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Chur dürfte eine Ansiedlung der Bronzezeit existiert haben. Wenn man vom Bernhardin aus, statt gegen das Schams hinunter zu steigen, über den Berg nach Norden wandert, so gelangt man ins Vals. Auch dieser Weg war schon in der Bronzezeit bekannt. Als man kürzlich im Dorfe Vals die Heilquelle besser fasste, stiess man in 4,5 m Tiefe auf prähistorische Knochen und eine Tonscherbe altitalischer Form. Oberhalb Vals, am Uebergang gegen Safien, entdeckte ein Hirt zwei Bronzedolche, von denen der eine ebenfalls eine italische Form besitzt. Bei Ilanz fand sich ein Bronzeschwert von einer Form, wie sie nur in Italien vorkommt, und in der Nähe dieses Städtchens, bei Ruis und Waltensburg, kamen Bronzebeile zum Vorschein, die auch nach Süden weisen. Das Beil von Waltensburg gleicht ganz demjenigen von Lostallo. Wir haben also hier einen uralten Verkehrsweg zwischen dem Rhein- und Tessinthal.
Ebenso alt ist der Weg über den Grossen St. Bernhard. Auch er ist schon in der Bronzezeit begangen worden. Ueber den Bernhard gelangten Bronzen vom Genfersee in die Gegend von Aosta, und umgekehrt wurden italische Bronzen ins Rhonethal gebracht. Man hat in Martigny sogar ein Bronzeschwert gefunden, das den ungarischen gleicht. Noch interessanter ist eine andere Form: In oberitalischen Fundorten findet man nicht allzu selten eine Art dreieckiger Bronzedolche mit massiven Griffen.
Diese Dolche trifft man in der Ostschweiz und in Oesterreich nie, ebenso wenig im westlichen Frankreich, wohl aber im Wallis, im Berner Oberland, an der Rhone, am Rhein und in grosser Menge in Norddeutschland. Offenbar ist diese Dolchform in der ersten Bronzezeit in Italien entstanden, gelangte dann über den Grossen St. Bernhard ins Wallis, von dort über Leukerbad und den Gemmipass nach dem Berner Oberland (nach Sigriswil) und zuletzt an den Rhein. Sie kann auch längs der Rhone in die Rheinlande gelangt sein.
Man findet sie in der Rheinebene von Basel bis Mainz; von Mainz zieht sie sich an die Elbe und breitet sich dann in Norddeutschland weithin aus. Während man in Italien nur einfache Formen dieses Dolches findet, trifft man in Norddeutschland hoch entwickelte Stücke von guter Technik und mit geschmackvollen Verzierungen. Ueber den Grossen St. Bernhard zog sich also ein Völker verbindender Weg vom Süden Europas nach dem Norden. Auf diesem Wege drangen auch andere Dinge nach dem Norden, z. B. Diademe, Schwerter u. s. w. Womit aber bezahlten die Nordländer die aus dem Süden kommenden Waren? Im Pfahlbau Corcelettes am Neuenburgersee wurde ein nordisches Hängegefäss und eine Sicherheitsnadel (Fibel) aus Bronze gefunden; beide Stücke stammen aus dem Norden. Andere Pfahlbauten haben unter ihrem Inventar Bernsteinperlen: es ist nordischer Bernstein. Wir sehen, der bronzezeitliche Handel hatte eine grosse Ausdehnung.
d) Bronzezeit-Gräber. Bei den bronzezeitlichen Gräbern kann man einen auffallenden Gegensatz zwischen dem Osten und dem Westen unseres Landes bemerken. In der Westschweiz begegnet uns, wenigstens im Anfang der Bronzeperiode, das Steinkammergrab wieder; in der Ostschweiz dagegen sind aus der Bronzezeit nur verbrannte Leichen bekannt. Bei einer Baute in Auvernier am Neuenburgersee stiess man in der Erde auf grosse Steinplatten. Als man dieselben abhob, grinsten zahlreiche Totenschädel den Grabenden entgegen.
Man war auf alte Gräber gestossen. Die Toten waren in Kammern beigesetzt worden. Man hatte das ganze Grab folgendermassen gebaut: Je drei Steinplatten waren der Höhe nach in parallele Reihen gestellt. Der Zwischenraum wurde durch zwei Querplatten in 3 Räume oder Kammern geteilt. Seitwärts errichtete man noch 2 Kammern, so dass ein fünfkammeriges Grab entstand. Die menschlichen Knochen befanden sich fast alle in der Mittelkammer. Die Schädel sollen den Wänden nach gelegen haben.
