m, aber keinen mehr mit 3200 m. Der Rätikon endlich erreicht trotz seiner imposanten Formen die 3000 m nicht mehr, da sein höchster Punkt, die Scesaplana, nur noch 2969 m hat. Nach der Höhe erhalten wir also folgende Rangordnung der vier Gruppen: a) Zentralstock der Silvrettagruppe; b) Samnaungruppe; c) Ferwallgruppe; d) Rätikon.
Ebenso stark wie in der Gipfelhöhe tritt der Vorrang der zentralen Silvrettagruppe über die drei Nebengruppen in der Gletscherentwicklung hervor. Nach Ed. Richter hat die gesamte Silvrettagruppe eine Gletscherfläche von 116 km2, wovon 92,8 km2 oder 4/5 auf die Zentralgruppe, aber nur 14,5 km2 auf die Ferwallgruppe, nur 4,5 km2 auf die Samnaungruppe und nur 4,1 km2 auf den Rätikon kommen. Von den Quellen der Landquart bis gegen den Fimberpass finden wir eine fast ununterbrochene Flucht von Eisfeldern, von denen manche auch einzeln genommen bedeutende Ausdehnung erreichen.
Die zwei grössten sind der Fermunt- oder Ochsenthalgletscher mit 8,8 km2 und der Jamthalferner mit 8 km2 Fläche. Dann folgen der Silvrettagletscher mit 4,8 km2, der Plan Rai-Tiatschagletscher mit 4,6 km2, der Klosterthalgletscher mit 4,36 km2 und der Verstanklagletscher mit 2 km2. Trotz der beträchtlichen Ausdehnung der Gletscher liegen doch ihre untern Grenzen sehr hoch. Am tiefsten, nämlich bis auf 2200 m, gehen der Verstankla- und der Jamthalgletscher.
Die Firngrenze hat Richter für die Silvrettagruppe auf 2700-2750 m berechnet. Von den vier Teilen der Silvrettagruppe im weitern Sinn schliessen sich drei - Rätikon, Zentralstock und Samnaungruppe - zu einem nach N. geöffneten mächtigen Bogen zusammen, der das Gebirgsdreieck der Ferwallgruppe von zwei Seiten umfasst. Die Zentral- und die Ferwallgruppe bestehen aus kristallinen Gesteinen und zwar besonders aus Gneis, Glimmerschiefern und Hornblendeschiefern, untergeordnet auch aus Granit, die beiden Flügelgruppen des Rätikon und der Samnauner Berge dagegen weit vorherrschend aus Schichtgesteinen verschiedenen Alters vom Phyllit und Verrucano aufwärts bis zur Kreide und zum eozänen Schiefer.
Der Zentralstock bildet nach Theobald ein weites Gewölbe, wo die Gesteinsschichten in der n. Hälfte nach N., in der s. nach S. fallen. Längs einer Mittellinie vom Weisshorn des Vereinathals über die Verstanklaköpfe und an der S.-Seite des Piz Buin vorbei nach O. stehen sie vielfach auch senkrecht. Doch ist der innere Bau, die Geotektonik, der Silvrettagruppe noch nicht genügend aufgeklärt. In seiner äussern Erscheinung zeigt der eben erwähnte Gebirgsbogen ein schönes Beispiel von liederförmiger Gliederung, wie man sie in den innern Teilen der Alpen neben der radialen vielfach antrifft. Vom Hauptkamm gehen eine Menge kurzer Seitenäste
nach N. und S. ab, die die kleinen Seitenthäler des Prätigaus, Montavon, Paznaun und Unter Engadin einschliessen. Besonders schön ist diese fiederförmige Gliederung in den beiden Flügelgruppen ausgebildet, doch tritt sie auch in der Zentralgruppe deutlich genug hervor. Sie kombiniert sich aber hier mit der radialen, indem z. B. aus der Gegend des Piz Buin die Gebirgszweige nach verschiedenen Richtungen ausstrahlen: über das Silvrettahorn und den Litznerstock nach NW., über das Verstanklahorn und den Piz Linard nach SW., über den Piz Fliana nach S. und über den Dreiländerspitz nach O. Im kleinen wiederholt sich diese radiale Gliederung noch mehrfach, so im Litznerstock und am Pillerhorn sw. vom Verstanklahorn. Gabelförmig ist sodann die Verzweigung am Rauhen Kopf (3093 m) n. vom Dreiländerspitz, ferner beim Fluchthorn, wo die beiden Zinken einerseits das Bielerthal, andrerseits das Lareinthal einschliessen. Von der weitern Betrachtung schliessen wir den Rätikon (s. diesen Art.) und die ausserschweizerische Ferwallgruppe aus.
