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Verwaltung war die dem Bundesrat weiter zukommende Aufgabe, die Ablösung der bisher erhobenen Zölle und andern Verkehrsabgaben, soweit deren fernerer Bezug nicht ausdrücklich gestattet worden war, durchzuführen. Es bedurfte hiezu äusserst mühevoller Verhandlungen, die aber zu einem befriedigenden Resultat führten, indem die für den Loskauf veranschlagte Summe von Fr. 1700000 alter Währung nicht überschritten wurde. Immerhin war diese auf unbestimmte Zeit jährlich sich wiederholende Ausgabe für das junge Staatswesen keine geringe Last, die aber im Hinblick darauf, dass der Warenverkehr im ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft der Hauptsache nach von innern Abgaben befreit war, 1) gerne hingenommen wurde. [1) 18 Kantone behielten die Berechtigung zum Bezug von Konsumgebühren auf Wein und geistigen Getränken. Nebstdem blieben einige Brückengelder etc. fortbestehen.]
Die bescheidenen Ansätze des gleichzeitig mit dem Zollgesetz in Kraft getretenen Zolltarifs hatten den Charakter von Finanzzöllen, bei deren Festsetzung lediglich die Absicht zu Grunde lag, ein Erträgnis zu erhalten, das hinreichte, um die Entschädigung an die Kantone, die Bezugskosten und einen Teil der Bundesauslagen zu decken. Die Roheinnahmen des ersten vollen Bezugsjahres 1850 betrugen etwa 4 Mill. Fr., wovon nach Abzug der Bezugskosten von etwa 554000 Fr. rund 3460000 Fr. an die Staatskasse abgeliefert werden konnten.
Infolge der Einführung des neuen Münzsystems musste der dem ersten Zollgesetz beigefügte Zolltarif schon 1851 revidiert werden, wobei auch der Gesetzestext einige Aenderungen erlitt, ohne dass jedoch die geschaffenen organisatorischen Grundlagen dadurch berührt wurden. Der Zolltarif von 1851 blieb bis zum Jahr 1884 in Geltung, hatte aber durch zahlreiche spätere Erlasse, sowie infolge der durch Handelsverträge herbeigeführten Aenderungen schliesslich ganz andere Gestalt erhalten.
Die neuen Aufgaben, welche mit Inkrafttreten der Bundesverfassung von 1874 an den Bund herantraten, brachten, obwohl der Ertrag der Zölle ganz der Bundeskasse zugewiesen war, die unabweisliche Notwendigkeit mit sich, dem Bund grössere Einnahmen zu verschaffen, zu welchem Zweck eine Erhöhung der Zollansätze, die bis dahin von kaum nennenswertem Belang waren, in Aussicht genommen wurde. Das neue Tarifgesetz konnte indes erst auf in Kraft treten.
Bei dieser Tarifrevision waren zum erstenmal bescheidene schutzzöllnerische Tendenzen zum Vorschein gekommen, veranlasst dadurch, dass die auswärtige Produktion in der Schweiz mit ihren niedrigen Zöllen bisher ein willkommenes Absatzgebiet gefunden hatte und der einheimischen Industrie und dem Gewerbe eine ruinöse Konkurrenz bereitete, die umso stärker empfunden wurde, als der Export durch die hohen Zollschranken des Auslandes erschwert oder geradezu verunmöglicht war. Der schutzzöllnerischen Strömung, die immer weitere Kreise ergriff, schloss sich bald auch die Landwirtschaft an, und es begann ein Kampf der einzelnen Interessen, der zu einer neuen Tarifrevision führte und im Jahr 1887 in einem Nachtrag zum Tarifgesetz von 1884 zum vorläufigen Stillstand gelangte.
