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haben, den ganzen Jura und die Kalkalpen. Hier findet sich, in Form von mehr oder weniger tonhaltigen Kalken, zugleich auch das Rohmaterial zur Fabrikation von hydraulischem Kalk und Zement.
Die hydraulischen Kalke werden durch einfaches Brennen von mergeligem Kalkstein, der wenig mehr als 80% kohlensauren Kalk enthalten muss, oder dann durch sehr schwaches Brennen eines an kohlensaurem Kalk ärmeren Mergels hergestellt. Nach der Entnahme aus dem Ofen zerfällt das gewonnene Produkt langsam an der Luft oder schwillt, mit Wasser gelöscht, gleich dem fetten Kalk an. Es müsste also, theoretisch gesprochen, nicht noch gemahlen werden. Da man aber in der Praxis eine genügende Gleichmässigkeit weder in der Wahl des Rohmateriales noch im Brennen erreichen kann, lässt man alle hydraulischen Kalke noch durch Mahl- und Siebapparate gehen.
Der hydraulische Kalk härtet sich unter Wasser und zwar umsomehr, je mehr seine Zusammensetzung sich einem bestimmten Gehalt von Calciumkarbonat nähert. Ist dieses letztere im Ueberschuss, so erscheint der Kalk wenig oder gar nicht hydraulisch und nähert sich dem fetten Kalk. Nach dem Volumenunterschied der verschiedenen Sorten dieser Produkte und ihrer grössern oder geringern Aehnlichkeit mit dem fetten Kalk unterscheidet man schwere, halbschwere und leichte hydraulische Kalke.
Die hauptsächlichen Rohmaterialien zur Fabrikation sowohl von hydraulischen Kalken als auch von natürlichem Zement finden sich in den verschiedenen Jura-, Kreide- oder auch Tertiärstufen. Uebrigens kann jeder tonige Kalkstein von geeigneter Zusammensetzung zu hydraulischen Produkten verarbeitet werden. Im folgenden stellen wir die wichtigsten der in der Schweiz zu Zwecken der Fabrikation von hydraulischen Kalken und von Zementen abgebauten Lager nach ihrer geologischen Zugehörigkeit zusammen:
Oberer Lias: Grindel, Bärschwil und Balmberg für die Fabriken in Luterbach.
Oberer Dogger: Furcilmergel in Noiraigue, alpiner Dogger in Walenstadt.
Unterer Malm (Oxford und Argovien): Liesberg, Soyhières, Reuchenette, Rondchâtel, Wildegg, Entfelden, Baulmes, Vallorbe, Châtel Saint Denis etc.
Oberer Malm (Sequan): Les Convers, Mühlehorn (Kanton Glarus).
Untere Kreide (Hauterivien) in Cressier (Kanton Neuenburg); Urgon in Rotzloch.
Obere Kreide: Rote Kreide der Präalpen in Boche (Kanton Waadt) und Vouvry (Wallis); Seewerkalk in Beckenried, Rotzloch (teilweise) und Brunnen;
Tertiär: Tongrien in Laufen; Aquitanien in Paudex (Waadt); Oeningien in Käpfnach (Zürich), Emmishofen und Wigoltingen (Thurgau).
Am wichtigsten sind für die Gewinnung von hydraulischem Kalk die Argovienmergel des Juragebirges, wo denn auch seit dem Bau der Eisenbahnen die Kalk- und Zementfabriken wie Pilze aus dem Boden gewachsen sind. Die grössten Fabriken von hydraulischem Kalk befinden sich in Vallorbe, Baulmes, Rondchâtel, Brunnen etc.
Die natürlichen Zemente werden aus Mergeln hergestellt, die etwas weniger als 80%, d. h. etwa 75-78% kohlensauren Kalk enthalten. Je nach dem mehr oder minder starken Brennen und unter dem Einfluss von noch wenig bekannten Faktoren erhält man verschiedene Qualitäten von natürlichem Zement. Sehr starkes Brennen ergibt natürlichen Portlandzement von grauer Farbe und langsamem Abbinden, während als Produkt eines schwächern Brennens römischer Zement von gelblicher Farbe, sog. schnellbindender Zement, entsteht. Nur wenigen schweizerischen Fabriken ist es bis jetzt gelungen, diesen letztern Zement herzustellen, so dass wir für den Bezug desselben noch erheblich vom Ausland abhängig sind. Natürliche Zemente werden hergestellt in den Fabriken von Noiraigue, Baulmes, Rondchâtel, Brunnen, Rotzloch, Käpfnach, Bärschwil, Convers etc., römischer Zement speziell in Rondchâtel, Baulmes, Brunnen und Käpfnach.
