mehr
Gressoney, im Pommat und im tessinischen Bosco. - In Graubünden ist deutsches und romanisches Gebiet grossenteils noch ziemlich scharf gegeneinander abgegrenzt. Nur in den romanischen Thalschaften, die sich gegen den deutschen Norden öffnen oder von den dorther kommenden Hauptverkehrsadern durchzogen sind, finden wir eine stark mit deutschen Elementen durchsetzte Bevölkerung, und die dort verlaufenden Sprachgrenzen erscheinen zu gemischtsprachigen Zonen erweitert. So am Unterlauf des Hinterrheins, in den Bezirken Imboden und namentlich Heinzenberg, wo das Deutsche in einzelnen Gemeinden (Almens, Pratval, Rotenbrunnen) dem Romanischen numerisch bereits gleichkommt oder es sogar überflügelt hat.
Diese Tatsache ist deswegen von besonderer Bedeutung, weil hier der schmale romanische Gebietsstreifen verläuft, der die deutschen Hauptgebiete im Norden und Südosten voneinander trennt und zugleich die Verbindung herstellt zwischen den romanischen Kerngebieten im Südosten und Westen. Beträchtliche deutsche Minderheiten weisen auch Ilanz im Vorderrheinthal, Bergün im obern Albulathal und Andeer im Schamser Thal auf. Im Ober Engadin (Pontresina, St. Moritz) ist eine deutsche Sprachinsel in der Bildung begriffen. Dem gegenüber sitzen Romanen auf deutschem Gebiet nur da in grösserer Zahl, wo die Mehrheit erst vor kurzem ans Deutsche übergegangen ist. Dass übrigens die Daten der Volkszählungsstatistik hier so wenig wie anderswo einen vollen Einblick in das wirkliche Machtverhältnis der beiden konkurrierenden Sprachen gewähren, wird sich später zeigen.
2. Geschichtliche Entwicklung der deutschen Sprachgrenze.
Die deutsche Besiedelung der Schweiz geht in die Zeit der Völkerwanderung zurück. Bis ins 5. Jahrhundert bildete unser Land einen Teil des römischen Weltreichs; der helvetische Westen gehörte zur Provinz Gallia Belgica, der rätische Osten zur Provinz Raetia, der auch das Wallis angegliedert war. Die Grenze zwischen den beiden Provinzen lief vom Ausfluss des Rheins aus dem Untersee südlich zum Gotthard. Ihr Verlauf im Innern des Landes ist nicht sicher zu ermitteln; nach der gewöhnlichen Annahme zog sie sich zwischen dem obern Zürich- und dem Walensee hindurch längs der Glarner West- und der Urner Ostgrenze zum Crispalt und von da nach der Furka hin; aber es ist möglich, dass auch ein Teil der Waldstätte, zum wenigsten Uri, zu Rätien gehörte oder doch von Räten bewohnt war (vergl. W. Oechsli: Die Anfänge der schweiz. Eidgenossenschaft. S. 15). Während der halbtausendjährigen Römerzeit waren römische Kultur und Sprache im Lande zur Herrschaft gelangt.
Freilich nicht überall gleich durchgreifend, verhältnismässig am wenigsten im Norden. Einmal war hier die keltische Bevölkerung, schon wegen der grössern Entfernung vom Mittelpunkt des Reichs, lange nicht in dem Masse von römischen Elementen durchsetzt wie z. B. im Südwesten, sodann wurde die Entfaltung römischen Wesens frühzeitig gestört durch die deutschen Alemannen, die schon seit der Mitte des 3. Jahrhunderts das Land mit unaufhörlichen verheerenden Einfällen heimsuchten, wobei das ihnen zunächst ausgesetzte nördliche Helvetien naturgemäss am meisten litt.
Die Alemannen sind uns zu Anfang des 3. Jahrhunderts zum erstenmal bezeugt; sie sassen damals am obern Main noch jenseits des römischen Grenzwalls, wo sich allem Anschein nach ihr Stammesverband durch Zusammenschluss des suebischen Kernvolks der Semnonen mit andern kleinern suebischen Teilvölkern und Volksteilen erst gebildet hatte. 1) [1) Der byzantinische Geschichtschreiber Agathias nennt die Alemannen nach einem Gewährsmann des 3. Jahrhunderts «ein zusammengelaufenes Mischvolk» (ξυγκλυδες άνθρωποι και μιγάδες); das bedeute ihnen ihr Name. In der Tat heisst Alamanni (ahd. Alaman, Alamanna, = got. alamans) nichts anderes als «die Menschen insgesamt, alle Menschen».
