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der Kreide, ja sogar auf der Juraformation (nördliches Juragebiet) auflagert. Die mittlere und obere Kreide fehlt im Jura ebenfalls auf weite Strecken oder ist als Ueberrest der während der langen Trockenlegung dieses Gebietes (Eozänepoche) durch die Erosion abgetragenen Schichtendecke nur rudimentär vertreten.
Die sog. Quartärbildungen finden sich sowohl in den Alpen als im Mittelland und auch im Jura verbreitet. Unter ihnen ragen besonders die Gletschergebilde hervor, welche kurz nach der Auffaltung des Alpengebirges und der Juraketten durch die Einwirkung grosser Gletscher entstanden sind. Diese letztern dehnten sich von den jetzigen - als spärliche Ueberbleibsel jener Zeit zu betrachtenden - Gletschern bis an den Jura aus und griffen sogar auf die jenseitige Abdachung dieses Gebirges hinüber.
Die abtragende Wirkung der Gletscher hatte zur Folge, dass überall da, wo Gletscher vorhanden waren, sowohl Spuren von deren Erosion als auch von deren Sedimentation zu finden sind. Letztere Tätigkeit führte zur Bildung der Moränen und der fluvioglazialen Schotter. Die Gletscherablagerungen lassen sich in folgender Weise gliedern:
Wallmoränen (Rand- und Stirnmoränen), aus Blockmaterial bestehend. Je nach dem Ort und der Einwirkung von Schmelzwasser sind die Randmoränen mit viel Geröllen und Sand gemengt oder auch mehr oder weniger geschichtet.
Grundmoränen, unter dem Gletscher entstanden, bilden ausgebreitete Decken von Lehm und Sandlehm mit gekritzten Geschieben; Bänderton, d. h. feingeschichteter Gletscherschlamm, der in gestauten subglazialen Wassertümpeln abgelagert worden ist. Zur Grundmoränenerscheinung gehören noch die sog. Drums oder Drumlins, d. h., vom Gletscher abgeschliffene Rundhöcker in der Grundmoräne, welche konkaven Stellen an der Unterfläche des Gletschers entsprechen (immer an derselben Stelle entstehende Spalten). Schmelzwasser, die von der Oberfläche durch Spalten zur Grundmoräne hinunter gelangten und auf dieser abflossen, konnten geschichtete Geschiebemassen in die Grundmoränen ablagern, durch welchen Vorgang sich die sog. Kames bildeten.
Vor dem Stirnrand der Gletscher und an allen bedeutenden Abschmelzstellen (Gletscherzungen) bildet das Schmelzwasser die Gletscherbäche, die sowohl vom Gletscher abgeschwemmte Felsentrümmer, als auch vom Gletscherboden stammendes Schleifmehl und Sand abführen. Das derart mit Geschiebematerial gesättigte Wasser lagert vor dem Gletscherende in den Thalrinnen die Terrassenschotter ab, d. h. ausgebreitete Kies- und Sanddecken mit Aufgussstruktur.
In den Gletscherbildungen finden sich hin und wieder, aber meist nur selten, Ueberreste der Lebewesen jener Zeit. Da es drei bis vier zeitlich voneinander getrennte Gletscherablagerungen gibt, liegen die verschiedenen Gebilde oft übereinander. Im Allgemeinen finden sich in den tiefer unten gelegenen Abschnitten der jetzigen Alpenthäler viele Schleifspuren, während in der Höhe oder in den oberen Thalrinnen Randmoränen der Rückzugsperiode sichtbar sind. Grundmoräne ist hier nicht sehr verbreitet, während sie auf dem Mittelland eine bedeutende Rolle spielt, indem ihr toniges Material zusammen mit den erwähnten Einlagerungen von Kames, oder, wo der Gletscher sich ausbreiten konnte, mit den unterbrechenden Drums auf jeder Felsstufe, auf jedem Hügel und besonders auf flachen Plateaux überall liegt.