Seither ist das Tarifgesetz zweimal, im Jahr 1891 und 1902, das letztemal einzig unter dem Gesichtspunkte des bessern Schutzes der einheimischen Produktion und im Hinblick auf die auch im Ausland stattgehabten Zollerhöhungen, abgeändert worden. Ob dieser Wettlauf des Protektionismus im In- und Ausland, dem glücklicherweise durch die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung internationaler Handelsbeziehungen und infolgedessen durch das Bedürfnis vertraglicher Regelung der gegenseitigen Zollansätze eine gewisse Grenze gesteckt ist, nun an seinem Ziele angelangt sei, darf einigermassen bezweifelt werden. Und dies schon deshalb, weil bei den immer umfangreicher werdenden staatlichen Aufgaben auch die finanziellen Hilfsmittel stärker herangezogen werden müssen, wobei die Besteuerung des Importes als leicht fliessende und ergibige Quelle immer sich des Vorzuges besonderer Beachtung erfreuen wird.
Die Organisation der Zollverwaltung, die in ihrer gegenwärtigen Form auf dem Bundesgesetz über das Zollwesen vom beruht, hat sich in den sechs ¶
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Dezennien ihres Bestehens im äussern Rahmen wenig verändert. Die oberste vollziehende Behörde für das Zollwesen ist der Bundesrat, welcher in letzter Instanz auch Anstände betreffend die Anwendung der Zollvorschriften und namentlich des Zolltarifes entscheidet, ohne dass hierbei richterliche Intervention angerufen werden kann. Dem Zolldepartement liegt die unmittelbare Oberaufsicht, namentlich die Vorberatung das Zollwesen betreffender gesetzgeberischer Erlasse und die Mitwirkung beim Abschluss von Handelsverträgen ob; es trifft prinzipielle Entscheidungen in Verwaltungsangelegenheiten u. s. w. und ist Rekursinstanz bei Reklamationen aller Art in Zollangelegenheiten.
Die Oberzolldirektion ist die direkt leitende Behörde, welche die erforderlichen dienstlichen Instruktionen über den Vollzug der Gesetze und Verordnungen, die Tarife, Handelsverträge, Warenstatistik u. s. w. erlässt und für richtige Vollziehung sorgt. Ihr sind drei Abteilungen angegliedert: die Verwaltungsabteilung, welche sich mit dem gesamten Verwaltungswesen, dem Personellen u. s. w. zu befassen hat, das Inspektorat, welchem das Tarif- und das Rechnungswesen zugewiesen ist, und die statistische Abteilung, welche die Zusammenstellung der von den Zollämtern anzufertigenden statistischen Anschreibungen über den Warenverkehr besorgt und die daherigen Ergebnisse in periodisch erscheinenden Quartaltabellen, sowie in einem Jahresband publiziert.
Das ganze schweizerische Zollgebiet ist in sechs Direktionsbezirke eingeteilt, mit je einer Zolldirektion an den Amtssitzen Basel, Schaffhausen, Chur, Lugano, Lausanne und Genf, welchen die Leitung des Zolldienstes in ihren Zollgebieten zukommt.
Als Vollziehungsorgane bestehen an den wichtigsten Eingangspunkten, namentlich an den Grenzstationen der Eisenbahnen, Hauptzollämter mit Kompetenz zur Abfertigung aller Verkehrsarten, denen je nach der örtlichen Lage Nebenzollämter mit weniger ausgedehnten Befugnissen unterstellt sind. Diesen hinwieder sind die Zollbezugsposten untergeordnet, deren Befugnisse auf die Ein- und Ausfuhrabfertigung beschränkt sind. Ausser den Zollämtern an der Grenze befinden sich interne Zollämter in Zürich, Bern, Luzern, St. Gallen, La Chaux de Fonds, Aarau (Niederlagshaus), ferner Spezialniederlagen in Lenzburg und Goldau (vergl. die beigegebene Karte).
Auf Ende 1906 bestanden 60 Hauptzollämter, 218 Nebenzollämter und 53 Zollbezugsposten, welche ein Personal von 595 Beamten und 390 Angestellten erforderten. Einzelne der wichtigsten Zollämter in Basel, Genf, Romanshorn etc. beschäftigen einzig je etwa 30 Beamte neben einer fast gleichen Zahl von Angestellten.