Gleichbedeutend mit Alemannen kommt seit ihrer Festsetzung im südlichen Deutschland die uralte, ursprünglich umfassendere Bezeichnung Suebi, Suāvi, ahd. Swāba, d. h. «Schwaben» wieder auf, und diese wurde später der eigentlich und einzig volkstümliche Name des Stammes.] Durch das 3. und 4. Jahrhundert dauerten ihre furchtbaren Angriffe auf die römischen Grenzlande, unternommen zu dem Zwecke, sich innerhalb des Limes festzusetzen; aber erst seit dem 5. Jahrhundert hatten sie nachhaltigen Erfolg: im Laufe dieses Jahrhunderts dehnten sie ihre Sitze dauernd nach Westen und Süden über den Rhein, ostwärts bis zum Lech aus.
Doch hat man mit guten Gründen vermutet, dass die endgiltige alemannische Besiedelung der nordrätischen und helvetischen Ebene erst zu Anfang des 6. Jahrhunderts erfolgte, als die Alemannen, von den Franken vernichtend geschlagen und aus ihren nördlichen Gebieten (am Main, untern Neckar, in der Pfalz usw.) verdrängt, den Schutz des Ostgotenkönigs Theodorich suchten und dieser ihnen die nördlichen Grenzen seines Reiches öffnete, die ausser Rätien wenigstens nominell auch einen ansehnlichen Teil des alten Helvetien einschlossen (vergl. H. von Schubert: Die Unterwerfung der Alamannen durch die Franken. Strassburg 1884). Nordhelvetien war also spätestens seit Beginn des 6. Jahrhunderts deutsch geworden. Das Land lag infolge der vorangegangenen endlosen Kriegsstürme wohl grösstenteils öde, die Keime höherer Kultur, welche die Römerzeit gepflanzt hatte, waren verkümmert, und die noch vorhandene kelto-römische Bevölkerung an äusserer und innerer Kraft zu sehr verarmt, um sich neben den in Massen ein- und vordringenden, als Herren auftretenden Alemannen auf die Dauer zu behaupten, geschweige denn ihnen die eigene Nationalität aufzuzwingen. - Ganz anders waren die Verhältnisse, unter denen ein zweiter Germanenstamm, die ostgermanischen Burgunden, auf unserm Boden sesshaft wurde.
Nachdem ihr sagenberühmtes Reich um Worms am Mittelrhein nach kurzem Dasein unter den Schlägen der Römer und Heunen zusammengebrochen war, wurden die Reste des Volkes 443 von Aëtius in der alten Sabaudia südlich vom Genfersee angesiedelt und begründeten dort, anfänglich noch unter der Oberhoheit Roms, ein neues römisch-germanisches Reich, das sie später auch über den Südwesten und Westen unseres Landes ausdehnten. Die Beziehungen zu der einheimischen Bevölkerung wurden auf Grund des Hospitalitätsverhältnisses geregelt; darnach hatte jeder Provinziale einen bestimmten Teil seines gesamten Besitzes an die germanischen Gäste abzutreten.
Nach dem selben Grundsatz verfuhren die Burgunden meist auch bei ihren weitern Eroberungen. So sassen Germanen und Gallo-Römer in buntester Mischung durcheinander; die Notwendigkeit des engen Zusammenlebens und täglichen Verkehrs führte bald zu nachbarlicher Annäherung in Sprache und Lebensgewohnheiten, und zwar auf Kosten germanischer Eigenart. Nicht nur weil das römische Element ohne Zweifel numerisch weit stärker war, sondern ganz besonders weil dem für das Fremde ohnehin empfänglichen Germanen die feinere römische Kultur als erstrebenswertes Vorbild erschien.
