2580-2300 m. Nördl. Quellthal des
Val Fontauna, des längsten Seitenzweiges des Sulsannathales, das bei
Capella zwischen
Scanfs
und
Cinuskel an der Grenze von oberm und unterm
Engadin zum
Inn ausmündet. Der südl. Quellzweig des
Val Fontauna ist das
Val del Tschüvel.
Der Bach des Val Sertig nimmt seinen
Ursprung im östlichen, kleinern der in grossartiger Einsamkeit gelegenen
Alpenseen von
Raveisch, die nur durch eine niedrige
Schwelle (2586 m) voneinander getrennt sind.
Diese
Schwelle aber bildet die Wasserscheide zwischen
Inn und
Rhein, indem der Abfluss des ansehnlichen westlichen
Sees sich
durch
Val Tuors nach
Bergün und zur
Albula hinabwendet. DieseSeen liegen bloss eine kurze Zeit des Jahres
völlig eis- und schneefrei. Im N. liegen das
Kühalpthal, der ö. Seitenzweig des
Sertigthales von
Davos, und das
Kühalphorn
(3081 m), im W. die gleichfalls, aber wenig vergletscherten Gipfel des
Piz Murtelet (3031 m) und
MuntPlattaNaira (3023 m),
Nordausläufer desPiz Forun im
Stock des
Piz Kesch, sowie das
Val del Tschüvel, das den Abfluss des ausgedehnten
Porchabellagletschers am
Piz Kesch zu Thal leitet.
Von den
Lais da Raveisch gelangt man über den
Sertigpass (2762 m) ins Kühalp- und
Sertigthal und von da nach
Davos Frauenkirch
oder auch durch
Val Tuors nach
Bergün hinab. Durch
Val del Tschüvel erreicht man die 1½ Stunden entfernte
Keschhütte des S. A. C. (2631 m) am Fuss des Porchabellagletschers. Das Val Sertig ist nur 2 km lang, hat ein Bachgefälle
von 12,8% und enthält hübsche Alpweiden. Bodengrundlage ist zur Hauptsache Gneis, der im N., O. und
S. des Thälchens streckenweise von Hornblendeschiefern abgelöst wird.
Sehr gut ist bei den
Lais da Raveisch der Gesteinswechsel von Gneis, Verrucano und den übrigen Triasgliedern bis zum Hauptdolomit
auf dem Grat vor den Ducanhörnern blossgelegt. Der Gneis enthält grosse Orthoklaskristalle und zeigt teils körniges, teils
flaseriges Gefüge. Die kristallinischen Ufer der
Seen weisen grossartige, von Gletschern geschliffene
Rundhöcker auf, die z. T. mit mächtigen Trümmermassen bedeckt sind, zwischen welchen man nicht selten ansehnliche Stücke
von Eisenglimmerstufen findet. Auch der Botaniker macht reiche Ausbeute in der Gegend, die grossartige und prachtvolle Berg-
und Gletscherbilder darbietet.
Nach einem Gesamtlauf von 8,28 km mündet der Sertigbach
in
Frauenkirch von links in das
Landwasser.
«Bei der
Säge» befinden sich eine Wasserableitung und zwei
Reservoirs, die zum Elektrizitätswerk
Davos-Sertig gehören.
Das Bachgefälle schwankt zwischen 3 und 9%. Das Einzugsgebiet
umfasst 47,16 km2, wovon 29,1% auf Fels und
Schutt, 10,2% auf
Wald, 3,4% auf Eisfelder und 57,3% auf nutzbaren Boden entfallen.
Die minimale Wasserführung «Bei der
Säge» kann auf 290 Sekundenliter veranschlagt werden.
(Kt. Graubünden,
Bez. Ober
Landquart). 2700-1509 m. Schönstes und reizendstes der Seitenthäler der Landschaft
Davos. Es
verläuft parallel zum
Dischma- und
Flüelathal, öffnet sich aber bei
Frauenkirch, während die beiden
andern nahe beieinander sich bei
Davos Dorf mit dem Hauptthal vereinigen. Das Sertigthal steigt mit mässiger Steilheit etwa
7,5 km nach SO. an und teilt sich dann in zwei Arme, das
Kühalpthal und das
Ducanthal, von denen jenes
in einem
Bogen sö. zum
Sertigpass, dieses sw. zum
Ducanpass hinaufreicht. Der Abschluss dieser Thalarme und damit des Sertigthales
überhaupt ist ein grossartig-herrlicher. Prächtig präsentieren sich vor allem die drei mächtigen Kalkfelspyramiden des
Mittaghorns,
Plattenhorns und
Hoch Ducan mit ihren stolzen
Wänden und ungeheuern Schutthalden, die nur da und dort
von kleinen
Schnee- und Eisfetzen unterbrochen werden. Die
Ducankette setzt sich dann als.
