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Dehnung vor r- Verbindung statt, in einigen Mundarten (im NO., O. und SW.) auch vor l- Verbindung, nur auf einem kleinen Gebiet im NO. vor n, m + Konsonant. Die Dehnung ist in der Regel ohne Einfluss auf die Qualität des Vokals. Kürzungen begegnen allerorten, teils durch Zweisilbigkeit, teils durch die folgende Konsonanz bewirkt. Weiter verbreitet ist Kürzung von ī ū ǖ vor (Verschluss-)Fortis (zịt = Zeit). –
b. Auch in Bezug auf die Qualität der Vokale ist unsre Mundart wohl von allen hochdeutschen Mundarten den altdeutschen Verhältnissen am nächsten geblieben. Vor allem spielen spontane Diphthongierungen der alten Längen nur eine sekundäre Rolle; nicht nur ī ū ǖ, von denen früher schon die Rede war, sondern auch ā ē ō sind überwiegend als einfache Längen erhalten, z. T. allerdings mit mehr oder weniger veränderter Klangfarbe. Auch die alten Diphthonge haben ihren diphthongischen Charakter grösstenteils bewahrt.
Altes ei ou erscheint auf dem Hauptgebiet als äi ai bezw. äu au åu, nach West-Südwesten zu (auf dem sog. burgundisch-alemannischen Gebiet) als ei ẹi ệ ī bez. ō ou ọu ộ ự, nach Nordosten zu als ā ẫ ō ōə bezw. ọu ộ (ộ). Geblieben sind auf dem grössern Teil des Gebietes die gerundeten Vokale ö ü öu, deren Besitzstand durch zahlreiche, auf konsonantischem Einfluss beruhende Labialisierungen von e i ei (z. B. frömd, šwöštər, wüssə, rünnə, höuššə = fremd, Schwester, wissen, rinnen, heischen) noch beträchtlich vermehrt ist.
Dem Südwesten (östl. Berner Oberland, Wallis und seine südl. Kolonien) eigentümlich ist spontane Entwicklung von ū zu ui ǖ, von uo uə zu üo io üə, von ou zu öu oü oi; ui ǖ hat auch Uri, ui Nidwalden, ai aus au Uri und Nidwalden, öu aus o Urseren. (Diese ü ö nehmen in Bildungsweise und Klang eine Mittelstellung ein zwischen u o und den ü ö, wie sie auf dem übrigen Gebiet gesprochen werden). Ueberall erscheint Palatalisierung von a zu ä bezw. ę durch šš; z. B. täššə = Tasche.
Sonst sind qualitative Kontaktwirkungen namentlich noch von Nasalen ausgegangen, deren Einfluss sich in der einen oder andern Weise fast allenthalben geltend macht. Nasalvokale finden sich auf zwei peripheren Gebieten im Nordosten und Südwesten. Auf beschränktem Gebiet ist Spaltung von u in u und ọ, von i in i und ẹ eingetreten; weiter verbreitet ist Spaltung von o in o und ọ. Im übrigen stehen sich altes i:ī und u:ū vorwiegend als į (ī): ī (ị) und ų(ự):ū(ụ) gegenüber;
auf einigen Gebieten hat sich i u spontan zu ẹ (ệ):ọ (ộ) gesenkt.
Von den e- Lauten (1. alter Umlaut von a; 2. germanisches e; 3. jüngerer Umlaut von a; 4. Umlaut von ā und 5. altes ē) sind 1-3 in Appenzell, im Toggenburg, St. Galler Rheinthal, obern Thurgau, teilweise auch in Glarus noch in ursprünglicher Weise (als ẹ ę ä, im Rheinthal ẹ ęə ę) geschieden, meist aber sind 2 und 3 in ä oder ę zusammengefallen. 4 stimmt gewöhnlich mit 3 qualitativ überein, geht aber oft auch seinen eigenen Weg und trifft in einzelnen Gegenden mit 5 zusammen, dessen Qualität in der Regel der von 1 entspricht.
Auszunehmen sind kombinatorische Störungen, namentlich durch Nasale. Im Westen und Süden ist u auch vor k kχ pf ts umgelautet. Dem ganzen Süden ist Vokalentwicklung zwischen stammauslautendem r+n, r+m eigen (horə, arə = Horn, Arm), mehr sporadisch tritt sie auch im übrigen Gebiet zwischen r (auch l) und andern Konsonanten (besonders χ) auf. Sog. Brechung von i u ü bezw. ī ū ǖ vor r und h(χ) kommt überall vor, doch in sehr verschiedenem Umfang: šmiərə, lieχt (= schmieren, leicht). Im Südwesten und Südosten haben sich nicht nur lange, sondern auch (mit Ausnahme von i) kurze ungedeckte Endsilbenvokale der Apokope entzogen, zum Teil sogar mit Erhaltung der althochdeutschen Qualität: tsuŋga (Zunge), taga (Tage), tago (Gen. Pl.), hano (Hahn), nimu (ich nehme). Auf dem Gesamtgebiet erscheint auslautendes ī und iu in Endsilben als i; z. B. güəti (ahd. guotī) = Güte; štukχi (ahd. stuckiu) = Stücke. –
2. Konsonanten. Von dem für unsre Mundart charakteristischen Stand der k- Verschiebung war bereits die Rede; wir haben also: χ ausser nach Vokalen auch im Anlaut und im Inlaut nach r und l (mit den früher genannten Ausnahmen), nach ŋ auf zwei getrennten Gebieten im Osten und Nordwesten k, auf dem Hauptgebiet kχ, im Südwesten und Südosten χ;
für kk die selbe Vertretung wie nach ŋ, nur dass die Stufe χ hier fehlt.
Alle diese Laute werden im hintersten Gaumengebiet artikuliert, daher das tiefe, krachende Geräusch des χ kχ, das dem Fremden als ein Hauptmerkmal des Schweizerdeutschen gilt. Doch wird im Süden das Geräusch merklich schwächer und nähert sich vielfach blossem Hauch (mahhə, strīhə = machen, streichen), die Artikulationsstelle rückt weiter nach vorn, und in gewissen Mundarten (im westlichen Berner Oberland, im Wallis und seinen Kolonien jenseits der Alpen, teilweise auch im Osten) erscheinen an Stelle der Velare in palataler Umgebung geradezu ausgesprochene Palatale: (Жint, Жälpši, Жẫs, riЖtə, lüЖji, milЖ; beќЖ, riќЖə; rîќ, briќji = Kind, Kälbchen, Käse, richten, Löchlein, Milch, Bäcker; rücken; Rücken, Brücklein).
Urdeutsches th und d haben sich im Inlaut im allgemeinen als d und t getrennt gehalten, im Anlaut ist auch th überwiegend zu t geworden: tekχə, tarf (aber dorf), tünn (= decken, darf, dünn) usw. Alte Geminaten sind häufig auch nach langem Vokal und Konsonanten bewahrt, besonders im Süden: grüətsə, roukχə, toupfə, gloupə, welpə, špreŋkə, šentə (= grüssen, rauchen, taufen, glauben, wölben, sprengen, schänden);
auch sonore Geminaten haben sich im Süden, teilweise aber auch im Nordosten nach langem Vokal in weitem Umfang gehalten;
z. B. in Brienz lērrän, teillän, troummän, meinnän (= lehren, teilen, träumen, meinen).
Ebenfalls in den südlichen Mundarten verbreitet ist ein Wechsel zwischen inlautender Lenis und auslautender Fortis bei Verschlusslauten: rat (Plural redər) = Rad; ouk (Pl. ougə) = Auge; loup = Laub (dazu loubə, Laub sammeln): doch treffen wir die selbe Erscheinung auch an der Westgrenze, z. T. auch bei Reibelauten: grāp, hūss (= Grab, Haus). Spezifisch südschweizerisch ist ferner 1) die teilweise Erhaltung des Unterschieds zwischen dem germanischen und dem durch die Lautverschiebung aus t entstandenen s- Laut, insofern der letztere durchweg als s erscheint, das ursprüngliche s aber sehr häufig in š übergegangen ist;
2) die weitgehende Erhaltung von w im In- und Auslaut: būwə, būw; färwə, farw (= bauen, Bau; färben, Farbe);
3) die teilweise Bewahrung des auslautenden n in Endsilben. Die Liquida l wird in einer mittlern von Ost nach West laufenden Zone in gewissen Stellungen stark u- haltig gesprochen und geht z. T. geradezu in u über (näbu, weuuə = Nebel, wollen). –
Auch auf morphologischem und syntaktischem Gebiet wären mannigfache Erscheinungen, teils Altertümlichkeiten, teils Neuerungen zu nennen, die unsrer Mundart eigentümlich sind. Ich weise beispielshalber hin auf das freilich nicht ganz durchgeführte Prinzip, den Plural des Substantivs entweder durch den Umlaut oder dann durch Mehrsilbigkeit vom Singular zu unterscheiden (hās:hasə oder hasə:häsə = Hase, Hasen), auf die Bewahrung des sog. Rückumlauts im zweiten Partizip der schwachen Verben 1. Klasse im Süden, z. T. noch mit lebendigem Wechsel zwischen der umgelauteten flexionslosen Form und den nicht umgelauteten flektierten Formen (kštellt, aber kštalltə = gestellt, gestellter), auf die Erhaltung uralter Bildungsverschiedenheiten beim schwachen Verb (ər štekχt də šlüssəl = er steckt den Schlüssel [ins Schlüsselloch], dagegen də šlüssəl štękχət = der Schlüssel steckt; əs χüəlt = es kühlt, gewährt Kühlung, aber əs χuələt = es wird kühl), auf die reiche Entfaltung der Diminution nach Form und Bedeutung, auf die im Süden verbreitete Flexion des prädikativen Adjektivs (dər šnē išt χaltə, t'stubən išt sūbəri, t's χind išt χlīs, t'χriəsî sind rīffi = der Schnee ist kalt, die Stube ist sauber, das Kind ist klein, die Kirschen sind reif), auf den den südlichsten Mundarten eigenen grössern Umfang des Genitivgebrauchs in adnominaler und adverbaler Funktion (vergl. z. B. aus Visperterminen im Wallis: des köiklerš hęn i räЖt miəssu laχχẹ = über den Gaukler, Spassmacher habe ich herzlich lachen müssen 1), [1) Ueber eine eigentümliche Entwicklung des partitiven Genitivs durch Verallgemeinerung der Form auf -s für Singular und Plural aller Geschlechter zur Bezeichnung einer ungefähren Quantität oder Qualität s. R. Brandstetter: Der Genitiv in der Luzerner Mundart in der Gegenwart und Vergangenheit (Zürich 1904).] auf das Fortleben des beweglichen perfektivierenden ge- bei Verben, besonders vor dem Infinitiv nach modalen Hilfsverben (z. B. er mag nüd klouffə = er
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bringt es nicht fertig, zu laufen, die Füsse tragen ihn nicht; dagegen ər mag nüd louffə = er hat keine Lust zu laufen), doch auch sonst;
z. B.: i kχumə nüd = ich vermag das Ziel nicht (rechtzeitig) zu erreichen;
dagegen i χumə nüd = ich komme nicht usw. - Ungleich zahlreicher und bedeutender aber sind die lexikalischen Besonderheiten;
sie sind es, auf denen neben den Lautverhältnissen die Eigenart des Schweizerdeutschen in erster Linie beruht.
Mag auch dem nivellierenden Zug der Neuzeit, von dem wir früher gesprochen haben, schon sehr Vieles und gerade vom Wertvollsten zum Opfer gefallen sein, mag sich auch, seitdem unsre alemannischen Nachbarn im Elsass und in Schwaben die Schatzkammern ihrer Volkssprache erschlossen, gar manches, was wir für schweizerischen Sonderbesitz zu halten geneigt waren, als alemannisches Gemeingut herausstellen: es bleibt uns auch so noch ein ansehnlicher Reichtum an Eigenem, sei es altes und ältestes Sprachgut, das sich bei uns allein lebendig erhielt, sei es Wortstoff, den wir zwar mit andern Mundarten teilen, der aber auf unserm Boden in Form oder Bedeutung eine eigenartige Entwicklung erfuhr. Es gibt im deutschen Sprachbereich zweifellos kein zweites Gebiet von gleichem Umfang, das sich in dieser Hinsicht mit dem unsrigen messen dürfte, freilich auch kein zweites, auf dem die Bedingungen für die Entfaltung sprachlicher Eigenart ebenso günstig lagen.
Denn Natur und Geschichte haben dafür gesorgt, dass unser Sprachleben sich nicht um einen oder wenige Mittelpunkte konzentrierte, sondern sich innerhalb einer grossen Zahl kleiner und kleinster Volkseinheiten abspielte, die, mannigfach verschieden nach Beschäftigung, Lebensweise, Einrichtungen. Bräuchen, Anschauungen und Anlagen, in ihrer sprachlichen Entwicklung mehr oder weniger eigne Wege gingen, wenn auch Zusammenhang und Verkehr mit der Aussenwelt in jedem Falle stark genug waren, um einschneidende sprachliche Spaltung zu verhindern. Dazu kommt, dass das Land infolge seiner Jahrhunderte alten politischen Selbständigkeit und Sonderentwicklung wie auch wegen seiner vorgeschobenen Lage an der Peripherie des Sprachgebietes ausgleichenden Einflüssen von der deutschen Nachbarschaft her wenig ausgesetzt war. Aus alledem erklärt sich die bunte Vielgestaltigkeit und der bodenständige Reichtum unsres Wortschatzes zur Genüge.
Es erübrigt noch, auf die innere Gliederung der Mundart einen Blick zu werfen. Die bunte Vielgestaltigkeit, von der eben die Rede war, besteht nicht nur auf lexikalischem, sondern aus den selben Gründen auch auf grammatischem, speziell lautlichem Gebiete, wofür bereits Beispiele gegeben worden sind. Auch dem Ohr des Volkes entgehen die mannigfachen Unterschiede nicht, die schon zwischen den Mundarten benachbarter Ortschaften bestehn; das beweist z. B. die Rolle, die das Sprachliche in den Ortsneckereien spielt.
