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begleitete er sie nach London, folgte seinem königlichen Neffen in den Krieg und ward dessen einflussreicher Ratgeber. Als Entgelt für seine Dienste überhäufte ihn der König mit Ehren und Reichtümern. Diese Erfolge liessen ihn aber das Welschland nicht vergessen, wo er mit englischem Gold durch eine Reihe von Erwerbungen seine Güter vermehrte. Mehrere in Schulden geratene Herren, wie z. B. der Graf von Greierz, sowie die Barone von Rue, La Tour de Peilz, Cossonay, Illens, Oron etc., sowie etwa zwanzig der ersten Geschlechter des Landes anerkannten seine Oberhoheit.
Durch Geld erwarb er sich ferner die Städte Vevey und Oron. Den im Waadtland herrschenden anarchischen Zuständen machte er ein Ende und ersetzte sie durch eine straffe Ordnung, indem er seine Länder mit weisen Gesetzen bedachte, die ihm von der dankbaren Nachwelt den Titel des «kleinen Karls des Grossen (Petit Charlemagne)» eingetragen haben. 1263 erbte Peter von seinem Neffen Bonifaz die Krone von Savoyen. Nun organisierte er die Herrschaften des Waadtlandes, an deren Spitze er einen in Moudon residierenden Vogt stellte.
Nach Quisard wäre von ihm im Jahr 1244 die waadtländische Ständeversammlung geschaffen worden. In jenem 13. Jahrhundert
sahen sich die Gemeinden des Waadtlandes in einer hervorragend günstigen Lage, indem sie von Peter von
Savoyen und seinen Nachfolgern ohne Kampf das Recht der eigenen Gerichtsbarkeit erhielten. Jedes zivil- oder strafrechtliche
Urteil musste gemäss den Wünschen der Bürgerschaft gefällt und kein Bewohner des Waadtlandes durfte vor ein fremdes Gericht
gestellt werden. Damit sah sich deren persönliche
Freiheit gegen jeden Uebergriff unantastbar sicher gestellt.
Die Gesetze Peters von Savoyen zeichneten sich au
sserdem durch wohlwollende Rücksichtnahme auf die Armen und Schwachen,
Witwen, Waisen und Landesfremden aus.
Gleichzeitig mit dem Hause
Savoyen dehnte auch
das Haus
Kiburg seine Macht aus.
Im Jahr 1255 stellte sich die Stadt
Bern, die
sich über den
Grafen von
Kiburg zu beklagen hatte, unter den
Schutz Peters von Savoyen. Nun trat eine andere
kraftvolle Persönlichkeit auf
den Schauplatz: Rudolf von
Habsburg, der gefährliche Nebenbuhler des
Grafen Peter. Wenige Geschlechter
vermögen sich eines so glänzenden Erfolges zu rühmen wie die
Habsburger, dieses seinem
Ursprung nach so bescheidene aargau
ische
Herrenhaus.
Von ihrer Stammburg
bei
Schinznach aus
dehnten ihre Nachkommen durch eine Reihe von Eroberungen
und Erbschaften ihre
Herrschaft nach und nach über den grössten Teil der Schweiz, sowie über Oesterreich, Böhmen, Ungarn,
die Niederlande, Spanien, Norditalien und Südamerika aus.
Rudolf der alte, der erste in der Geschichte bekannte
Habsburger, war ein treuer Anhänger des Kaisers
Friedrich II. Nach seinem Tod teilten sich seine Söhne Albrecht und Rudolf in die Erbschaft. Die beiden Linien des
Hauses
wendeten sich politisch nach getrennten Richtungen. Die ältere, später österreichische Linie, blieb, der Ueberlieferung
getreu, stau
fesch, d. h. «reichstreu», während die jüngere, das sog.
Haus
Habsburg-Laufenburg zu den Welfen und dem Papst hielt.
