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kurze, nach dem Rhein sich öffnende Thäler, welche die Hochfläche in eine grössere Anzahl von schmäleren oder breiteren, von steilen Halden flankierten Rücken auflösen. Dies geschieht der Reihe nach durch das Biberthal, das Freudenthal, das Merishauserthal mit seinen Seitenthälern, das Hemmenthalerthal, das Eschheimer- und das Lieblosenthal, das Lange und das Kurze Thal bei Siblingen. Am stärksten schneidet der Klettgau ein, der dem heutigen Rheinthal ungefähr parallel lauft und so den ursprünglichen Zusammenhang zwischen dem eigentlichen Randen im N. und den Höhen des Neuhauser Waldes, dem Laufenberg, Hemming und Wannenberg im S. fast unkenntlich macht. Aber auch das Molasseland im O. ist ganz erheblich zerschnitten. Während das flache Rheingelände bei Stein und das untere Biberthal auf eine ziemlich weite Strecke eine Höhe von 410 bis 420 m einhalten, erhebt sich der prächtig gelegene Hohenklingenberg auf 597 m, der Wolkenstein auf 592 m, und n. von Oberwald wird sogar eine Höhe von 688 m erreicht. Dabei bricht dieser ganze, dem Schienerberg angehörige Molasseblock sehr scharf gegen die Thalsohle des Rhein, der Biber und der Aach ab. An und auf einem ähnlichen Molassehügel liegt die Enklave Rüdlingen Buchberg. Sein Fuss ist am breitesten bei Rüdlingen; gerade hier hat aber die erodierende Tätigkeit des Rhein eingesetzt, und nur durch umfassende Verbauungen wurde es möglich, die völlige Abtragung dieser Terrasse zu verhindern. Im Gebiet des Jura bekommen die Geländeformen auch dadurch einen eigenartigen Charakter, dass die Thäler beim Austritt aus dem Randen oft sich verzweigen. So werden jene wallartigen Höhen abgegrenzt, durch welche der Randen sich allmählig gegen den Rhein abstuft, und so entsteht auch der mehr oder weniger deutliche Gefällsbruch der Thalsohle, wie er im Biberthal bei Thaingen, im Merishauserthal bei der Längenberger Ziegelhütte und unten im Hemmenthalerthal (Hauenthal) vorhanden ist.
Geologie
Das alt anstehende Gestein ist grossenteils marines Sedimentgebirge; im O. und im S. kommt Sediment aus süssem Wasser (Obere Süsswassermolasse) hinzu, und im Gebiet des Rheinthales bis zu Höhen von 500-600 m ist die heutige Beschaffenheit der Bodenoberfläche das Werk glazialer Ablagerungen. Im W. setzt die Schichtenfolge mit der Trias und zwar mit der Anhydritgruppe ein. Diese ist hier durch die ausgedehnten und mächtigen Gipslager von Schleitheim bekannt. Auch der sie überdeckende Hauptmuschelkalk ist noch auf die Gemarkung Schleitheim beschränkt, während dem Keuper schon viel grössere horizontale Ausdehnung zukommt, indem er auch am Hallauerberg noch vollkommen ausgebildet ist. Die Juraformation weist im W. ihre sämtlichen Horizonte auf, während im Merishauserthal nur noch die obern Schichten des Dogger und des Malm erscheinen und im Biberthal sogar nur der obere Malm zu Tage tritt. Wie überall in der N.-Schweiz fehlt auch hier die Kreideformation. Somit bilden also Malmkalke die Bodenoberfläche des Randen, der auch fetzenweise mit Tertiärgebilden von verschiedenem Alter und verschiedener Beschaffenheit überlagert sein kann. So findet sich marine Molasse als Grobkalk (Muschelsandstein) bei Altorf (hart an der badischen Landesgrenze) und eine gleichaltrige, wenig mächtige Ablagerung auf dem Buchberg bei Merishausen. Auch Süsswassermolasse fehlt nicht ganz auf diesen Höhen und findet sich z. B. bei Büttenhard. In grösserer Mächtigkeit werden anderwärts die Malmkalke von Bohnerz und Juranagelfluh überdeckt. Bohnerz und der zugehörige Erzlehm finden sich auf den Höhen von Stetten und Lohn, sowie auf dem das Klettgau auf seiner S.