Wir könnten noch weiter gehen und darauf hinweisen, dass auch die Sprechweise einer und der selben Ortschaft niemals ganz einheitlich ist, dass sogar innerhalb der selben Familie (z, B. zwischen ihren ältern und jüngern Gliedern) sehr oft sprachliche Verschiedenheiten zu beobachten sind. Denken wir uns die Grenze jeder einzelnen Spracherscheinung auf der Karte durch eine Linie angedeutet, so erhalten wir ein Gewirr von unzählig vielen Linien, die sich in der denkbar verschiedensten Weise zu einander verhalten, bald sich decken, schneiden oder umfassen, bald nach allen Richtungen auseinanderlaufen, bald in sich zurückkehren und geschlossene Gebiete von der mannigfaltigsten Form und Grösse bilden (oft hat die gleiche Erscheinung zwei und mehr Gebiete), bald sich jenseits der Landesgrenze verlieren.
Das Netz wird freilich nicht überall gleich dicht sein: wir sehen Gegenden, durch die verhältnismässig wenig Linien verlaufen, und dazwischen solche, wo sie sich häufen, unter Umständen zu förmlichen Strängen verbinden. Immerhin geht das nirgend so weit, dass der sprachliche Verkehr der Nachbarn irgendwie erschwert wäre; besteht doch selbst zwischen den entferntesten Punkten des schweizerdeutschen Gebietes keine so tiefe Kluft, dass sich nicht z. B. ein Landmann vom Bodensee oder aus Appenzell und einer aus dem Thal von Jaun oder aus dem Oberwallis in ihrer Mundart zur Not noch verständigen könnten.
Dass es ganze Gegenden mit relativ einheitlicher Sprache gibt, wurde eben angedeutet; aber auch auf grössern zusammenhängenden Gebieten herrscht oft im allgemeinen Charakter der Sprache und in Einzelerscheinungen eine mehr oder weniger weitgehende spezielle Uebereinstimmung. Bekannt und aus natürlichen Gründen leicht zu erklären ist der konservative Zug, der die Mundarten des Gebirges auszeichnet im Gegensatz zu den beweglichern Mundarten der Ebene. So haben sich dort eine grosse Zahl altertümlicher Wörter und Wortbedeutungen erhalten, die in der übrigen Schweiz, zum Teil auf deutschem Boden überhaupt (heute wenigstens) fehlen 1). [1) Für manche lässt sich direkt nachweisen, dass sie früher weiter über unser Gebiet verbreitet waren. In keinem Fall sind wir darauf angewiesen, burgundischen Ursprung zu Hilfe zu nehmen.
Das Wortverzeichnis von L. Tobler (Festschrift der Universität Zürich zur Zürcher Philologenversammlung 1887, S. 106 ff.) bedarf der Revision.] Auch Lautstand und Formenbildung tragen im Ganzen ein ursprünglicheres Gepräge. Besonders hervorzuheben ist der vollere und vielfarbigere Vokalismus der Nebensilben; auf einem Teil des Gebietes sind hier Verhältnisse bewahrt, welche die nördlichen Mundarten seit vielen Jahrhunderten aufgegeben haben. Dies hängt mit der weitern Altertümlichkeit zusammen, dass die Konzentration des Nachdrucksakzents auf die Tonsilbe dort nicht so weit fortgeschritten, der Stärkeabstand zwischen Stamm- und Nebensilben geringer ist als im Norden.
Eine Besonderheit des Gebirges ist ferner die kräftigere Sprechmodulation: das sog. `Singen` ist hier eine fast durchgängige Erscheinung, wenn auch nicht überall gleich stark ausgeprägt (und in neuerer Zeit merklich im Rückgang begriffen); in der Ebene erscheint es mehr nur als Eigentümlichkeit einzelner zerstreuter Orte, während sonst der Wechsel der Tonhöhe wenigstens bei affektlosem Sprechen sich in mässigen Grenzen bewegt. Weniger ergibig als ein Durchschnitt von Ost nach West ist ein solcher von Nord nach Süd, auch wenn man davon absieht, dass der Südosten aus bekannten Gründen mit dem Südwesten zusammengehört. Zu erwähnen wäre etwa, dass der Osten im allgemeinen kräftiger und straffer artikuliert als der Westen; dazu kommt ein wichtiger morphologischer Unterschied (s. u.). Wesentlich einheitlichere Züge gewinnt das Sprachbild des Westens erst, wenn wir den Nordwesten davon abtrennen und die Ostgrenze etwa vom südwestlichen Aargau zur Furka ziehen. Auf den besonders engen Zusammenhang zwischen dem Berner Oberland und Wallis wurde früher schon hingewiesen.
Eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Einteilung des Schweizerdeutschen steht noch aus und lässt sich auch bei dem dermaligen Stande der Forschung noch nicht geben. Die populäre Einteilung nach Kantonen leidet an dem grundsätzlichen Mangel, dass sie sprachliche und politische Grenzen gleichsetzt. Von der ungünstigsten Seite zeigt sich dieses Verfahren, wo es sich um so junge Gebilde handelt wie etwa beim Aargau oder bei St. Gallen, die sprachlich in ganz heterogene Bestandteile zerfallen.
Aber auch in Kantonen, deren Grenzen in die ältere Zeit zurückgehen, hat die Mundart nichts weniger als einheitlichen Charakter. Welche Unterschiede bestehen nicht z. B. zwischen der Luzerner Mundart im Entlebuch und im Gäu, der solothurnischen südlich und nördlich vom Jura, der thurgauischen im untern und obern Kantonsteil, von grössern und vielgestaltigem Kantonen wie Bern oder Graubünden ganz zu schweigen. Im Kanton Zürich geht der Norden und äusserste Osten sprachlich mit dem angrenzenden Schaffhausischen und Thurgauischen zusammen und steht in ausgeprägtem Gegensatz zum Hauptgebiet des Kantons, das sich selber wieder in mehrere deutlich unterschiedene Teilgebiete gliedert.
Selbst durch den kleinsten Kanton Zug laufen starke sprachliche Grenzen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine auf rein sprachlicher Grundlage fussende Gruppierung unsrer Mundarten ein von der politischen Gliederung völlig abweichendes Bild ergeben wird. Von gelehrten Einteilungen sei zuerst die beliebte Zweiteilung des Gesamtgebietes in ein östliches, ‚rein alemannisches' und ein westliches, ‚burgundisch-alemannisches` Gebiet erwähnt. Ich habe mich schon bei früherer Gelegenheit gegen die Annahme ausgesprochen,
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dass in der deutschen Bevölkerung des Westens Reste nicht romanisierter Burgunden aufgegangen seien; aber selbst wenn es damit seine Richtigkeit hätte, so müsste es dennoch als ein aussichtsloses Bemühen bezeichnet werden, in der heutigen Mundart jener Gegenden noch burgundische Einflüsse nachweisen zu wollen. In Wirklichkeit liegt dazu auch gar kein zwingender Anlass vor: unter den wenigen Erscheinungen, bei denen man etwa an solchen Einfluss denken könnte, ist keine, die sich nicht auch als Ergebnis rein alemannischer Sonderentwicklung verstehen lässt.
Uebrigens herrscht mit Bezug auf den Umfang des ‚burgundisch-alemannischen' Gebietes keine volle Einigkeit: die einen rechnen dazu ausser dem Wallis mit seinen Ablegern im Süden und Osten, Bern, Freiburg und dem südwestlichen Aargau auch Solothurn, die andern auch noch Luzern. Soll aber die Einteilung - abgesehen vom Namen - sprachlich einen Sinn haben, so könnte von Solothurn höchstens der südliche Teil und von Luzern der an Bern angrenzende Weststreifen in Betracht kommen; auch wäre das Gebiet längs der Sprachgrenze südlich bis gegen den Neuenburgersee auszunehmen, das gewöhnlich mit dem Nordwesten geht.
Eine Einteilung des ganzen Gebietes in sechs Hauptgruppen hat Ludwig Tobler vorgeschlagen (Kleine Schriften. S. 211 f.), und zwar: 1. in eine nordwestliche Gruppe, umfassend das Gebiet von Basel und der deutsch-bernischen Jurathäler nebst Biel, den nördlich vom Jura liegenden Teil von Solothurn und das aargauische Frickthal;
2. eine nordöstliche mit den Kantonen Zürich, Schaffhausen, Thurgau, dem grössten Teil von St. Gallen und dem Kanton Appenzell; 3. eine mittlere, zu der der grösste Teil der Kantone Aargau und Solothurn, das bernische Mittel- und Seeland nebst Freiburg-Murten, nach Osten das Luzerner Gäu, Zug, Schwyz und Glarus gehört;
4. eine südwestliche Gruppe, die das deutsche Freiburg (ohne den Bezirk Murten), das Berner Oberland und Wallis mit seinen Kolonien umfasst;
5. eine südöstliche mit dem st. gallischen Oberland und Graubünden; 6. das Entlebuch, Unterwalden und Uri, die eine Mittelstellung zwischen der 3. sind 4. Gruppe einnehmen, Tobler selbst nennt diese Gruppierung eine vorläufige und bezeichnet als leitende Gesichtspunkte neben sprachlichen Eigenschaften auch die geographische Beschaffenheit des Landes und Tatsachen der politischen Geschichte. In der Tat liesse sich vom rein sprachlichen Standpunkt das eine und andre einwenden, so z. B., dass die 3. Gruppe in ihrer langen Ausdehnung doch allzu Verschiedenartiges einschliesst;
auch erscheint es bedenklich, Zürich ohne weiteres mit Schaffhausen, Thurgau etc. zusammenzuspannen, da der grösste Teil des Kantons in sehr wesentlichen Dingen von denselben abweicht usw.
Auf ein wichtiges morphologisches Einzelmerkmal, nach dem sich das Gesamtgebiet in eine östliche und westliche Gruppe scheiden liesse, hat J. Bosshart (Die Flexionsendungen des schweizerdeutschen Verbums. Frauenfeld 1888) aufmerksam gemacht; vergl. dazu P. Schild im Literaturblatt für germanische und romanische Philologie. 1889, S. 87 f. (mit genauern Grenzangaben). Es betrifft den Pluralausgang im Praesens Indikativ bei mehrsilbiger Form, der in den östlichen Mundarten in allen drei Personen völlig gleich, in den westlichen entweder in allen dreien oder doch in zweien noch verschieden lautet.
Dort haben wir mər, ir, si bindən(d) bezw. -əd (-ət), -id (-it), hier dagegen I. -e (-u, -o); II. -ed -et; III. -end -und -ind im Wallis (das in diesem Punkt ursprünglichere Verhältnisse erhalten hat als unsre Denkmäler des 10./11. Jahrhunderts), I. III. -ə, II. -ət auf dem übrigen Gebiet. Die Grenze zwischen den beiden Hauptgruppen verläuft von Laufenburg am Rhein östlich zur Aare, dann südlich durch den Kanton Aargau und durch den Westen des Kantons Luzern ungefähr längs der Ostgrenze der Bezirke Willisau und Entlebuch, zum Brienzer Rothorn, von hier östlich zum Titlis und südlich zum Gotthard; das Walsergebiet in Bünden stellt sich zur westlichen Gruppe. Analog liegen die Verhältnisse bei einsilbigen Formen (mər tuənd oder tüənd bezw. mər tuə oder tüa = wir tun), nur dass ein kleineres, der beschriebenen Grenze im Westen anliegendes Gebiet der Kantone Aargau, Solothurn und Luzern in diesem Fall wie der Osten in allen drei Personen den Ausgang -nd hat. Eine Sonderstellung nimmt auch hier Baselstadt ein, wo die mehrsilbigen Plurale in allen Personen auf -ə die einsilbigen auf -nd oder -n ausgehen. - P. Schild bespricht a. a. O. noch zwei weitere Erscheinungen, deren geographische Verteilung für die Gruppierung unsrer Mundart von Wichtigkeit ist.
Auf Grund der einen zerfällt das westliche Gebiet, das sich im Vorigen ergeben hat, wieder in einen nördlichen und südlichen Teil. Es handelt sich um die Vertretung der urdeutschen Lautgruppe ŋk, die im Norden als ŋk ŋkχ erscheint, im Süden als χ (Ж), wobei der Nasal mit dem vorangehenden Vokal zu einem (im Wallis und Berner Oberland teilweise noch nasaliert gesprochenen) langen Vokal oder Diphthongen von verschiedener Färbung verschmolzen ist; so haben wir auf der einen Seite baŋk, baŋkχ auf der andern bāχ, båχ, baiχ (baiЖ), bọiχ (bọiЖ), bouχ bezw. bãχ usw. = Bank; auf der einen Seite triŋkə, triŋkχə (dr-), auf der andern trīχə (trīЖə), treiχə bezw. trĩχə usw. = trinken.
Die Erscheinung erstreckt sich über das Wallis und seine Kolonien im Süden und Osten, sowie den südlichen Teil von Bern und Freiburg bis zu einer Linie, die nach Schilds Feststellung an der deutsch-französischen Sprachgrenze zwischen Düdingen und Murten beginnt, nordöstlich von Uebersdorf auf die Sense stösst, zwischen Köniz und Scheerli in östlicher Richtung gegen die Aare und über Worb, zwischen Burgdorf und Oberburg hindurch in nordöstlicher Richtung an Huttwil vorbei zur Luzerner Grenze verläuft.
Ebenfalls eine Scheidung in Nord und Süd, die aber das Gesamtgebiet umfasst, ergibt der zweite von Schild besprochene Fall. Er betrifft die verschiedene Behandlung der alten Längen ī, ū, ǖ: der ganze Süden hat die einfachen Laute in allen Stellungen bewahrt, der Norden nur vor Konsonanten, vor Vokalen (im Hiatus) dagegen sind Diphthonge dafür eingetreten. Allgemein heisst es štīgə, sūffə (sǖffə), hǖser (hīsər etc.) = steigen, saufen, Häuser; aber nur im Süden auch šrī(j)ə, bū(w)ə (buwwa etc.), nǖ(w)ər (nüwwər, niwwər etc.) = schreien, bauen, neuer; der Norden hat dafür šreiə, bouə, nöuər oder ähnlich (die Diphthonge lauten verschieden von den Vertretern der alten Diphthonge ei, ou, öu in ‚breit, Auge, Aeuglein'; nur im Nordosten sind sie teilweise damit zusammengefallen).