Sein wasserscheidender Kamm zieht vom Flesspass und Vereinapass über das Verstanklahorn zum Silvrettapass und Signalhorn nach NO., dann mehr ö. über Piz Buin, Dreiländerspitz, Augstenberg und Piz Fatschalv zur Fuorcla Tasna, endlich wieder nö. über Piz davo Lais zum Fimberpass. Am Signalhorn vereinigt sich damit eine zweite Wasserscheide, die vom Schlappinerjoch über den Gross Litzner und das Silvrettahorn nach SO. zieht. Doch sind diese Wasserscheiden grösstenteils nur solche zweiter Ordnung.
Einzig die kurze Strecke vom Flesspass bis zum Signalhorn und von da bis zum Dreiländerspitz trennt zwei Stromgebiete - diejenigen des Rheins und der Donau - voneinander und ist also erster Ordnung. Der nw. Arm trennt das Gebiet der Landquart von demjenigen der Ill, also nur Unterabteilungen des Rheingebietes voneinander, und der nach O. gehende Arm nur den Inn von einem seiner Zuflüsse, der Trisanna des Paznaun, die sich mit der Rosanna des Stanzerthals zusammen bei Landeck mit dem Hauptfluss vereinigt.
Die Hauptwasserscheide geht vom Dreiländerspitz über die Bielerhöhe und durch die Ferwallgruppe nach N. zum Arlberg, kommt aber als ausserhalb der Schweiz liegend hier nicht weiter in Betracht. Die drei vorhin erwähnten, am Signalhorn zusammentreffenden Kämme stellen die Stammstücke der Silvrettagruppe dar, von welchen zahlreiche grössere und kleinere Seitenzweige abgehen. Dabei fällt auf, dass mehrere der höchsten Gipfel, unter ihnen insbesondere der Piz Linard und das Fluchthorn, nicht im Hauptkamm sondern in kleinen Seitenzweigen liegen, indem ersterer südwärts gegen das Engadin, letzteres nordwärts gegen das Paznaun vorspringt. Es fällt also die Verbindungslinie der höchsten Gipfel nicht durchweg mit der Wasserscheide zusammen.
Auch die politische Grenze zeigt derartige Unregelmässigkeiten, indem sie vom Piz Fatschalv oder Grenzeggkopf über das Fluchthorn und den Gemsbleiskopf n. ausbiegt und dann das Fimberthal nach O. quert, um in der Nähe der Vesilspitze den Kamm wieder zu erreichen, so dass der obere Drittel des Fimberthals zur Schweiz, die untern zwei Drittel zu Oesterreich gehören. Eine Folge dieser Eigentümlichkeit ist es, dass die Heidelbergerhütte des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins im obern Fimberthal auf schweizerischem Gebiet liegt.
Auch im Gebiet von Samnaun findet eine derartige Abweichung der politischen Grenze vom Gebirgskamm statt, indem jene vom Gribellakopf längs dem Malfragbach sö. zum Samnauner- oder Schergenbach zieht und dann diesem bis zur Mündung in den Inn folgt, so dass das Samnaunerthal ebenfalls teilweise zur Schweiz, teilweise zu Oesterreich gehört, welch letzterem allerdings nur die linke Seite der untern Thalstufe zukommt. Da aber das Strässchen sich an dieser linken Seite befindet, sind die Samnauner vorläufig noch genötigt, über österreichisches Gebiet mit der übrigen Schweiz zu verkehren.
Für die weitere Betrachtung zerlegen wir die Silvrettagruppe in eine Anzahl kleinerer Stücke oder Glieder.
1) Die Gruppe des Piz Linard zwischen Flesspass und Vernelapass zieht im Bogen von den Ungeheuerhörnern über die Plattenhörner zum Pillerhorn nach O., dann sö. zum Piz Linard, wo sie sich in zwei kurze Arme teilt, die das Val Glims einschliessen. Eine kleine Vorlage dazu bildet die durch den Valtorta- oder Vereinapass vom Hauptstück getrennte Gruppe des Piz Fless zwischen Val Fless und Val Saglains. In der ganzen Gruppe herrschen nackte Felsgestalten, die mit ungeheurer Steilheit sich zu grossen Höhen emporschwingen.