-Seite begleitenden Hügelzug (Laufenberg, Hemming, Rossberg etc.). Ansehnliche Massen von teils loser, teils mehr oder weniger fest verkitteter Juranagelfluh treten im obern Biberthal, auf dem Reiat selbst und stellenweise auch auf dem Hochranden auf. Ist man nun schon geteilter Meinung darüber, ob diese Juranagelfluh aus dem Jura der W.-Schweiz stamme oder aber ein Abschwemmungsprodukt einer einst den Schwarzwald überlagernden und heute dort vollständig verschwundenen Juradecke bilde, so weiss man noch viel weniger über die Herkunft der sog. tertiären Quarzite. Diese erscheinen gewöhnlich erbsen-, bohnen- bis nussgross, gleichmässig aufgestreut auf dem Klosterfeld, viel reichlicher und mit faustgrossen Knollen untermischt im Klosterhau und auf dem Hägliloh. Besonders zahlreich finden sich aber grössere Gerölle derselben mit Malmbrocken vermengt auf dem Reiat (so um Büttenhard), wo sie neuerdings zur Gewinnung eines ausgezeichneten Schottermaterials gesammelt werden.
Dieses lange geologische Zeiträume repräsentierende gesamte Gesteinsmaterial hat nun selbstverständlich im Laufe der Zeit ebenfalls an den Lagerungsänderungen teilnehmen müssen, die man von nähern und entferntere Partien der Erdkruste kennt. Namentlich jene der mittlern Tertiärzeit angehörige mächtige Bewegung, die im S. zur Auftürmung der Alpen und im W. zu den gewaltigen Schichtenstörungen im sogenannten Kettenjura führte, kann auch am Randen nicht spurlos vorübergegangen sein. Aber hier klingt sie förmlich aus und bewirkt blos ein ziemlich gleichmässiges Fallen des ganzen Schichtensystems gegen SO. um einen Winkel von 3-10°. Im N. und O. kam es dagegen zu einem gewaltigen, von einem bedeutenden Absinken des n. und ö. Flügels begleiteten Bruch, der sog. Biberthalverwerfung. Sie ist am leichtesten zu erkennen auf der Strecke vom Kesslerloch bei Thaingen durch das Biberthal bis Opfertshofen. Weiter kann man sie dann über Bargen, den Klausenhof etc. nordostwärts verfolgen, anderseits wird man mit ihr aber auch das Verschwinden des Malm ö. vom Fulachthal in Verbindung bringen und ihre Fortsetzung s. bis in den Rhein unterhalb der Rheinbrücke bei Schaffhausen und westwärts bis gegen die Lägern annehmen müssen. Jenseits dieser Verwerfungslinie tritt die Molasse an die Stelle der Juraformation des Randen und zwar die Obere Süsswassermolasse vom Biberthal bis an den Schienerberg; bei Rüdlingen und Buchberg gesellen sich ihr auch noch ältere Stufen bei. Für das ganze unterhalb 600 m gelegene Areal bildet alpines Gesteinsmaterial die Bodenoberfläche. Seine Mächtigkeit schwankt von kaum 1 dm (Fulachthal ö. von Thaingen, Kleiner Buchberg) bis 100 und mehr Meter (Emmersberg und Enge bei Schaffhausen). Es besteht aus feinem Lehm (in der Thalsohle), Sand und Kies. Der letztere schwankt ausserordentlich in der Grösse des Kornes und ist bald lose, bald mehr oder weniger fest verkittet. Findlinge von 1 bis 60 m3 Grösse sind nicht selten. Nach Entstehungsweise und Alter bieten diese diluvialen Ablagerungen eine Mannigfaltigkeit, wie sie auf einem Terrain von