Die Grenze zwischen dem diphthongierenden und dem nicht diphthongierenden Gebiet setzt im Westen ein südlich von Murten, zieht sich östlich zum Thunersee, geht längs dem Nordrand desselben und des Brienzersees zum Brienzer Rothorn, dann der Grenze zwischen dem Entlebuch und Unterwalden nach, an Luzern vorbei, zwischen Baar und Zug hindurch zum obern Zürichsee, von hier zum Speer, umschliesst, in schmaler Schleife nach Norden ausbiegend, das Appenzeller Hinterland, kehrt zum Walensee zurück, folgt südlich davon der Grenze zwischen Glarus und dem St. Galler Oberland und schliesst in Graubünden das Rheinthal bis Thusis an das diphthongierende Gebiet an. In das südliche Gebiet eingesprengt sind zwei Thalschaften mit durchgeführter Diphthongierung in allen Stellungen: einerseits das äussere Schanfigg in Bünden, anderseits das Thal von Engelberg, wo man, von Engelberg aus dem Vierwaldstättersee zu gehend, alle Abstufungen vom voll ausgebildeten Diphthongen bis zur einfachen doppeltonigen Länge hören kann. –
Unverkennbare Verwandtschaft mit der beschriebenen Diphthongierungsgrenze zeigt die Grenze zwischen dem südlichen Gebiet, das altes ā als ā, zum Teil mit leichter o- Färbung erhalten hat, und dem nördlichen, auf dem es zu ọ ộ geworden ist (štrāss: štrọss, štrộss): sie setzt - ich gebe nur den ungefähren Verlauf südlich vom Bielersee zwischen Müntschemier und Treiten ein, geht durch das nördliche Bern hindurch (der Ober-Aargau hat ộ und ọ), dann der Grenze zwischen dem Luzerner Gäu und Entlebuch nach, durchzieht die Kantone Zug und Schwyz und fällt vom Walensee an ganz mit der Diphthongierungsgrenze zusammen.
Das nördliche Gebiet hat ộ im Westen, aber auch in einzelnen Gegenden im Osten, wo sonst ọ herrscht; (sicher sekundäres) ā oder ein dem ā nahestehender Laut findet sich auf zwei isolierten Gebieten an der untern Aare, dann um den Zürichsee und nordwestlich davon. Anderseits ist dem ā- Gebiet ein geschlossener Bezirk mit ộ eingelagert, der das oberste Rhonethal, einen Teil des Pommat, Bosco und Ursern umfasst. Ich schliesse hieran noch eine weitere Erscheinung,
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deren Grenzen zu der Diphthongierungsgrenze in deutlicher Beziehung stehen. Der urdeutsche Diphthong iu ist vor labialen und gutturalen Konsonanten, soweit nicht ursprünglich ein u oder i in der folgenden Silbe stand (z. B. in dem Worte ‚tief'), auf unserm Gebiet in dreifacher Weise vertreten: 1. durch iə im Nordwesten, wo der Laut behandelt ist wie vor Dental (tiəff);
2. durch ǖ im Nordosten und Osten, wo er mit iu vor i und u zusammengefallen ist (tǖff), und 3. durch einen Diphthongen äu ộu öu oder äi ęi ei usw., der mit altem öu ei zusammengefallen ist, im Süden (täuff, täiff etc.).
Bemerkenswert ist nun die Grenze von 3 gegen 2 und 1: sie ist in der östlichen Hälfte so ziemlich eins mit der Diphthongierungsgrenze (nur dass sie den Abstecher nach dem Appenzellerland nicht mitmacht), im Westen reicht sie dann allerdings weiter nach Norden, indem sie ganz Luzern, den südlichen Aargau und Solothurn südlich vom Jura mit umfasst. 1 und 2 treffen sich auf aargauischem Boden.
In der Vertretung des iu geht der Nordwesten mit den anstossenden nördlichen Mundarten zusammen. Das trifft auch zu für eine Anzahl weiterer Erscheinungen, die in ihrer Gesamtheit für den Nordwesten charakteristisch sind, nämlich 1. die Schwächung anlautender Verschlussfortis (dag für tag), die sich über beide Basel, das Frickthal, Solothurn und südlich über Biel hinaus bis Fräschels (im nördlichen Freiburg) erstreckt; 2. die Vertretung von nk und kk durch ŋk und kk, die in Baselstadt, dem Birseck, Berner Jura und im angrenzenden Solothurner Gebiet, südlich bis Ligerz am Bielersee gilt 1); [1) Nur in der Bewahrung der Fortis weicht das schweizerische Gebiet vom nördlichen ab.] 3. die Dehnung aller kurzen Vokale in offner Silbe, die in beiden Basel, im angrenzenden Frickthal, in Solothurn und südlich bis Fräschels sich findet; 4. die sog. Entrundung von ö ü öu (äu) zu e i ei (ai): von Basel der Westgrenze entlang (früher auch in der Stadt Solothurn) bis Biel und noch in Biberen und Klein-Bösingen.
Endlich 5. die Vertretung von nd durch ŋ(ŋ) in χiŋ, fiŋŋə usw. (= Kind, finden), deren Gebiet vom südlichen Elsass aus längs der Westgrenze in einer Zone von wechselnder Breite südwärts bis Salvenach reicht. Aehnliche spezielle Uebereinstimmungen unsrer Grenzmundarten mit den Mundarten jenseits der Landesgrenze finden wir im Nordosten und Osten. Dahin gehören z. B. die früher besprochene Vertretung von anlautendem k durch kχ im untern St. Galler Rheinthal und östlichen Appenzell; die Erhaltung nasalierter Vokale im St. Galler Rheinthal, in Appenzell, im Fürstenland, obern Thurgau und in Teilen von Schaffhausen (mã = Mann);
die Vertretung von altem ei durch ộə ộ bezw. ā im St. Galler Rheinthal, östlichen Appenzell, Fürstenland, Thurgau (abgesehen von einem südwestlichen Grenzstreifen, der ai hat), im Hauptgebiet von Schaffhausen und im Nordosten des Kantons Zürich (tộəl, tộl, tāl = Teil);
die zahlreichen Diphthongierungen bezw. Vokalbrechungen im St. Galler Rheinthal und teilweise in Schaffhausen (z. B. aber auch ręəχt = recht).
Manche von diesen Grenzerscheinungen treten in andern Teilen unsres Gebietes auf. So die Vertretung von k nach n und in der Verdoppelung durch reine Fortis im Osten, die Entrundung von ö ü öu im östlichen Berner Oberland, im Wallis und seinen südlichen Kolonien, in Unterwalden, Uri, in Bünden am Vorder- und Hinterrhein (Obersaxen, Felsberg, Thusis); allgemeine Vokaldehnung in offner Silbe kennt auch das Rheinthal südlich vom Hirschensprung bis hinauf nach Tamins und Thusis, Nasalvokale das Simmenthal und Wallis. So liesse sich leicht noch eine Menge weiterer Belege hinzufügen für die Fülle von Erscheinungen, die sich auf unserm Sprachboden in wechselnder Verteilung drängen.
Dessen ungeachtet ist das zu Gebote stehende Material noch in jeder Hinsicht zu lückenhaft, um eine den heutigen Ansprüchen genügende Gliederung unsrer Mundarten durchzuführen. Die Sammlung des Wortschatzes, wie sie das im Erscheinen begriffene schweizerdeutsche Idiotikon bietet, durch eine ebenso umfassende, systematische Aufnahme der grammatischen, vorab der Lautverhältnisse zu ergänzen, wird die schweizerdeutsche Dialektforschung als nächstes Ziel ins Auge zu fassen haben. Erst dann wird es ihr möglich sein, alle die Aufgaben an die Hand zu nehmen, zu deren Lösung sie im Verein und Zusammenwirken mit der Geschichte und Volkskunde berufen ist.
Literatur
zum 1. und 2. Abschnitt: Die Ergebnisse der eidg. Volkszählungen; bearbeitet vom eidg. statistischen Bureau. - J. Zimmerli: Die deutsch-französische Sprachgrenze in der Schweiz. 3 Teile. Basel und Genf 1891, 1895, 1899 (auch mit lautlichen Erhebungen über die deutschen Mundarten an der Grenze). Dazu Deutsche Erde III (1904), S. 150 ff. -
Heinrich Morf: Deutsche und Romanen in der Schweiz. Zürich 1900. - Albert Büchi: Die historische Sprachgrenze im Kanton Freiburg (Freiburger Geschichtsblätter. 1896). - Albert Büchi: Die deutsche Sprache in der Westschweiz (Schweizerische Rundschau. 1902). - H. Bresslau: Zur Geschichte der deutschen Gemeinden im Gebiet des Monte Rosa und im Ossolathal. (Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. XVI [1881], S. 173 ff.). - Julius Studer: Walliser und Walser. Zürich 1886. - Meyer von Knonau im Anzeiger für schweiz. Geschichte 1892, S. 370. 1893, 445 (über die Walsersiedlungen im Berner Oberland). - A. Sartorius von Waltershausen: Die Germanisierung der Rätoromanen in der Schweiz (in den Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde). Stuttgart 1900. - J. Hunziker Der Kampf um das Deutschtum. 10. Heft: Schweiz. München 1898. - Ludwig Tobler: Ethnographische Gesichtspunkte der schweiz. Dialektforschung (in seinen Kleinen Schriften zur Volks- und Sprachkunde, herausgegeben von J. Bächtold und A. Bachmann. Frauenfeld 1897. S. 199/222). –
Zum 3. Abschnitt: Adolf Socin: Schriftsprache und Dialekte im Deutschen nach Zeugnissen alter und neuer Zeit. Heilbronn 1888. - Ludwig Tobler: Ueber die geschichtliche Gestaltung des Verhältnisses zwischen Schriftsprache und Mundart (in seinen Kleinen Schriften. S. 222/240). - Friedrich Kluge: Von Luther bis Lessing; sprachgeschichtliche Aufsätze. 2. Aufl. Strassburg 1888. (Darin Schriftsprache und Mundart in der Schweiz. S. 60/74; Ober- und mitteldeutscher Wortschatz. S. 75/91). - Hans Byland: Der Wortschatz des Zürcher alten Testaments von 1525 und 1531 verglichen mit dem Wortschatz Luthers. Berlin 1903. - Albert Gessler: Beiträge zur Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache in Basel. Basel 1888. - Renward Brandstetter: Prolegomena zu einer urkundlichen Geschichte der Luzerner Mundart. Einsiedeln 1890. - Renw. Brandstetter: Die Reception der neuhochdeutschen Schriftsprache in Stadt und Landschaft Luzern 1600-1830. Einsiedeln 1891. - Renw. Brandstetter: Die Luzerner Kanzleisprache 1250-1600 (ein gedrängter Abriss mit spezieller Hervorhebung des methodologischen Momentes). - Felix Balsiger: Boners Sprache und die bernische Mundart (in der Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten. V, 1904). - Hans Käslin: Albrecht von Hallers Sprache in ihrer Entwicklung dargestellt. Brugg 1892. - Otto von Greyerz: Die neuere Sprachentwicklung in der deutschen Schweiz. Zürich 1892. - Ernst Tappolet: Ueber den Stand der Mundarten in der deutschen und französischen Schweiz. Zürich 1901.
Zum 4. Abschnitt: a) Grammatik der Mundart. F. J. Stalder: Die Landessprachen der Schweiz oder Schweizerische Dialektologie. (Mit der Gleichnisrede von dem verlornen Sohn in allen Schweizermundarten). Aarau 1813. - J. Winteler: Die Kerenzer Mundart des Kantons Glarus in ihren Grundzügen dargestellt. Leipzig und Heidelberg 1876 (epochemachende Arbeit). - Heinrich Stickelberger: Lautlehre der lebenden Mundart der Stadt Schaffhausen. I. Teil: (Einleitung und Vokalismus). Aarau 1880/81. Der II. Teil (Konsonantismus) in den Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, herausgegeben von H. Paul und W. Braune, Band XIV (1889), S. 381/454. - Renward Brandstetter: Die Zischlaute der Mundart von Bero-Münster. Einsiedeln 1883. - Albert Bachmann: Beiträge zur Geschichte der schweiz. Gutturallaute. Zürich 1886. - Jakob Bosshart: Die Flexionsendungen des schweizerdeutschen Verbums. Frauenfeld 1888. - Andreas Heusler: Der alemannische Consonantismus der Mundart von Baselstadt. Strassburg 1888. - Gustav Binz: Zur Syntax der baselstädtischen Mundart. Stuttgart 1888. - Eduard
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Hoffmann Der mundartliche Vokalismus von Basel-Stadt in seinen Grundzügen dargestellt. Basel 1890. - Hermann Blattner: Ueber die Mundarten des Kantons Aargau: Vokalismus der Schinznacher Mundart. Brugg 1890. - Peter Schild: Brienzer Mundart. I. Teil (die allgemeinen. Lautgesetze und Vokalismus). Basel 1891. II. Teil (Konsonantismus) in den Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Band XVIII (1894), S. 301 bis 393. - Hans Wissler: Das Suffx-i in der Berner resp. Schweizer Mundart. Frauenfeld 1891. - Paul Suter: Die Zürcher Mundart in J. M. Usteris Dialektgedichten. Zürich 1901. - Esther Odermatt: Die Deminution in der Nidwaldner Mundart. Zürich 1904. - Hedwig Haldimann: Der Vokalismus der Mundart von Goldbach. (Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten. IV [1903], S. 296/351; V, S. 225/244). - Renward Brandstetter: Der Genitiv in der Luzerner Mundart in Gegenwart und Vergangenheit. Zürich 1904. Für die deutschen Mundarten im Piemont sind noch speziell anzuführen: Albert Schott: Die deutschen Colonien in Piemont;
ihr Land, ihre Mundart und Herkunft.
