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Simler seine Vallesiae descriptio schrieb, in Trümmern lag. Oestl. vom Flecken ragt auf einem Hügel nahe Glarey der hohe viereckige Turm Goubing (s. diesen Art.) auf. Der 1 km w. vom Bahnhof gelegene Weiler Villa weist ein altes Stammhaus des Geschlechtes de Platea auf, das um die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut worden sein muss und aus einem düstern, heute verwahrlosten Turm mit kegelförmigem Dach besteht. Ausser der bereits genannten Inschrift sind in Siders und Umgebung, namentlich in Muraz, verschiedene archäologische Funde gemacht worden.
Zahlreiche Gräber beweisen, dass an diesem bevorzugten Punkt des Rhonethales schon zur Römerzeit eine nicht unbedeutende Siedelung gestanden hat. Nach dem Geschichtsforscher Gremaud scheint Siders zum ursprünglichen Besitz der Abtei Saint Maurice gehört zu haben, doch erscheint der Ort nicht im Verzeichnis derjenigen Güter, die 1017 von Rudolf III. der Abtei zurückgegeben worden sind. Wahrscheinlich ist dagegen, dass Siders zum grössern Teil der Kirche von Sitten gehört hat, indem es Sitz eines bischöflichen Vitztums und seit 1179 auch eines bischöflichen Meyers war. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts stand Siders zusammen mit Sitten, Visp, St. Niklaus, Naters und der Landschaft Goms unter dem Vitztum von Sitten.
Diese bischöflichen Herrschaften entwickelten sich in der Folge meist zu Pfarreien, dann zu den ursprünglichen Gemeinden und endlich zu den alten Zehnten. In der Gegend von Siders bildete die Herrschaft Granges, die das Gebiet von Lens und des Eifischthales umfasste, so lange ein Gegengewicht zum Einfluss des Fleckens Siders, bis sie im Zehnten Siders aufging. Bei dieser Gelegenheit taucht der Ausdruck «dizain» oder «dixain» (Zehnten) in einer zu Sitten aufgesetzten Urkunde vom Jahr 1352 zum erstenmal auf.
Während der letzten Zeiten des Mittelalters blieben so die Geschicke von Siders stets mit denjenigen des bischöflichen Wallis und den Kämpfen der Zehnten um ihre Unabhängigkeit verknüpft. Anlässlich der zeitweiligen Spaltung zwischen den der neuen Verfassung beigetretenen Unter Wallisern und den am Bundesvertrag von 1815 festhaltenden Ober Wallisern war Siders 1839 und 1840 Sitz der Ober Walliser Regierung, während diejenige des Unter Wallis in Sitten sass.
Dieser Zustand nahm dann im April 1840 anlässlich des Sieges der Unter Walliser bei Saint Léonard sein Ende. Siders ist die Wiege der Geschlechter de Courten, das zahlreiche Offiziere in die fremden Dienste gestellt hat, de Preux, dem zwei Bischöfe von Sitten und zahlreiche Staatsbeamte angehörten, de Chastonay und de Lovina, von welch letzterm der Abt Ignaz Erzieher des Kaisers Karl VI. von Oesterreich war und nachher Bischof von Neustadt wurde. Im 6. Jahrhundert: Sidrium (curtis);
im 11. Jahrhundert: oppidum Sidrio;
seit 1179: Sirro oder Syrro;
1260: Sierres. Auf dem Hügel von Géronde hat man Gegenstände aus allen vergangenen Epochen aufgefunden: Steinbeil, Bronzeschwert, Gräber aus der Eisenzeit, Reste einer Römersiedelung etc. Funde von interessanten Statuetten gallischer Gottheiten, die jetzt im Genfer Museum aufbewahrt werden.
Gegenstände aus der Bronze- und Eisenzeit in Glarey, Gräber aus der Eisenzeit in Muraz und Siders selbst, wo man auch das Grab einer Frau aus der La Tène Zeit aufgedeckt hat. Römische Münzen bei Prafalcon und an verschiedenen andern Stellen; ein Römergrab in der Nähe von Chiat.
[L. Courthion.]
Der prähistorische Bergsturz von Siders.
Die Gegend von Siders mit ihren auf dem Boden des Rhonethales zerstreuten oder an die Thalgehänge sich anlehnenden zahlreichen kleinen Hügeln verdankt dieses charakteristische landschaftliche Bild einem riesigen Bergsturz, der in prähistorischer Zeit niedergebrochen ist und die Thalsohle mit seinen Trümmern übersät hat. Ursprünglich müssen alle diese Hügel in einem einzigen grossen Trümmerhaufen gelegen haben, der die Thalsohle ausfüllte und überdeckte.
Noch heute erheben sich einzelne der Hügel bis zu 70 und 100 m über den Spiegel der Rhone, so z. B. zwischen Pfin (Finges) und Chippis, wo der Trümmerstrom sich am höchsten aufgestaut haben muss. Es erscheint sogar als wahrscheinlich, dass die Rhone aufgedämmt und dadurch das dahinter gelegene Thalstück an der Stelle, wo heute der vom Illbach angeschwemmte weite Schuttkegel des Pfinwaldes (Bois de Finges) liegt, zu einem See umgewandelt worden ist. Nachdem sich dann die mit starkem Gefälle fliessende Rhone der Reihe nach verschiedene Breschen in den Trümmerwall gegraben, entleerte sich dieser See.