Dem Jura entlang findet sich eine ununterbrochene Stirn- und Randmoräne des diluvialen Rhonegletschers, während der Aare-, der Reuss-, der Limmat- und der Rheingletscher ihre Stirnmoränen auf dem Mittelland selbst oder über dessen nördliche Grenze hinaus auf dem Juraplateau abgelagert haben.
Dieser kurzen Uebersicht mag nun eine eingehendere Darstellung der Schichten folgen. Es ist aber nicht möglich, ein durchgehend anwendbares Schema der Schichtenfolge und Schichtenbeschaffenheit aufzustellen, da in der horizontalen Ausbreitung derselben Serie bedeutende Veränderungen in der Mächtigkeit und Beschaffenheit zeitlich gleichartiger Gebilde vorkommen können. Gewisse Schichtenkomplexe fehlen sogar ganz, so dass die sog. stratigraphischen Lücken sich einstellen.
Da nun ausserdem im Mittelland ausschliesslich tertiäre Schichten vorkommen, müssen wir notgedrungen für jedes der drei Gebiete eine besondere tabellarische Darstellung geben. [Diese Darstellung wird ebenfalls zum Verständnis vieler, in den verschiedenen Artikeln des Lexikons enthaltenen geologischen Angaben sehr nützlich sein.] Zum durchgehenderen Verständnis der stratigraphischen Begriffe werden die verschiedenen Formationen gleichmässig benannt (internationale Nomenklatur) und je nach der Mächtigkeit Abteilungen erster, zweiter, dritter und vierter Ordnung unterschieden, nämlich Gruppen, Systeme, Serien und Stufen, welchen die zeitlichen Begriffe Aera, Periode, Epoche und Alter entsprechen. In der vorangehenden Tabelle sind nur die Abteilungen erster und zweiter Ordnung enthalten. Es ist aber nötig, auch noch die verschiedenen Stufen aufzuzählen, weil dadurch erst die oft weitgehenden Unterschiede in der Beschaffenheit der Schichten besonders deutlich zum Ausdruck kommen.
1. Alpen.
Der mächtige Schichtenkomplex, welcher heute die Alpen aufbaut, nahm ursprünglich ein vielleicht zehnmal breiteres Areal ein. Die Alpen sind ein Gebiet, wo die Erdoberfläche zusammengeschrumpft ist. Es erscheint daher leicht erklärlich, dass die Schichtenserien von Norden nach Süden sich bedeutend verändern, sowie dass eine an einer bestimmten Stelle vollständig entwickelte Schichtenreihe an einem andern Ort gänzlich fehlt oder in ganz anderer Zusammensetzung und Mächtigkeit auftritt.
Wir müssen somit die verschiedenen sedimentären Zonen voneinander trennen und tabellarisch vergleichend nebeneinander reihen, wobei wir von NW. nach SO. schreiten werden. Es ist ferner noch zu betonen, dass die jetzige Lage verschiedener dieser Zonen, z. B. der Voralpen und Klippenzone, nicht mit der ursprünglichen zusammenfällt, sondern im Gegenteil die Zonen I und II ursprünglich südlich von Zone III, wahrscheinlich sogar zwischen Zone IV und V lagen, mit deren Gesteinen diese Schichtenreihe am meisten Verwandtschaft hat.
Um der Uebersichtlichkeit nicht zu schaden, müssen sehr kurze Bezeichnungen zur Anwendung gelangen und die zu nennenden Leitfossilien auf ein, höchstens zwei Beispiele beschränkt werden, wobei wir meist die allgemein bekannten Spezies auswählen, hin und wieder aber auch solche berücksichtigen, welche im Gebiete selber als besonders charakteristisch auftreten.