Stuttgart 1842. - Giov. Giordani: La colonia tedesca di Alagna-Valsesia e il suo dialetto. Torino 1891. Dazu Anzeiger für deutsches Altertum. XXI, 26 ff.
b) Wortschatz. Ludwig Tobler: Die lexikalischen Unterschiede der deutschen Dialekte mit besonderer Rücksicht auf die Schweiz. (Festschrift der Universität Zürich zur Zürcher Philologenversammlung 1887, S. 91 bis 109). - Renward Brandstetter: Drei Abhandlungen über das Lehnwort. Darin: Das Lehnwort in der Luzerner Mundart. Programm. Luzern 1900. - Wörterbücher. F. J. Stalder: Versuch eines schweizerischen Idiotikon. 2 Bände. Aarau 1812. Eine vermehrte Neubearbeitung liegt handschriftlich auf der Luzerner Bürgerbibliothek. - Titus Tobler: Appenzellischer Sprachschatz. Zürich 1837. - Schmidts Idioticon Bernense (Frommanns Deutsche Mundarten. II/IV). - Valentin Bühler: Davos in seinem Walserdialekt. Mit historischen, grammatischen und kulturgeschichtlichen Beigaben, auch einer Chrestomathie der Bündnerdialekte. 6 Hefte (wovon eines dem Dialekt von Obersaxen gewidmet ist). Heidelberg 1870-1886. - J. Hunziker: Aargauer Wörterbuch in der Lautform der Leerauer Mundart. Aarau 1887. (Mit einleitender Lautlehre). - Adolf Seiler: Die Basler Mundart. Basel 1879. Mit einem Anhang über Laute und Formen. - Martin Tschumpert: Versuch eines bündnerischen Idiotikon. Chur 1880 ff. (unvollendet, bis jetzt 5 Hefte). - Schweizerische Idiotikon; Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Gesammelt auf Veranstaltung der antiquarischen Gesellschaft in Zürich unier Beihülfe aus allen Kreisen des Schweizervolks. Herausgegeben mit Unterstützung des Bundes und der Kantone. Begonnen von Friedrich Staub und Ludwig Tobler, fortgesetzt von A. Bachmann, R. Schoch, H. Bruppacher, E. Schwyzer, H. Blattner, J. Vetsch u. A. Frauenfeld 1881 ff. (jetzt im 6. Band).
[Prof. Dr. Albert Bachmann].
II. Franzœsisch.
1. Statistische Angaben; heutige und ehemalige deutsch-französische Sprachgrenze.
Nach der eidgenössischen Volkszählung vom lebten in der ganzen Schweiz 730917 Personen mit französischer Muttersprache, von denen rund 700000 oder nicht ganz ein Viertel (2/9) der Gesamtbevölkerung der Schweiz (3315443 Köpfe) auf die sog. französische oder welsche Schweiz entfallen. Ganz französisch sind die drei Kantone Waadt, Genf und Neuenburg, während in den Kantonen Freiburg und Wallis die romanische Bevölkerung mindestens doppelt so stark vertreten ist als die deutschsprechende.
Für den Berner Jura, wo das Französische die Amtssprache bildet, verzeichnen die Volkszählungslisten eine französischsprechende schweizerische Bevölkerung von 83290 Seelen, die zusammen mit den im übrigen Kantonsteil zerstreut niedergelassenen Angehörigen französischer Zunge etwa 1/6 der gesamten Volkszahl des Kantons Bern ausmachen. Alle diese Zahlen sind jedoch nur relativ genau, da - namentlich längs der Sprachgrenze - eine doppelsprachige Bevölkerung vorhanden ist, die von der Statistik notwendigerweise etwas willkürlich zugeteilt werden muss.
In den für die französische Schweiz bestimmten Zählkarten hat man die früher angewendete, zu wenig scharf gefasste Frage nach der «Muttersprache (langue maternelle)» im Jahr 1900 durch diejenige nach der «Sprache (langue)» ersetzt, welch' letztere in den Weisungen an die französischsprechenden Haushaltungsvorstände wie folgt definiert wurde: «Unter Sprache, wie sie durch die Volkszählung ermittelt werden soll, versteht man diejenige, die man in der Kindheit gelernt hat, in welcher man denkt, die man mit Vorliebe spricht.» Trotz dieser Vorsichtsmassregel muss aber doch in manchen Fällen Zweifel geherrscht haben, besonders wenn es sich um auf welschem Boden geborene Kinder von deutschsprechenden Eltern handelte.
Die französische Schriftsprache ist bei uns ein von aussen her eingeführtes Idiom, während die im Lande selbst entstandene Sprache durch die verschiedenen Mundarten vertreten ist. Die importierte wie die einheimische Sprache leiten sich beide von der Sprache des alten Rom her und tragen daher auch beide mit dem nämlichen Rechte den Namen einer «romanischen» Sprache, französisch: roman(d). Dieser Ausdruck stammt aus dem lateinischen romanice [loqui] und erscheint in den geschichtlichen Urkunden unter den Formen romancium, rommant etc., welche sowohl die aus Frankreich entlehnte Sprache der Urkunden, als besonders auch die Idiome des eigenen Landes selbst bezeichnen. So finden wir z. B. den Ausdruck romancium als direkten Gegensatz zu gallicum in einer Genfer Urkunde vom Jahr 1460 (vergl. Romania. 30, S. 403). 1424 wird es den Freiburger Notaren freigestellt, ihre amtlichen Schriftstücke sowohl en teif ou en rommant, d. h. in deutscher oder französischer Sprache abzufassen. Noch heute trifft man hie und da den Ausdruck roman als Bezeichnung der modernen Mundart, besonders des Waadtlandes. Die weibliche Form romande ist nach dem Muster von allemand-e gebildet, das selber analogischer Formation ist.
Unter der steten Voraussetzung, dass sowohl die französische Schriftsprache und die welschen Mundarten einerseits, als auch das Hochdeutsche samt seinen Dialekten andererseits als ein einheitliches Ganzes aufgefasst werden, verläuft die heutige Sprachgrenze zwischen beiden Idiomen wie folgt: Von Charmoille im nördlichen Berner Jura wendet sie sich gegen Montsevelier, wo sie scharf gegen Südwesten umbiegt, dann folgt sie, nordwestlich von Biel-Twann-Ligerz vorbeiziehend, dem Jurakamm und erreicht das französischsprechende Neuveville (Neuenstadt);
hierauf zieht sie der Zihl (Thielle), dem Neuenburgersee und der Broye entlang, durchquert den Murtensee und biegt nördlich von Meyriez (Merlach) wieder in südöstlicher Richtung ab.
Nun bildet sie um Cressier eine eigentümliche Schlinge, überlässt Courlevon dem deutschen Sprachgebiet und führt durch Courtaman nach Barberêche (Bärfischen), um von hier bis Freiburg, das sie durchschneidet, der Saane zu folgen. Jetzt zieht sie östlich von Marly-Praroman-La Roche vorbei, erklimmt die Berra, folgt den das Thal von Charmey begrenzenden Kämmen und setzt sich in nahezu gerader Linie bis zum Oldenhorn fort. Hier angekommen, biegt sie knieförmig aus, um die das Wallis vom Kanton Bern trennenden Hochgipfel zu erreichen, wo sie bloss am Sanetschpass etwas auf die Nordflanke der Kette hinübergreift.
Vom Weisshorn steigt sie ins Wallis hinunter, durchschneidet das Rhonethal östlich von Miège-Sierre (Siders)-Chippis, steigt dann wieder an und folgt der das Eifischthal (Val d'Anniviers) vom Turtmanthal (Val de Tourtemagne) trennenden Kette, um endlich an der Dent d'Hérens ihr Ziel zu erreichen (vergl. die beigegebene Karte der Sprachgrenze). Eine wirkliche Naturgrenze bildet sie blos in ihrem nördlichen Abschnitt, wo sich die Wogen der alten Alemanneneinfälle an der Jurakette gebrochen haben; weiter südlich verläuft sie ohne Rücksicht auf politische oder konfessionelle Grenzscheiden durch stark gewelltes Hügel- und Bergland, um dann von Rougemont-Saanen an das Waadtland vom Kanton Bern zu trennen und nachher zwischen Bern und dem Wallis sich zu einer auch konfessionellen Scheide zu gestalten, worauf sie im Rhonethal wiederum eine bloss linguistische Grenzlinie ohne politisch-religiöse Bedeutung darstellt.
Man sieht auf den ersten Blick, dass diese unregelmässige und launenhaft verlaufende Sprachgrenze in der Vergangenheit sich verschoben haben muss. Trotzdem
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ist aber festzustellen, dass sie nun schon seit sieben Jahrhunderten nahezu die nämliche geblieben ist. Eine wichtige Urkunde aus dem Jahr 1273 (alten Stiles; = 1274. Vergl. die Fontes rerum Bernensium III. S. 78, und die Mémoires et Documents de la Soc. d'hist. de la Suisse rom. XXX, S. 217; das Original ist verloren) erlaubt uns, den Verlauf der Sprachgrenze für das Ende des 13. Jahrhunderts zu rekonstruieren. Ich habe versucht, weiter zurückzugehen und auf meiner Karte noch ältere Grenzen zu ziehen, so weit der gegenwärtige Stand der geschichtlichen Forschung ihre Herstellung ermöglicht. Die Resultate dieser Nachforschungen lassen sich mit Hilfe von archäologischen Nachgrabungen, durch das Studium der Ortsnamen, von Sitte und Brauch, sowie endlich durch eine genaue Untersuchung der Mundarten kontrolieren und ergänzen.
Drei germanische Stämme haben sich um die Herrschaft auf unserm Boden gestritten: die Franken, die sich im Berner Jura niederliessen, die Burgunder, welche die ganze Westschweiz bis zur Aare besetzten, und endlich die Alemannen, welche die Mittel- und Ostschweiz überfluteten. Die hauptsächlichsten linguistischen Schwankungen und Veränderungen führen sich auf den sehr wenig sesshaften und stark kriegerisch gesinnten Volksstamm der Alemannen zurück, dem die Burgunder nicht immer stand zu halten vermochten und einen Teil des Landes abtreten mussten. Es lassen sich drei starke alemannische Vorstösse gegen Westen unterscheiden, die alle drei mit grossen politischen Umwälzungen zusammenhängen. Der erste reicht ins Jahr 532 zurück, zu welcher Zeit das erste burgundische Königreich vernichtet ward. Nachdem das Gebiet der Schweiz unter die Herrschaft der Merowinger geraten war, germanisierten die Alemannen die Gebiete um Solothurn, zwischen der Aare und dem Jura, Biel, das rechte Ufer des Bielersees und der Sense, das Berner Oberland (ausgenommen
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vielleicht das Saanenthal, dessen Mundart eine romanische Grundlage zu haben scheint), sowie endlich den obersten Abschnitt des Wallis bis zum Zehnten Brig hinunter. Diese erste Periode der Germanisierung muss im Jahr 888 mit der Gründung des zweiten burgundischen Königreiches ihren Abschluss gefunden haben.
Eine zweite Periode alemannischer Expansion begann nach dem Jahr 1032, als die welsche Schweiz zusammen mit dem ganzen transjuranischen Burgund an das deutsche Kaiserreich übergegangen war. Während des folgenden Zeitraumes fielen die Zehnten Raron und Visp im Wallis, das Saanenthal (?), das linke Ufer der Sense, die Gemeinden Ins und Erlach im Seeland, ein dreieckiger Landstrich zwischen Murten, Gümmenen und der Saane, sowie endlich auch Twann an das deutsche Sprachgebiet. Um das eben eroberte Uechtland vor Angriffen zu sichern, gründeten und befestigten die Herzoge von Zähringen zu dieser Zeit die Stadt Freiburg. Zugleich entsandten sie auch schon einige deutsche Vorposten in den freiburgischen Seebezirk.
Das Ende des 13. Jahrhunderts bezeichnet mit der Errichtung der savoyischen Oberherrschaft über die französische Schweiz eine Rückkehr des romanischen Uebergewichtes. Doch gelang es den Welschen nicht, das gesamte verlorene Gebiet zurückzugewinnen, indem sie sich damit begnügen mussten, die feste Einbürgerung des Deutschen im Gebiet zwischen Marly und La Roche zu verhindern. Dafür begann aber zu dieser Zeit die Verwelschung der Stadt Freiburg, die doch gerade als Bollwerk zum Schutze der deutschen Interessen gegründet worden war.
Verstärkt wurde der deutsche Einfluss hierauf durch die Burgunderkriege, den Eintritt Freiburgs in den Bund, die Eroberung des Waadtlandes durch Bern und des Unterwallis durch die Oberwalliser, sowie die teilweise Zerstückelung des einstigen Fürstbistums Basel. Damals überflutete das Deutsche den Rest des Seelandes, den grössten Teil des freiburgischen Seebezirkes, den Zehnten Leuk, sowie auch Sitten und Brämis (Bramois). In der Hauptstadt des Wallis wird dem Romanischen ein erbitterter Kampf geliefert. Das Deutsche beginnt in Marly, Praroman und La Roche die Oberhand zu gewinnen. Murten tritt zur Reformation über und wird ein einflussreiches Germanisationszentrum. Aus dieser Zeit datiert die endgiltige Festlegung der deutsch-französischen Sprachgrenze, die sich seither nur noch unwesentlich verschoben hat.
Immerhin machte sich während der Zeiten der französischen Revolution, der helvetischen Republik und des Eintrittes mehrerer französischer Kantone in den Bund wieder ein schwaches Vordringen des welschen Elementes bemerklich. Seit dieser Zeit romanisieren sich Freiburg, wie auch Sitten, Brämis, Siders und Biel mehr und mehr. In den Hochthälern des Jura weicht die Landwirtschaft einer industriellen Tätigkeit, was unabsehbare sprachliche Folgen nach sich ziehen sollte.
Tausende von deutschsprechenden Zuwanderern nehmen sich des verschmähten Acker- und Wiesenbodens im Hochjura an. -So sind wir Zeugen einer neuen, durchaus friedlichen germanischen Ueberflutung von welschem Boden geworden, die sich als langsame und harmlose Infiltration vollzieht. Diese neuen Einwanderer passen sich bald ihrer welschen Umgebung an und gehen in ihr auf. Als Pächter, Landarbeiter, Dienstboten und Kleinhandwerker nehmen sie einen untergeordneten Rang ein, und viele von ihnen leben auf isolierten Pachthöfen. Sie vermögen in den Gebieten, die seit einiger Zeit auf ihre welschen Dialekte verzichtet haben, mit ihrer alemannischen Mundart gegen die feinere und glorreiche Sprache Frankreichs nicht anzukämpfen. Das Uebrige besorgen die Eheschliessungen mit aus dem Land stammenden welschen Frauen und die französische Schule.
