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Dem italienischen Sprachgebiet gehörten 1850 an die Bezirke Moesa und Bernina, 2 Gemeinden des Bezirkes Albula (Bivio oder Stalla und Marmels oder Marmorera), sowie die 6 Gemeinden des Kreises Bergell (Bezirk Maloja). Heute herrscht das Italienische im Bezirk Albula in den Gemeinden Bergün und Filisur (dagegen nicht mehr in Stalla und Marmels) vor und hat es im Bezirk Maloja ausser im Kreis Bergell auch noch in Bevers und St. Moritz die Majorität erlangt. Diese Erscheinung ist aber nur vorübergehend und rührt von den zur Zeit der Zählung am Bau der Albulabahn beschäftigten italienischen Arbeitern her. Die Gemeinde St. Moritz ist bemerkenswert mehrsprachig 504 Ew. italienischer, 475 Ew. deutscher, 433 Ew. romanischer und 191 Ew. anderer Sprache (eine Folge der Wintergäste).
III. Bewegung der Bevölkerung durch Ehe, Geburt, Tod etc.
1. Ehe.
a) Eheschliessungen. Die Nachrichten, die wir über die Heiraten in der Schweiz besitzen, bleiben bis 1867 fragmentarisch. Im Kanton Neuenburg wurde auf Veranlassung des Königs Friedrich II. von Preussen die Bewegung der Bevölkerung durch Ehe, Geburt und Tod seit 1760 verzeichnet. Aehnliche Aufzeichnungen erfolgten auch in den Kantonen Bern, Waadt, Basel, Appenzell, Zürich, Glarus und Genf, doch beschränken sich diese Angaben oft nur auf eine einzige Stelle des Kantons, d. h. meist auf dessen Hauptstadt, und auf einen begrenzten Zeitraum 1). [1) Genf besitzt für den Umkreis der Stadt eingehende Nachweise über die Bewegung der Bevölkerung seit 1519. Im 16. Jahrhundert fehlen einige Jahre und Teile von Jahren, während die Ziffern seit 1616 lückenlos aufeinanderfolgen.]
Auf Veranlassung ihres Ministers des Innern Rengger wagte die Helvetische Republik umfassendere Erhebungen dieser Art anzuordnen, doch verhinderten die Zeitumstände die Verwirklichung des Planes, so dass zu Beginn des letzten Jahrhunderts Neuenburg immer noch der einzige Kanton war, der für sein ganzes Gebiet regelmässige demographische Erhebungen veranstaltete. Nach und nach folgten andere Kantone diesem Beispiel nach, so dass 1848 in dreizehn Kantonen übersichtliche Tabellen über die Bewegung der Bevölkerung aufgestellt zu werden pflegten.
Bundesrat Franscini versuchte dann, die ganze Angelegenheit von Bundes wegen an Hand zu nehmen, erzielte aber mit seiner Anregung keinen allgemeinen Erfolg. Von Neuem aufgenommen wurde der Gedanke durch das 1860 eingerichtete eidgenössische statistische Bureau, doch erhielt er erst feste Gestalt, als die Landesregierung von Glarus auf wiederholtes Verlangen hin die Aufstellung eines für alle Kantone gemeinsamen Formulares erwirkte. Die letzten Kantone schlossen sich der Neuerung erst im Jahr 1867 an. Seither sind die Resultate der Erhebungen vom eidgenössischen statistischen Bureau für jedes einzelne Jahr und zusammenfassend auch für die Zeiträume von 1867-1871 und von 1871-1890 veröffentlicht worden.
Die Publikationen über einzelne Jahre führten bis 1875 den Titel Geburten, Sterbefälle und Trauungen in der Schweiz, haben 1876 und 1877 den Titel Die Bevölkerungsbewegung in der Schweiz erhalten und werden seit 1878 unter dem Titel Die Bewegung der Bevölkerung in der Schweiz herausgegeben. Die beiden zusammenfassenden Publikationen, von denen namentlich die grössere von Wert ist und uns als Grundlage zu unsern Betrachtungen gedient hat, führen den Titel Geburten, Sterbefälle und Trauungen in der Schweiz von 1867-71, sowie Ehe, Geburt und Tod in der schweizer. Bevölkerung während der zwanzig Jahre 1871-1890 (3 Teile).