Die jetzigen kleinen Seebecken von Siders und Géronde sind die letzten Ueberreste von zweien der ehemaligen Rhonearme und werden durch Quellen gespiesen, die an ihrem Boden aus dem Grundwasser entspringen. Auch im Pfinwald finden sich zwischen den Bergsturzmassen noch zahlreiche kleine Seebecken versteckt. Die bedeutendsten modernen Umwandlungen der Landschaft müssen weniger der Erosion als vielmehr der auffüllenden Arbeit der Rhone zugeschrieben werden, die ihr Bett und Ufergelände erhöht und darnach strebt, die Bergsturzhügel allmählig unter ihren eigenen Aufschüttungen zu begraben. Daraus folgt u. a., dass die ¶
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Seen von Géronde und Siders heute tiefer liegen als der Wasserspiegel der Rhone. Die Abrissnische des prähistorischen Bergsturzes von Siders muss an dem von der Alpe de Varone bis zum Fuss des Mont Bonvin reichenden Gehängeabschnitt gesucht werden, der sich durch die Beschaffenheit der ihn umrahmenden Felsen, sowie durch seinen geneigten und aus gegen das Rhonethal hin einfallenden Schichten bestehenden Boden als Ausgangpsunkt des Sturzes kennzeichnet, worauf endlich auch die petrographische Natur der den Trümmerstrom bildenden Gesteinsarten hinweist. Es hält schwierig, das Volumen der durch den Sturz abgerissenen und zu Thal geschleuderten Felsmassen aus dem heutigen Zustande des Ablagerungsgebietes oder aus dem Umfang der Abrissnische zu bestimmen.
Man darf sogar als wahrscheinlich annehmen, dass es sich in diesem Falle nicht um einen einzigen grossen Bergsturz, sondern eher um eine Reihe von verschiedenen einzelnen, grössern oder kleinern Abbrüchen handelt. Dieser Schluss scheint sich aus der verschiedenen Höhe und den Unterschieden im innern und äussern Bau der Bergsturzhügel in der Thalsohle, sowie ferner auch aus der Gestalt der Abrissnische, die zwei Stufen aufzeigt, zu rechtfertigen. In der Tat kann man deutlich eine untere und eine obere Nische unterscheiden.
Jene befindet sich zwischen den Felsen von Emenona und dem die Alpe de Varone tragenden Felsgerüst und trägt nahezu in ihrer Mitte das Dorf Cordona. Das Volumen der Felsmassen, die von dem durch diese Felsen gebildeten Hufeisen sich abgerissen haben, kann zusammen mit der Felsplatte, die oberhalb Varone verschwunden sein muss, auf nahezu 3 Milliarden m3 geschätzt werden. Die zweite Stufe wird durch die Nische zwischen den Felsen von Prily und Le Plan unter der Varneralp gebildet.
Dazu scheint ferner noch eine höher gelegene Gegend, nämlich die Zone zwischen Nousey und dem Zayettazhorn, ebenfalls Material zu dem weiten Trümmerfeld von Siders geliefert zu haben. Die Grenzen dieser obersten Nische sind aber schwierig zu bestimmen. Hat sie sich wirklich an einem der sukzessiven Abbrüche mitbeteiligt, so muss dies vor dem aus der untern Nische gekommenen Absturz der Fall gewesen sein, weshalb auch ihre Mitwirkung bei dem heutigen Zustand des Ablagerungsgebietes sich nicht mehr mit Sicherheit bestimmen lässt.
Diese oberste Nische hat viel eher das Aussehen eines durch Gletschereis ausgearbeiteten Kares, wie ein solches die benachbarte Nische oder Combe von Colombire unzweifelhaft darstellt. Die Moränenablagerungen und Spuren von Glazialerosion durch lokale Gletscher, die der tiefer unten gelegenen Nische durchaus fehlen, sprechen dafür, dass dieses oberste Kar sich an der Entstehung und Zusammensetzung des grossen Trümmerfeldes nicht direkt als Abrissgebiet beteiligt hat.
Andrerseits ist aber die Arbeit der Gletscher an diesem gewaltigen Ereignis ebenfalls mitbeteiligt. Dadurch, dass das Rhonethal zwischen Leuk und Siders einen nach N. konvexen schwachen Bogen beschreibt, musste die seitliche Glazialerosion den zwischen Varone und Miège an die N.-Flanke des Thales sich anlehnenden Schichten ihren Fuss abschneiden. Nachdem dann der grosse Thalgletscher zurückgeschmolzen war und dadurch die Thalsohle geräumt hatte, rutschten die ihres Haltes beraubten Felsen unter dem Druck des in der Höhe immer noch vorhandenen lokalen Gletschers auf ihrer mergelig-schiefrigen Unterlage ab und bildeten ähnlich wie beim Bergsturz von Goldau einen Trümmerstrom, der sich mehr und mehr lockerte und auflöste, um sich dann endlich in der ¶