Sie sank aber bald von ihrer Höhe herab und gab dem zweiten Geschlecht derer von Kiburg, das wir später in der Geschichte Berns noch antreffen werden, den Ursprung. Albrecht von Habsburg, der Heilwig von Kiburg geheiratet hatte, starb 1239 in Palästina. Sein berühmter Sohn Rudolf (geboren 1218) erbte nun sämtliche Familiengüter der Kiburger. Als nahezu einziger aller Herren von Oberschwaben erklärte sich Rudolf zugunsten der Hohenstaufen. Gemeinsame Sache machten mit ihm hierbei Zürich, Bern, Luzern, Solothurn, Schaffhausen, Uri, Schwyz und Unterwalden, während die Geistlichkeit von Konstanz, Lausanne und Sitten, die Aebte von St. Gallen und Reichenau, sowie der grösste Teil des schweizerischen Adels zum Papste hielten.
Der Mut und die Festigkeit, die Rudolf in dieser kritischen Zeit entfaltete, werfen ein günstiges Licht auf seinen Charakter. Auch als er sich zusammen mit den schweizerischen Städten von dem gegen Friedrich II. und seine Anhänger ergangenen päpstlichen Interdikt (1247-1249) getroffen und wegen eines nächtlichen Ueberfalles auf ein Frauenkloster in Basel 1254 persönlich exkommuniziert sah, liess er sich nicht entmutigen. 1267 begleitete er sogar den letzten Sprössling der Hohenstaufen, den im folgenden Jahre durch Karl von Anjou auf dem Schaffot endigenden Konradin, bis nach Verona. Diese feste Haltung trug viel dazu bei, Rudolf von Habsburg bei den Land- und Stadtgemeinden Oberdeutschlands beliebt zu machen. Neben der Treue, die er seinen Verbündeten hielt, zeigte sich aber der künftige Kaiser sehr habgierig und begehrlich. Als er nach dem Tode seines Vetters Hartmann des Jüngern († 1263) ¶
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zum Vormund von dessen einzigem Sprössling, Anna von Kiburg, bestellt worden war, verheiratete er seine Mündel mit seinem Vetter Eberhard von Habsburg-Laufenburg und überredete sie, ihm selbst ihre Güter in den heutigen Kantonen Aargau, Zug, Luzern und Unterwalden, sowie ihre Rechte auf Freiburg zu verkaufen. Später liess er sich von Eberhard, dem Bruder Gottfrieds, auch noch Sempach, Willisau, Unterwalden und Schwyz abtreten. «In unersättlichem Streben nach Macht und Besitz setzte Rudolf alle Rücksichten, alle Pflichten der Verwandtschaft und Höflichkeit ausser Acht». So beraubte er u. a. auch Margaretha von Savoyen, die Witwe des letzten Kiburgers, ihrer als Wittum von ihrem verstorbenen Gemahl erhaltenen Güter. Daraus ergab sich eine Fehde mit dem «kleinen Karl dem Grossen», die damit endigte, dass Rudolf seiner Tante die abgelisteten Güter wieder herausgeben musste (1267). Während dieses Feldzuges zeigten sich die Berner, obwohl sie auf allen Seiten von den Parteigängern Rudolfs umgehen waren, als unerschütterliche Bundesgenossen Peters II., weshalb sie dieser aus Dankbarkeit aller ihrer Vasallenpflichten gegen das Haus Savoyen enthob.
Der «kleine Karl der Grosse» überlebte aber seinen Sieg nicht lange, indem er, durch rastlose Tätigkeit aufgerieben, schon 1268 starb. Er hatte, wie später Karl der Kühne, darnach getrachtet, zwischen Deutschland, Italien und Frankreich eine eigene Monarchie zu errichten, die eine grosse Rolle zu spielen berufen gewesen wäre. «Allein er hatte nicht genug gelebt, um die Elemente, die er einander genähert, ganz zu verschmelzen. Freiburg war habsburgisch, Bern dagegen, dank der Heldenkraft seiner Bürger, unabhängig geblieben. Die Bischöfe waren nicht zum Gehorsam gebracht worden. Peter hatte in den letzten dringenden Gefahren auf die Stellung, die er zuvor in Genf eingenommen, wieder verzichten müssen. Die Landschaft, die um den Leman sich ausbreitet, das Vaterland der Waadt, war freilich grösstenteils in einen Staatskörper vereinigt, aber getrennt von Lausanne, seinem natürlichen Mittelpunkte; in zwei Staatsformen, eine kirchliche und eine weltliche, zerteilt, stand sie bald in ihrer Entwicklung stille und sank am Ende in die Anarchie zurück, aus welcher die Hand Peters sie hatte herausreissen wollen».
