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Zeitraum | Zahl der Epizentren | Mittlere jährliche Bebenhäufigkeit | Seismizität in km* | |
---|---|---|---|---|
Schweizer Jura | 1850-97 | 47 | 4.65 | 30.0 |
Mittelland | 1876-97 | 85 | 7.09 | 34.4 |
Seengebiete | 1879-97 | 104 | 6.26 | 43.1 |
Nordküste des Genfersees | 1876-97 | 24 | 3.58 | 25.3 |
Ober Wallis | 1856-97 | 32 | 3.14 | 13.9 |
Unter Wallis | 1879-97 | 24 | 3.58 | 25.3 |
Graubünden | 1879-97 | 35 | 4.78 | 36.7 |
Engadin | 1879-97 | 37 | 5.50 | 21.6 |
Total | . | 388 | 38.58 | . |
* Die Seismizität ist die in km ausgedrückte Seitenlänge eines Quadrates, in welchem jährlich ein Erdbeben stattfindet. Um dieselbe zu finden, dividiert man die Gebietsfläche durch die Zahl der Beben und bestimmt den Umfang des als Quadrat angenommenen Flächenquotienten. Man könnte ebensogut die Seismizität in Quatratkilometern ausdrücken.
Von 1700 bis 1854 werden nicht weniger als 1019 Erdbeben erwähnt und zwar im Glarnerland allein während des 18. Jahrhunderts deren 181. Von 1880 bis 1891 wurden 585 Einzelstösse verspürt.
Die wichtigsten Schweizerbeben sind folgende:
1356, 18. Okt. Erdbeben von Basel, in ganz Westeuropa verspürt. (Rheinsenkebeben).
1755, 9. Dez. Wallis, besonders die Umgebung des Simplon.
1855, 25. Juli und folgende Monate. Visp-Sitten (Mittelwalliserbeben). Zerstörungen an Gebäuden, Erdrutsche und Felsstürze. Verspürt wurden bis 6. September 140 Einzelstösse. In ganz Mitteleuropa verspürt. (Alpines Beben).
1879, 4. Dez. Allevard-Genf-Lausanne. (Westalpines Randbeben).
1880, 4. Juli. Beben von der Poebene bis Schwarzwald; die ganze Schweiz umfassend, auf 305 km in der Längsrichtung und 280 km quer darauf verspürt. (Alpin-Jurassisches Beben).
1898, 6. Mai. Westschweizerisches Alpin-Jurassisches Beben, in Ostfrankreich, Elsass und Schwarzwald verspürt.
1901, 22. Mai. Beben zwischen Basel und Mülhausen. (Rheinsenkebeben).
1905, 29. April. Beben von Martinach-Chamonix. In Ostfrankreich und fast der ganzen Schweiz, Norditalien etc. verspürt. (Westalpines Längsbeben).
8. Geschichte der Geologie der Schweiz.
Während die wertvollen oder für den Menschen brauchbaren Mineralien und Metalle schon seit langer Zeit Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit gewesen sind, war dies für diejenigen Objekte und Tatsachen, die heute in das Gebiet der Geologie einschlagen, keineswegs der Fall. Die Geologie befasst sich mit der Kenntnis des Aufbaues des Felsgerüstes der Erde und der Geschichte der Entwicklung dieses Gerüstes von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, sowie besonders mit der Erkenntnis der Naturkräfte, deren Wirkungen das Relief des Bodens, sowie die Daseinsbedingungen und die Aufeinanderfolge der lebenden Wesen geschaffen haben. Schon die Höhlenbewohner der paläolithischen Zeit sammelten Versteinerungen, wahrscheinlich aus blosser Neugierde oder um sie zu Schmucksachen zu verwenden, wie sie auch lebhaft gefärbte Meeresmuscheln im Lauf ihrer Wanderungen bis weit ins Innere des Erdteiles ¶
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mitgeführt haben. Die ersten geologischen Untersuchungen auf Schweizer Boden datieren aus dem 16. Jahrhundert und bezogen sich auf die Versteinerungen, die Konrad Gessner (1516-1565) unter dem Namen der Figurensteine (Lapides figurati) beschrieb. Dieser Gelehrte nennt und bildet verschiedene Fossilien ab, von denen ihm die einen als tierischen Ursprunges erscheinen, während er die andern für blosse ungewöhnliche Spielereien der Natur hält. Mit Fossilien aus dem schwäbischen Lias beschäftigte sich Bauhin in Basel. Ein Jahrhundert später erklärte der Luzerner Karl Niklaus Lang (1670-1741) die Versteinerungen als autogene Produkte der Erdrinde, d. h. als Bildungen, die im Innern der sie umschliessenden Gesteine an Ort und Stelle entstanden seien.
