mehr
Kostspieligkeit bisher abgelehnt worden. Die Gelder der Sparkassen sind vorwiegend in Hypotheken, in Darlehen gegen Bürgschaft und in Wertpapieren angelegt, ein Modus, der mit demjenigen der schweizerischen Versicherungsgesellschaften harmoniert. Die Abnahme des Zinsfusses hat die Entwicklung des Sparwesens keineswegs aufgehalten, vielleicht, infolge grösserer Anforderungen an die Sicherheit, eher befördert.
Eine Art Aufsicht besteht nur in wenigen Kantonen, z. B. in Aargau, Bern und St. Gallen, eine Befugnis des Bundes zur Gesetzgebung im Sparkassenwesen fehlt. Dem Entwurf des Zivilgesetzbuches ist eine Bestimmung eingefügt worden, wonach die Kantone befugt sein sollen, die Spareinlagen durch Einräumung eines gesetzlichen Pfandrechtes an den Wertschriften und Forderungen der betreffenden Kassen zu schützen.
Die Sparversicherung einzelner Versicherungsgesellschaften, bei der auf Grund fester, periodischer Einlagen nach Ablauf einer bestimmten Zeit das versicherte Sparkapital mit dem eventuell angesammelten Gewinn fällig wird, hat bisher nur geringen Umfang angenommen.
[Fritz Trefzer.]
D. Versicherungswesen.
Wir unterscheiden zwischen der vom Bunde, sowie der von den Kantonen organisierten oder subventionierten und der Privatversicherung.
1. Bund.
Die einzige vom Bunde organisierte Versicherung ist die temporäre Versicherung der schweizerischen Wehrmänner gegen Unfall
und Krankheit während des Militärdienstes (Gesetz vom An diese Versicherung hat der Wehrmann keine Beiträge
zu leisten. Versichert sind auch das militärische Verwaltungs- und Instruktionspersonal, sowie die Schiessvereine.
Die Leistung besteht in der Heilbehandlung nach dem Dienste, in einer Invalidenrente (70% des Jahresverdienstes), Hinterlassenenrente,
Sterbegeld. Die Friedensausgaben werden aus den laufenden Krediten bestritten, im Kriegsfalle sind drei
Fonds (Invalidenfonds
,
Grenus-Invalidenfonds
und eidg. Winkelriedstiftung) verfügbar, welche Ende 1906 zusammen den Betrag
von 23,6 Millionen Fr. überschritten hatten.
Der Gesetzesentwurf für eine obligatorische, staatliche Kranken- und Unfallversicherung wurde im Mai 1900 vom Volke abgelehnt. Ein neuer Entwurf des Bundesrates zu einem Kompromissgesetz, auf dem Subventionsprinzip beruhend, liegt seit Dezember 1906 vor. Dieser Entwurf begegnete bisher einer günstigen Aufnahme. Darnach soll die Krankenversicherung von freien, sog. anerkannten Kassen ausgeübt und durch Bundesbeiträge gefördert werden. Diese anerkannten Kassen müssen die nötige Sicherheit bieten, ferner Freizügigkeit, Heilbehandlung oder mindestens ein tägliches Krankengeld von 1 Fr. gewähren. Dann haben sie Anspruch auf den Bundesbeitrag von 1-1½ Rappen per Mitglied und Tag der Mitgliedschaft. Den Kantonen steht die direkte Aufsicht und die Befugnis zu, den Beitritt allgemein oder teilweise obligatorisch zu erklären und öffentliche Kassen zu gründen. Der Bund hat die Oberaufsicht.