Insbesondere bildet der Piz Linard eine ungemein stolze Pyramide, die von allen Seiten sich als mächtiger Koloss darstellt und schier unersteigbar erscheint. Sowohl durch seine Höhe (3414 m) als durch seine massige Gestalt ist der Piz Linard entschieden das Haupt der Silvrettagruppe. Der Schnee haftet nur wenig an seinen steilen Gehängen, weshalb die Gletscherentwicklung eine geringe ist. Würdige Trabanten hat er in den Plattenhörnern (3221, 3219 und 3205 m), die ihm an Höhe nur wenig, an schreckhafter Steilheit nicht nachstehen, ja ihn darin noch überbieten und darum nur selten bestiegen werden. - 2) Die Gruppe des Verstanklahorns zwischen Vernela- und Silvrettapass bildet eine W.-O. streichende Kette, die im W. mit den schönen Pyramiden des Canard- und Weisshorns beginnt und im O. mit dem Verstanklahorn (3301 m) endigt.
Dieses ist, besonders vom Silvretta- und Verstanklagletscher aus gesehen, wohl die schönste Gestalt der Silvrettagruppe, eine schlanke, regelmässige Pyramide, eines der schwierigsten, aber auch anziehendsten Objekte für den Bergsport in der gesamten Gruppe. Daran schliesst sich der ebenfalls schön gestaltete Schwarzkopf (3225 m) im Hintergrund des Vernelathals, am Gipfel breit abgestutzt und mit einer dicken Firnkappe gekrönt. Nordwärts vorgelagert sind dem Verstanklahorn der Gletscherkamm und die Krämerköpfe als Grenze zwischen Verstankla- und Silvrettagletscher. -
3) Die Gruppe des Silvrettahorns streicht im ganzen von der Fuorcla del Confin bis zum Klosterpass nach NW. und bildet die rechte Seite des Silvrettagletschers. Signalhorn (3212 m) und Silvrettahorn (3248 m) sind darin vielbesuchte Aussichtspunkte, wogegen Rotfluh und Anstandspitz weniger beachtet werden. Silvretta- und Verstanklagletscher bilden mit ihrer Umrahmung, den Gruppen des Silvretta- und des Verstanklahorns, die schönste Gletscherlandschaft der Silvrettagruppe, die namentlich von den Höhen bei der Silvrettahütte des S. A. C. einen prachtvollen Anblick gewährt. Mitten hindurch führt der Silvrettapass (3013 m) als kürzester und schönster Uebergang von Klosters im Prätigau nach Guarda im Engadin. - 4) Die Litznergruppe zwischen Klosterpass und Schlappinerjoch ist das nordwestlichste Glied des Silvrettamassivs.
Gewaltige, zum Teil recht bizarre Gestalten, mächtige Türme und kecke Nadeln, die weniger durch ihre Höhe als durch überraschende Formen imponieren, zeichnen diese Gruppe aus. Unvergleichlich kühn schwingt sich insbesondere der Gross Litzner (3111 m) empor, ein bevorzugtes Kletterobjekt wagemutiger Touristen. Daran reihen sich die wuchtigere Pyramide des Grossen Seehorns (3123 m), die zierliche Doppelpyramide des Kleinen Seehorns (3034 und 3010 m) und die wunderlichen Zacken der Seenadeln.
Auch hier haftet der Schnee nur wenig an den steilen, glatten Felsgebilden und sind die Gletscher auf wenige kleine Hochmulden beschränkt, so der Glötter- und der Litznerferner auf der österreichischen Seite und der Seegletscher auf der obersten Stufe des nach S. fallenden Seethals. An der NW.-Ecke dieses Gletschers teilt sich die Kette. Der Hauptarm zieht längs der Landesgrenze über den Eisenthälispitz (2882 m) zum Schlappinerjoch, das Klosters mit dem Montavon verbindet, während der andere Arm die S.-Wand des Schlappinerthals bildet.
