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Hilfe. Bei Buttisholz, Ins und Fraubrunnen wurden die «Gugler», wie man diese Scharen nach ihren Kugelhüten benannte, von den Unterwaldnern, Luzernern und Bernern geschlagen (1375) und darauf hinter den Jura zurückgetrieben. Die Haltung Oesterreichs und seiner Verbündeten, der Grafen von Kiburg, war bei diesem Anlass eine klägliche gewesen. Bern benutzte das Ansehen, das ihm sein Sieg gegeben, um die verschuldeten Grafen von Kiburg zur kaufweisen Abtretung der Städte Thun und Burgdorf zu veranlassen.
11. Sempacherkrieg und Schlacht bei Näfels (1386 und 1388). - Sempacherbrief.
Durch die Uebernahme der kiburgischen Güter hatte Bern die Kluft, die zwischen den Eidgenossen und Oesterreich gähnte, noch erweitert. Nach Rudolfs IV. Tod teilten sich dessen zwei Brüder in die Erbschaft: während das eigentliche Oesterreich an Albrecht III. kam, fielen die Herrschaften der Habsburger in der Schweiz, in Kärnten, Steiermark, Tirol und Elsass, im Breisgau und Sundgau an Leopold III. (den Besiegten von Sempach), den Vorfahren Karls V. Diesen jungen und waffenfreudigen Fürsten hatte Kaiser Wenzel von Böhmen zum Landvogt von Schwaben bestellt. Die sich bedroht fühlenden schwäbischen Reichsstädte schlossen nun am 21. Februar 1385 in Konstanz einen Bund mit den Städten Zürich, Bern, Luzern, Solothurn und Zug, die durch österreichische Hausgüter räumlich voneinander getrennt waren. Oesterreich hatte in Rotenburg an der von Luzern nach dem Aargau führenden Strasse einen Zoll eingerichtet, der dem Handel von Luzern sehr lästig war. Die von Peter von Thorberg, dem Herzog Leopold das Entlebuch verpfändet hatte, unterdrückten Entlebucher erhoben sich mit Hilfe ihrer Nachbarn, der Leute von Obwalden. Als dann dieser Aufstand blutig unterdrückt wurde, wandten sich die Entlebucher um Hilfe an Luzern, welche Stadt sich beeilte, diese Leute unter ihren Schutz und Schirm zu nehmen. Ueber das freche Gebahren der Besatzung von Rotenburg ergrimmt, brachen die Luzerner den Waffenstillstand mit Oesterreich und bemächtigten sich unvermutet des Schlosses Rotenburg (Weihnachten 1385), das sie zerstörten. Im folgenden Jahre nahmen sie ferner das Städtchen Sempach, «das durch die Herrschaft Oesterreich sich zurückgesetzt und durch die Vögte von Rotenburg sich beleidigt sah», in ihr Burgrecht auf. Um sich für diese Beleidigungen zu rächen, sammelte Herzog Leopold, der sich mit den schwäbischen Städten versöhnt und dadurch die Eidgenossen isoliert hatte, ein Heer von 5000-6000 Streitern, mit dem er am 8. Juli in Sursee einzog. Das wellige Hügelland, in dem sich am 9. Juli 1386 die Schlacht entwickelte, war für die Reiter sehr ungünstig, so dass sie alsbald absassen. Die bloss etwa 1500 Mann starken Eidgenossen «bildeten eine schmale, aber tiefe Schlachtordnung, die Sturmkolonne („Keil“), wornach in den vorderen Reihen nur Wenige standen, je weiter hinten, desto mehr. Sie suchten sich in den Feind einzubohren. Dieser selbst stand in geschlossener, massiger Aufstellung mit breiterer Front, als die der Eidgenossen war, da.» Vorne standen die Luzerner. Bevor sie sich auf den Feind warfen, riefen die Eidgenossen Gott und die h. Jungfrau um ihren Beistand an. Der darauf folgende erste Angriff gestaltete sich zu gunsten des Herzogs: die Schweizer vermochten die Schlachtordnung der Oesterreicher nicht zu durchbrechen und kamen in grosse Not. Der Pannerherr der Luzerner, Alt-Schultheiss Peter von Gundoldingen, fiel. Nun ordneten sich die Eidgenossen anders: sie lösten ihre Sturmkolonne auf. «Die hintern Glieder brachen seitwärts aus; der Angriff erfolgte längs der ganzen Front der Oesterreicher; die Einzelnen suchten nun rechts und links an verschiedenen Stellen zugleich in die Reihen des Feindes einzudringen. Doch auch dies war schwierig». Da entschied das kräftige Eingreifen der Leute aus den Waldstätten den Sieg: es entspann sich ein furchtbares Ringen Mann an Mann, dem Herzog Leopold selbst, einige hundert Edelleute aus dem Aargau,
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Schwaben und Tirol, sowie mehr als 500 gemeine Krieger zum Opfer fielen.