Die Unfallversicherung soll nach dem zweiten Entwurf wiederum durch eine Staatsanstalt in Bern mit Agenturen in den einzelnen Kantonen (Krankenkassen) durchgeführt werden. Die Versicherungspflicht umfasst alle haftpflichtigen Betriebe; Subventionsanspruch geniessen auch die Arbeiter und Angestellten der Landwirtschaft, des Handwerkes und Kleingewerbes, der Hausindustrie, die Dienstboten und Taglöhner, falls sie der Versicherung beitreten. Die Leistungen sind: Heilbehandlung und Krankengeld, Invalidenrente von 60% des Tagesverdienstes, Hinterlassenenrente von im ganzen 50%, Sterbegeld (bis 40 Fr.). Diese Leistungen sind nur bei Arglist und grober Fahrlässigkeit seitens des Versicherten verwirkt. Prämientarif nach Gefahrenklassen. Bundesbeiträge für niedrige Prämien 30%, für höhere relativ abnehmend. Dem Versicherten darf vom Arbeitgeber die Restprämie mit höchstens ¼ am Lohne verrechnet werden.
Als staatliche Spezialversicherungen sind die obligatorischen Pensions- und Krankenkassen der schweizerischen Bundesbahnen zu betrachten, welche das Eisenbahnpersonal gegen Krankheit, Invalidität und Tod, vorwiegend durch periodische Renten versichern. Dieser Versicherung gehörten Ende 1906 21244 Personen (17233 Aktive, 1621 Invalide, 1633 Witwen und 757 Waisen) an, und das vorhandene Vermögen betrug 53,9 Mill. Fr. Zu erwähnen ist hier noch, dass der Bund seine Haftpflicht bei Unfällen des Postbetriebes (Postregal vom Art. 18) auf eigene Gefahr, d. h. ohne Versicherung trägt.
Ferner beteiligt sich der Bund subventionsweise mit etwa 4/5 an den Beiträgen für die Witwen- und Waisenkasse der Professoren des Polytechnikums, sowie mit ¼ an denjenigen für die fakultative Kapital- oder Rentenversicherung der eidgenössischen Beamten und Angestellten. Die Bundessubvention für das Schulwesen wird teilweise zur Errichtung oder Unterstützung der Lehrerhilfskassen verwendet.
2. Kantone.
Allgemein verbindliche kantonale Anstalten ¶
mehr
bestehen nur zur Versicherung der Gebäude gegen Feuerschaden. Ohne obligatorische Feuerversicherung sind einzig noch die Kantone Genf, Wallis, Tessin, Graubünden, Obwalden, Uri, Schwyz und Appenzell I. R. Die Einführung der Versicherung gegen Elementarschaden (wie Lawinensturz, Erdbewegung, Ueberschwemmung) in die Feuerversicherung wird geplant. Manche Kantone suchen sich durch starke Rückversicherung des Risikos bei Privatgesellschaften zu entlasten.
Zwangsweise Mobiliarversicherung haben bisher nur die Kantone Glarus, Aargau, Freiburg und Waadt, letzterer mit staatlichem Monopol. Die übrigen lassen den Wettbewerb mit Versicherungsgesellschaften zu. Der Aargau organisiert die Versicherung durch Kollektivverträge zu gunsten vorwiegend der geringen Fahrhabe. Ende 1905 waren bei allen kantonalen Brandkassen gegen Feuer versichert 5,92 Milliarden Fr.; hiezu kommen 8,92 Milliarden Fr. bei konzessionierten in- und ausländischen Gesellschaften. Im gleichen Jahre wurden in der Schweiz an Prämien 17,3 Millionen Fr. bezahlt, dagegen von den Kantonen und den konzessionierten Anstalten für Brandschäden 9,41 Mill. Franken vergütet.
Der Kanton Neuenburg errichtete anfangs 1899 eine kantonale, freiwillige «Caisse cantonale d'Assurance populaire» für Kapital- und Rentenversicherung. Der Kanton übernimmt die Verwaltung und Organisation und beteiligt sich an den Einzelprämien durch Beiträge, die durch besondere Steuer erhoben werden. Ende 1906 waren dergestalt versichert mit 9829 Policen 10½ Mill. Franken Kapital und 50000 Fr. Jahresrenten.