¶
Weiter vorn finden wir auf der linken Seite des Sertigthals das Aelplihorn (3010 m), einen der schönsten
Aussichtspunkte von Davos, der dem berühmten Schwarzhorn am Flüelapass kaum nachsteht. Flankiert wird dasselbe links von dem
vielzackigen Strehl, rechts von der wildzerrissenen Masse des Leidbachhorns. Weniger hoch und sanfter gestaltet ist die rechtsseitige
Thalwand des Sertig wo nur noch das Gefrorenhorn und das Wuosthorn rauhere Formen aufweisen, der von da
weiter nach NW. streichende Kamm aber meist bis zu oberst berast ist.
Das Sertigthal erscheint von seiner Mündung bis zu seiner Gabelung hinter Sertig Dörfli als ein Trogthal mit flacher, wenn
auch nicht breiter Thalsohle, die rechts und links von steilen Waldhängen eingefasst ist, während über
der Waldgrenze, etwa von 2000 m an aufwärts, sanfter ansteigende Weideflächen bis an den Fuss der Gipfelregion oder auch
bis auf die gerundeten Kammrücken sich ausbreiten. Der den Thalboden durchschlängelnde Sertigbach entsteht aus dem Kühalpbach
und dem Ducanbach, die sich etwa 1,5 km hinter Sertig Dörfli vereinigen.
Das Kühalpthal ist nach Richtung und Charakter die eigentliche Fortsetzung des Sertigthals, hauptsächlich
in kristalline Gesteine eingeschnitten und von Alpweiden erfüllt. Das Ducanthal dagegen ist davon völlig verschieden, auf
beiden Seiten von Kalkgebirgen eingeschlossen und fast völlig mit Gesteinsschutt ausgekleidet, der namentlich auf der rechten
Seite in ungeheuern, absolut kahlen Halden und Kegeln vom Bach bis an und auf die Gipfel hinauf reicht.
Magere Alpweiden finden sich nur auf der linken Seite und auch hier nur spärlich.
Auf dieser Seite führt auch ein mehr oder weniger ausgetretener Pfad hinauf zum Ducanpass und hinüber in das dem Ducanthal
ähnliche Stulserthal und nach Bergün. Das Ducanthal ist nach seiner ganzen Beschaffenheit ein richtiges
Kar, eines der grössten und charakteristischsten der Bündneralpen. Als solches fällt es auch mit einer Steilstufe ins
Sertigthal ab, in welcher sich der Ducanbach eine enge Schlucht eingegraben hat, die er dann mit einem hübschen Wasserfall
verlässt.
Der grüne Wiesengrund des Sertigthales selber ist mit zahlreichen Hütten überstreut, die da und dort
zu kleinern Gruppen vereinigt sind. Deren grösste ist Sertig Dörfli (1860 m), ein Sommerdörfchen mit zwei kleinen Gasthäusern
und einem Kirchlein, das von Frauenkirch aus pastoriert wird. Draussen am Ausgang des Thales liegt auf schöner Terrasse der
freundliche Sommerkurort Clavadel (1664 m) mit einigen Hotels und einem Schwefelbad. Ein hübsches Strässchen
führt von Davos Platz über Clavadel ins Thal hinein bis zum Wasserfall hinter Sertig Dörfli.
Ein anderes kommt von Frauenkirch durch eine schattige Waldschlucht und vereinigt sich mit dem vorigen bei der Säge hinter
Clavadel. Von Davos Platz sind es 2½-3 Stunden Anstieg bis Sertig Dörfli. Die eben erwähnte Waldschlucht
ist durch den Sertigbach in eine schöne Terrassenlandschaft eingeschnitten, die von diesem Bach ins Hauptthal hinaus gebaut
worden ist. Jetzt liefert der Sertigbach durch ein an ihm erstelltes Elektrizitätswerk Licht und Kraft nach Davos. Bei seiner
Höhenlage (1660 m bei Clavadel, 1860 m bei Sertig Dörfli) ist das Sertigthal natürlich ausschliesslich
auf Viehzucht und Alpwirtschaft angewiesen und, wenigstens im hintern Teil, auch nur im Sommer bewohnt. Aelplihorn, Hoch Ducan,
Kühalphorn und der zwar nicht mehr zum Sertigthal gehörende, aber von hier aus über den Sertigpass zugängliche Piz Kesch
ziehen allsommerlich natürlich auch eine beträchtliche Zahl von Touristen an.