Die Grabbeigaben bestanden in Schmucksachen und Geräten. Besonders zahlreich war der Hängeschmuck. Es fanden sich durchbohrte Zähne von Wolf, Bär und Eber, Steingehänge, ein Knochenscheibchen, ferner Perlen aus Bronze. Dazu kamen eine Bronzenadel mit durchlochtem und geschwollenem Hals, Bronzeringe und Bronzespangen, Knöpfe aus Bronze und Bronzemesser. Ein Feuerstein mag zum Feuerschlagen benutzt worden sein. Nur wenig weit von diesem Massengrab entfernt stiess man auf ein Kindergrab. Aber da lag das Skelett in freier Erde, und bei demselben befanden sich zwei Paar Armspangen aus Bronze, ein Bronzeknopf und eine Bernsteinperle.
Auch das von hohen Bergen eingeschlossene Wallis muss in der Bronzezeit dicht bevölkert gewesen sein, besonders in der Gegend von Sitten. Spuren einer bronzezeitlichen Ansiedlung daselbst glaubt man zwischen den Hügeln Valère und Tourbillon entdeckt zu haben. Auch Gräber wurden gefunden. Häufiger aber sind die letztern in Lens, Ayent, Savièse und Conthey. Bei Rebarbeiten sind in der Nähe des letztgenannten Dorfes in den letzten Jahren mehrere Bronzezeitgräber zum Vorschein gekommen. Unter den Funden fallen prächtig verzierte Nadeln auf, deren flacher Kopf die Form einer Scheibe hat. Ausserdem lagen Diademe, verzierte Bronzegehänge, Muschelschmuck etc. in den Gräbern. Verwandte Funde wurden auch im Waadtland gemacht, wie z. B. in Vers Chiez bei Ollon, Villeneuve etc. ¶
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Da das Berner Oberland, wie wir gesehen, schon in der Bronzezeit über die Gemmi Verbindungen mit dem Wallis unterhielt, finden wir z. B. am Renzenbühl bei Strättligen am Thunersee dieselbe Form des Grabes wie im Rhonethal und neben den Skeletten ebenfalls Diademe von Bronze, eine Art Schaufelnadel und dreieckige Dolche. Besonders interessant sind ein Gürtelhaken italischer Form und ein Bronze-Flachbeil mit eingesetzten Goldstiften. Wenden wir uns nun dem schweizerischen Mittelland zu, so begegnen wir in den deutsch sprechenden Kantonen ganz andern bronzezeitlichen Grabgebräuchen als in der West- und Südwestschweiz.
Das zeigt sich schon bei den Gräbern von der Hohliebe bei Belp, die nur wenige Stunden vom eben genannten Renzenbühl zum Vorschein kamen. In Belp fand man keine Skelette, sondern verbrannte Leichen, deren Asche in Urnen geborgen war. Als Beigaben erschienen einfache Bronzespangen, Knöpfe, Schmucknadeln, die wegen der den Mohnkapseln gleichenden Form der Köpfe als Mohnkopfnadeln bezeichnet werden, und ein Messer aus Bronze, dessen Griff stilförmig und mit einem Nietnagel versehen ist.
Ein anderer Bronzezeit-Grabfund stammt aus Binningen in Basel Land. Bei verbrannten menschlichen Knochen fand man daselbst Spangen mit verdickten Enden oder Stollen, Schmucknadeln mit mehrteiligen Köpfen, Ringe, Ketten, ein Messer mit Flachgriff und ein getriebenes Gürtelbeschläge aus Gold. Als man den Bahnhof Glattfelden an der Linie Zürich-Schaffhausen erstellte, kam eine Tonurne, gefüllt mit verbrannten menschlichen Knochen, zum Vorschein. Als Beigaben fanden sich Stollenspangen mit Kerbverzierungen, die in ein Oval eingeschlossen waren, und eine Mohnkopfnadel.
Ganz ähnliche Funde machte man in Thalheim (Kanton Zürich), wo in Bronzezeitgräbern mit Leichenbrand auch Stollenspangen mit Kerbverzierung und Mohnkopfnadeln gefunden wurden, ferner ein 8förmiger Gürtelhaken, dessen Enden eingerollt waren. Ein anderes Urnengrabfeld kam bei Mels im St. Galler Oberland zutage. Im Weiler Heiligkreuz daselbst (früher Tscherfingen genannt) wurden neben dem sog. Heidenkirchlein am Fuss des Gonzen Urnen mit verbrannten Menschenknochen angetroffen. Die Beigaben bestanden in Mohnkopfnadeln, verzierten Ringen und Spangen, Messerchen und einem Dolch aus Bronze.
Neben Urnengräbern, deren Beispiele sich leicht vermehren liessen, gibt es aber in der Ostschweiz noch andere Begräbnisse aus der Bronzezeit. Wenn der Scheiterhaufen, auf welchem der Tote lag, niedergebrannt war, brauchte man die menschlichen Reste ja nicht zu sammeln und in einer Urne zu begraben; man konnte die Erde auch über dem zusammengebrannten Holzstoss aufwerfen. So entstand ein Hügel, ein Grabhügel, wie deren zu hunderten in allen Ländern Europas entdeckt worden sind.