Dazu kam, dass die innere Politik der burgundischen Könige im wohlverstandenen Interesse des Staates ebenfalls auf eine Milderung der vorhandenen Gegensätze und Verschmelzung der beiden Nationalitäten angelegt war. Nach der herrschenden Annahme wäre die «Verrömerung» der Burgunden in wenig mehr als einem Jahrhundert zum Abschluss gelangt: schon um die Mitte des 6. Jahrhunderts konnte ein zeitgenössischer Geschichtschreiber die Franken den Burgunden als Germanen gegenüberstellen. Indessen ist wohl möglich, dass sich germanische Art und Sprache in einzelnen Gegenden, wo die Verhältnisse günstiger für sie lagen, wie etwa in den nordöstlichen Grenzgebieten, länger erhielten; ganz unwahrscheinlich ist aber, jedenfalls durch keine wirklichen Beweise gestützt, dass sich Burgunden irgendwo der Romanisierung gänzlich entzogen und in späterer deutscher Bevölkerung fortlebten, «alemannisiert» wurden.
Bei ihrem Vordringen nach Norden und Nordosten mussten die Burgunden schliesslich mit den von Norden kommenden Alemannen zusammenstossen, deren feindliche Nachbarn sie schon am Mittelrhein gewesen waren. Leider sind wir über die daraus sich ergebenden Auseinandersetzungen zwischen den beiden Stämmen sehr schlecht unterrichtet. Nur dass sie nicht friedlicher Art waren, auch als das fränkische Szepter beide Völker vereinigte (seit 534 bezw. 536), steht fest; ferner spricht manches dafür, dass sie mit wechselndem Erfolge betrieben wurden, dass einerseits die Alemannen ihre Herrschaft zeitweilig weit nach Westen vorschoben, anderseits die Burgunden vorübergehend den grössten Teil des schweizerischen Mittellandes bis zur Reuss in ihren ¶
mehr
Besitz brachten. Natürlich darf daraus nicht auf entsprechende Schwankungen der ethnischen Grenze geschlossen werden, da politischer Machtbereich und Volksbereich einander nicht bedingen. Wenn z. B. -
in viel späterer Zeit allerdings - der Name Burgund urkundlich weit nach Osten, sogar über den Zürichgau bis nach Engelberg ausgedehnt erscheint, so hat das selbstverständlich nur politische, keinerlei ethnographische Bedeutung. Selbst die ganz oder halb germanischen Orts- und auch Gaunamen, die wir auf heute romanischem Sprachboden gerade im Westen so häufig antreffen, beweisen lediglich für Niederlassungen germanischer Grundherren und für die einstige Ausdehnung germanischer Herrschaft und Verwaltung, nicht aber dafür, dass die betreffenden Gebiete einmal wirklich durchgreifend germanisiert worden sind.
Ueber den Verlauf der ältesten Grenze zwischen alemannischem und burgundisch-romanischem Volkstum fehlen uns tatsächlich irgendwie sichere Zeugnisse. Denn was man sonst etwa dafür angesehen und ausgegeben hat, wie Rassenmerkmale, Häuserbau, Kunsterzeugnisse u. s. w., ist teils von vornherein hinfällig, teils verschiedener Deutung fähig und darum ohne Beweiskraft. Auch das Zeugnis der Flurnamengebung, dieser für die jüngere Geschichte der Sprachgrenze äusserst wertvollen und ergibigen Quelle, versagt für so weit zurückliegende Zeiten ganz, indem, wie H. Morf für die Westschweiz gezeigt hat und auch anderswo sich bestätigt, durchschnittlich ein Jahrtausend fremdsprachiger Siedelung genügt, den sprachlichen Charakter der Flurnamen von Grund aus umzugestalten, so dass also, wo heute romanische bezw. deutsche Flurbezeichnungen an einem Orte fehlen, dadurch romanische bezw. deutsche Besiedelung für das 6. und noch spätere Jahrhunderte nicht ausgeschlossen ist.