so geringer Ausdehnung nicht grösser sein könnte. Mächtige Grund- und Endmoränen sind ebenso typisch ausgebildet wie vollkommen geschwemmter Flussschotter. Die erste (älteste) Vergletscherung, die sonst nicht so leicht zu konstatieren ist, findet sich in ausgezeichneter Weise vertreten auf dem Neuhauserwald (älterer Deckenschotter); die zweite in den Kies- und Nagelfluhresten (löcherige Nagelfluh) oder jüngerer Deckenschotter auf dem Buchberg bei Thaingen, Hohberg bei Herblingen, Gaisberg und Hohfluh bei Schaffhausen etc.; die dritte oder grosse in der mit Löss bedeckten Terrasse, die sich von Beringen über Löhningen und den Schmerlat
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ins untere Klettgau erstreckt, sowie in der Nagelfluh am rechten Hang des Rheinfallbeckens bis gegen das Schlösschen Wörth; die vierte oder letzte durch die übrigen diluvialen Sand- und Kiesablagerungen unterhalb 550 m Meereshöhe. Der letzten Interglazialzeit, d. h. der eisfreien Zeit zwischen der dritten und vierten Vergletscherung, gehören die Kalktuffe bei Flurlingen an. Sie liegen allerdings auf zürcherischem Boden, sind aber mit dem Diluvium Schaffhausens so eng verbunden, dass man sie immer mit diesem erwähnen wird. Die Lehmaufschwemmungen im Biberthal, im untern Merishauserthal und im obern Klettgau sind postglazial, ebenso die Schutthalden an den Randenhängen und die Schuttkegel, welche von Runsen und Seitenthälern des Randen aus in die Hauptthäler eingebaut sind, sowie endlich auch die durch Abwitterung entstandenen Haufen von Gesteinstrümmern am Fuss einzelstehender Felsen (Schweizersbild) und in der Sohle von Höhlen (Dachsenbühl, Kesslerloch).
Hydrographie.
Die grösste Bedeutung kam von jeher und kommt immer mehr dem Rhein zu. Als grossartige Naturschönheit im Landschaftsbild, als billige Verkehrsstrasse und als ausgibige Kraftquelle kommt sein Einfluss zu vielseitiger Geltung. Sein Wasser zeichnet sich durch einen hohen Grad von Reinheit aus; sein Kalkgehalt entspricht nur 12,5 Härtegraden, und seine Temperatur schwankt zwischen 5° und 21° C. Seine Zuflüsse vom Schaffhauser Gebiet her sind naturgemäss nur unbedeutend, da das Sammelgebiet bei übrigens vollkommen normaler Wasserzirkulation zu klein ist. Das in den Boden eindringende meteorische Wasser erfährt überall vorzügliche Leitung und Filtration, und zwar sowohl in den zerklüfteten Kalken des Malm als in den lockern Kiesen des Deckenschotters auf den Molassehöhen. Die beiden Leitgesteine liegen auf undurchlässigem Mergel und Ton: jene auf Dogger und diese auf Molasse. So entstehen fast für den ganzen Kanton geologisch scharf bestimmte Quellenhorizonte, die dann auch in den letzten Jahrzehnten sorgfältig ausgenutzt wurden. Im leitenden Gestein selbst übte das Wasser stets eine beträchtliche lösende Wirkung aus, wodurch Spalten zu Klüften und diese zu unregelmässigen Höhlen erweitert wurden. Für gewöhnlich bleiben uns diese Hohlräume verborgen. Zur Eiszeit aber, als gewaltige Gletscherbäche die vorhandenen Thäler vertieften und erweiterten und neue ausschwemmten, wurden manche dieser Höhlen freigelegt, so das Kesslerloch bei Thaingen, der Dachsenbühl beim Schweizersbild, die Teufelsküchen im Mühlenthal und oberhalb Beringen. Auch bei Strassenbauten, Wasserfassungen und dergl. können solche Höhlen angeschnitten werden (Wippel bei Thaingen, Büttenhard).