Künstlicher Portlandzement. Während der natürliche Zement mit Notwendigkeit von der Beschaffenheit des Rohmaterials abhängt und je nach diesem von wechselnder Qualität ist, stellt man aus einer feingemahlenen, beständig kontrollierten Mischung auch einen gleichmässig beschaffenen künstlichen Zement her. Hydraulische Eigenschaften erhält diese Mischung durch starkes Brennen, worauf das Produkt gemahlen wird. Die sich stets gleichbleibende gute Qualität hat diesen künstlichen Zementen trotz der umständlichen Fabrikation einen grossen Erfolg gesichert, so dass deren Produktion heute diejenige von hydraulischem Kalk und natürlichem Zement zusammen übertrifft. Die wichtigsten Zementwerke dieser Art befinden sich im Jura: Saint Sulpice, Furcil, Baulmes, Reuchenette, Luterbach. Bellerive, Liesberg, Laufen, Dittingen, Mönchenstein, Zwingen, Aarau, Wildegg etc. In den Alpen: Grandchamp, Villeneuve und Roche, Brunnen, Rotzloch, Walenstadt;
im Mittelland: Frauenfeld und einige kleinere Fabriken.
Gemischte Zemente. Seit kaum etwa 10 Jahren hat man hydraulische Produkte auf den Markt gebracht, die eine Mischung von Portlandzement mit einem indifferenten Material (Kalkpulver) darstellen und damit sog. verdünnte Zemente sind. Sie zeigen die nämliche Konstanz in ihrer Zusammensetzung wie die Portlandzemente, ohne aber die oft sehr langsame Abbindung und Erhärtung der hydraulischen Kalke zu haben, weshalb sie diesen letztern Konkurrenz zu machen bestimmt sind. Diese Industrie ist zur Zeit in Paudex, Roche, Brunnen, Rotzloch etc. vertreten und sehr im Aufschwung begriffen.
Schlackenzement wird als Nebenprodukt in den Eisenwerken von Choindez im Berner Jura hergestellt, und zwar unter Verwendung der Schlacken der Hochöfen, die gepulvert und mit einer bestimmten Menge von Kalk versetzt werden. Verwendet wird dieser Zement hauptsächlich zur Fabrikation von Kunststeinen mittels Quarzsand.
Im folgenden geben wir eine Liste der wichtigsten Fabriken für hydraulische Produkte unter Beifügung ihrer Produktion im Jahr 1906:
Portlandzement | Mischzement | |
---|---|---|
Tonnen = 1000 kg | ||
Jura-Zementfabriken Aarau und Wildegg | 42010 | 9100 |
Portlandzementfabrik Laufen, mit Filialen Mönchenstein und Bellerive | 34770 | - |
Zement- und Kalkfabriken R. Vigier A.-G., Luterbach und Reuchenette | 32530 | - |
Basler Zementfabrik, Dittingen (Bern) | 13820 | - |
Zement- und Kalkwerk Liesberg, Gebr. Gresly, Martz und Cie., Liesberg | 14390 | 920 |
Portlandzementfabr. Frauenfeld A.-G. | 9190 | 720 |
Laufenthaler Portlandzementfabrik, Zwingen | 10400 | - |
Vereinigte Zementfabriken Rotzloch A.-G. | 9260 | 1170 |
K. Hürlimann, Kalk- und Zementfabrik, Brunnen | 8200 | 2000 |
W. Brodtbeck, Portlandzementfabrik, Liestal | 2480 | - |
Société des Usines de Grandchamp et de Roche (Vaud) | 11250 | 5950 |
Société des Usines de Baulmes | 8050 | 800 |
Fabrique suisse de ciment Portland, Saint Sulpice | 30310 | - |
Schweizerische Zement-Industriegesellschaft (Sitz in Ennenda) | 14710 | - |
Borner, Edelmann und Cie., Walenstadt | 8000 | - |
Société des Usines de la Paudèze, Pully | 3020 | 27160 |
Société des Usines du Furcil, Noiraigue | 2290 | - |
Total | 254680 | 47820. |
Die Gesamtproduktion des natürlichen Zementes belief sich im Jahr 1906 auf etwa 15000 Tonnen.