Seit 1888 hat die deutsche Zuwanderung nachgelassen und die Romanisierung grosse Fortschritte gemacht. Die nachfolgenden Zahlen beweisen, dass die Bevölkerung wieder mehr und mehr eine homogene wird. Ich stelle die Verhältniszahlen der Deutschen und Romanen für die beiden letzten Volkszählungen zusammen:
Zählung von 1888 | Deutsche | Romanen | Numerisches Verhältnis der Deutschen |
---|---|---|---|
Berner Jura | 20790 | 76048 | 1/ 3.6 |
Neuenburg | 22579 | 83762 | 1/ 3.7 |
Freiburg (exkl. Bezirk Sense) | 19780 | 80774 | 1/ 4 |
Waadt | 23873 | 218358 | 1/ 9 |
Genf | 12317 | 89111 | 1/ 7 |
Wallis (v. Bez. Siders an abwärts) | 3804 | 68354 | 1/ 17 |
Zählung von 1900: | |||
Berner Jura | 18933 | 83290 | 1/ 4.4 |
Neuenburg | 17629 | 104551 | 1/ 6 |
Freiburg (exkl. Bezirk Sense) | 20668 | 86686 | 1/ 4.2 |
Waadt | 24372 | 243463 | 1/ 10 |
Genf | 13343 | 109741 | 1/ 8 |
Wallis (v. Bez. Siders an abwärts) | 3362 | 74096 | 1/ 22 |
Diese Sprachverschiebung zu Gunsten des französischen Idiomes hält in allen Kantonen der französischen Schweiz fortdauernd an. In den drei Kantonen Bern, Neuenburg und Wallis stellt sich die absolute Ziffer der Bevölkerung deutscher Sprache heute niedriger als im Jahr 1888, während in den übrigen Kantonen der Zuwachs der Deutschen hinter demjenigen der Welschen zurückgeblieben ist. Soviel scheint wenigstens aus den Zahlen der Statistik hervorzugehen; die Verschiedenheit der Fragestellung bei den beiden letzten Zählungen, Voreingenommenheiten aller Art bei der Ausfüllung der Formulare, die Kompliziertheit des Durchdringungsprozesses zweier Sprachen, die schwerlich in Zahlen ausgedrückt werden kann, mahnen uns, diese Zahlen mit grösster Vorsicht zu benutzen.
Im Ganzen genommen darf gesagt werden, dass die Deutschen während der letztvergangenen 1500 Jahre auf ehemals gallo-romanischem Boden einige dauernde Eroberungen gemacht haben. Die heutige Grenzlinie verbindet die am weitesten nach Westen vorgeschobenen Orte, die man als vollkommen deutsch ansprechen darf. Von Charmey bis zur Dent d'Hérens erscheinen die beiden linguistischen Gruppen ziemlich scharf geschieden, während die Sprachgrenze in ihrem nördlichen Abschnitt in eine mehr oder weniger zweisprachige Grenzzone übergeht, die durch beständige Schwankungen zwischen den beiden Idiomen, sowie durch Doppelreihen von Ortsnamen (Épendes-Spinden, Morat-Murten, Anet-Ins, Bienne-Biel etc.) und sogar von Familiennamen (Gendre-Techtermann, Dupasquier-Vonderweid etc.) gekennzeichnet wird.
Bibliographie. 1. Sprachgrenze: Zimmerli, J. Die deutsch-französische Sprachgrenze in der Schweiz. 3 Teile. Basel und Genf 1891-1899. Der erste Teil wird nächstens in 2. Auflage erscheinen. Dieses grundlegende Werk ersetzt sehr vorteilhaft alle frühern Arbeiten über diese Materie. - Knapp, Ch. Sur la frontière des langues franç. et allem. en Suisse (in: Tour du Monde. 1886). - Büchi, A. Die histor. Sprachgrenze im Kanton Freiburg (in: Freiburger Geschichtsblätter. III, 1896). - Hoppeler, R. Die deutsch-roman. Sprachgrenze im 13. und 14. Jahrh. (in: Blätter aus der Walliser Geschichte. I.) - Morf, H. Deutsche und Romanen in der Schweiz. Zürich 1900. - Morel, Ch. Allemands et Romands en Suisse (in den Étrennes helvétiques. Lausanne 1901). - Stadelmann, J. A quelle époque les Germains établis dans notre pays ont-ils été romanisés? (in der Revue histor. vaud. 1901).
2. Statistik: Die verschiedenen Veröffentlichungen des statistischen Bureau des eidg. Departement des Innern. - Zemmrich, J. Verbreitung und Bewegung der Deutschen in der französ. Schweiz. Stuttgart 1894. - Hunziker, J. Die Sprachverhältnisse in der Westschweiz (in der Schweizer. Rundschau. 1896). - Hunziker, J. Der Kampf um das Deutschtum. München 1898. - [Zimmerli, J.]. Von der deutsch-französischen Sprachgrenze (in der
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Neuen Zürcher Zeitung vom 20.-21. Juli 1905). In neuester Zeit droht leider eine Sprachenfrage einzureissen, die besonders in Zeitungsartikeln diskutiert wird, hier aber nicht weiter berührt werden kann. Wir machen auf die zahlreichen Artikel von E. Blocher und J. Zemmrich in der Zeitschrift Deutsche Erde (1902-1907) aufmerksam.
2. Einführung des Französischen als offizielle Sprache.
Das Lateinische ist bei uns verhältnismässig lange Zeit die Sprache der Urkunden geblieben. Dies gilt namentlich für das Wallis, wo diese Tradition bis über das 16. Jahrhundert hinaus zu Recht bestand. Ueberall, wo das Lateinische als Sprache der Urkunden in Abgang kam, wurde es durch das Pariser Französisch (in Freiburg gleichzeitig auch durch das Deutsche) ersetzt. Di ältesten in französischer Sprache abgefassten Urkunden datieren von 1244 (Berner Jura), 1250 (Moudon), 1251 (Neuenburg), 1260 (Genf). Das erste französisch redigierte Mandat der Stadt Freiburg stammt aus dem Jahr 1319. Wie man sieht, kann eine bestimmte Zeit für die Einführung der neuen Sprache kaum aufgestellt werden. Diese ist zunächst eine Notariats- und Kanzleisprache gewesen, die während mehreren Jahrhunderten bei uns wohl geschrieben, nicht aber auch vom Volk gesprochen wurde, und nur sehr langsam und unmerklich in allen Verwaltungszweigen obligatorisch wurde. Vor nicht länger als etwa fünfzig Jahren verhandelte man in den Gemeindeversammlungen des Val de Ruz noch in der angestammten Mundart, die aus den Beratungen der Dörfer des Wallis, des Berner Jura und namentlich des Kantons Freiburg heute noch nicht vollständig verschwunden ist. Ein strenges Auseinanderhalten der geschriebenen und der aus dem Volksherzen kommenden gesprochenen Sprache war überhaupt lange Zeit ein Ding der Unmöglichkeit. Das Erlernen des von der allgemein gebräuchlichen Volkssprache sehr stark abweichenden fremden Idiomes gestaltete sich zu Zeiten, die unserer heutigen Schul- und Verkehrsverhältnisse noch entbehrten, zu einer fast unerfüllbaren Aufgabe. Die ungenügende Vertrautheit mit der fremden Schriftsprache geht in den Texten des 13. bis 15. Jahrhunderts aus der Mischung von mundartlichen und französischen Formen deutlich hervor und zeigt sich ganz besonders in der Anwendung einer grossen Menge von Ausdrücken der gewöhnlichen Umgangssprache, deren französische Aequivalente den Schreibern nicht bekannt waren. Als Beispiel dieses Stiles gebe ich folgende Stelle einer Urkunde aus dem Freiburger Archiv (die nicht französischen Formen sind kursiv gesetzt): «Fait et dona l'ant de l'encarnation de nostro segnyour corent mil tres cent et deyx et no, ou moys de host.» Die falschen Formen sind in der Mehrzahl blosse unfreiwillige Versehen, während man in gewissen Urkunden allerdings auch eine relativ ständige Wiederkehr von unfranzösischen Formen feststellen kann. Wir konstatieren die Regularisierung einer lokalen Ueberlieferung, die - wie in der deutschen Schweiz - zu einer unabhängigen Kanzleisprache hätte führen können, wenn die Umstände dazu günstiger gewesen wären. Unüberwindliche Hindernisse bildeten aber namentlich die zu grosse Verschiedenheit der romanischen Dialekte und auch das Fehlen eines dominierenden geistigen oder politischen Mittelpunktes.
Nachdem das Französische zur Rechts- und Amtssprache geworden, ward es auch die Sprache des Gottesdienstes und der Schule. Die Vénérable Compagnie des Pasteurs in Genf befiehlt 1668 den Lehrern am Kollegium, von Seiten der Schüler keine Antworten im Dialekt mehr zu dulden. Diesem Beispiel folgten bald die übrigen bedeutenderen Städte. Auf dem Lande hat die Mundart im Unterricht bis zum 19. Jahrhundert ausschliesslich geherrscht, und noch heute kostet es in den ihren Ueberlieferungen treuer anhängenden katholischen Kantonen den Schulmeistern viele Mühe, ihre Schüler an das Französische zu gewöhnen, so dass Widerspänstige oft durch Strafen zur Ordnung gewiesen werden müssen.
In letzter Instanz ist das Französische auch in der Familie an die Stelle der Mundart getreten. Dieser Vorgang vollzog sich zuerst in den grössern Städten, und zwar wahrscheinlich mit nachstehender Reihenfolge: Genf um 1750, Neuenburg und Lausanne um 1800 (Freiburg und Sitten waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorwiegend deutsch). Es folgten die Landstädtchen und endlich auch die Bauernbevölkerung. Während der Vorgang der Französierung in den Städten eine Zeit von 6-7 Jahrhunderten erforderte, vollzieht er sich auf dem Lande in 30-40 Jahren.
Sobald einmal die sog. «besseren» Familien in der Erziehung ihrer Kinder sich der offiziellen Sprache zu bedienen angefangen haben, ist es mit der Herrschaft des Dialektes vorbei. Das von den Standespersonen gegebene Beispiel verbreitet sich wie eine Ansteckung, sodass man die Sprache eher aus Moderücksichten als infolge von Ueberlegung wechselt. Der ganze Vorgang bedeutet für die Kinder ein grosses Glück, da sie ihren Weg in der Welt mit einer nahezu internationalen Sprache leichter zu finden im Stande sind, als mit einem ungelenken und altertümlichen Dialekt, der in einer Entfernung von 50 km nicht mehr verstanden wird.
In der Beseitigung des Dialektes sind die protestantischen Kantone mit ihren Reformbestrebungen den katholischen Landesteilen vorangegangen. Der Vorgang ist stark beschleunigt worden durch den Anteil der Städte Genf, Lausanne und Neuenburg an der französischen Literatur, das Aufblühen der industriellen Tätigkeit im Neuenburger und Waadtländer Jura, sowie den immer inniger werdenden Kontakt mit dem Ausland. Grössere Bedachtsamkeit zeigten in diesem Punkte die vorwiegend agrikolen Gebiete Freiburgs, des Wallis und der Genfer Landschaft.
Dazu kommt, dass in den Kantonen Bern, Freiburg und Wallis das Beispiel der ihrer Mundart treu gebliebenen Mitbürger deutscher Zunge die linguistische Entwicklung der romanischen Bevölkerung verzögern konnte. Heute erinnern sich noch einige wenige Neuenburger des Dialektes, den keiner mehr spricht. Im Kanton Waadt haben das ganze Uferland am Genfersee, die Rhoneebene und das Jouxthal den Dialekt seit etwa 50 Jahren aufgegeben, während er im Gros de Vaud und im Alpengebiet noch eine kümmerliche Existenz fristet; im Kanton Bern kennen ihn die Amtsbezirke Courtelary (St. Immerthal) und Münster nicht mehr, während in der Ajoie (Amtsbezirk Pruntrut) ein Advokat die Mundart noch ein wenig verstehen muss, wenn er sich mit seinen Klienten leicht verständlich machen will.
Die alten Genfer Landgemeinden stehen etwa auf demselben Standpunkt wie das Gros de Vaud, während die 1815 dem Kanton neu angegliederten Gemeinden die Mundart etwas besser bewahrt haben. Auch das Greierzerland beginnt jetzt, der allgemeinen Strömung sich anzuschliessen, während der Dialekt im mittleren Teil des Kantons Freiburg und im Broyebezirk zwar stark eingeschränkt aber doch noch lebenskräftig ist. Das Wallis endlich bildet für den Dialektforscher immer noch das ausgibigste Untersuchungsobjekt, mit Ausnahme allerdings der Uferstriche längs der Rhone, die dem Beispiele der Städte gefolgt sind und eine stark gemischte Bevölkerung aufweisen. Wenn sich der Dialekt bis zum Ende unseres Jahrhunderts überhaupt irgendwo erhalten kann, so wird dies am ehesten noch in den Seitenthälern des Wallis der Fall sein.
Die romanische Bevölkerung ist nicht unmittelbar vom Dialekt zum reinsten Französisch übergegangen. Bei dem Ersatz der altgewohnten Sprache durch die französischen Laute hat zunächst die Aussprache zu leiden gehabt. So sprechen die Waadtländer, die in ihrem Dialekt «férə la mīma tsouza» mit deutlicher Artikulation der Schlussvokale zu sagen pflegen, den entsprechenden französischen Satz «faire la même chose» derart aus, dass sie die stummen e noch etwas nachklingen lassen. Da sie in der Mundart das Schluss -r in Wörtern wie «hiver, servir» etc. nicht aussprechen, übertragen sie diese Gewohnheit auch auf die entsprechenden französischen Ausdrücke.
