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beständig ihren
Rang, je nach dem
Stande der Ernten und der Seuchen. Hauptlieferant für konserviertes Fleisch (2,4 Mill.)
und Schweineschmalz (1,85 Mill.) ist die Union. Kartoffeln und Obst produziert die Schweiz
im ganzen in genügender Menge;
ihren Bedarf an Primeurs und Spezialitäten deckt sie wesentlich in den Grenzländern. Südfrüchte kommen
hauptsächlich aus Italien und Spanien, in zweiter Linie aus der Levante und Südfrankreich.
Von den eigentlichen Kolonialwaren verdient vor allem der Kaffee Erwähnung. Von der gesamten Einfuhrmenge machen Rio und
Santos regelmässig etwa zwei Drittel, vom Einfuhrwert die Hälfte aus (1905: 6 von 11 Mill. Fr.); darauf folgen Java
(2,5 Mill.), Zentralamerika (1,4 Mill.) und Ceylon (1 Mill). Ihren starken Bedarf an Kakao (1905: 7 Mill. Fr.) deckt die
schweiz
erische Schokoladenindustrie der Hauptsache nach in Süd- und Mittelamerika; ausserdem kommen regelmässig ansehnliche
Posten aus Ceylon und von der afrikanischen Goldküste. Im Tee herrscht immer noch China vor, neben welches
Land aber mehr und mehr Ceylon tritt. Den
Reis liefert zur grössern Hälfte Italien, zur kleinern Indien nebst Ostasien.
Der Tabakimport der Schweiz
im Betrage von 8 Mill. Fr. stammt grösstenteils aus der Union (4¼ Mill), sodann aus Niederländisch
Indien (1,7 Mill.) und Brasilien (1 Mill.); dagegen bleibt infolge der Nachwehen des kubanischen Krieges
Zentralamerika (0,33 Mill.) immer noch ausserordentlich weit zurück.
Den stärksten Drittel der schweiz
erischen Einfuhr, je nach den Preisen und dem Geschäftsgang auch zwei Fünftel, machen
in der Regel die Rohstoffe aus. Das Jahr 1905 macht davon nur deshalb eine Ausnahme, weil die Einfuhr von Fabrikaten wegen
der auf Anfang 1906 eingetretenen Erhöhung vieler schweiz
erischen Zölle ausserordentlich hoch war (490 Mill. gegen 479 Mill.
Rohstoffimport im vorangehenden Jahr). Wie bei den Nahrungsmitteln das Getreide, so steht hier die Rohseide mit 135 Mill.
Fr. Importwert weit obenan.
Nahezu drei
Viertel davon, 94½ Mill. Fr. Wert, hat scheinbar Italien geliefert; in den Rest teilen sich
Ostasien (16 Mill.) und Frankreich (22 Mill.). Doch wäre es verfehlt, diese ganzen 94½+22 Mill. Fr. als wirklichen Anteil
der europäischen Seidenerzeugung an der Versorgung des schweiz
erischen
Marktes anzusehen. Vielmehr ist wohl die Hälfte davon
auf Japan- und Chinagrège zu rechnen, welche in Italien und Frankreich bloss gezwirnt worden ist. Ostasiatische
Trame und Organzine werden in der schweiz
erischen Handelsstatistik nicht unter den ersten
Ursprungs-, sondern unter den Veredlungs-
(d. h. Zwirnungs-)ländern aufgeführt. Nur
Cocons, Déchets und Grège kommen direkt aus Japan und China nach der Schweiz.
Aehnliches gilt von der überseeischen Wolle (1905: 22 ⅔ Mill.), welche etwa zur Hälfte ihre erste Zubereitung in Mazamet (französisches Dep. Tarn; 3½ Mill.), Leipzig (5¼ Mill.) und Antwerpen (2 ⅓ Mill.) erhält. Nur die kleinere Hälfte wurde direkt aus Australien (9½ Mill.) und vom La Plata (0,37 Mill.) bezogen.