Erst für das 9./10. Jahrhundert sind somit auf Grund der toponomastischen Tatsachen, deren Erhebung wir hauptsächlich den bekannten Forschungen J. Zimmerli's verdanken, einigermassen sichere Grenzbestimmungen möglich. Und zwar hat sich ergeben, dass die deutschromanische Grenze, wenigstens südlich vom Berner Jura, damals erheblich weiter östlich verlief als heutzutage, stellenweise nahezu die Aare berührte. Es liegt kein Grund vor, in diesem Stand der Dinge etwa das Ergebnis eines romanischen Vorstosses in früher alemannisches Gebiet hinein zu sehen: die allgemeinen geschichtlichen Verhältnisse und die Analogie der spätern Entwicklung machen es im Gegenteil wahrscheinlich, dass der burgundisch-romanische Siedelungsbereich ursprünglich noch tiefer ins schweizerische Mittelland einschnitt, als wir mit unsern Hilfsmitteln zu erkennen vermögen.
Wie hinsichtlich der Westgrenze, so fehlt auch über die älteste südliche Ausdehnung des deutschen Gebietes jegliche bestimmte Kunde. Doch ist man wohl allgemein darin einig, dass die alemannischen Siedelungen anfänglich nur das flachere Land erfüllten 1) [1) Für etappenweise Ausbreitung auch hier scheinen gewisse sich wiederholende Ortsnamengruppen zu sprechen (vergl. den Anzeiger für schweiz. Geschichte. 1886, 1 ff.).] und sich erst nach und nach in die Thäler der Vor- und Hochalpen vorschoben.
Ursachen und Verlauf dieser Bewegung im einzelnen sind in Dunkel gehüllt; als sicher darf gelten, dass es sich um eine friedliche Durchdringung des nur wenig dicht von Romanen bevölkerten Alpenlandes handelte. Die Germanisierung der Urschweiz vollzog sich zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert, wo sie durch urkundliche Zeugnisse feststeht. Aber es fragt sich, ob sie damals schon ganz abgeschlossen war; wenigstens scheinen die freilich vereinzelten romanischen Flurnamen, die sich über Schwyz, Unterwalden und besonders Uri zerstreut finden, für teilweise längere Dauer des romanischen Elementes zu sprechen.
Dass überhaupt die eingewanderten Alemannen mit der romanischen Alpenbevölkerung geraume Zeit hindurch in enger Berührung gelebt haben müssen, lehrt die starke Einwirkung, welche ihre alpwirtschaftliche Terminologie von derselben erfahren hat und welche sich nur daraus erklärt, dass die Romanen auch auf diesem Gebiete die Lehrmeister der Germanen gewesen sind. Um die selbe Zeit ungefähr wie die Waldstätte mag das Berner Oberland zum Teil von den Alemannen besiedelt worden sein: hier wie dort hat die vordeutsche romanische Bevölkerung nicht nur in Ortsnamen, sondern auch in einzelnen Flurnamen (so in der Gegend des Brienzersees) Spuren ihres Daseins hinterlassen.
Wahrscheinlich ins 9. Jahrhundert sind endlich die Anfänge der deutschen Kolonisation des Oberwallis zu setzen, das nach Ausweis zahlreicher, über das ganze Gebiet verteilter undeutscher Ortsbezeichnungen bis dahin ebenfalls eine romanisierte Bevölkerung hatte. Gegen eine spätere Zeit der deutschen Besiedlung spricht das fast gänzliche Fehlen romanischer Flurnamen in den obersten Zenden, gegen eine frühere der Charakter der deutschen Ortsnamen, die mit wenigen Ausnahmen dem jüngern sog. Flurnamentypus angehören (J. Zimmerli: Die deutsch-französische Sprachgrenze III, 88). Woher die deutschen Siedler kamen, ist nicht überliefert. Da indessen der Osten, Süden und Westen 1) [1) Der Osten (das Ursernthal) war im 9. Jahrhundert und auch später noch sicher romanisch.