Weil die Franzosen gewisse Schlusskonsonanten, wie in «fils, jadis» etc., ausnahmsweise artikulieren, haben die Welschen angefangen, solche Konsonanten auch dann, wenn sie in Frankreich nicht mehr gesprochen werden, ertönen zu lassen, wie z. B. in «avis etc.», die sie als avisse etc. aussprechen. Ferner gibt man oft dem französischen Substantiv irrtümlich dasjenige Geschlecht, welches das entsprechende Dialektwort gehabt hatte: «un vitre, un poire, une lièvre, une serpent» etc. Die grösste Schwierigkeit bestand aber in der sinngemässen Aneignung und Anwendung des fremden Wortschatzes. Die Dinge, die ihr Aussehen beibehalten hatten,
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erinnerten immer noch an den alten Ausdruck, und sehr oft entsprach auch das französische Wort dem Gedanken nicht genau, sondern erschien entweder als zu farblos oder als zu wenig energisch: in allen diesen Fällen hatten und haben die Welschen immer noch die starke Tendenz, ihre alten Ausdrücke beizubehalten, indem sie dieselben allerdings französieren. Daher stammen Wortformen wie ruper, rebedouler, aguiller, éclafer, piorne, bringue etc. Alle diese Sprachfehler lassen sich aus dem Dialekt erklären und sind dessen letzte Lebensäusserungen.
Diese sog. Provinzialismen werden dank den Anstrengungen der Sprachreiniger, sowie mit der Vertiefung der allgemeinen Bildung und zunehmender Entwicklung der Verkehrsmittel, die zurückgebliebene Individuen in eine besser französierte Umgebung versetzen, allmählig verschwinden. Einem patriotischen Antrieb folgend haben verschiedene Romanschriftsteller ihre Werke mit provinziellen Wörtern und Redewendungen gespickt, um ihnen einen ausgeprägten Erdgeschmack zu verleihen. Doch ist auch diese Zeit bereits vorüber, indem in der neuern Literatur die Provinzialismen mehr nur zur Erzielung eines komischen Effektes Verwendung finden.
Bibliographie. 1. Sprache der Urkunden: Meyer, P. Maître Cudrifin, horloger, et la ville de Romans (in der Romania. Bd. 21). - Girardin, J. Le vocalisme fribourgeois du 15. siècle (in der Zeitschrift für roman. Philologie. 24). - Ränke, H. Ueber die Sprache des französ. Wallis in der Zeit vom 11. bis 14. Jahrh. Halle 1903. - Jeanjaquet, J. Un document inédit du français dialectal de Fribourg (in: Aus roman. Sprachen und Litt. Halle 1905.) - 2. Vitalität der Mundarten: Ritter E. Recherches sur le patois de Genève (in den Mémoires et documents de la Soc. d'hist. et d'archéol. de Genève. 19). - Tappolet E. Ueber den Stand der Mundarten in der deutschen und franz. Schweiz. Zürich 1901. - 3. Hauptsächlichste Sammlungen der Provinzialismen: Humbert, J. Nouveau glossaire genevois. 2 vol. Genève 1852. - Callet, P. M. Glossaire vaudois. Lausanne 1861. - Grangier, L. Glossaire fribourgeois. Fribourg 1864. - Bonhôte, J. H. Glossaire neuchâtelois. Neuchâtel 1867. - Pludhun. Parlons français. - Vergl. auch: Platzhoff-Lejeune, E. Der Kampf mit Herrn Pludhun und der sprachliche Purismus (in den Basler Nachrichten vom anlässlich eines im Foyer Romand für 1905 erschienenen Artikels Parlons clair von Phil. Godet und einer von der Semaine littéraire veranstalteten Enquête).
Erklärung der in den Dialektproben vorkommenden Zeichen. | |
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Vokale: | ę, į, ọ, ų, œ, ü = offene Laute. |
ẹ, ị, ọ, ụ, œ, ü = geschlossene Laute. | |
ã, ẽ, ĩ etc. = nasalierte Vokale (französ.: an, vin etc.). | |
ä hält die Mitte zwischen a und ę. | |
å hält die Mitte zwischen a und ọ. | |
u hat latein.- (italien.-) deutschen Wert (französ. mou). | |
ə = schwaches e (deutsch: haben; französ.: me). | |
œ ist Mittellaut zwischen œ und ę. | |
ü ist Mittellaut zwischen ü und i. | |
Reduzierte Vokale werden in kleinerer Schrift über der Zeile angegeben. | |
- über einem Vokal bedeutet eine Länge; kurze oder mittlere Vokale werden nicht besonders gekennzeichnet. | |
Der Wortakzent wird nur angegeben, wenn ein Zweifel obwalten kann, und zwar durch einen Punkt hinter dem betreffenden Vokal: vwę.ypa. | |
Halbvokale: | y (französ.: yeux; deutsch: ja), w (französ.: oui), ẅ (französ. puis) |
Konsonanten: | s ist immer scharf (französ.: place), z ist weich (französ.: rose). |
š = deutschem sch, französ. ch; ž der entsprechende weiche Laut (französ. jour). | |
č, ğ = italien. cento, gente; ć, ģ dieselben Laute, etwas weiter hinten gebildet. | |
k = am weichen Gaumen gebildete reine Fortis (gg). | |
ќ = alemannisches, am harten Gaumen gebildetes k. | |
χ = Laut des deutschen ach. | |
ж = Laut des deutschen ich. | |
ŋ = Laut des deutschen Angel. | |
ł, ñ = mouilliertes l oder n (italien.: famiglia, vigna). |
3. Geschichte der französischen Mundarten.
Wenn wir von den ligurischen Theorien absehen, die noch wenig sicher fundamentiert sind, so war die älteste westschweizerische Bevölkerung, die man einer linguistischen Gruppe zuzuteilen vermag, gallischen Stammes. Es ist unmöglich, den Zeitpunkt des Erlöschens der keltischen Sprache festzustellen. Die fortschreitende Romanisierung ist in gewissen Zentren auf Widerstand gestossen (wie dies z. B. die Erzählung von Julius Alpinus beweist) und muss in den am weitesten abgelegenen Alpenthälern auch nur unvollkommen gelungen sein.
Das Lateinische ist von den Kelten mit einem besondern Akzent gesprochen worden, doch hat man bis jetzt keine sichern Ueberreste davon in den modernen Mundarten nachzuweisen vermocht. Solange man den westschweizerischen Wortschatz nicht vollständig gesammelt haben wird, wird es unmöglich sein, die von der Sprache des siegreichen Rom herstammenden Ausdrücke von solchen zu scheiden, die aus keltischen Dialekten stammen mögen. Das darf man aber heute schon versichern, dass alle zur Bezeichnung der hauptsächlichsten täglichen Arbeiten und Beschäftigungen dienenden Wörter rein lateinischer Herkunft sind. In dieser Beziehung beschränkt sich in den Mundarten, wie im Französischen der keltische Einschlag auf einen verschwindend kleinen Anteil.
Die Erinnerung an die ältesten Zeiten hat sich am besten erhalten in den Ortsnamen, die gleichsam eine abgekürzte Geschichte unseres Wortschatzes darstellen. Obwohl sie heute zum grossen Teil als rätselhafte Benennungen erscheinen, hatten sie doch ehemals eine ganz bestimmte Bedeutung, deren Sinn im Laufe der Zeiten verloren gegangen ist. Streng wissenschaftliche Forschungen werden uns diesen Sinn wieder enträtseln. Die von Prof. E. Muret in Genf geleitete systematische Ortsnamen-Untersuchung berechtigt zu den schönsten Hoffnungen.
Ein neues Element haben der gallo-romanischen Sprache die Einfälle der Germanen hinzugefügt, durch welche die Lautgebung von neuem modifiziert und die ganze Sprache vom 5.-9. Jahrhundert von Grund aus umgestaltet worden ist. Dieser Epoche gehören u. a. an: die Palatalisierung des c vor e, i (centum = kyentu, heute sã, sẽ, θẽ etc.), sowie des c vor a (vacca = vakya, heute vatš[ə], vętš, vatsə, vaθ);
ferner die Diphthongierung der betonten Vokale in offenen Silben (habere = aveir, heute avāe, avę etc.; nepote = nevout, heute nevāo, nęvœ etc.).
1) [1) Siehe die Erklärung der verwendeten Zeichen in der Tabelle.]
Die fränkische Oberherrschaft (532-888) hat ein gemeinsames Band um alle Dialekte Mittel- und Nordfrankreichs, sowie des alten Burgunderreiches geschlungen. Die sprachliche Entwicklung war für diese Länder dieselbe, und irgendwo in diesem weiten Ländergebiet aufgekommene mächtige phonetische Tendenzen haben sich unmerklich bis an dessen Grenzen fortgepflanzt.
Mit der Wiederherstellung des Burgunderreiches erhob sich im Westen und im Norden eine Schranke; die Beziehungen zu Frankreich lockerten sich, und die Weiterentwicklung der Sprache gestaltete sich hüben und drüben in selbständiger Weise. In die Zeit nach 888 fallen sprachliche Umänderungen, die nur unserm
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Gebiet angehören und unsere modernen Mundarten vorbereiteten. Als Beispiel hiefür erwähnen wir die Reduktion der Lautgruppe mn auf blosses n (somnum = soňo etc.; vergl. dagegen den französischen Ausdruck somme). Unsere Mundarten gehören der von Ascoli als franko-provenzalisch bezeichneten Gruppe an, welche Bezeichnung sich aus dem gleichzeitigen Auftreten von französischen und provenzalischen Spracherscheinungen herleitet. Der hauptsächlichste provenzalische Lautzug in unsern Dialekten besteht in der Erhaltung des lateinischen a: prā (le pré), tsãtā (chanter) etc. Nicht zu der genannten Gruppe gehören die Dialekte des Berner Jura, die è an die Stelle des a setzen. Das franko-provenzalische Sprachgebiet umfasst ausser der französischen Schweiz noch Savoyen, die Franche Comté südlich Besançon, das Département de l'Ain, einen Teil des Lyonnais und die nördliche Dauphiné in Frankreich, sowie das Aostathal und das Val Soana in Italien. Die Dialekte all' dieser Gegenden sind unter sich eng verwandt.
Zur Feudalzeit hatte die Zerstückelung des Bodens in eine grosse Anzahl von kleinen Herrschaften eine Einschränkung der gegenseitigen Beziehungen innerhalb Burgunds und ebensoviele linguistische Spaltungen zur Folge. Einer grossen Interessengemeinschaft entspricht eine relative Gleichmässigkeit der sprachlichen Entwicklung, dem politischen Partikularismus dagegen der Zerfall der gemeinsamen Sprache in einzelne Dialekte. In Landschaften, die sich stets einer gewissen Unabhängigkeit erfreut und als politische Einheit erhalten haben, weisen die einzelnen Dialektgruppen sehr ähnliche Merkmale auf, während umgekehrt die Sprache in solchen Gegenden, die ihren Oberherrn oft wechselten und nicht beständig nach demselben Mittelpunkte hin konvergierten, ein weniger einheitliches Gepräge erhielt. Isolierung begünstigt die Entstehung von eigenartigen, individuellen Charakterzügen. Auf diese Art sind unsere Mundarten entstanden.
Mit Bezug auf die alten Zentren wie Avenches, Nyon etc. lässt sich behaupten, dass die modernen Dialekte in gerader Linie auf das Lateinische der gallo-romanischen Zeit zurückgehen. Man darf dabei aber alle die linguistischen Strömungen nicht vergessen, die von Lausanne, Genf etc. her einwirken konnten und den Mundarten der genannten Städte mehr und mehr einen gemischten Charakter verliehen haben. Die umliegende Landschaft vermochte ihre sprachlichen Eigenarten oft reiner zu erhalten, verfiel aber auch ebenso oft dem Einfluss der Umwälzungen in der Sprechweise der städtischen Zentren.
Noch verwickelter gestaltet sich die geschichtliche Entwicklung der Sprache in den erst spät besiedelten Gegenden, wie im Jouxthal, Val de Travers etc. In erster Linie erhebt sich da die Frage, woher die ersten Ansiedler gekommen seien und welches Idiom sie zu jener Zeit gesprochen. Jede Verschiebung der Bevölkerung bedingt zugleich eine Verschiebung der Grenzen der einzelnen mundartlichen Charakterzüge und ebenso der Dialektgrenzen, die die Summe aller individuellen Merkmale darstellen.
Ehe wir versuchen, unsere Mundarten in Haupt- und Nebengruppen einzuteilen, müssen wir uns von der räumlichen Ausdehnung der wichtigeren Merkmale derselben Rechenschaft ablegen. Erst nach Anwendung der kartographischen Methode auf jeden einzelnen dieser Charakterzüge ist es gestattet, auf Grund der gegenseitigen räumlichen Verbreitung der beobachteten Erscheinungen eine Gruppierung vorzunehmen. Obwohl diese Arbeit für die französische Schweiz noch nicht vollständig durchgeführt ist, darf doch jetzt schon folgendes als feststehend gelten: Als die stärkste linguistische Grenze der welschen Schweiz erscheint diejenige, welche die Neuenburger Mundarten von den Berner Mundarten scheidet.
Nördlich dieser Linie, die in La Ferrière von der Landesgrenze gegen Frankreich abzweigt und dem Kamm des Chasseral folgt, um nahe bei Biel ihr Ende zu finden, entsprechen die linguistischen Charakterzüge denen der obern Franche Comté und setzen den Berner Jura mit der Gruppe der lothringisch-wallonischen Dialekte in Verbindung. Die stark voneinander abweichenden Dialekte des Kantons Neuenburg bilden das Verbindungs- und Uebergangsglied dieses eben genannten Typus mit demjenigen, der in den Dialekten Freiburgs und des Gros de Vaud verkörpert erscheint.
Als Ganzes ist der Dialekt des Berner Jura ziemlich einheitlich gestaltet, mit Ausnahme von Tramelan und Malleray-Court, die mehrere lokale Eigenarten aufweisen, und der Montagne de Diesse oder des Tessenberges, dessen Sprache diejenige des Neuenburger Weinlandes ist. Eine starke Grenze scheidet das Neuenburger Val de Travers ab und weist es, besonders in seinem obern Abschnitt (Les Verrières-Les Bayards-La Côte aux Fées), der Franche Comté zu.