Eine interessante Frage ist in erster Linie diejenige, ob man sich heute häufiger oder seltener verheirate, als in früheren Jahren. Die Statistik zeigt, dass die Ergebnisse der einzelnen Jahre ziemlich beträchtlich voneinander abweichen. Es betrug die Anzahl der Eheschliessungen in der Schweiz während der Jahre 1871-1904:
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Jæhrliche Zu- und Abnahme der Bevœlkerung von 1850-1900.
Lief. 191.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
Jährliche Abnahme
░ mehr als 1‰
▒ von 0-1‰
Jährliche Zunahme
░ von 0-1‰
░ von 1-2,5‰
▒ von 2,5-5‰
▒ von 5-10‰
▓ von 10-20‰
▐ mehr als 20‰
Nach dem Eidg. Stat. Bureau.
JÆHRLICHE ZU- UND ABNAHME DER BEVŒLKERUNG VON 1850-1900. ¶
Gesamte Zu- und Abnahme der Bevœlkerung von 1850-1900.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
Abnahme der Bevölkerungszahl
░ mehr als 10%
▒ von 10%-0%
Zunahme der Bevölkerungszahl
░ von 0%-10%
░ von 10%-25%
▒ von 25%-50%
▒ von 50%-100%
▓ von 100%-200%
▐ mehr als 200%
GESAMTE ZU- UND ABNAHME DER BEVŒLKERUNG VON 1850-1900. ¶
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Jahr | Jahr | Jahr | Jahr | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
1886 | 20080 | 1891 | 21264 | 1896 | 23784 | 1901 | 25379 |
1887 | 20646 | 1892 | 21884 | 1897 | 24954 | 1902 | 25128 |
1888 | 20706 | 1893 | 21884 | 1898 | 25114 | 1903 | 25283 |
1889 | 20691 | 1894 | 22188 | 1899 | 25412 | 1904 | 25502 |
1890 | 20836 | 1895 | 22682 | 1900 | 25537 | ||
Jahresmittel 1886/90: | 20592 | 1891/95 | 21980 | 1896/1900 | 24960 | 1901/1904 | 25323 |
Die sehr grosse Ziffer des Jahres 1875, die erst 22 Jahre später wieder auftritt, ist der Perspektive des Inkrafttretens der Zivilehe auf den zuzuschreiben. So zeigte z. B. der Kanton Luzern in den Jahren 1873, 1874 und 1875 je 1114, 1661 und 1587 Eheschliessungen, die dann in den folgenden Jahren auf 1094, 941, 914 etc. sanken und die Ziffern für 1874 und 1875 bis jetzt nicht wieder erreicht haben.
Für die Schweiz als Ganzes betragen die Verhältniszahlen der Eheschliessungen auf je 1000 Ew. für die Jahre 1871-75: 7,3;
7,9;
7,6;
8,3;
9,0‰. Letztere Zahl für das Jahr 1875 ist seither nicht wieder erreicht worden. 1876 und 1877 sank die Proportion auf 8,1 und 7,9;
1878 betrug sie 7,4‰. 1880-82 hält sie sich mit 6,8 auf der geringsten Höhe, um während der vier folgenden Jahre wieder bis 6,9‰ sich zu heben.