15) Gips. Gips findet sich in der Schweiz bloss in drei Gegenden: im östlichen und nördlichen Jura, in den Nordalpen und im Tessin. Alle abbaufähigen Lager liegen in der Trias. Unbedeutende Einlagerungen von Gips ¶
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zeigen daneben auch gewisse Schichten der miozänen und oligozänen Molasse, sowie die Purbeckstufe.
Gesamtproduktion an Zement, Kalk und Gips in der Schweiz während der Jahre 1894-1905. | |||||||||||||||||
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Jahr | Produktion in Tonnen | Betriebskraft | Mahlapparate | ||||||||||||||
Portland Zement | Römischer Zement | Hydraulischer Kalk | Gips | Schlackenzement (Puzzuolane) | Total | Wasser | Dampf | Elektrizität | Total | Zahl der Arbeiter | Zahl der Öfen | Gänge | Kugelmühlen | Kollergänge | Uebrige | Total | |
: | t = 1000 kg | t = 1000 kg | t = 1000 kg | t = 1000 kg | t = 1000 kg | t = 1000 kg | HP | HP | HP | HP | |||||||
1905: | 213469 | 29625 | 191067 | 84685 | 10700 | 529546 | 5473 | 2780 | 2873 | 11126 | 3280 | 260 | 117 | 74 | 46 | 139 | 376 |
1904 | 188425 | 12710 | 190908 | 65571 | 8900 | 466514 | 4836 | 2721 | 1884 | 9441 | 3075 | 267 | 112 | 72 | 58 | 119 | 361 |
1903 | 181977 | 8660 | 162323 | 65306 | 5900 | 424166 | 4485 | 2621 | 1529 | 8635 | 2759 | 239 | 127 | 63 | 63 | 129 | 382 |
1902 | 175065 | 17190 | 201174 | 49807 | 16700 | 459936 | 5282 | 2670 | 1312 | 9264 | 2875 | 264 | 118 | 66 | 67 | 134 | 385 |
1901 | 156135 | 16514 | 187016 | 45737 | 15400 | 421052 | 5776 | 2525 | 619 | 8920 | 2671 | 276 | 130 | 74 | 69 | 18 | 292 |
1900 | 203663 | 17497 | 283320 | 51240 | 16200 | 571920 | 5526 | 2558 | 869 | 8953 | 3034 | 310 | 146 | 63 | 74 | 16 | 299 |
1899 | 211183 | 19654 | 215126 | 59852 | 18200 | 524015 | 5563 | 2420 | 653 | 8636 | 3341 | 304 | 146 | 71 | 88 | - | 305 |
1898 | 157447 | 11596 | 205035 | 57209 | 900 | 432187 | 4928 | 2180 | - | 7108 | 3132 | 277 | 144 | 50 | 79 | - | 273 |
1897 | 148477 | 11375 | 196184 | 55792 | 900 | 412728 | 4903 | 1785 | - | 6688 | 2923 | 271 | 139 | 45 | 81 | - | 265 |
1896 | 132730 | 15320 | 208528 | 51507 | 9000 | 417085 | 4936 | 1059 | - | 5995 | 2647 | 277 | 133 | 31 | 105 | - | 269 |
1895 | 113205 | 9965 | 165180 | 46431 | 14500 | 349281 | 4178 | 921 | - | 5099 | 2308 | 247 | 143 | 21 | 80 | - | 244 |
1894 | 97117 | 13084 | 147011 | 26269 | 11092 | 294573 | 3671 | 659 | - | 4330 | 2064 | 231 | 132 | 16 | 78 | - | 226 |
Im nördlichen Jura ist es der Keuper, der Lager von gewöhnlich ziemlich unreinem Gips enthält, während der Gips im östlichen Jura reiner erscheint. Der unreinen Qualität des Materiales wegen sind die Gipsgruben in Cornol aufgegeben worden. Ziemlich lebhaft betriebene Gipsgruben finden sich heute an 38 Stellen der Kantone Aargau, Basel und Solothurn, so besonders bei Muttenz, Bretzwil, an der Schambelen, bei Günsberg, Rietheim, am Balmberg etc. Der nämliche Horizont enthält auch die Gipslager bei Schleitheim und Beggingen im Kanton Schaffhausen.