Ihr höchster Gipfel ist die Schiltfluh (2890 m). Auffallender gestaltet erscheinen aber die Fergenhörner (Grosses und Kleines Fergenhorn mit 2868 und 2847 m), unter welchen insbesondere der Fergenkegel (2857 m) die Aufmerksamkeit der Touristen auf sich zieht, die aber doch nur selten sich an ihn wagen. In den n. Ausläufern der Litznergruppe ist der Hoch Maderer (2825 m) ein geschätzter Aussichtspunkt des Montavon, während Heimspitze (2685 m) und die beiden Lobspitzen (Vordere und Hintere Lobspitze mit 2808 und 2893 m) zwar noch als Häupter kleinerer Gruppen erscheinen, aber weniger bekannt sind. - 5) Die Gruppe des Piz Buin und Augstenberg zwischen Silvrettapass und Fuorcla del Confin (3013 und 3058 m) im W. und dem Futschölpass (2773 m) im O. bildet das Mittelstück des Silvrettamassivs, das auch die stärkste Vergletscherung aufweist.
Nach NW. senkt sich der zweiteilige Fermunt- oder Ochsenthalferner, nach NO. der Jamthalferner, jener zur Ill und damit zum Rhein, dieser zur Trisanna und damit zum Inn sich entwässernd. Auf der Engadinerseite liegt der Cudèra-Plan Rai Gletscher, ebenfalls ein Doppelgletscher: La Cudèra mit der langen, steil abfallenden und vielfach geborstenen Zunge des Tiatschagletscher s. gegen das Val Lavinuoz, Plan Rai ohne grössere Zunge und weniger steil nach O. zum Val Tuoi sich senkend.
Dieses weite Gletschergebiet ist namentlich von der N.-Seite her durch die Wiesbadenerhütte und die Jamthalhütte des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins zugänglich gemacht und wird jetzt viel bereist. Eine Reihe stolzer Gipfel üben grosse Anziehungskraft auf die Bergsteiger aus. Obenan steht der Piz Buin (3316 m), eine herrliche Pyramide im Zentrum der Silvrettagruppe und der beste Uebersichtspunkt über dieselbe. An ihn schliesst sich, durch die Buinfurka getrennt, der Kleine Buin (romanisch Buin Pitschen; 3260 m). Nach O. folgt der Dreiländerspitz (3212 m) mit einigen kleinern Trabanten, vom Buin getrennt durch den Fermuntpass (2802 m), einen schönen Gletscherübergang aus dem Unter Engadin nach der Alp Fermunt, über den in frühern Zeiten sogar Vieh getrieben wurde.
Ueber die beiden Jamthalspitzen (Vordere und Hintere Jamthalspitze mit 3175 und 3169 m), den Gemsspitz (3114 m) und einige andere Gipfel kommen wir zum doppelgipfligen Augstenberg (3234 m), der wieder einen der grossen Hauptgipfel der Gruppe darstellt. An diesen Zentralkamm schliessen sich nach N. und S. gehende Seitenketten an: Südl. vom Piz Buin die Kette des Piz Fliana (3284 m), die mit dem aussichtsreichen Piz Chapisun (2934 m) gegen das Engadin abbricht, dann s. von den Jamthalspitzen die Kette des Piz Clavigliadas (2987 m) und des Piz Cotschen (3034 m), letzterer ebenfalls ein viel besuchter Aussichtspunkt.
Länger als diese s. Auszweigungen ist die vom Dreiländerspitz nach N. gehende Kette mit einer grossen Zahl kleinerer Spitzen vom Ochsenkopf (3007 m) und Bielthalspitz (3094 m) bis zum Hochnörderer (2758 m) und Gorfenspitz (2560 m) über Galthür im Paznaun. Diese Kette ist in ihrem s. Teil noch ziemlich stark vergletschert und mehrfach verzweigt. In einer solchen kleinen Verzweigung erhebt sich das Hohe Rad (2912 m) über der Bielerhöhe (2021 m), einem begangenen Pass von Gross Fermunt nach Klein Fermunt oder aus dem Montavon nach dem Paznaun.