Von Saint Blaise bis Bevaix scheidet der Neuenburger See die Neuenburger Dialekte scharf von den Mundarten Freiburgs und der Waadt, während die Sprache der Béroche mit derjenigen des Waadtlandes verschmilzt. Das Jouxthal erscheint stark isoliert, während die übrigen Dialekte der Waadt und auch diejenigen des Kantons Freiburg leicht auf eine gemeinsame Grundlage zurückgeführt werden können und nur in nebensächlichen Punkten voneinander abweichen. Im Westen der Waadt kündigen sich staffelweise die Kennzeichen der Genfer Mundarten an, die unter sich nur geringe Abweichungen aufweisen und sich kaum vom Savoyer Dialekt unterscheiden.
Die Waadtländer Alpen zeigen von Montreux-Blonay an schon Anklänge an die Sprache des Wallis. Die Rhone bildet keine scharfe Sprachgrenze. Im Wallis lassen sich hauptsächlich zwei Gruppen von Dialekten unterscheiden: diejenigen der Bezirke Sitten, Hérens und Siders einerseits und die des Unterwallis andererseits. Beide werden voneinander geschieden durch den Lauf der Morge und die das Bagnesthal von der Vallée d'Hérémence trennende Bergkette. Im Unterwallis, d. h. dem einst savoyischen Einflüssen unterliegenden Landstrich von Saint Gingolph bis Sitten weichen die Dialekte in den Einzelheiten stark voneinander ab. Die Vallée d'Entremont zeigt schon einige auf das Aostathal hinweisende Eigentümlichkeiten. Die Bedeutung der schweizerischen Landesgrenze als mundartlicher Grenzscheide ist bis jetzt noch nicht eingehend untersucht worden.
Die Nähe der deutschen Sprachgrenze und die Durchdringung des Welschlandes mit germanischen Elementen haben den Wortschatz unserer Dialekte wesentlich bereichert. Wir stossen auf verhältnismässig wenige der Wörter fränkischen Ursprungs, die von den französischen Wörterbüchern verzeichnet werden. Haben die Westschweizer diese Wörter einst gekannt, so sind sie ihnen wieder abhanden gekommen. Unsere Dialekte unterscheiden sich aber vom Französischen wesentlich dadurch, dass sie seit dem 15. Jahrhundert bis in unsere Tage hinein eine Masse von deutschen Ausdrücken aufgenommen haben, während die im Verlauf der nämlichen Zeit dem französischen Sprachschatz angegliederten germanischen Wörter sich auf einen schwachen Bruchteil beschränken. Zu beachten bleibt in dieser Hinsicht jedoch, dass sich im Wallis, wo die romanische Sprache vom Deutschen eher zurückgedrängt als beeinflusst worden ist, die Dialekte ziemlich rein erhalten haben.
Das nämliche gilt für den Kanton Genf, infolge seiner von der Sprachgrenze entfernten Lage. Je weiter wir gegen Norden gehen, umso stärker erscheint die sprachliche Mischung. Die Dialekte des Val de Ruz zeigen sich reicher an deutschen Ausdrücken als diejenigen des Kantons Freiburg. Am stärksten vom Deutschen beeinflusst und umgeformt sind die längs der Sprachgrenze hin gesprochenen Mundarten des Berner Jura, so z. B. diejenigen von Plagne, Romont und Vauffelin, wo man Formen wie šurts (Schürze), basgīg (Bassgeige), šmarọtsē (schmarotzen) etc. und selbst halbwelsche und halbdeutsche Wortbildungen, wie fərkõtē (compter + verzählen) oder deštōpfē (dé + stopfen), antrifft.
Bibliographie:
1) Ortsnamenforschung: Gatschet, A. Ortsetymologische Forschungen ... Bd. 1 [nicht mehr erschienen]. Bern 1867. - Gatschet, A. Promenade onomatologique sur les bords du lac Léman. Berne 1867. - Egli, J. J. Der schweizerische Anteil an der geographischen Namenforschung. Programm. Zürich 1881. - Stadelmann, J. Etudes de toponymie romande. Fribourg 1902. - Jaccard, H. Les noms des végétaux dans les noms de lieux de la Suisse française (im Bulletin de la Murithienne. 1903 und 1904). - Jaccard, H. Essai de toponymie; origine des noms de lieux... de la Suisse romande. (Mémoires et documents publ. par la Soc. d'hist. de la Suisse
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rom. 2e série, t. VII). Lausanne 1906. - 2) Gruppierung und allgemeine Charakterzüge der Dialekte. Die Frage der Einteilung und Gruppierung der Dialekte hat bereits zu lebhaftem Meinungsaustausch Anlass gegeben. Ich habe meinen Standpunkt neulich in den Artikeln Gibt es Mundartgrenzen? (im Archiv für das Studium der neueren Sprachen. CXI), wo ich die hauptsächlichsten frühern Arbeiten anführe, und in Les limites dialectales dans la Suisse romande (im Bulletin du Glossaire des patois de la Suisse romande. III, 17) eingehend begründet. - Tappolet, E. Ueber die Bedeutung der Sprachgeographie (in: Aus roman. Sprachen und Lit. Halle 1905). - Gilliéron, J. Petit atlas phonétique du Valais roman. Paris (ohne Jahr). - Gilliéron, J., et E. Edmont. Atlas linguistique de la France. Paris (seit 1902 in Faszikeln erscheinend). Die Schweiz findet in diesem monumentalen Werk ebenfalls Berücksichtigung und ist durch 26 Ortschaften vertreten. - Die Redaktion des Glossaire des patois de la Suisse romande bereitet einen Atlas linguistique de la Suisse romande vor.
4. Charakterzüge unserer Dialekte.
Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, von dem Reichtum westschweizerischer Laute eine Vorstellung zu vermitteln, ohne auf die Einzelheiten einzugehen. Ich muss mich hier damit begnügen, zum Beweis der ausserordentlichen Verschiedenartigkeit unserer Dialekte einige wenige Proben zu geben. Es würde schwer fallen, in Frankreich eine in politischer Hinsicht einheitliche Landschaft vom Umfang der welschen Schweiz zu finden, die eine ebensolche Fülle sprachlicher Abwechslung bieten könnte. In der französischen Schweiz liegen die Dinge in sprachlicher Beziehung ganz anders als in der deutschen, wo zwei intelligente Personen sich schliesslich immer verständigen können, aus welchen Kantonen sie auch stammen mögen.
Bringt man aber einen Jurassier mit einem Waadtländer, oder selbst einen Bewohner des Val d'Illiez mit einem Anniviarden zusammen, so werden sie sich gegenseitig nicht verstehen. Es erklärt sich dies daraus, dass die Entwicklung der gallo-romanischen Mundarten eine weit raschere gewesen ist als im allgemeinen diejenige der deutschen Dialekte. Dazu kommt, dass die welsche Schweiz mit ihren Terrainhindernissen, wo verschiedene auch konfessionell getrennte Rassen miteinander in Berührung gekommen sind, mit ihren die verschiedensten Kulturzustände bedingenden Höhenunterschieden von 370 bis zu über 3000 Metern und mit ihrer Ecklage zwischen Frankreich, Deutschland und Italien ein für weitgehende Verzweigung und Zerstückelung in Dialekte ausserordentlich geeignetes Gebiet darbot.
Zum näheren Verständnis des eben Gesagten will ich die beiden Sätze 1: il ferme la fenêtre de la chambre und 2: il balaye devant la porte de la grange in einige westschweizerische Dialekte übersetzen. Dabei soll ausdrücklich bemerkt sein, dass sich die Aussprache noch weit abwechslungsreicher gestaltet, als es die hier angewendete allgemein verständliche Transskription (vergleiche die Tabelle der verwendeten Zeichen) erwarten lässt.
I. Saignelégier (Bern) | ę syō le fnētr di pwęy. - |
La Côte aux Fées (Neuenburg) | i kłū la fnē.tra du pœlu. - |
Le Landeron (Neuenburg) | ę tyū la fnītr du påel. – |
Montbovon (Freiburg) | i жtū la fənī.θra du päło. - |
Villars le Terroir (Waadt) | yə жtū la fənī.tra dao pā.elo. - |
Martigny (Wallis) | yœ жū la fœnī.tra dü pe.ilo. – |
Evolena (Wallis) | ü kłūt la fœnī.θra dou pe.iło. - |
Le Vernier (Genf) | i frê.mę la fənē.tra d la θã.bra. |
II. Saignelégier | ęl ẹkuv dəvẽ lę pō.ətš d le grẽdž. - |
La Côte aux Fées | i remę.s dəvã la pō.tša d la grẽdz. - |
Le Landeron | ęl ękē.v dəvę la pōrt d la grãdž. - |
Montbovon | ł ękā.ve dęvã la pwā.rta dę a grãdzə. – |
Villars le Terroir | yę ręma.se dęvã la pō.rta dę la grãŋdze. - |
Martigny | lę etyœ.ve dęvã la pō.rta də la grãdzə. - |
Evolena | ęhouve dəvan la pō.rta də la grãz. - |
Vernier | i rmas dəvã la pū.rta d la grãδe. |
Die nebenstehende Tabelle wird dem Leser einen noch klareren Einblick in die Phonetik unserer französischen Dialekte gestatten.
Unsere westschweizerischen Dialekte enthalten eine schöne Anzahl dem Französischen unbekannter Laute, so das θ und das δ, sowie ferner das жł, das unter Kombination des ж mit mouilliertem ł als einheitlicher Laut ausgesprochen wird; dann auch die im Neuenburger Bergland üblichen kakuminalen Konsonanten, die man unter Zurückschlagen der Zungenspitze nach hinten ausspricht. Von Vokalen finden wir im Berner Jura das nasale i und u (ou), den bei den Freiburger und Waadtländer Dialekten stark verbreiteten Laut å, ferner nasale Diphthonge und ganz besonders einen grossen Nüanzenreichtum bei den oralen Diphthongen: āi, āę, āo, œẅ u. s. w. Es bietet sich oft Gelegenheit zur Beobachtung von Uebergangslauten, so namentlich im Wallis, wo eine Unterscheidung zwischen ę und œ, u und ü schwer fällt, weil die Artikulation sich vielfach in der Mitte hält.
Die Betonung gibt zu den schwierigsten Problemen Anlass: neben zahlreichen Fällen, wo sich der Wortakzent offenkundig verschoben hat (vya = vie; pęrdwa, pęrdya = perdue; fa.rna = farine; kọ.dra = coutoure etc.) gibt es eine Menge von Wörtern mit schwankendem Akzent. Es kommt sogar vor, dass er vom Hauptwort auf den Artikel übertragen wird: la.lna = la lune etc. Unsere Dialekte behalten überhaupt demjenigen, der mit ihnen zum erstenmal Bekanntschaft macht, manche Ueberraschung vor. So wird man z. B. mit Erstaunen entdecken, dass im Wallis die Lautgruppe sp zu f wird (spina = ẹfę.na, vespa = wē.fa), dass das Wort maturus (mûr) in Montana sich zu mā°br und in Pinsec zu mavuk gestaltet, die faucille (Sichel) in Liddes fœẅfę.də, in Nendaz fowsę.la, in Pinsec fuksi.lə (mit zurückgezogenem l) heisst u. s. w.
Die Berner und Neuenburger Mundart hat mit ihren meistens ausgefallenen unbetonten Vokalen einen rauhen und herben Charakter, während die Dialekte des Mittellandes mit ihrem Silbenreichtum volltönend und wohllautend sind und diejenigen des Wallis schon etwas italienischen Tonfall aufweisen. Man pflegt von der Mundart oft mit der tiefsten Verachtung zu sprechen, sie hässlich, arm und roh zu finden, und noch viele Leute sehen in ihr nichts anderes als ein verdorbenes und verkommenes Französisch.
Doch hat die Wissenschaft ihre Ehrenrettung vollzogen und gezeigt, dass sie sich aus den selben Elementen, wie das Französische zusammensetzt und des selben Ursprunges rühmen darf. Unsre Zeit wird durch den Uebergang zum Französischen gekennzeichnet und ist wie alle Uebergangsepochen undankbar. Die von stets erneuten Wellen der Schriftsprache überschwemmten Dialekte haben ihre einstige Originalität und Kraft nicht zu erhalten vermocht; sie sind aufs Land hinausgedrängt worden und dienen bloss noch zur Unterhaltung der ungebildeten, d. h. einer höhern Schulbildung und sorgfältigen Erziehung entbehrenden Volksschichten.
Diese Tatsache hat zur Entstehung einer Menge von Vorurteilen Anlass gegeben. Als sich noch jedermann des Dialektes bediente, erschien er viel feiner, reicher und schöner. Hüten wir uns davor, die Sprache mit denjenigen zu identifizieren, die sie sprechen. Anderseits dürfen aber auch die Mundarten nicht überschätzt werden. Ihre Isoliertheit macht sie jeder literarischen Sprache gegenüber inferior. Während sie in einem Dorfe zum Ausdruck von unerwarteten Nüanzen dienen und sich den Bedürfnissen einer bestimmten Bevölkerungsschicht besser anpassen als irgendwelche Schriftsprache, werden sie, sobald ihre Träger ein neues Milieu aufsuchen, zu einer unnützen und den spontanen Ausdruck hindernden Geheimsprache. Das Französische steht ebenso hoch über ihnen, wie eine weitsichtige Politik über der kleinlichen Kirchturmpolitik steht.
Ein weiterer Vorwurf, der den Dialekten gemacht werden kann, besteht in ihrer Unregelmässigkeit in der Formenbildung. Zwar erscheint die mundartliche Morphologie im Prinzip von derjenigen des gesprochenen Französisch nicht verschieden; sie gestattet aber weit mehr Doppelformen und Schwankungen zwischen mehreren Möglichkeiten des Ausdruckes. Keine Akademie hat bis jetzt ihre Formen bestimmt und festgelegt. Gewisse Zeitwörter weisen zwei verschiedene Partizipien auf, so diejenigen auf -i des Freiburger Broyedialektes (füyi, fuir; Partizipien füyi oder füyāe); die Waadtländer Dialekte bilden das Imperfekt von pouvoir sowohl nach der zweiten als nach der ersten Konjugation; das im Französischen auf bestimmte Zeiten der Konjugation auf -ir beschränkte Inchoativinfix hat im Dialekt auch andere Gebiete erobert,
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Vergleichende Tabelle der hauptsächlichsten Abstufungen in der Aussprache der westschweizerischen Dialekte.