Von da an hat sie sich dann bis heute beständig zwischen 7,0 und 7,8‰ gehalten. Die letzte berechnete Ziffer, die für 1904, beträgt 7,5‰. Wenn man von der als Ausnahme aufzufassenden Ziffer für 1875 absieht, erscheinen als die beiden Extreme die Zahlen 6,6 und 8,3‰. Das Mittel für den 35jährigen Zeitraum 1870-1904 beträgt 7,4 Eheschliessungen auf je 1000 Einwohner und entspricht genau dem Mittel für die Periode 1871-1890, für welche folgende Tabelle die Durchschnittszahlen (auf je 1000 Ew.) der einzelnen Kantone zeigt:
Eheschliessungen | |
---|---|
Basel Stadt | 9.1 |
Genf | 8.8 |
Zürich | 8.5 |
Appenzell A. R. | 8.5 |
Neuenburg | 8.1 |
Glarus | 7.9 |
Appenzell I. R. | 7.8 |
St. Gallen | 7.8 |
Thurgau | 7.5 |
Solothurn | 7.4 |
Basel Land | 7.4 |
Zug | 7.3 |
Bern | 7.2 |
Schwyz | 7.2 |
Waadt | 7.2 |
Luzern | 7.0 |
Nidwalden | 6.8 |
Schaffhausen | 6.8 |
Aargau | 6.8 |
Freiburg | 6.4 |
Graubünden | 6.3 |
Tessin | 6.2 |
Uri | 6.1 |
Wallis | 6.0 |
Obwalden | 5.8. |
Da die Anzahl der Erwachsenen und somit auch das Verhältnis der Ehemündigen zu der Gesamtzahl der Bewohner in den Städten durch die Zuwanderung übermässig gesteigert wird, erscheint es normaler, das relative Verhältnis der Eheschliessungen zu der Anzahl der im ehemündigen Alter stehenden Personen zu berechnen. In diesem Sinn hat die eidgenössische Statistik für den Zeitraum von 1871-1890 folgende Tabelle aufgestellt:
Durchschnittliche jährliche Anzahl der Eheschliessungen auf je 1000 im ehemündigen Alter stehende ledige Männer. | |
---|---|
Glarus | 77 |
Appenzell A. R. | 72 |
Basel Stadt | 65 |
Zürich | 64 |
Appenzell I. R. | 62 |
Schaffhausen | 61 |
Neuenburg | 61 |
Genf | 59 |
Basel Land | 56 |
St. Gallen | 56 |
Thurgau | 54 |
Solothurn | 53 |
Tessin | 53 |
Bern | 51 |
Schwyz | 50 |
Aargau | 49 |
Waadt | 49 |
Zug | 46 |
Nidwalden | 44 |
Graubünden | 42 |
Luzern | 38 |
Freiburg | 38 |
Obwalden | 37 |
Wallis | 37 |
Uri | 34 |
Schweiz: | 52 |
Wie man sieht, ist der Unterschied zwischen den beiden extremen Ziffern ein ganz gewaltiger: Auf je 100 Männer, die sich im Kanton Glarus verheiraten, verehelichen sich im Kanton Uri blos deren 44. Von den 182 Bezirken (Solothurn zu 5 Bezirken statt wie heute zu 10 gerechnet) des ganzen Landes gab es in dem genannten Zeitraum deren 92 mit weniger als 50, deren 39 mit je 50-55 und deren 51 mit mehr als 55 jährlichen Eheschliessungen auf je 1000 ehemündige Männer. Das ausserordentlich niedrige Minimum zeigt der Bezirk Leventina mit 27, während die Maxima im Bezirk Biel auf 79 und im Appenzeller Hinterland sogar auf 85 ansteigen.
Die Verteilung auf die Berufsbedingungen der einzelnen Bezirke zeigt folgende Durchschnittszahlen der Eheschliessungen: 59‰ für 65 industrielle, 47‰ für 69 gemischt industriell-agrikole und 42‰ für 48 agrikole Bezirke. Die Tatsache, dass die agrikolen Bezirke weit weniger Heiraten aufweisen als die industriellen, ist keineswegs eine zufällige, sondern zeigt sich für jede einzelne der 5jährigen Perioden als konstante Erscheinung. Auch die Konfession übt auf die Anzahl der Eheschliessungen einen unmittelbaren Einfluss aus, indem sich die Katholiken weniger häufig verheiraten als die Reformierten, wie aus folgender Tabelle zu ersehen ist:
Herrschende Konfession | Industrielle Bezirke | Gemischt ind.-agrikole Bezirke | Agrikole Bezirke |
---|---|---|---|
Protestantismus | 62 | 49 | 47 |
Katholizismus | 51 | 45 | 39 |
Weniger auffällig erscheint der Unterschied mit Bezug auf die Muttersprache. Die katholischen Bezirke italienischer Sprache haben eine ziemlich grosse ¶