Die Nachfolger Peters, die Grafen Philipp und Amadäus V., waren nicht geeignet, sein Werk zu vollenden, und die Zersplitterung, welche in der Westschweiz erfolgte, bereitete den allmähligen Uebergang der romanischen Länder an die schweizerische Eidgenossenschaft vor. «Gleichwie das Aussterben der Zäringer, so ist also das Stocken und der schliessliche Zerfall der savoyischen Macht eine der Grundbedingungen zur Entstehung der heutigen freien Schweiz.»
Mit mehr Glück kämpfte Rudolf von Habsburg, der sich nun von seinen savoyischen Gegnern erlöst sah, in der Ostschweiz. Hier machte er zunächst die Rechte geltend, die er als Erbe der Kiburger auf den Zürichgau hatte. Um die Sicherheit der Strassen, die vom Elsass her über Zürich, die schwyzerische March und Gaster nach Graubünden und der Lombardei führten, zu schützen, belagerte er im Verein mit den Zürchern die Schlösser der Grafen von Toggenburg und der Freiherren von Regensberg, die er sich untertan machte. In einen langwierigen Kampf verwickelte er sich ferner mit dem Bischof von Basel, der Ansprüche auf den Besitz von Breisach und Rheinfelden erhoben hatte.
Während Rudolf im Sommer 1273 Basel belagerte, kam die Kunde, dass er zum König gewählt worden sei. Sofort schloss er nun mit dem Bischof einen Waffenstillstand, um nach Aachen zur Krönung zu eilen. Die neue Würde liess ihn zugänglicher werden, sodass er nun die Rechte des Bischofes, mit Vorbehalt von Breisach und Rheinfelden, anerkannte. Der Aufstieg dieses aargauischen Edelmannes zur Königs- und Kaiserwürde bezeichnet einen neuen Markstein in der Geschichte der schweizerischen Nation.
II. Heroisches Zeitalter.
1. Vorspiel der Befreiung der Waldstätte.
Jeder der drei jetzigen Urkantone weist einen ihm eigentümlichen Ursprung auf. Der Name Uri wird in der Geschichte zum erstenmal im 8. Jahrhundert, d. h. im Jahr 732 erwähnt. Ein Jahrhundert später vergabte Ludwig der Deutsche das Thal Uri dem Kloster St. Felix und Regula (Fraumünsterabtei) in Zürich. Diese Schenkung umfasste aber nicht das ganze Land, da man im 13. Jahrhundert unter den Grossgrundbesitzern im Reussthal auch noch das Stift Beromünster, die Abtei Wettingen und andere geistliche Stifte, sowie die Grafen von Rapperswil und die Herren von Belp, Hasenburg, Grünenberg, Homburg, Utzigen und besonders diejenigen von Attinghausen antrifft.
Mitten unter diesen geistlichen und weltlichen Herren hatten sich auf ihren eigenen Gütern auch noch einfache freie Leute zu erhalten gewusst. Die Güter der Aebtissin vom Fraumünster in Zürich wurden von vier Meiern verwaltet, die auf ihren Burgen in Altorf, Bürglen, Erstfeld und Silenen sassen. Die Meier von Silenen führten in ihrem Wappen einen Stierkopf mit Nasenring, der in der Folge zum Landeswappen von Uri wurde. Mit der Zeit verstand es der Reichsvogt, seine Machtbefugnisse auf Kosten derjenigen der Meier auszudehnen.