Nächst der Seide bilden je und je den Hauptposten des Rohstoffimports der Schweiz:
Kohle mit 65 ⅔ (1,906
Maximum nach Menge und Wert: 74,7 Mill.) und
Eisen mit 46,3 Mill. Fr.; speziell deutsche
Kohle (51 Mill. Fr., wovon ⅓ aus
dem Saargebiet, ⅔ von der
Ruhr) und deutsches
Eisen (27 Mill.). Die deutschen Lieferungen werden ergänzt durch französische
(8¾ Mill.) und belgische
Kohle (4,9 Mill.), sowie durch schottisches (10 Mill.) und französisches
Eisen
(6,4 Mill.). Von den teurem und den edeln Metallen gilt, ganz wie von Wolle und Seide,
Flachs und Hanf,
Jute und Kautschuk,
dass bei weitem das Meiste ursprünglich aus der Erzeugung entlegener, vorzugsweise überseeischer Länder stammt,
aber in Frankreich, Deutschland, Italien, England etc. einen
Schmelz-, Legierungs- oder Umformungsprozess durchmacht, der
es für die Statistik zum Produkt dieser europäischen Hauptlieferanten umstempelt; so namentlich spanisches, amerikanisches
und austral-asiatisches Kupfer, desgleichen
Zinn und alles Edelmetall.
Petroleum liefert der Schweiz
zur Zeit weit überwiegend die Union (6 ⅔ Mill.), daneben immer noch
Russland (1,4 Mill.) und in steigendem Masse Galizien (1¼ Mill.), sowie Rumänien (0,2 Mill.).
Die eigene Holzproduktion in der Schweiz
im Werte von 40 Mill. Fr. reicht immer weniger zur Deckung des Landesbedarfes hin.
Im Jahr 1905 wurden für volle 30 Mill. Fr. fremde
Hölzer, hauptsächlich aus Oesterreich und Deutschland,
eingeführt, während die Ausfuhr nur 2¾ Mill. Fr. betrug. Ebenso herrschen die Lieferungen der Nachbarn vor beim Import
von landwirtschaftlichen und tierischen Rohprodukten aller Art, sowie von Chemikalien. Dagegen vermag sich die Schweiz vollauf
selbst zu genügen in ihrem Rohstoffbedarf für die Lederbereitung: rohe
Häute und Felle wurden im Jahr 1905 für
nahezu 14 Mill. Fr. ausgeführt und nur für 4 ⅓ Mill. Fr. vom Auslande bezogen, Aehnliches gilt vom Baumaterial, woran
die Schweiz Ueberfluss hat.
II. Absatzgebiete.
Als wichtigstes Absatzgebiet der schweizerischen Industrie steht England da. Von den 733 bezw., einschliesslich der industriell hergestellten Lebensmittel, 850 Mill. Fr. Gesamtexport der schweizerischen Industrien im Jahr 1905 hat es nahezu einen Viertel (145 bezw. 174 Mill.) aufgenommen, wovon nahezu die Hälfte Seidenwaren (74,4 Mill.), fast ein Viertel Stickereien und Plattstichgewebe (31 Mill.) und für 16,3 Mill. Fr. Taschenuhren; dazu kommt für 15 ⅔ Mill. Fr. kondensierte Milch. Abgesehen von diesem letztern Posten, in welchem England der Hauptabnehmer der Schweiz ist, kehrt eine ähnliche Zusammensetzung des schweizerischen Exports bei den sämtlichen Hauptabsatzgebieten stereotyp wieder, ¶
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Nur dass dazu bei den Grenzländern und vielen andern Abnehmern stärkere Posten von Käse, Maschinen und Farbwaren hinzutreten. Ausserdem sind in dem Absatz nach den Grenzländern vielfach die Halbfabrikate stärker vertreten als die fertigen Erzeugnisse. So machen namentlich im Textilexport der Schweiz nach Deutschland (68 ⅔ Mill.), dem scheinbar zweitbesten Kunden für schweizerische Industrieerzeugnisse (1905: 141 bezw., einschliesslich der fabrizierten Lebensmittel, 157 Mill. Fr.), die Halbfabrikate Schappe (17 Mill.) und Seidengarn (10,3 Mill.), wollene und baumwollene Garne (je 6 Mill.) und rohe Baumwollgewebe (4,9 Mill.), also lauter Artikel, an denen relativ sehr wenig schweizerische Arbeit und Veredlungsverdienst haftet, über zwei Drittel (44,2 Mill. Fr.) der bezüglichen Exporte aus.
