mehr
Abschnittes des Juragebirges findet sich zwar blos der kleinere Teil all' dieser Ketten auf Schweizer Boden, dafür weist aber gerade der schweizerische Jura, d. h. der gegen SO. vorgeschobene innere Rand des nach NW. konvexen Gebirgsbogens die höchsten Kämme auf. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ist der Jura nichts anderes als ein «abgeirrter Seitenzweig der Alpen» und daher auch das Mittelland blos eine, allerdings sehr breite, Mulde zwischen diesem Seitenzweig und dem Hauptkörper der Alpen.
Nach Thurmann kann man das ganze Juragebirge in 5 Abschnitte zerlegen: den südlichen Jura, den westlichen Jura, den zentralen Jura, den nördlichen Jura und den östlichen Jura, von denen blos die vier letztgenannten dem Schweizerland angehören. Das schweizerische Juragebirge verteilt sich auf die Kantone Waadt, Neuenburg, Bern, Solothurn, Basel, Aargau, Zürich und - wenn wir den sog. Tafeljura mitrechnen - Schaffhausen. Der Tafeljura und Randen besteht zwar aus denselben Gesteinsarten wie der Kettenjura, weist aber einen ganz verschiedenen geologischen Bau auf, so dass er von einzelnen Kennern des Gebirges, wie z. B. L. Rollier, ganz aus dem System des Juragebirges ausgeschieden wird.
Aus der Ferne gesehen, erscheint der Jura als ein einförmiger und wenig gegliederter Gebirgswall. Die einzelnen Kämme liegen parallel hintereinander und werden durch ziemlich tief eingeschnittene und mit einem Flusslauf ausgestattete Querthäler, sowie durch z. T. ebenfalls tiefe Längsthäler voneinander geschieden. Die Längsthäler sind entweder eigentliche Muldenthäler oder dann im Sinne der Längsrichtung in einem Gewölbe ausgewaschene sog. Comben.
Die Muldenthäler des Jura stehen alle durch die Querthäler oder Klusen in Verbindung mit den das Gebirge auf beiden Seiten begleitenden Senkungsfeldern. Diese Klusen können eine Kette entweder blos anschneiden (Halbklusen), oder eine solche völlig durchschneiden (Klusen im engern Sinn), oder endlich auch durch eine Reihe von einzelnen Ketten durchbrechen (zusammengesetzte Klusen). Die Jurafalten bestimmen durch das Mass ihrer Ausbildung und durch ihre Zahl die Höhe der Kette; doch steht diese Höhe nicht, wie man oft behauptet hat, im umgekehrten Verhältnis zur Anzahl der Falten, indem z. B. gerade auf der Linie Cuiseaux-Nyon ein Maximum von Ketten zugleich auch mit den grössten Höhen zusammenfällt.
Die Tätigkeit der Erosion ist es, die die Höhenverhältnisse des Gebirges von S. nach N. geschaffen hat, in welcher Richtung im Innern der ausgewaschenen oder überschobenen Gewölbe der verschiedenen Ketten immer tiefere Schichten zu Tage anstehen. Während das Juragebirge, von weitem gesehen, wenig gegliedert erscheint und den Eindruck einer Reihe von Höhenzügen macht, deren Hänge bewaldet und deren oberste Rücken mit Gras bewachsen sind, erschliesst uns ein genauerer Augenschein die abwechslungsreichsten Formen, besonders in den transversalen Klusen, deren zu beiden Seiten schroff aufsteigende Felswände die Faltenbiegungen mit einer bewunderungswürdigen Klarheit offen legen. Am dichtesten ist die Bevölkerung in den oft tief eingeschnittenen synklinalen Längsthälern, so besonders im Berner, Neuenburger und Waadtländer Jura.
Ihre gewellte
Sohle ist mit
Wiesen und Aeckern bedeckt und schliesst sich beiderseits an die bewaldeten
Gewölbeflanken an, die oft von kleinen Felsenzirken glazialen
Ursprunges (den sog.
Ruz) oder von Halbklusen angeschnitten
erscheinen. Diese letztern führen in
Comben hinauf, die entweder als Antiklinalthäler in den obersten Gipfelkamm
der Kette
oder als Isoklinalthäler in die weichem und leichter verwitterbaren Schichten längs beiden Flanken
der
Kämme eingeschnitten sind und meist von felsigen Hängen beherrscht werden.
Charakteristisch für manche Teile des
Jura ist das Fehlen von Oberflächenwasser. Dies ist der Fall in allen Gebieten, wo
leicht durchlässiger Kalkstein
den Untergrund bildet, was besonders oft in den hoch gelegenen Plateauflächen
zutrifft. Dann tritt das in den Boden eingesickerte
Wasser, das sich zu ganzen unterirdischen Flüssen und
Seen sammelt, in
der
Sohle der
Thäler
(Val de Travers, St. Immerthal etc.) in Gestalt von grossen und mächtigen Quellen wieder zu Tage. Diese
Erscheinung zeigt sich besonders auffallend im südl. und westl., sowie im nördl.
Jura, wo sich weite
Kalkplateaux und abgeflachte, domförmige Gewölbe finden.
