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obliegen. Die eidgenössische Militärverwaltung umfasst ferner noch das Oberkriegskommissariat, die Verwaltung der Befestigungen, die Militärversicherung gegen Krankheit und Unfall, die Militärjustiz, die eidgenössische Landestopographie.
Die schweizerische Armee ist eine Milizarmee, in der jeder tauglich befundene Bürger zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet ist, während die übrigen Bürger eine Ersatzsteuer bezahlen (Gesetz vom Die Anzahl der Dienstfreien ist übrigens grösser als diejenige der Eingeteilten.
5. Finanz- und Zolldepartement.
Der Bund erhebt keinerlei direkte Steuern, mit Ausnahme der Militärsteuer, deren Bruttoertrag zur Hälfte zwischen dem Bund und den sie einziehenden Kantonen geteilt wird. Die Haupteinnahmequellen des Bundes sind die Zölle, die im Jahr 1905 einen Bruttoertrag von 63545715 Fr. ergehen haben. Der Ertrag des beweglichen Vermögens belief sich im selben Jahr auf 1½ Millionen Franken, der Bruttoertrag der Postverwaltung auf 44½ Millionen Fr. (Nettoertrag 4½ Mill. Fr.), der Bruttoertrag der Telegraphenverwaltung auf 11 Mill. Fr. ohne jeglichen Gewinn noch Verlust, die Hälfte der Militärpflichtersatzsteuer auf 2144000 Fr. Die gesamte Staatsrechnung schloss bei rund 116½ Millionen Fr. Ausgaben und 129 Millionen Einnahmen mit einem Einnahmenüberschuss von 12½ Mill. ab. Die Alkoholverwaltung und die Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen führen besondere Rechnung. Der Reinertrag der Alkoholverwaltung wird unter die Kantone verteilt (1905: 6785000 Fr.).
Ein eigentlicher Rechnungshof existiert in der Schweiz nicht. Die Kontrole der rechnungsführenden Beamten besorgt das Bureau der eidgenössischen Finanzkontrole; diejenige der anweisenden Beamten, d. h. der Departementsvorsteher, steht den Räten zu, die aus ihrem Schosse eine besondere Rechnungsprüfungskommission bestellen.
Die Gesetzgebung betr. das Münzwesen, sowie die Prägung der Münzen ist Sache des Bundes. Die Schweiz gehört mit Frankreich, Belgien, Italien und Griechenland der lateinischen Münzunion an.
6. Das Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement
befasst sich mit der Vorbereitung der Handelsverträge, mit der Aufsicht über den Vollzug der eidgenössischen Gesetze über die Gewerbepolizei (inkl. derjenigen betr. die Viehseuchen) durch die Kantone, sowie mit der Verteilung der Subventionen zur Hebung von Handel, Industrie und Landwirtschaft.
7. Das Post- und Eisenbahndepartement
umfasst die Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung, sowie die Aufsicht über die konzessionierten Bahnen und über die schweizerischen Bundesbahnen.
9. Rechtspflege.
a. Zivilrecht. Das Bundesgericht ist kompetent zur Behandlung von Beschwerden gegen Urteile von kantonalen Gerichten wegen unrichtiger Anwendung des Gesetzes, sofern der Wert des Streitobjektes 2000 Fr. erreicht. Nur ausnahmsweise prüft das Bundesgericht die Tatfrage. Eine weitere Aufgabe besteht ferner in der Bestimmung der Entschädigungssumme bei Prozessen betr. eidgenössische Expropriationen.
b. Strafrecht. Die eidgenössischen Assisen sitzen zu Gericht über Fälle von Hochverrat gegenüber der Eidgenossenschaft, von Vergehen gegen das Völkerrecht, von gewissen politischen Verbrechen, sowie von Amtsvergehen eidgenössischer Beamter. Das Bundesstrafgericht beurteilt die übrigen im eidgenössischen Strafgesetzbuche und in einigen Spezialgesetzen vorgesehenen Delikte, sowie die Uebertretungen der Fiskalgesetze des Bundes, sofern ihm der Bundesrat die Beurteilung zugewiesen hat. In allen übrigen Fällen, wie namentlich in der Anwendung der in den eidgenössischen Polizeigesetzen vorgesehenen zahlreichen Strafen sind die kantonalen Gerichte ausschliesslich kompetent unter Vorbehalt der Kassationsbeschwerde an das Bundesgericht.
c. Verwaltungsrecht. Wenn eine eidgenössische Verwaltungsbehörde das Gesetz oder die Verfassung verletzt, steht einzig der hierarchische Rekurs an die nächsthöhere Verwaltungsinstanz, ausnahmsweise auch an die Bundesversammlung offen. Eigentliche Verwaltungsgerichte bestehen nicht, ausgenommen für einige ganz spezielle Zweige (z. B. Rekrutierung, Militärpensionen, Flurschaden u. a. m.).