6) Die Kette des Fluchthorns beginnt mit dem Grenzeggkopf (3051 m) und streicht in langem Zug zwischen dem Jam- und Fimberthal nach N. Das Fluchthorn (3403 und 3402 m) ist eine mächtige, dreigipflige, früher für sehr schwierig gehaltene, jetzt aber häufig besuchte Gestalt, der zweithöchste Gipfel der Silvrettagruppe. An ihm teilt sich die Kette in zwei parallel nach N. streichende Aeste, die das Lareinthal einschliessen. Im ö. Arm erhebt sich der Gemsbleisspitz oder Parai Naira noch zu 3017 m. Der s. Teil der Kette, besonders die nähere Umgebung des Fluchthorns, ist stark vergletschert, wenn auch die Gletscher - Lareinferner, Fluchthornferner, Kronenferner und Fimberferner - ausschliesslich Terrassengletscher sind und keine oder nur geringe Zungenbildung zeigen. Das Gebiet ist durch die Heidelbergerhütte im Fimberthal und die Jamthalhütte zugänglich gemacht. - 7) Die Gruppe des Piz Tasna ist von der vorigen getrennt durch die Fuorcla Tasna (2857 m) und füllt mit ihrem gegen das Unter Engadin vorgeschobenen breiten Fuss den weiten Raum zwischen dem Val Tasna und dem Val Sinestra aus. Sie unterscheidet sich geologisch wesentlich von den bisher betrachteten Gruppen, da sie hauptsächlich aus Kalk- und Schiefergesteinen besteht, welchen grosse Serpentin- und Dioritmassen eingelagert sind, während Gneis und Granit nur untergeordnet auftreten. Die Hauptgipfel sind der Piz Tasna (3183 m) und der Piz Minschun (3072 m), letzterer neben dem Piz Cotschen einer der ersten Aussichtspunkte auf der linken Seite des
Unter Engadin. Als dunkle Serpentinmasse fällt der Piz Nair (2971 m) auf. Von da zweigt eine Seitenkette ostwärts über Piz Champatsch (2925 m) zum Piz Spadla (2940 m) ab, während ein anderer Zweig vom Piz Tasna ungefähr n. über den Piz davo Lais (3031 m) zum Fimberpass (2612 m) streicht. Dieser Pass verbindet das Val Sinestra mit dem Fimberthal und damit das Unter Engadin mit dem Paznaun.
setzt sich aus zwei ungleichen Aesten zusammen, von denen der eine als langer schmaler Zug vom Fimberpass nö. bis nach Landeck zieht und in seiner ersten Hälfte die N.-Wand des Samnaun bildet, während der viel kürzere, aber höhere zweite am Vesilspitz oder Piz Roz (3115 m) sich von jenem abzweigt und mit s. Ausbiegung das Samnaun vom Unter Engadin trennt. Diesem kürzern Ast entragen die mächtigen Gebirgsstöcke des Piz Mondin (3147 und 3132 m), des Muttler (3298 m) und des Stammerspitz oder Piz Tschütta (3258 und 3243 m), von welchen der Muttler, nach dem Piz Linard der höchste Gipfel des Unter Engadin, eine herrliche, weitschauende und dabei leicht zu ersteigende Pyramide ist, die denn auch häufig besucht wird.
Dagegen erscheint der Piz Mondin als wildzerrissenes, ruinenartiges Felsmassiv, das von zahlreichen kurzen Seitengräten und Nebengipfeln umstellt wird. Auch der Stammerspitz zeigt sich als ein trotziger, schroffer Geselle mit zwei fast gleich hohen Gipfeln auf zackigem Grat, der nach allen Seiten fast senkrecht abfällt und nur unter grossen Schwierigkeiten zu ersteigen ist. Trotz der bedeutenden Höhe ist die Vergletscherung eine geringe. Auch eigentliche Pässe gibt es hier nicht.
Die Lücken zwischen den Gipfeln sind nur wenig eingeschnittene, rauhe Scharten, die nur selten begangen werden. Durch den Piz Vadret (3045 m) gliedert sich dieser wilde Gebirgsast an den Vesilspitz und damit an die längere Hauptkette der Samnaungruppe an, in der auf Schweizergebiet noch der Bürkelkopf (3036 und 3030 m) und der Gribellakopf (2897 m) grössere Höhen erreichen. Vesilspitz (3092 m), Hexenkopf (3038 m) und Furglerspitz (3007 m) liegen schon ausserhalb der Schweiz. Im übrigen weist die Kette bis nach Landeck noch manche Gipfel von 2800 und 2900 m auf, die wir aber hier übergehen, da sie auch sonst von geringer Bedeutung und wenig bekannt sind.
[Dr. Ed. Imhof.]