Das im Quellgebiet zu Tage getretene Wasser sollte nun als Bächlein und als Bach dem Rhein zufliessen. Alle unsere Thäler waren aber zeitweise wieder gesperrt und wurden mehr oder weniger hoch mit Schutt aufgefüllt: etwa 6 m im Biberthal, 27 m im Merishauserthal, 8 m im untern Hemmenthalerthal, über 50 m im untern Klettgau und ebenso in einem alten Rheinthal (Gasfabrik bei Schaffhausen-Flurlinger Kalktuff-Neuhausen-Schlösschen Wörth). In diese Schuttauffüllung tritt wieder ein Teil des Quellwassers ein und begleitet den Bach als unterirdischer Grundwasserstrom. Beide, Grundwasser und Bach, bleiben den grössten Teil des Jahres neben einander bestehen. Wenn dann aber im Hochsommer der Erguss des Quellgebietes immer mehr abnimmt, so wird der Bach um so bälder verschwinden, je kleiner sein Einzugsgebiet und je grösser die Schuttmasse in der Thalsohle ist. Es ist dann also nur noch Grundwasser vorhanden, welches aber seiner Beständigkeit wegen vortreffliche Dienste leisten kann. Mit gutem Erfolg wird es benutzt im obern Fulachthal bei Thaingen, im Merishauserthal, sowie im alten Rheinkies bei Schaffhausen und Neuhausen (Rheinfall). Auf diese Weise sind jetzt die meisten Gemeinden des Kantons, Schaffhausen nicht ausgenommen, mit Quell- oder Grundwasser gut versehen, während die Versorgung einiger hoch gelegenen Gemeinden des Reiat noch zu wünschen übrig lässt, da sie allzu schwierig durchführbar ist. Vergl. Meister, J. Eine geolog. Skizze über den Kanton Schaffhausen. Schaffhausen 1892; Meister, J. Neuere Beobachtungen aus den glazialen und postglazialen Bildungen um Schaffhausen. Schaffhausen 1898.
[Prof. J. Meister.]
Klima.
Das Randengebiet gehört trotz seiner nicht unbedeutenden Erhebung zu den niederschlagärmsten Gegenden der Schweiz, da es im Regenschatten des höheren Schwarzwaldes liegt. Es betragen die jährlichen Niederschlagsmengen (1864-1903) für
mm | |
---|---|
Schleitheim | 762 |
Schaffhausen | 812 |
Lohn | 830 |
Unter Hallau | 843 |
Wilchingen | 880 |
Auch die Zahl der Tage mit Niederschlag ist relativ klein: Schaffhausen 144 im Jahr gegenüber 158 in Zürich. Ueber die andern klimatischen Faktoren geben Auskunft die meteorologischen Stationen Schaffhausen, Unter Hallau und Lohn. Die Temperaturmittel (1864-1900) derselben sind folgende:
Schaffhausen (Emmersberg) 437 m | Unter Hallau 450 m | Lohn 635 m | |
---|---|---|---|
Januar | -1,9° | -2,0° | -2,4° |
Februar | 0.2 | 0.2 | -0,1 |
März | 3.3 | 3.3 | 2.8 |
April | 8.5 | 8.6 | 7.8 |
Mai | 12.3 | 12.7 | 11.7 |
Juni | 15.9 | 16.3 | 15.3 |
Juli | 17.7 | 18.1 | 17.2 |
August | 16.6 | 16.7 | 16.4 |
September | 13.7 | 13.8 | 13.6 |
Oktober | 7.9 | 7.8 | 7.6 |
November | 3.1 | 3.2 | 2.5 |
Dezember | -1,1 | -1,1 | -1,7 |
Jahr: | 8,0° | 8,2° | 7,6°. |
Schaffhausen ist verglichen mit anderen Stationen der gleichen Höhenlage im Sommer kühl; der tägliche Temperaturgang zeigt, dass dies auf Rechnung der ausgedehnten Waldungen seiner Umgebung zu setzen ist. Die Temperaturmittel von Hallau lassen eine ausgesprochene Begünstigung dieses durch die Produkte seines Weinbaues berühmten Ortes direkt nicht nachweisen; immerhin kann man sagen, dass ausser dem dem Rebbau zusagenden Boden die Exposition der nach S. offenen Mulden von Hallau von Bedeutung ist. Das auf einem Plateau gelegene Lohn ist - seine Seehöhe berücksichtigt - ziemlich mild; die östl. Partien des Randen, der sog. «Reiat», erlauben, im Gegensatz zu den höheren, bewaldeten Partien im W., den Ackerbau.