Wenn eine kantonale Behörde irgendwelcher Instanz ein durch die Bundesverfassung oder eine kantonale Verfassung gewährleistetes Individualrecht verletzt, kann Rekurs in der Regel an das Bundesgericht, ausnahmsweise an den Bundesrat und in zweiter Instanz an die Bundesversammlung ergriffen werden. Die hauptsächlichsten Individualrechte, die durch die Bundesverfassung garantiert werden, sind: Gleichheit vor dem Gesetz (inkl. Verbot der Willkür), Unentgeltlichkeit und konfessionelle Neutralität der Volksschule, Handels- und Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit und Rechtsgleichheit der niedergelassenen Schweizer, Verbot der Doppelbesteuerung durch zwei Kantone;
Freiheit des Gewissens, Glaubens und Kultus, das Recht zur Ehe, Pressfreiheit, Vereins- und Petitionsrecht, Gewährleistung des Gerichtsstandes des Wohnsitzes, Vollstreckung der zivilrechtlichen Urteile eines Kantones in dem andern.
Endlich kann auch jede Verletzung eines eidgenössischen Verwaltungsgesetzes durch eine mit seinem Vollzug betraute kantonale Behörde Gegenstand eines Rekurses an den Bundesrat und sogar an die Bundesversammlung sein.
10. Revision der Bundesverfassung.
Eine Totalrevision kann beschlossen werden: entweder durch die Bundesversammlung auf Antrag eines Vorschlagsberechtigten oder durch das Volk;
zur Volksabstimmung kommt die Frage, sobald mindestens 50000 Bürger die Totalrevision verlangen, oder wenn die beiden eidgenössischen Räte sich über die Frage nicht einigen können.
Die Revisionsarbeit wird immer durch die Bundesversammlung vorgenommen und das von ihr ausgearbeitete Projekt dem Volk und den Ständen zur Abstimmung unterbreitet. Als Standesvotum gilt das Resultat der Volksabstimmung im Kanton. Der Entwurf ist angenommen, wenn sich die absolute Majorität der stimmenden Bürger und die Mehrheit der Stände dafür ausgesprochen haben.
Die Partialrevision kann der Bundesversammlung von jeder Person beantragt werden, die das Vorschlagsrecht hat. Gelangen die eidgenössischen Räte zur Annahme eines revidierten Textes, so wird dieser dem Volk und den Ständen zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt. Ferner können auch 50000 Bürger eine Teilrevision begehren. Schlagen sie einen ausgearbeiteten Entwurf vor, so muss dieser der Abstimmung durch Volk und Stände unterbreitet werden, wobei es der Bundesversammlung freisteht, ihn zur Verwerfung zu empfehlen oder ihm einen Gegenentwurf entgegenzustellen. Verlangen die 50000 Initianten von der Bundesversammlung die Ausarbeitung, so ist diese dazu verpflichtet. Ist sie mit der geforderten Revision nicht einverstanden oder können sich die beiden Räte nicht einigen, so wird das Volk über die vorgeschlagene Revision angefragt. Erfolgt dagegen die Annahme eines revidierten Textes, so wird dieser dem Volk und den Ständen zur Abstimmung unterbreitet.
11. Völkerrechtliche Stellung der Schweiz.
Die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der schweizerischen Eidgenossenschaft ist im westfälischen Frieden von 1648 in aller Form anerkannt worden und neuerdings durch die Wiener Verträge von 1815, die ihr - von einigen nachträglichen Aenderungen abgesehen - auch ihren heutigen Gebietsumfang gaben. Die permanente Neutralität der Schweiz ist ausdrücklich anerkannt und ausgesprochen worden in der Erklärung vom die auch die Neutralität Savoyens und das Okkupationsrecht der Schweiz auf dieses Gebiet anerkennt.