Auf den soll im Kanton Waadt eine ähnliche subventionierte Altersversorgungskasse, doch ohne eigentliche Invalidenversicherung, ins Leben treten. Geplant sind solche Anstalten auch in den Kantonen Glarus, Zug, St. Gallen und Genf. Dieser letztere Kanton unterstützte 1905: 38 Krankenkassen, die einem Mindestmass technischer und finanzieller Leistung genügten. Die Mehrzahl der Kantone unterstützt auch die Alters-, Witwen- und Waisenkassen der Lehrerschaft oder des Verwaltungspersonals. 1905 wurden so an Ruhegehalten und Kassabeiträgen für kantonale Primar-, Sekundar-, Mittel- und Hochschulen rund 1½ Millionen Fr. bezahlt.
Nach dem Subventionsprinzip sind auch manche Gemeindekassen eingerichtet. Die Arbeitslosenkasse in Bern verdient hier Erwähnung, obwohl sie nicht als Versicherungsanstalt gelten kann.
3. Privatversicherung.
Dass das Versicherungswesen der Schweiz trotz des bescheidenen Umfanges der staatlichen, freien oder zwangsweisen Versicherung sehr hoch entwickelt ist, muss der Tätigkeit der privaten Vereinigungen verdankt werden, welche alle Zweige der Versicherung umfasst. Durch das Gesetz vom sind die privaten Unternehmungen der eidg. Staatsaufsicht unterstellt. Sie bedürfen einer Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb und haben in zahlreichen Ausweisen ihre Organisation darzulegen. Derart können unsolide oder schwindelhafte Betriebe fern gehalten werden. Die Aufsicht wird durch den Bundesrat (eidg. Versicherungsamt) ausgeübt. Nach dem Berichte dieses Versicherungsamtes arbeiten im Lande 29 einheimische und 55 ausländische konzessionierte Gesellschaften. Die kleinen, lokalen Sterbe- und Krankenkassen u. s. w. bleiben dagegen immer noch ohne Aufsicht, ebenso Neugründungen dieser Art.
Im Jahr 1905 wurden in der Schweiz bezahlt:
Zweige. | Bruttoprämien. Fr. | Davon entfallen auf einheimische Gesellschaften. Fr. | % |
---|---|---|---|
Für Lebensversicherung | 37719735 | 18663519 | 49.5 |
Für Unfall- und Haftpflichtversicherung | 14692894 | 12940085 | 88.1 |
Für Feuerversicherung (inkl. kant. Kassen) | 11070494 | 7604053 | 68.7 |
Für die übrigen Zweige 1) | 4174308 | 3272916 | 78.4 |
Total 1905 | 67657431 | 42480573 | 62.8 |
Dagegen 1895 | 38198439 | 22631381 | 59.2 |
In der Lebensversicherung waren Ende 1905 bei 6 einheimischen und 27 fremden Gesellschaften versichert:
Policen | Kapitalien. Mill. Fr. | Jahresrenten. Fr. | |
---|---|---|---|
Bei einheimischen Gesellschaften 2) | 99950 | 359 | 2832000 |
Bei fremden Gesellschaften | 62096 | 492 | 631000 |
Total | 162046 | 851 | 3463000 |
1) Glas- und Wasserleitungsschaden; Diebstahl-, Kaution-, Vieh-, Hagel- und Transport-Versicherung.
2) Diese Gesellschaften sind folgende:
Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt in Zürich, auf Gegenseitigkeit 1857 gegr.
La Suisse in Lausanne, Akt.-Ges., 1858 gegr.
Basler Lebensversicherungsgesellschaft in Basel, Akt.-Ges., gegr. 1864.
La Genevoise in Genf, Akt.-Ges., 1872 gegr.
Schweizerischer Lebensversicherungsverein in Basel, auf Gegenseitigkeit 1876 gegr.
Schweizerische Sterbe- und Alterskasse in Basel, auf Gegenseitigkeit 1881 gegr. ¶