Ferner findet sich Gips eingelagert in den Salztonschichten der Mitte des Muschelkalkes. Doch wird er hier nur selten abgebaut, so z. B. bei Läufelfingen, bei Oberdorf über Hölstein und bei der Habsburg.
Weit wichtiger sind die Gipslager in den Alpen, wo ganze Berge aus Gips bestehen. So namentlich in der Nähe von Bex, wo sich die Gipsgruben von Villy und Ollon, sowie diejenigen von Villeneuve befinden. Weiter aufwärts im Rhonethal werden die Lager von Charrat, Granges, Finges (Pfin), Gamsen und in der Umgebung von Brig abgebaut. In den Berner Alpen bildet das Gipsgebiet am Thunersee (Krattigen und Leissigen) ein Gegenstück zu Bex und finden sich Gipslager ferner bei Oei im Simmenthal, bei Zweisimmen, in der Nähe der Lenk etc. Alle diese Vorkommnisse gehören der mittlern Trias an. Im Tessin wird der Gips bloss bei Meride etwas lebhafter abgebaut.
Im Jura verwendet man den unreinen Gips vorzüglich als Düngemittel, während die reinsten Stücke zu architektonischen Zwecken dienen. Obwohl verschiedene alpine Gipse (besonders diejenigen von Granges, Finges und Gamsen) von bemerkenswert reinweisser Farbe sind, wird doch bei uns Gips kaum zu Kunstarbeiten gewonnen. Das Hauptprodukt ist Gips zu architektonischen Zwecken, sowie Estrichgips, der weit härter wird als der gewöhnliche Gips und auch den atmosphärischen Einflüssen gut widersteht (sog. Finget).
Bibliographie:
Kenngott, A. Die Minerale der Schweiz. Leipzig 1866. - Die Baummaterialien der Schweiz an der Landesausstellung 1883; bearb. und hrsg. von U. Meister, Fr. Locher, A. Koch und L. Tetmayer. 4. Aufl. Zürich 1884. - Grubenmann, U. Einteilung, Benennung und Beurteilung der natürlichen Bausteine (in den Mitteilungen der schweiz. Materialprüfungsanstalt. I). Zürich 1898. - Notice sur les exploitations minérales de la Suisse; publ. sous les ausp. du Comité du groupe 27 de l'Expos. nat. suisse. Genève 1896. - Weber, J., und A. Brosi. Karte der Fundorte von Rohprodukten in der Schweiz, 1:500000. Zürich 1883 (mit Text von H. Streng in der Zeitschr. f. schweiz. Statistik. 1884). - Jaccard, A., und A. Heim. Uebersichtskarte der Fundorte von Rohmaterialien für die Kalk-, Zement- und Gipsfabrikation der Schweiz, 1:500000. Zürich 1894. - Letsch, E. Die schweizer. Molassekohlen östl. der Reuss. (Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz; geotechn. Serie. 1). Bern 1899. - Kissling, E. Molassekohlen westlich der Reuss. (Beitr. zur, geolog. Karte der Schweiz; geotechn. Serie. 2). Bern 1903. - Jahrbuch für schweiz. Statistik. - Berichte d. eidg. Fabrikinspektoren.
C. Mineral- und Thermalquellen.
a) Allgemeine Betrachtungen.
Die Quellen stehen sowohl hinsichtlich ihrer Temperatur als auch ihres Gehaltes an gelöster Mineralsubstanz in Beziehung zu den von ihnen durchsetzten Felsarten. In Wirklichkeit sind alle Quellwässer als Mineralwässer zu bezeichnen, indem es tatsächlich keine einzige Quelle gibt, die chemisch reines Wasser führt oder, mit andern Worten, auf ihrem unterirdischen Weg, sei er noch so kurz, nicht eine gewisse Menge von Mineralsubstanz gelöst hätte.
Als «Mineralwässer» bezeichnet man im Allgemeinen bloss diejenigen Wässer, die wegen ihres zu starken Mineralgehaltes nicht mehr als Trinkwasser verwendet werden können. Es ist aber diese Unterscheidung eine rein künstliche und konventionelle, indem es, wie wir noch zeigen werden, sogar sehr schwierig hält, zwischen dem sog. Trinkwasser und dem Mineralwasser eine ¶