In dritter Linie stehen die Vereinigten Staaten, welche im Jahre 1905 für 112½, einschliesslich der Nahrungsmittel sogar für 124½ Mill. Fr. schweizerische Industrieprodukte aufgenommen haben, hauptsächlich Stickereien (58½, 1906: 72 Mill.) und Seidenwaren (30 Mill.), ferner Uhren (8,85 Mill.), Käse (7½, 1906 sogar 9,4 Mill.) und Farbwaren (4,6 Mill.). Sodann folgen Frankreich mit 78 bezw. 98 Mill., Oesterreich-Ungarn mit 44 bezw. 48 Mill., Russland mit 23,8 bezw. 25,7 Mill., Italien mit 37,4 bezw. 45,5 Mill., Ostasien mit 18 bezw. 19,7 Mill. und Britisch Indien mit 13 bezw. 16,6 Mill. Fr.
Es kann sich hier nicht darum handeln, in beständiger Wiederholung aufzuzählen, wie viel von jedem schweizerischen Hauptprodukt ein jedes dieser Länder jährlich aufnimmt. Genug, dass sich der Kleidungsweise zufolge Afrika und Asien ebenso empfänglich zeigen für bunte und leichte Stoffe, wie ablehnend gegenüber Stickereien (mit Ausnahme der indischen «Kolonnen», d. h. Tüll mit Ranken bestickt) und Seidenbändern. Doch wird dies mit dem Vordringen europäischer Mode, z. B. in Japan, zusehends anders. Dasselbe gilt für den Schweizerkäse.
Als mächtigster Förderer der Verbreitung schweizeririscher Erzeugnisse ist der Zwischenhandel Englands mit seinen Kolonien anzusehen, deren Märkte bisher mit wenigen Ausnahmen gleich dem des Mutterlandes dem internationalen Wettbewerb nach dem Grundsatz der offenen Tür zu gleichen Bedingungen zugänglich waren. Die Schweiz wird deshalb in der Kolonialpolitik stets eher auf Seite Englands und Deutschlands stehen als auf derjenigen Frankreichs, Russlands und der Vereinigten Staaten, welche ihre Kolonien aufs strengste in ihr eigenes schroffes Prohibitivsystem einbeziehen und damit die Ausbeutung ihres Kolonialmarktes in den Händen ihrer eigenen Kaufleute und Unternehmer monopolisieren.
Schlussbetrachtungen. Im ganzen folgt aus dem Gesagten, und es ist dies auch durch die geographische Lage der Schweiz als Binnenland ohne eigenen Seehafen bedingt, dass die schweizerische Volkswirtschaft in Absatz und Bezug vorwiegend auf den Güteraustausch mit den sie ringsum einschliessenden vier Grossmächten angewiesen ist. Für ihren Export kommen ausserdem hauptsächlich England und Nordamerika in Betracht. Demgemäss legt die Schweiz denn auch den Schwerpunkt ihrer Handelspolitik je und je auf die Erzielung möglichst annehmbarer Verkehrsbedingungen mit ihren vier Nachbarn.
Hier sowohl als gegenüber Spanien und Serbien ist es ihr in den Verhandlungen der letzten drei Jahre gelungen, ein Verhältnis herbeizuführen und - ausser gegenüber Frankreich - auf längere Zeit zu sichern, das ihrem gewohnten Absatz die Fortdauer in annähernd gleicher Höhe verspricht, teilweise sogar ihm eine gewisse Ausdehnung über seinen bisherigen Umfang hinaus gestatten mag. Dagegen besteht gegenüber England und Nordamerika gleichwie gegenüber allen andern Ländern lediglich das Verhältnis der gegenseitigen Meistbegünstigung zu Recht, das ihr wenigstens die Konkurrenz zu den gleichen Bedingungen mit allen andern Dritten garantiert.
[Dr. T. Geering.]
B. Bankwesen.
Der Gedanke, Kreditanstalten zu gründen, welche den Staat oder die Gemeinden mit den zu ¶