Die Zergliederung der Alpen in sedimentäre Zonen beruht hauptsächlich auf den Faziesverschiedenheiten der dieselben aufbauenden Gesteine und Schichten. Hier muss vor allem hervorgehoben werden, dass von N. nach S. und auch von W. nach O. die Schichten eine besondere Faziesänderung erleiden. Die am NW.-Rand der Alpen normal verlaufenden Schichten haben mit denen des Jura grosse Aehnlichkeit und sind deshalb als jurassische oder helvetische Fazies bezeichnet worden.
Dieselbe ist besonders durch das Vorhandensein von mittlerer und oft auch oberer Kreide, eines dreigliedrigen Neokoms (Urgon, Hauterivien, Valangien), schwach entwickelter Trias und endlich auch durch die Nummulitenformation, die zwar dem Jura fehlt, charakterisiert. Die süd- und ostalpine Sedimentreihe, als ostalpine oder Mediterranfazies unterschieden, weist kein mehrgliedriges Neokom auf, indem dieses und die obere Kreide ganz gleichmässig ausgebildet sind; die Trias erscheint hier entweder sehr mächtig und fossilarm, oder dann vielgliedrig und mit zahlreichen organischen Resten.
Die Voralpen der Stockhorn- und Chablaiszone weisen eine der ostalpinen Fazies sehr nahestehende Schichtenreihe auf, welche Erscheinung sich daher erklärt, dass, wie bereits bemerkt, dieses ganze Gebiet zusammen mit den Klippen früher viel südlicher und damit im Kontakt mit der ostalpinen oder mediterranen Fazies gestanden haben muss. Die tiefliegenden Schichten, d. h. die krystallinen Gesteine sowohl als das Karbon, sind in den Voralpen nicht vertreten, wohl aber bei der Ueberschiebung dieser Gebirgsmasse hin und wieder in Gestalt von Fetzen mitgerissen worden. Unter der innern Hochalpenzone und zwischen allen folgenden Gebirgszonen treten hingegen krystalline Schiefer und darunter der Urgneis mit ¶
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Granit-, Diorit- und Syenitmassen auf, d. h. das Grundgebirge mit seinen batholithischen Intrusivmassen.
2. Mittelland.
In diesem Gebiet sind nur mittel- und jungtertiäre Schichten, sowie Quartärablagerungen vertreten. Wahrscheinlich fehlen die alttertiären Nummulitenbildungen ganz. Am Fusse des Jura liegt das obere Oligozän direkt auf der Kreide, ohne dass Mittel- und Unter-Oligozän oder Eozän sichtbar ist. Nur an einzelnen Stellen zeigt sich Bohnerzbildung. Um so ausgezeichneter sind hingegen die Ablagerungen des obern Oligozän und des Miozän entwickelt, und über diesen sowohl als auch in den darin ausgegrabenen Thalrinnen liegen die ausgedehnten Quartärgebilde in Form von Gletscherablagerungen und jüngeren Flusssedimenten.
Während der ganzen mittleren Tertiärzeit war das Mittelland abwechslungsweise Meerbusen und Meerenge oder dann Festland mit mehr oder weniger grossen Binnenseen. Beiderseits ergossen sich Flüsse in diese Wasserbecken, sodass, besonders am Fusse der Alpen, ausgedehnte Deltabildungen sich entwickelten. Diese waren entweder mariner Natur (marine Nagelfluh und Sande) oder setzten sich auch in den zeitweise entstandenen Binnenseen ab. Je nach der Beschaffenheit der Gerölle unterscheidet man Kalknagelfluh und sog. bunte Nagelfluh mit viel krystallinem Gesteinsmaterial (Granit, Gneis, Porphyr etc.)
Diese wechselnden Verhältnisse lassen sich am besten aus folgender Tabelle ersehen. Der weichen Sandsteine (Molasse) wegen,
welche in der Mittelzone und ausserhalb der Flussmündungen vorherrschen, haben die Tertiärablagerungen
des schweiz
erischen Mittellandes die Bezeichnung Molasseformation erhalten, welcher Name allerdings auch oft auf gar nicht
sandsteinartige Ablagerungen angewandt wird.