Die mittlere jährliche Bewölkung beträgt für Lohn 5,8; für Hallau 6,2 und für Schaffhausen 6,5.
Das hochgelegene Lohn hat die kleinste Bewölkung.
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Nebel tritt am häufigsten auf im Klettgau. Mittlere Zahl der Tage mit Nebel im Jahr in Unter Hallau 66, in Schaffhausen 48 und in Lohm 49.
Hallau besitzt eine längere Reihe von Beobachtungen der Sonnenscheindauer. Dieselbe ergab im Mittel der Jahre 1887/1900 in Stunden:
I. | II. | III. | IV. | V. | VI. | VII. | VIII. | IX. | X. | XI. | XII. | Jahr |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
43 | 91 | 126 | 163 | 190 | 218 | 230 | 239 | 167 | 113 | 46 | 39 | 1665. |
[Dr. R. Billwiller jun.]
Die namentlich in den Thälern eintretende Nebelbildung ist im Frühjahr erwünscht, weil sie dann (besonders bei Frost) ein zu rasches Auftauen verhindert und so die Pflanzen vor dem Erfrieren schützt.
Flora.
Reste ausgestorbener Pflanzen sind nur wenig zahlreich vorhanden. Die interglazialen Kalktuffe von Flurlingen ergaben fast ausschliesslich Blattabdrücke von Bergahorn, nebst Gräsern und einigen Blättchen von Buchs. Während der vierten Vergletscherung verschwand diese Flora, und wenn auf dem Plateau des Hoch Randen allenfalls eine spärliche Vegetation sich zu halten vermochte, so kann sie nur aus alpinen Formen bestanden haben, womit das von Dr. Probst nachgewiesene Vorkommen der Kugelorchis (Orchis globosa) auf dem Hoch Randen übereinstimmen würde. Während des nun folgenden langsamen Gletscherrückzuges werden auch in der Tiefe zunächst noch alpine oder wenigstens präalpine Arten vorgeherrscht haben. Die meisten derselben sind später unter günstigem klimatischen Verhältnissen neu eindringenden Arten gewichen, doch fehlt es auch nicht an solchen, die sich den neuen Lebensbedingungen angepasst haben und der Gegend erhalten geblieben sind (sog. Relikte). Als solche sind zu nennen: Amelanchier vulgaris, Arabis Bellidiastrum Michelii, Cardamine digitata, Cardamine pinnata, Gentiana lutea, Hieracium amplexicaule, Lonicera alpigena, Melampyrum silvaticum, Rosa pendulina, Sesleria coerulea, Valeriana tripteris. Einer hochnordisch-alpinen Gruppe gehört Trichophorum alpinum an. Dabei ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die eine oder andere dieser Arten erst nachträglich aus den Alpen eingewandert sei. Als die Gegend endgiltig eisfrei geworden war, nahm auch die Einwanderung neuer Arten immer grössern Umfang an, und zwar lieferte die mitteleuropäische Pflanzengruppe naturgemäss weitaus das stärkste Artenkontingent. In zweiter Linie steht die nordische Gruppe; aber auch die südeuropäische und pontische Gruppe sind gut vertreten und tragen zum eigenartigen Charakter der Flora nicht wenig bei. So sind südeuropäischen Ursprunges u. A.: Ajuga chamaepitys, Asperula arvensis, Euphorbia dulcis, Linaria tenuifolium, Orlaya grandiflora, Ornithogalum nutans, Quercus lanuginosa, Potentilla micrantha. Aus der pontischen Gruppe seien erwähnt: Bupleurum longifolium, Cytisus nigricans, Dictamnus albus, Inula hirta, Muscari bothryoides, Orchis pallens, Polygala chamaebuxus, Rhamnus saxatilis, Salvia glutinosa, Salvia verticillata, Thalictrum galioides, Thlaspi montanum, Viola collina, Staphylaea pinnata etc.
Endlich findet sich auch ein Beitrag aus der atlantischen Gruppe mit Satureia calamintha var. silvatica, Tamus communis, Teucrium scorodonia.