(Die einzelnen Wörter wurden derart ausgewählt, dass sie sowohl für die Behandlung der Vokale wie der Konsonanten charakteristische Beispiele bieten).
Französischer Ausdruck: | toile | miel | fier | pré | sauter | œuf | heure | vendu | coucher | peau | tẽte | cõte | corde | peu | sel |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Lateinischer Ausdruck | tēla | měl | fěru | pratu | saltare | ŏvu | hōra | vendutu | collocare | pelle | testa | costa | corda | paucu | sale |
1. Pruntrut (Porrentruy): | twal | miə | fiə | prē | sātē | üə | ur | vãdü | kutšiə | pē | tēt | kōt | kuədż | po | sā |
2. Delsberg (Delémont) | " | " | " | " | " | " | " | " | kütšiə | " | " | kōt | kōərd | po | " |
3. Dombresson (Val de Ruz) | tēl | " | fiər | prā | sütā | œ | œr | vedü | kutšiə | " | " | kut | kōrd | pu | sō |
4. Noiraigue (Val de Travers) | tę.la | mey | fīr | prē | sütē | " | œ.ra | " | kütšī | pey | te.yta | ku.ta | kō.rda | " | sā |
4. Estavayer | tå.lä | må | fyę | prå | šọwtå | ä | ä.rä | vãdü | kütsī | pī | ti.tä | ku.tä | kō.rdä | " | sō |
6. Gruyères | tä.la | mä | " | " | šutå | ā | ā.ra | vẽdü | kütšī | " | ti.θa | ku.θa | kwå.rda | " | šō |
7. Lausanne | tā.ila | māi | " | prā | šọwtā | å | ọ.wra | vedü | tyütsī | pē (?) | ti.ta | ku.ta | kō.rda | " | sō |
8. Le Sentier (Vallée de Joux) | ta. ela | mẽ | fye | " | sọtā | œ(ü) | a.ora | v aẽdü | kaotše | pe i | te. ita | ko. uta | kwœ.rda | " (po) | " |
9. Leysin | ta. ila | māi | fyer | prō | šœtā | ō e | œ.ira | vedü | kœitsī | pē | " | ku.ta | kō.rda | " | šō |
10. Martigny | tẹ.ila | me i | fye | " | šœWtā | (kokõ) cfr. bœẅ = bœuf | œ.ra | vẽdü | tyœWtsi | " | ti.ta | " | " | " | " |
11. Grimentz (Val d'Anniviers) | ti.la | mi | fyer | prā | šuktā | us | o.wra | venduk | ku.ksye | pe i | té.θa | ko.wθa | kō.rda | pow | šā |
12. Hermance (Kt. Genf) | taę.la | myẹ | fyẹ | prå | šœtå | ua | œ.Wra | vãdü | kœθi | pē | te.ta | ku.ta | " | pu | så |
Französischer Ausdruck: | cinq | langue | pain | lundi | chanson | vieille | (je) pleure | gens | clef | glace | blanc | flamme | porte | guẽpe | femme |
Lateinischer Ausdruck | cinque | lingua | pane | die lunae oder lunae die | cantione | * vecla | ploro | gentes | clave | glacie | blancu | flamma | porta | vespa | * fem'na |
1. Pruntrut (Porrentruy): | sĩty | lãg | pẽ | yüdi | tšẽsû | vey | püər | džã | Xē | yes | byã | Xem | puətš | vwēpr | fan |
2. Delsberg (Delémont) | " | " | " | yüdę | tšẽsõ | " | püəre | " | šē | " | byẽ | anc. šem | pōərt | " | fån |
3. Dombresson (Val de Ruz) | sẽ | leg | pã | dłõ | tšãsõ | viəł | pyœr | dže | tyār | łas | byã | fyãm | pōrt | wēp | fen |
4. Noiraigue (Val de Travers) | " | le.ga | " | dlõ | " | vił | pyœ.ro | " | " | " | " | fyã.ma | pō.rta | vwe.ipa | fe.na |
5. Estavayer | sẽi | lã.gä | " | dəlõ | tsãsõ | viłə | pyä.ru | dzã | ktå | yesə | " | fyã.mä | " | wi.pä | fe.nä |
6. Gruyères | θẽ | lẽ.vwa | " | " | tsãθõ | " | płã.ro | dzẽ | Xłå | łeš | błã | Xłã.ma | pwå.rta | vwi.pa | fena |
7. Lausanne | sẽ | le.ga | " | " | tsãsõ | " | pyowro | dze | Xā | łas | byã | xã.ma | pō.rta | wi.pa | " |
8. Le Sentier (Vallée de Joux) | sẽi | laẽ.ŋga | " | " | tsãŋsõ | vyelə | pła.oru | dza | Xłœ (-Xłe) | " | błã | Xłã.ŋma | pwœ.rta | vwe.ipa | " |
9. Leysin | fẽ i | le.wa | " | " | tsãfõ | vīδə | pθœ.iro | dze | θō | δas | bδã | θã.ma | pōrta | " | " |
10. Martigny | " | lẽ.vwa | " | " | " | vīyə | plœ.ro | dzẽ | Xō(klō) | yaf | blã | Xā.ma | " | wi.pa | fœ.na |
11. Grimentz (Val d'Anniviers) | sĩŋ | le.ŋwa | " | délû | tsãsõ | vyel e * | plo.wro * | zen | klā * | lašə * | blã * | hlã.ŋma | pō.rta | we.ifa | fe.na |
12. Hermance (Kt. Genf) | fẽ | lã.ga | " | dəlõ | θãfõ | vit e | płœ.Wro | δã | kłå | głef e | błã | fła.ma | pœ.rta | we.pa | " |
* l retirée, alvéolaire.
mehr
indem man hier je nourrisserai oder vielmehr nourri(s)trai, en courissant, buvissant, je rompissais etc. sagt;
der Konjunktiv des Zeitwortes savoir ersetzt oft denjenigen von être;
die Partizipien werden verdoppelt, so dass man z. B. quand j'ai eu fini sagt;
man gebraucht sogar den Ausdruck quand il est eu eu trouvé im Sinne von quand il fut trouvé etc.
Aber alle diese Unregelmässigkeiten, die den Philologen sehr interessieren, haben ihre Daseinsberechtigung und dienen oft zum Ausdruck einer besondern Nüanze. Die Träger der Mundart zeigen auch oft eine ausgesprochene Vorliebe für diese oder jene bestimmte Ausdrucksweise, sodass man sich in diesem Formenwirrwarr eher zurechtfindet. Von den selben Kräften und Gesetzen, die alle diese Anomalien geschaffen haben, war auch die französische Sprache beherrscht, ehe die literarische Tradition ihren Gebrauch regelte.
Und oft ist man über die Einfachheit der Unterscheidungsmittel erstaunt, über welche unsere Dialekte verfügen. Indem sie einen mehr archaischen Charakter zeigen als das Französische, gestatten sie das Geschlecht der Substantive und Adjektive an ihrer Endung zu erkennen: trẽ.blo, damā.dzo, rọ.dzə = le tremble, le dommage, rouge mask. neben fę.ña, tā.ila, va.tsə, rọ.dzə = femme, toile, vache, rouge femin. Die Pluralform des Maskulinums lässt sich in einigen Walliser Dialekten noch erkennen; so spricht man z. B. in Evolena lə mã (la main) - lę mãš (les mains), la prā (le pré) - lę prās (les prés) etc. Die Walliser haben sogar noch die Unterscheidung zwischen dem Nominativ und dem Akkusativ des Artikels bewahrt: li tsã yę šœ (wo das œ an ę anklingt) = le champ est sec, dagegen travęršā to tsã = traverser le champ.
Unregelmässige männliche Plurale kommen nicht mehr vor, indem man sagt: lə tsəvō-lę tsəvō (cheval-chevaux), ô žə-du žə (un oeil-deux yeux). Dagegen zeichnen sich alle Dialekte, mit Ausnahme derjenigen des Berner Jura, durch einen weiblichen Plural auf -e aus: fę.ña-fę.ñę (femme-femmes), va.tsə-va.tse (vache-vaches). In dieser letztern Hinsicht steht das gesprochene Französisch hinter der Mundart zurück. Der Gebrauch der Person und des Tempus beim Zeitwort entspricht demjenigen des gesprochenen Französisch, indem das passé défini und der Konjunktiv des Imperfekts in Abgang gekommen sind.
Das Futurum wird oft durch das Hülfszeitwort vouloir in Verbindung mit dem Infinitiv ersetzt. Dank der Erhaltung der. Endungen unterscheidet man besser als im Französischen zwischen der ersten Person Singularis und den übrigen: 1. tsã.to, 2.-3. tsã.tę. Die zweite Person des Plural hat noch öfter als im Französischen den lateinischen Akzent beibehalten: vọ rô.tę, vọ bā.idę = vous rompez (rúmpitis), vous buvez (bíbitis). Zu bemerken bleibt ferner, dass unsere Dialekte auch noch die im Altfranzösischen herrschende Unterscheidung zwischen den Zeitwörtern der ersten Konjugation auf -er und auf -ier besitzen: demander, couchier heissen im Dialekt dęmandā, kütsī etc.
Folgendes Beispiel mag zeigen, über welche Feinheit der Unterscheidung der Dialekt zeitweise verfügen kann: Das Französische bezeichnet die Entfernung von Objekten mit den Adverbien ici und là, während der Greierzer Dialekt (und auch andere) den Ausdruck šə (ecce hic) gebraucht, wenn sich der Gegenstand unter der Hand oder ganz in der Nähe befindet, für einen etwas weiter entfernten aber noch leicht zu erreichenden Gegenstand dagegen šẹ (ecce hac) verwendet und endlich an Stelle des französischen là den Ausdruck lẹ (illac) setzt.
Die sorgfältigsten Unterscheidungen finden sich aber im Wortschatz, und zwar nicht nur in der auf die Alpwirtschaft und andere in der Schweiz übliche Berufsarten bezüglichen Terminologie, sondern auch bei den Zeitwörtern und den rein abstrakten Begriffen. Ueber die zahlreichen Zeitwörter, die den Begriff des französischen briser wiedergeben, liesse sich eine ganze Abhandlung schreiben. Für un court espace de temps sagt man im Greierzer Dialekt büθå oder vẅę.rba; wobei in diesem letztern Ausdruck blos die rein zeitliche Dauer, im erstern dagegen eher die während dieser Zeit geleistete oder zu leistende Arbeit in Rücksicht gezogen wird. Die Dialekte sind weit reicher als man für gewöhnlich anzunehmen pflegt. So gibt es z. B. Wörterbücher eines einzigen Dialektes mit nicht weniger als 12000 Wörtern. Einzeln betrachtet, vermögen sich die Mundarten jedoch mit der französischen Sprache keineswegs zu messen, da sich diese durch Entlehnungen von allen Seiten her sehr bereichert und durch die Werke von grossen Denkern und Dichtern nach alten Richtungen hin verfeinert hat.
Unsere Dialekte sind dem Untergang geweiht. Es wäre aber schade, wenn man sie verschwinden liesse, ohne ihnen alle die Geheimnisse entlockt zu haben, die sie noch über unsere Lebensart in früherer Zeit, über die Bedeutung unserer Orts- und Familiennamen, über die Besiedelung unserer Thäler, über die Entstehungsweise der grossen linguistischen Gruppen, sowie über das Problem der steten Veränderung der menschlichen Rede zu offenbaren imstande sind. Möchten die Historiker, Ethnologen und Geographen sich mit den Dialektforschern verbinden und alle an dieser reichlich fliessenden Quelle schöpfen, so lange sie noch nicht versiegt ist.
Zum Schluss füge ich eine Auswahl von Sprichwörtern bei, die eine allgemeine Vorstellung von den Eigenheiten unserer Dialekte geben sollen. Wo möglich, habe ich die Schreibweise meiner Quellen beibehalten.
Sprichwörter im Patois. | |
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Bern: | |
Sāt krèpā, nò-z-èrin d l'āv. | Saute crapaud, nous aurons de l'eau. |
Pò ĩ bé djoué d'uvīə, l'ōjé nə syōtr pə. | Pour un beau jour d'hiver, l'oiseau ne siffle pas. |
Neuenburg: | |
Nion n' s' krè pe. | Personne ne se croit laid. |
Que n' sâ n'grâve. | Ce qu'on ne sait pas, ne gêne pas. |
Pru bê qu'è sâdge. | Assez beau qui est sage. |
Freiburg: | |
On sè faolè dè to tyè doü travô. | On se lasse de tout excepté de travailler. |
Koûzena grâssa, tèstaman mégrou. | Cuisine grasse, testament maigre. |
Maleu à la méson yô jamé on ronnè. | Malheur à la maison où jamais l'on ne gronde. |
Dèy grobî no-z-in-d-in ti. | Des bouchères (au figuré pour défauts) nous en avons tous. |
Waadt: | |
Gotta su gotta fâ la motta. | Goutte sur goutte fait le fromage. |
Que vein poûro vein croûïo. | Qui devient pauvre, devient méchant. |
Kokka por kokka. | Wörtlich: noix pour noix; latein: par pari refertur. |
Nion n'est fou parei. | Personne n'est fou de la même manière. |
Wallis: | |
On crouy ovrây n'a jamé bon eüti. | Un mauvais ouvrier n'a jamais bon outil. |
Quand on s'amé bâïn on a todzo preü lardze. | Quand on s'aime bien, on a toujours assez de place. |
Na groûssa oûra è na yédhe fèna n'on jamé corây po ré. | Un gros vent et une vieille femme n'ont jamais couru pour rien. |
Bibliographie. Da die Aufzählung aller unsere Dialekte betreffenden Arbeiten an dieser Stelle zu viel Platz in