Neben den Einrichtungen für den Zollbezug hat die Verwaltung auch für den Zollschutz, d. h. für Organe zur Sicherung der gehörigen Zollentrichtung, sowie zur polizeilichen Unterstützung des Zolldienstes zu sorgen. An Stelle kantonaler Polizeimannschaft, welche früher zu diesem Dienste beigezogen wurde, ist nun längs der ganzen schweizerischen Grenze ein militärisch organisiertes, uniformiertes und bewaffnetes eidgenössisches Grenzwachtkorps aufgestellt, das auf Ende 1906 einen Bestand von 11 Offizieren und 943 Unteroffizieren und Grenzwächtern hatte.
Mit Einschluss des Personals der Oberzolldirektion und der Zollgebietsdirektionen zählte die Zollverwaltung auf Ende 1906 757 Beamte und 1364 Angestellte, einschliesslich der Grenzwächter; sie hatte also einen Personalbestand von insgesamt über 2100 Mann.
Die Gesamtzolleinnahmen haben im Jahr 1906 Franken 62,1 Millionen betragen, wovon 61,2 Mill. auf die Einfuhrzölle, der Rest auf Ausfuhrzölle, statistische Gebühren und verschiedene andere Einnahmen entfallen. Ausserdem sind 0,52 Millionen als Monopolgebühren auf alkoholhaltigen Produkten zuhanden der eidg. Alkoholverwaltung und 0,26 Mill. an tierärztlichen Untersuchungsgebühren für Rechnung des eidg. Viehseuchenfonds erhoben worden. Von den Zolleinnahmen entfallen auf das Zollamt Basel (S. B. B., G. G.) fast 9 Millionen, auf die Zollämter Genf (gare, P. V.) und Romanshorn je rund 6 Millionen; über 2 Millionen hatten ferner die Zollämter Basel (Badische Bahn), Buchs Bahnhof, Pruntrut und Chiasso (P. V.), und bei weitern 10 Zollämtern betrugen sie über 1 Million.
Auf die einzelnen Zollgebiete verteilen sich die Einnahmen wie folgt:
Zollgebiet Einnahmen | rund Mill. Fr. |
---|---|
1. Basel | 22.3 |
2. Schaffhausen | 14.6 |
3. Chur | 7.0 |
4. Lugano | 4.5 |
5. Lausanne | 4.3 |
6. Genf | 8.7 |
Diese Zahlen lassen annähernd auf die Bedeutung des zollpflichtigen Verkehrs über die betreffenden Grenzstrecken schliessen, während sie nicht ohne weiteres als massgebende Faktoren für die Beurteilung des allgemeinen Verkehrs dienen können, da hiebei auch die zollfreien Verkehrsarten, wie Freipass- und Transitverkehr, ferner der zollfreie Grenzverkehr zu berücksichtigen wären, welche für gewisse Grenzstrecken bezw. Zollgebiete von besonderer Bedeutung sind.
Der Gesamtwarenverkehr 1) [1) Die statistischen Resultate über den gesamten Warenverkehr der Schweiz mit dem Ausland sind aus dem vom Zolldepartement publizierten Jahresband der Handelsstatistik zu ersehen, welcher jedes Jahr im Laufe des Sommers erscheint.] der Schweiz mit dem Ausland pro 1906 ist auf 1418,6 Mill. Fr. in der Einfuhr und auf 1074,9 Mill. Fr. in der Ausfuhr bewertet (im Jahr 1905 betrugen die entsprechenden Werte 1379 Mill. Fr. in der Einfuhr und 969 Mill. Fr. in der Ausfuhr); davon fallen auf den Verkehr mit den Nachbarländern folgende Warenwerte: Es hat
geliefert für Mill. | bezogen für Mill. | |
---|---|---|
Deutschland | 440 | 232 |
Frankreich | 274 | 119 |
Italien | 177 | 57 |
Oesterreich-Ungarn | 91 | 54 |
Die Ausgaben der Zollverwaltung haben im Jahre 1906 6,2 Mill. Fr. betragen, wovon zirka 3,1 Mill. auf Besoldungen, 0,6 Mill. auf Bureaukosten, 0,22 Mill. auf Dienstkleidungen etc., 1,8 Mill. auf die Kosten ¶