Gleichwie zwischen dem Faltenjura und den Horsten der Vogesen und des Schwarzwaldes eine Tafellandschaft, d. h. ein durch die Erosion vielfach zerstückeltes Plateau, vorhanden ist, gibt es auch im Innern der Zone der Juraketten selbst nicht gefaltete Flächen, die aber ausserhalb der Grenzen der Schweiz liegen. Während man diese Gebiete noch mit mehr oder weniger Recht dem Juragebirge zurechnen darf, ist dies für das nahe der Neuenburgergrenze gelegene subjurassische Plateau zwischen Montricher und Concise nicht mehr erlaubt. Dieses besteht zum Teil aus Kalkgestein (Neokom), das ¶
mehr
infolge von Erosion und einigen Dislokationsvorgängen aus dem Tertiär hervorsticht und diese Landschaft in einem gewissen
Sinn mit dem Jura verknüpft, obwohl sie sich ohne die Tätigkeit der Erosion, die die ehemalige tertiäre Decke abgetragen
hat, in nichts vom
übrigen Teil des Mittellandes unterscheiden würde.
Im ganzen genommen ist der Jura eine weniger fruchtbare Landschaft als das Mittelland. Die die obersten
Teile des Gebirges bildenden Kalkrücken entbehren des Oberflächenwassers, weshalb auch die Weiden fühlbar trockener und
öder sind als diejenigen der Alpen, besonders der krystallinen Alpen. Die die obern Gehänge und bei vielen Ketten auch den
Gipfelkamm
oder das Gipfel
plateau bekleidenden Waldungen bestehen der Hauptsache nach aus Nadelhölzern,
während tiefer unten gegen das subjurassische Plateau hin auch Buchen- und Eichenbestände, sowie Mischwälder auftreten.
Ackerbau wird ausschliesslich blos in den Sohlen der Thäler und einiger Comben bis in eine Höhe von rund 1000 m hinauf betrieben.
2. Die Geologischen Formationen (Stratigraphie).
Am Aufbau des Schweizerlandes nehmen sehr verschiedene geologische Formationsglieder Teil, je nach dessen drei Gebieten und in jedem Gebiet wieder je nach der räumlichen Lage innerhalb desselben. Diese Gebilde können von vornherein in zwei Gruppen geschieden werden:
I. Die gebirgsbildenden Schichten und Felsarten.
a) Ursprüngliche, d. h. vor jeder Sedimentation die Oberfläche des Erdballs bildend, also die Erstarrungskruste der Erde (Grund- oder Urgebirge): Gneis und Glimmerschiefer.
b) Sedimentäre oder im Wasser abgelagerte Gebilde, d. h. Substanzen, welche entweder im Meer oder im Innern des Festlandes in Seebecken sich ablagerten. Im Wasser enthaltene Substanzen können sich vorzüglich auf dreierlei Arten niederschlagen:
1. Suspendierte Mineralsubstanzen bilden terrigene Bildungen: Schlamm, Sand, Gerölle - oder nach Verfestigung: Ton und Mergel, Sandstein, Nagelfluh.
2. Gelöste Mineralsubstanz kann sich niederschlagen:
α) direkt als chemischer Niederschlag (z. B. Seekreide);
β) durch Einfluss der Lebewesen (Mollusken, Strahltiere, Korallen etc.), deren feste Körperteile sich zu Schichten anhäufen: Organogene Bildungen, wie Korallenkalk, Nummulitenkalk, Echinodermenbreccie, Muschelkonglomerat etc.
3. Anhäufungen von mineralisierter organischer Substanz - wie Steinkohle, Braunkohle, Torf, Erdöl.
Die Unterschiede in der Beschaffenheit der Sedimente und die Natur und Gruppierung der in diesen Ablagerungen enthaltenen Reste von Lebewesen bedingen die sog. Faziesverschiedenheiten der Sedimente, welche je nach der Art des Wassers (Meer-, Brack- oder Süsswasser oder gar übersättigtes Salzwasser) und der Tiefe oder der Lage im Seebecken ganz getrennte Eigenschaften aufweisen können, trotzdem sie sich zur gleichen Zeit abgelagert haben.
c) Vulkanische Gebilde (Eruptivgesteine), welche die Sedimentären Gebilde sowohl als das Urgebirge durchbrechen und oft bis an die Oberfläche dringen (Laven und Tuffe).
II. Die Aufschüttungsgebilde.
Dieselben sind durch die auf dem Festland tätigen Kräfte entstanden, d. h. durch die Schwerkraft (Gebirgsschutt), das abfliessende Wasser (Bachschutt), Flüsse (Schuttkegel, Delta) oder auch durch blosse Verwitterung (Verwitterungston) und den Einfluss der Vegetation (Dammerde). Die Wirkung der Gletscher kommt hier ebenfalls in Betracht, und zwar für die Entstehung der glazialen und fluvioglazialen Gebilde (Moränen, Kiesterrassen). Auch die Quellenbildungen (Tuff, Sinter) kommen hier zur Geltung, ebenso die Sumpfbildungen (Torf), welche halb limnisch, halb subaerischer Natur sind.
Zeitlich erscheinen die Aufschüttungsgebilde und gebirgsbildenden Gesteine zufälligerweise ziemlich gut voneinander getrennt, indem erstere jünger sind als die letzteren. Doch kommen auch unter letzteren Gebilden solche vor, die ihrer Entstehungsweise nach zu den Aufschüttungsgebilden, ihrer jetzigen Stellung ¶