Der grosse Erfolg bei Sempach, an dem Bern nicht teilgenommen hatte, ist lange Zeit einem Kriegsmann zugeschrieben worden, dessen heldenhaftes Verhalten im kritischen Moment das Schicksal der Schlacht entschieden habe. Nach der Ueberlieferung, der das Schweizervolk heute noch treu anhängt, hätte sich ein wackerer Unterwaldner, Arnold Winkelried, dem Feind entgegengeworfen, so viele gegen ihn gerichtete Spiesse der Oesterreicher, als er konnte, mit den Armen umschlungen und an sich gerissen, wodurch den Eidgenossen ein Weg in die Reihen des Feindes gebahnt worden sei. Diese Darstellung gibt zuerst das alte Sempacherlied, das, wie man glaubt, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt. Doch erwähnen die ältesten Chroniken den Namen Winkelried nicht. Eine von Prof. Georg von Wyss entdeckte und 1862 herausgegebene alte Zürcher Chronik aus der Zeit um 1438 spricht von einem wackern Eidgenossen, der so viele Spiesse als möglich umfasst, dadurch aber nicht den Tod gefunden, sondern voll Freude die Flucht der Oesterreicher verkündet habe. Der Name Winkelried tritt in den Chroniken erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf. Die heutige Form der Erzählung von Winkelrieds Heldentat leitet sich aus den Darstellungen von Tschudi (1564) und Bullinger (1572) her. Prof. Dändliker ist zu der Annahme geneigt, dass Winkelrieds Tat durchaus nicht bestimmt geleugnet werden kann.
Unmittelbare Folge der Niederlage der Oesterreicher war, dass die Eidgenossen alle Zugeständnisse, die sie im Brandenburger, Regensburger und Thorberger Frieden gemacht, für null und nichtig erklärten, sowie Zug und Glarus von neuem in ihren Bund aufnahmen. Glarus benutzte die Gelegenheit zugleich, um sich unabhängig zu erklären. Das österreichische Städtchen Weesen war 1388 von den Eidgenossen genommen worden, wünschte diese Herrschaft aber wieder abzuschütteln. Deshalb öffneten etliche Verräter in der Nacht des 22. Februar 1388 die Tore den Oesterreichern, die nun die im Städtchen liegende eidgenössische Besatzung erbarmungslos niedermetzelten (Mordnacht von Weesen) und darauf ein 5000-6000 Mann starkes Heer sammelten, das am 9. April 1388 unter der Führung von Donat von Toggenburg und Peter von Thorberg aufbrach, um gegen Näfels und Glarus zu ziehen. Zur gleichen Zeit zog Hans von Werdenberg mit 1500 Mann über den Kerenzerberg, in der Absicht, sich in Mollis mit dem andern Heer zu vereinigen. Vor Näfels, wo sich das Thal einengt, trafen die Oesterreicher auf die Letzi oder «gemauerte Landwehr», die die Glarner hier quer durch das Thal gezogen hatten. Hier stand die Vorhut der Glarner unter Matthias Ambühl, der beim Herannahen des Feindes sofort im ganzen Thal Sturm läuten liess. Vor dem überlegenen Feind musste sich Matthias Ambühl bald zurückziehen und die Letzi preisgeben. «Jetzt glaubten die Oesterreicher, gewonnenes Spiel zu haben. Sorglos liefen sie in die Häuser zu Näfels, Mollis, Netstal und noch weiter thalaufwärts bis Glarus, um zu rauben und zu plündern ... Ueber diesem Treiben lockerte sich die Disziplin des österreichischen Heeres, und es griff eine gänzliche Unordnung Platz. Mittlerweile aber sammelten sich auf Antrieb des Matthias Ambühl die Glarner wieder, die Unachtsamkeit des Feindes benutzend. Sie erspähten eine Stelle, wo sie sicher sein konnten, nicht umgangen zu werden, und von wo sie am bequemsten den Feind an der Seite angreifen konnten ... Bald wurden die Feinde gewahr, dass die Glarner sich wieder gesammelt hatten. Sie erkannten die grosse Gefahr, die von daher drohte. Auch sie sammelten sich nun und ordneten sich zum Angriff.» Da prasselte von der Schutthalde, an der die Glarner standen, ein Hagel von Steinen auf die anrückenden Reiter nieder, so dass die Pferde scheu wurden und in den Reihen des nachrückenden Fussvolkes Unordnung entstand. «Im gleichen Moment drückten die Glarner von der Höhe herunter und trieben die Oesterreicher durchs Thal hinab. Ein Witterungsumschlag vermehrte den Schrecken der letztern. Nachdem der Tag schön und hell angebrochen war, folgten Nebel, Regen und Schnee und bald ein solches Dunkel, dass man einander bei geringer Entfernung kaum sah. In dieser unheimlichen Finsternis, eingeschlossen zugleich von himmelanstrebenden Felswänden, auf völlig unbekanntem Boden, mussten die Oesterreicher von bangen Gefühlen beschlichen werden. Ein hitziges, länger dauerndes Gefecht entspann sich, in das auch die Zuzüger aus dem obern Thal, die sich unter heissen Kämpfen