Formationsreihe des Mittellandes | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Gruppen | Systeme | Serien | Stufen | Leitfossilien | Juraseite | Mittlere Zone | Alpenrand |
Tertiär oder Kainozoikum | Oberes Neogen (Quartär) | Holozän | Alluvien | Jetzt lebende Wesen | Alluvionen der Flüsse und Seen. Torf und Tuffbildungen. | ||
. | . | . | Palafittien | Bos primigenius | Pfahlbauten der Bronzezeit (Bielersee etc.). Pfahlbauten der jüngeren Steinzeit (Neolithische Zeit). | ||
: | . | Pleistozän (Dilluvium) | Acheulien | Elephas primigenius | Palaeolithische Niederlassungen (Schweizersbild, Villeneuve etc.). Jüngere Moränen und Terrassen. - Grundmoräne. | ||
. | . | . | Dürntenien | Elephas antiquus | Interglazialzeit. - Schieferkohlen (Dürnten, Uznach etc.). Löss. Moränen und Terrassen der vorletzten Vergletscherung. | ||
. | . | . | Sicilien | Elephas meridionalis | Interglazialzeit. - Aelterer Löss. Moränen und Terrassen der beiden älteren Vergletscherungen. | ||
: | . | Pliozän | Astien | Mastodon arvernensis | Aktive Erosion im ganzen Mittelland. Erste Vertiefung der Thäler. Lokale Seenbildung, deren Spuren abgetragen wurden. | ||
. | . | Plaisancien | Hipparion crassum | ||||
. | . | Pontien | Hipparion gracile | ||||
: | Unteres Neogen Molasseformation | Miozän | Oeningien | Mastodon angustidens | Obere Süsswasser-Molasse. Sandig. | Kalk- und Mergelfazies (Oeningen). | Konglomerat (Nagelfluh) mit Mergeleinlagerungen. |
. | . | . | Helvétien | Ostrea crassissima | Muschelsandstein. Marine Molasse. | Muschelsandstein. Marine Molasse. | Marine Nagelfluh mit muschelführenden Mergeln. |
. | . | . | Burdigalien | Aceratherium incisivum | Grauer weicher Glimmersandstein. | Grauer Sandstein. | Nagelfluh mit limnischen Mergeln. |
. | . | . | Aquitanien | Anthracotherium magnum | Sandige Mergel mit Süsswasserkalk. | Mergel, sandige Mergel, Süssw.-Kalk. Pechkohle. | Grobe Sandsteine. Konglomerate. |
: | Nummulitenformation (Eogen) | Oligozän | Rupélien | Halitherium Schinzi | Kalknagelfluh, Kalk, Sandstein und rote Mergel. | Rote Molasse; rote Sandsteine und Mergel. | Rote Nagelfluh und Sandstein. Rote Molasse. Ralligsandstein. |
. | Tongrien | Palaeotherium magnun | Bohnerzton. | Bohnerz? | Unterer Ralligsandstein? Flysch. | ||
. | Eozän | Bartonien | Fehlt. | Fehlt? | Nummulitenkalk. |
Die Molasseablagerungen des Mittellandes sind wie z. T. auch diejenigen in den Juramulden auf abwechselnde Ueberflutungen dieses Gebietes durch den Ozean, Binnenseebildung und teilweises Trockenlegen zurückzuführen. Demgemäss finden wir hier über der am Jurarand und in den Juramulden, z. T. auch am Alpenrand sich findenden eozänen Bohnerzbildung:
4. Obere Süsswassermolasse (Oeningien).
3. Obere Meeresmolasse (Helvétien).
2. Untere Süsswassermolasse (Aquitanien u. Burdigalien).
1. Untere Meeresmolasse (Rupélien und Tongrien). Diese Aufeinanderfolge ist sowohl in der Westschweiz
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