Warum an burgundische Einwanderung von Westen her nicht zu denken ist, begründet Zimmerli a. a. O. zutreffend damit, dass Anzeichen burgundischer Siedelung im Mittel- und Unterwallis völlig fehlen.] so gut wie ausgeschlossen sind, kann nur der Norden, das Berner Oberland in Frage kommen, und zwar in erster Linie das Haslethal, schon deswegen, weil die Germanisierung des Rhonethals ohne Zweifel von oben nach unten vorgeschritten ist. Dass zwischen dem Oberwallis und Berner Oberland alter Zusammenhang und Verkehr bestand, ist eine vielfach beglaubigte Tatsache; dazu kommt die ausserordentlich nahe sprachliche Verwandtschaft zwischen den beiden Gebieten, die durch unsere Annahme die einfachste Erklärung findet 2). [2) Natürlich würde die (z. B. von Studer: Walliser und Walser, S. 31 ff. vertretene) umgekehrte Annahme, dass das Berner Oberland vom Wallis aus besiedelt worden sei, diese Tatsachen ebenso gut erklären, sie scheitert aber, von andern Schwierigkeiten abgesehen, schon daran, dass dann die Herkunft der deutschen Walliser ein völliges Rätsel bliebe. Dass später vom Wallis aus einzelne Kolonien nach dem Oberland entsandt wurden, soll damit nicht bestritten sein, steht auch mit unserer Annahme nicht im Widerspruch.]
Mit etwas grösserer Sicherheit lässt sich die ältere Entwicklung der östlichen Sprachgrenze bestimmen, wenn schon auch hier, besonders was die zeitliche Fixierung der einzelnen Vorgänge angeht, manches zweifelhaft bleibt. Sicher ist zunächst, dass im Norden jenes Gebietes, das nach unsrer frühern Grenzbestimmung ehemals zur Provinz Rätien gehörte noch lange nach der alemannischen Einwanderung Reste romanischer Bevölkerung, seien es Rätoromanen oder romanisierte Helvetier, sich behauptet haben.
Wir wissen, dass noch im 7. Jahrhundert in der Gegend von Bregenz romanisch gesprochen wurde; noch zu Anfang des 8. Jahrhunderts werden die Bewohner des alten Arbon Romani (bei Walahfrid Strabo Retiani) genannt, ja noch im 10. Jahrhundert scheint in der Nähe von St. Gallen das romanische Idiom fortgelebt zu haben (vergl. A. Holtzmann: Kelten und Germanen. S. 131 ff.). In gleicher Richtung weist eine sprachliche Tatsache. Die heutige Mundart im obern und mittlern Thurgau und im angrenzenden Teil des Kantons St. Gallen, dem sog. Fürstenland 3), [3) ohne die Stadt St. Gallen selbst, die wie das angrenzende Appenzell die Affrikata hat.] teilt mit der Mundart im Rheinthal vom Hirschensprung aufwärts bis über Chur hinaus, im ganzen St. Galler Oberland, im Gaster- und Glarnerland - also auf ausnahmslos alträtischem Boden - die Eigentümlichkeit, dass urdeutsches k in den Verbindungen nk und kk statt der sonst 4) [4) mit Ausnahme des Nordwestens, wo die Erscheinung aber, wie sich zeigen wird, anders zu beurteilen ist.] im Südalemannischen herrschenden Affrikata kχ als reine Fortis k (gg) erscheint: teŋkə, tekkə (= denken, decken) für teŋkχə, tekχə. 5) [5) Eine erklärende Tabelle der im Abschnitt «Sprachen und Mundarten» zur Verwendung gekommenen phonetischen Zeichen findet der Leser weiter hinten.] Es scheint mir sicher, dass das nicht als «unterbliebene Lautverschiebung», sondern aus einer Veränderung zu erklären ist, die das alemannische Deutsch in romanischem Munde erfuhr, indem dieser den ihm fremden Laut kχ durch das ihm geläufige k ersetzte, wie das ja noch jetzt deutschsprechende Romanen tun. 6) [6) Dass die Mundart neben der «romanischen Fortis» doch das tiefe schweizerische χ hat (in χind, starχ usw.), ist freilich auffällig. Im Churer Rheinthal, das erst viel später zum Deutschen übergegangen ist (s. u.), wird denn auch weiter vorn artikulierter Reibelaut gesprochen, der mehr wie starkes bezw. geminiertes h klingt (im Anlaut kh). Aehnliches werden wir auch für das nördliche Gebet vorauszusetzen haben; im Laufe der Jahrhunderte ist dann aber aus der Nachbarschaft das tiefe χ eingedrungen und als einzige Erinnerung an die romanische Zunge unsre Fortis geblieben, die übrigens in der Gegenwart auch vor der gemeinschweizer. Affrikata kχ im Zurückweichen begriffen ist.] ¶