Bei den Urnengräbern wussten nur wenige, wo sie sich eigentlich befanden; den Grabhügel sieht jedermann. Starb z. B. ein mächtiger Häuptling, so wollte man die Stelle auch den Nachkommen zeigen können; man wollte dem Verstorbenen vielleicht sogar Opfer darbringen. Zu diesem Zwecke musste man genau wissen, wo er begraben lag. Die Grabhügel der Bronzezeit sind bei uns nicht häufig die Sitte der Hügelbestattung kam erst in der Eisenzeit recht auf. Man hat indessen doch einige Grabhügel entdeckt, die sicher in der Bronzeperiode entstanden sind. Am Altenberg bei Gossau im Kanton Zürich lagen einige kleine Grabhügel. In einem Derselben wurden zwei glattgeschliffene Steine, mehrere Armspangen aus Bronze und eine Schmucknadel aus demselben Metall gefunden.
Schon das Aussehen dieser Bronzen deutet auf Leichenbrand. Im Hard bei Weiach unfern Kaiserstuhl wurden ebenfalls Bronzespangen, Nadeln und zudem ein Bronzedolch in Grabhügeln entdeckt. Sie lagen bei verbrannten menschlichen Knochen und waren durch einen Steinkern gegen aussen geschützt. Das Oberholz bei Rickenbach in der Nähe von Winterthur birgt eine Gruppe von eisenzeitlichen Grabhügeln. Zwischen denselben liegen einige ältere, kleinere Hügel. En einem der kleinsten fand man Spuren von Leichenbrand unter einem Steinlager. Dabei kamen eine Tonscherbe, Bronzespangen, eine Schmucknadel und knopfartige Besatzstücke, eine Spirale aus Bronze und eine Bernsteinperle zum Vorschein.
Woher rührt nun die Verschiedenheit der bronzezeitlichen Gräber in der Ost- und der Westschweiz? Haben dazumal Leute verschiedenen Stammes, vielleicht gar verschiedener Religion unser Schweizerland bewohnt? Erst eine Anzahl neuer, genauerer Untersuchungen kann die Antwort auf diese Fragen geben.
III. Die Eisenzeit.
In den jüngsten Pfahlbaustationen, z. B. in Mörigen am Bielersee, erscheint neben Bronze, Blei und Gold auch das Eisen, aber sehr selten. Da fand man u. a. ein Schwert mit weidenblattförmiger Klinge. Es besass einen Bronze-Vollgriff. Aber die Klinge bestand nicht aus Bronze, sondern aus Eisen, und im Bronzegriff waren zur Zier papierdünne Eisenplättchen eingelegt worden. Alles hatte sich im Seeschlamm wohl erhalten. Da konnte man sehen, wie sehr jene Leute Unrecht haben, die behaupten, das Eisen sei schon in der eigentlichen Bronzezeit bekannt gewesen. Es sei nur verrostet, und darum finde man es nicht. In dem eben erwähnten Schwert von Mörigen haben sich ganz dünne Eisenlamellen nahezu 3000 Jahre erhalten, und da sollten eiserne Aexte und Beile spurlos verschwunden sein? Das ist einfach unmöglich. Ein Bronze-Armband von Mörigen trägt ebenfalls Eiseneinlagen von grosser Feinheit. Das Eisen muss also teuer gewesen sein; sonst hätte man es nicht als Schmuck, als Einlage benutzt. Teuer war es seiner Seltenheit wegen.
Das Eisen erscheint also im Anfang als seltenes, neues Metall. Nach und nach wurde es häufiger. Man lernte das Eisenerz unseres Landes benutzen und bezog nicht mehr, wie in der Bronzeperiode, alles Rohmaterial aus der Fremde. Am Gonzen ob Sargans mag schon sehr früh Eisen gewonnen worden sein, und das Bohnerz des Jura hat man wohl ebenfalls benutzt. Aber wie wurde das Erz dem Gestein entnommen? Am Gonzen sieht man uralte Gänge, welche mit Meissel und Pickel gehauen worden sind.
Manchmal aber schichtete man Holzhaufen an die erzführende Gesteinswand, entfachte ein grosses Feuer und kühlte dann die erhitzte Wand mit kaltem Wasser rasch ab. Dadurch wurde das Gestein locker, mürbe und konnte nachher leicht mit dem Pickel in Brocken abgelöst werden. Wenn das Eisenerz gewonnen war, musste es geschmolzen werden. Zu diesem Zwecke errichtete man eine Art Ofen aus Ton, der mit harten Steinen ausgekleidet und mit einem dicken Erdmantel umgeben war. Die Höhlung dieses im Freien befindlichen Schmelzofens zog sich vom Feuerloch, von der «Türe», horizontal bis zur Mitte ¶