Abgesehen von zahlreichen mit andern Staaten abgeschlossenen Verträgen spezieller Natur, wie Niederlassungs- und Konsularverträgen (durch die ein Land den niedergelassenen Angehörigen des andern gleiche Behandlung wie den eigenen Bürgern zusichert), Handels- und Auslieferungsverträgen etc., hat sich die Schweiz auch an einer ganzen Reihe von zwischen mehreren Staaten zugleich getroffenen internationalen Verträgen beteiligt und sogar oft selbst die Initiative zu solchen internationalen Verständigungen ergriffen. Die Schweiz hat die Pariser Erklärung von 1856 betreffend neutrales Gut zur See und Abschaffung der Kaperei mit unterschrieben sie hat die Initiative ergriffen zum Abschluss der ¶
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Genfer-Konvention (oder der Konvention vom roten Kreuz) vom die im Kriegsfall das Sanitätspersonal als neutral erklärt und sowohl den eigenen als den feindlichen Verwundeten eine menschenwürdige Behandlung zusichert. Sie hat sich ferner den Haager Abkommen von 1899 angeschlossen, deren eines die Bestimmungen der Genfer Konvention auch auf den Krieg zur See ausdehnt, während ein anderes die Verwendung von mit giftigen Gasen angefüllten Geschossen verbietet und ein drittes ein fakultatives internationales Schiedsgericht, sowie eine internationale Untersuchungskommission einsetzt. Einer vierten Uebereinkunft, die die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges regelt, ist die Schweiz dagegen bis jetzt noch nicht beigetreten.
Auf rein administrativem Gebiet sind als wichtigste folgende Verträge zu erwähnen: Die Schweiz bildet ein Glied der 1865 in Paris von 20 Staaten unterzeichneten internationalen Telegraphenunion und hat einen hervorragenden Anteil genommen am Abschluss des im Oktober 1874 in Bern gegründeten Weltpostvereins, der heute fast alle zivilisierten Länder der Erde umschliesst. Zwei schweizerische Juristen ergriffen die Initiative zum Abschluss einer den internationalen Eisenbahnfrachtverkehr regelnden Konvention, die im Oktober 1890 in Bern geschlossen wurde.
Die Idee einer internationalen Uebereinkunft zum Schutze des literarischen und künstlerischen Eigentums, die dann als sog. Berner Uebereinkunft im September 1886 in Bern von 10 Staaten unterzeichnet worden ist, stammt ebenfalls aus der Schweiz. Die Schweiz ist auch der 1883 in Paris abgeschlossenen internationalen Uebereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums beigetreten. Folgende Bureaux haben ihren Sitz in der Bundesstadt Bern: Internationales Bureau des Weltpostvereins, internationales Bureau der Telegraphen-Verwaltungen, internationale Bureaux für gewerbliches, literarisches und künstlerisches Eigentum, Zentralamt für internationalen Eisenbahntransport.
Dass die Schweiz der lateinischen Münzunion angehört, ist bereits bemerkt worden. Sie hat ferner noch die Meterunion (Paris 1875), diejenige für Erdmessung (Berlin 1886), zur Bekämpfung der Cholera und anderer Epidemien (Dresden 1893), zur Bekämpfung der Reblaus, sowie eine Reihe von andern Konventionen unterschrieben.
Zur Erleichterung und Vereinfachung der Zivilrechtspflege in internationalen Streitfällen haben mehrere Staaten im Jahr 1896 im Haag eine Konvention betr. gegenseitige Uebermittlung von Ersuchungsschreiben, die cautio judicatum solvi und das Armenrecht (gleiche Behandlung der Ausländer wie der eigenen Bürger), sowie 1902 drei Uebereinkommen unterzeichnet, die folgende Titel tragen: a. Uebereinkunft zur Regelung des Geltungsbereiches der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschliessung; b. Uebereinkunft zur Regelung des Geltungsbereiches der Gesetze und der Gerichtsbarkeit auf dem Gebiete der Ehescheidung und der Trennung von Tisch und Bett; c. Uebereinkunft zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige.
Das sog. Asylrecht, von dem so häufig gesprochen wird, bildet keine der Schweiz eigentümliche Einrichtung. Es ist vielmehr das Recht der Schweiz gegenüber andern Staaten, deren Angehörigen bei sich Zuflucht zu bieten, mit der Verpflichtung, keine Angriffe auf fremde Staaten zu dulden. Gerade weil die Schweiz mit der Aufnahme von Flüchtlingen diese Verpflichtung internationaler Polizei übernimmt, kann sie ihnen ein Recht auf Asyl nicht anerkennen. Sie bietet den Flüchtlingen bloss aus Wohlwollen eine weitgehende Gastfreundschalt.
[Uebersetzung nach dem französischen Original von Prof. Dr. W. Burckhardt.]
B. EIDGENŒSSISCHE DEPARTEMENTE.
1. Politisches Departement.
Mit der Organisation des ersten schweizerischen Bundesrates im Jahr 1849 wurden die diesem zur Vorberatung und zur administrativen ¶