Fast zur gleichen Zeit begründete der Zürcher Arzt und Professor J. J. Scheuchzer (1672-1733), ein Mann von umfassendem Wissen und sozusagen der Vorläufer der modernen schweizerischen Naturforscher, eine ganz neue Theorie, indem er die Fossilien als Zeugen der Sintflut ansah, nachdem er zuerst ebenfalls Anhänger der Ansicht von ihrer zufälligen Entstehung gewesen war und sie daher als Naturspielereien (Naturae jocantis ludibria) bezeichnet hatte. Er untersuchte u. a. die Fische des tertiären Süsswasserkalkes von Oeningen und der Glarner Schiefer.
Das in Oeningen aufgefundene Skelett eines grossen Salamanders, das er für das Gerippe eines Menschen (des sog. Homo diluvii testis) hielt, lieferte ihm einen unanfechtbaren Beweis für die einstige Existenz der Sintflut. Sein Werk über die fossilen Pflanzen (Herbarium diluvianum, 1723) umfasst eine Sammlung von sehr verschiedenartigen, aber bewundernswert schön gezeichneten Formen. Das nämliche gilt für den mit zahlreichen gestochenen Bildertafeln ausgestatteten Traité des Petrifications, den Louis Bourguet als gemeinsame Arbeit mehrerer «curieux» des Fürstentums Neuenburg 1742 in Neuenburg und Paris veröffentlicht hat.
Mit Hor. Bén. de Saussure (1740-1799) und seinem Zeitgenossen J. A. de Luc (1727-1817) erhält die eingehende und scharfe Beobachtung der Natur selbst das Uebergewicht, die sich aber zunächst von den stets unklaren und wenig begründeten Spekulationen der Gelehrten der vorangehenden Jahrhunderte noch nicht loszusagen vermochte. Saussure und de Luc waren schon in der Lage, die vom deutschen Geognosten Werner (1749-1817) ausgehenden neuen Lehren für ihre Arbeiten nutzbringend zu verwerten. In seinen Voyages dans les Alpes stellte Saussure den Unterschied zwischen den Urgesteinen (terrains primitifs) und den Sedimenten fest, welch' letztere ihm als an die erstern angelagert erschienen, und erkannte er u. a. die Tatsache der Fächerstruktur der Zentralmassive. Er glaubte zwar, dass die Aufbiegung der Schichten die Folge einer Art von Krystallisation sei, erklärte aber später doch selbst, dass verschiedene dieser aufgerichteten Schichten ursprünglich horizontal gelegen haben müssten.
Trotz seiner richtigen Beobachtung, dass die geglätteten Felsflächen und die von ihm selbst «roches moutonnées» genannten Rundhöcker ihre Entstehung der Arbeit der Gletscher zu verdanken hätten, schloss er doch aus dem Vorhandensein der erratischen Blöcke auf mächtige Ueberflutungen zurück, die sich infolge des Hineinstürzens der Wasser in unterirdische Höhlungen ereignet haben sollten. De Luc ist der Urheber des Ausdruckes «Geologie», hat aber in seinem Traité de Géologie eine Masse von Erscheinungen zusammengefasst, die mit der geologischen Wissenschaft kaum noch etwas gemein haben, und auf geologischem und geophysischem Gebiet ganz eigenartige Anschauungen entwickelt.
Dahin gehörten u. a. die merkwürdigen Theorien, dass der Erdball ursprünglich vergletschert gewesen und dann durch die Einwirkung der Sonne erwärmt und für lebende Wesen bewohnbar gemacht worden sei, sowie dass im Erdinnern in verschiedenen Höhenstufen grosse Höhlungen vorhanden gewesen seien, deren Einsturz die Umrissformen der Kontinente und Meere geschaffen hätte. Bis zu dieser Zeit hatten sich die Gelehrten mit Vorliebe auf spekulative Betrachtungen ¶