Die Zürcher «Gotteshausleute» erfreuten sich einer Reihe von Vorrechten, die sonst nur den Freien zuzustehen pflegten. Auch die Lage der Wettfinger «Gotteshausleute» war eine wesentlich günstigere, als diejenige der Hörigen und Leibeigenen der weltlichen Herren. Im 13. Jahrhundert erwarben sich dann auch noch die Klöster Rathausen bei Luzern, Kappel, Muri und St. Urban Güter im Lande Uri. Ein Band umschlang aber alle die nach ihren sozialen und politischen Verhältnissen sonst so sehr verschiedenen Bewohner des Landes: ihr gemeinsamer Besitz von Wald und Alpweiden.
Sämtliche Thalleute, Edle und Gemeine, freie Männer, Hörige und Leibeigene, versammelten sich in regelmässigen Zeiträumen, um über ihre gemeinsamen Interessen zu ratschlagen. Aus dieser einheitlichen Markgenossenschaft entwickelte sich mit der Zeit auch die politische Einheit und Freiheit. «Dies ist die Wurzel der sozialen Freiheiten von Uri, und darin liegt zum Teil die grosse Bedeutung, welche Ludwigs des Deutschen Schenkung für die Schweizerfreiheit hat.»
Wie die Fraumünsterabtei selbst waren auch ihre Güter der Gerichtsbarkeit der Gaugrafen entzogen und direkt unter den Schutz des Reiches gestellt. Der Reichsvogt kam alljährlich zweimal ins Land, um unter der Linde zu Altorf Gericht zu halten. Diese Reichsvogtei lag zunächst in den Händen der Lenzburger und kam dann an die Zäringer, um nach deren Erlöschen von Kaiser Friedrich II. seinem getreuen Anhänger Rudolf von Habsburg verliehen zu werden. Da dieser von den Lenzburgern den Zürichgau geerbt hatte, liefen die freien Leute in Uri Gefahr, als einfache Untertanen des Hauses Habsburg angesehen und behandelt zu werden.
Das Land Schwyz erscheint geschichtlich zum erstenmal in einer Urkunde vom 29. August 972, mit welcher Kaiser Otto II. dem Kloster Einsiedeln die diesem von seinem Vater, Otto I., gemachten Schenkungen bestätigte, unter welchen sich auch Güter in «Suittes» im Zürichgau befanden. Im Lande Schwyz wohnten zahlreiche freie Leute mit eigenem Grundbesitz, die in sozialer Hinsicht völlig unabhängig waren und in politischer Beziehung einzig den Gaugrafen von Zürich als ihren Oberherrn anerkannten. Neben ihnen sassen im Land noch Lehensleute der Klöster Einsiedeln, Schännis, Beromünster, Muri, Engelberg und Kappel, sowie der Grafen von Lenzburg und ihrer Erben, der Habsburger.
Alle Leute von Schwyz bildeten, wie die Urner, eine Markgenossenschaft und waren sich ihrer bevorzugten Stellung wohl bewusst, wie sie denn auch ihre Rechte mit zäher Ausdauer zu verteidigen bereit waren. Dies zeigt sich in besonders auffallender Weise in ihrem über hundert Jahre dauernden Marchenstreit mit dem Kloster Einsiedeln.
Weniger günstig als in Uri und Schwyz war die politische und soziale Lage von Unterwalden, das damals wie heute durch einen wasserscheidenden nördlichen Ausläufer des Titlis, an den sich der «Kernwald» lehnt, in zwei Teile getrennt wurde: das östliche Nidwalden mit Stans und das westliche Obwalden mit Sarnen. «Dieses fruchtbare Gebiet war früh stark angebaut; es gab da sehr viele Höfe mit reichen Erträgnissen, und nirgendwo im Alpengebiet war der Boden so sehr zerstückelt wie hier». Grundherren waren die Klöster Luzern-Murbach, Beromünster, Muri und Engelberg, sowie die Grafen von Habsburg. Daneben gab es aber auch freie Leute, die ¶