Die wildwachsende Pflanzenwelt stellt hier demnach ein sehr mannigfaltiges Gemenge dar. Alle selbständigen Florenbezirke haben ihre Ausläufer durch diese Gegend geschickt, und einzelne Arten, z. B. der pontischen Gruppe, sind ostwärts überhaupt nicht mehr viel weiter vorgedrungen, so Crepis alpestris, Cytisus nigricans, Erysimum crepidifolium, Orchis pallens und Rhamnus saxatilis. Vergl. Meister, J. Flora von Schaffhausen. Schaffhausen 1887.
Fauna.
Für den Kanton Schaffhausen sind vor allem diejenigen Stellen bemerkenswert, an denen die Reste einer interglazialen oder ältern postglazialen Tierwelt in besonders vorzüglicher Weise festgestellt werden konnten. Dies ist der Fall im Kalktuff bei Flurlingen (interglazial), im Kesslerloch bei Thaingen, wo 1874 von Merk (damals Reallehrer in Thaingen) und 1898 und 1899 von Dr. Nüesch eine teilweise Ausbeutung vorgenommen wurde und wo Dr. Heierli 1902/1903 im Auftrag der historisch-antiquarischen und der naturforschenden Gesellschaft in Schaffhausen den Abschluss der Arbeiten leitete; im Freudenthal (ausgebeutet von Prof. Karsten und Dr. E. Joos); im Dachsenbühl ö. vom Schweizersbild (ausgebeutet von Dr. F. von Mandach sen.); endlich im Schweizersbild, entdeckt und zum kleineren Teil 1891 und 1892 gemeinsam ausgegraben von Dr. Häusler und Dr. Nüesch, nachher vollständig ausgebeutet von Dr. Nüesch. In den Kalktuffen von Flurlingen fanden sich Reste von Rhinoceros Merkii, von dem man weiss, dass es mit dieser Interglazialzeit ausgestorben ist.
Die jetzt lebende Fauna weicht von derjenigen der Mittelschweiz und des Jura selbstverständlich nur unwesentlich ab. Dies gilt zunächst von den Säugetieren. Ueber die Vogelfauna sei erwähnt, dass Flussadler und Uhu ausgerottet sind, während Arten wie Schwarzspecht, Kornweih, Wiesenweih, Elster, Alpenmauerläufer, Brandseeschwalbe, Eistaucher etc. zwar vorkommen, aber nur ganz selten beobachtet werden. Die Nachtigall fehlt, trotz Einbürgerungsversuchen. Besonders formen- und individuenreich ist natürlich auch hier die Klasse der Insekten, innerhalb welcher durch die Arbeiten von Dr. G. Stierlin namentlich die Käfer sehr vollständig bekannt geworden sind. Hervorgehoben mag noch werden, dass durch die bisherigen Untersuchungen im Kanton
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Schaffhausen die Reblaus nicht hat nachgewiesen werden können.
[Prof. J. Meister.]
Bevölkerung.
Nach der letzten eidgenössischen Volkszählung von 1900 belief sich die Zahl der Wohnbevölkerung auf 41514 Seelen (gegen 37783 im Jahr 1888). Damit nimmt der Kanton Schaffhausen in Bezug auf die absolute Bevölkerungsziffer wie in Bezug auf den Flächeninhalt den 19. Rang unter den 25 Kantonen ein; in Bezug auf die Volksdichte rückt er mit 141 Ew. auf 1 km2 an die 8. Stelle vor. Männlichen Geschlechtes waren 20182, weiblichen 21332 Ew.; die Zahl der Haushaltungen betrug 9769, diejenige der bewohnten Häuser 5878. 40290, somit mehr als 97% sprachen das Deutsche als Muttersprache, 264 das Französische, 846 das Italienische, 16 das Romanische, 58 andere Sprachen. Die Bevölkerung ist, abgesehen von einem Teil der Eingewanderten in den grösseren Industrieorten, durchaus alemannischer Abstammung und alemannischer Mundart; das «Schaffhauserdeutsch» ist am nächsten verwandt mit der Mundart, die im nördlichsten Teil des Kantons St. Gallen, im Thurgau und im zürcherischen Weinland gesprochen wird, während es sich vom «Zürichdeutschen» nicht unwesentlich unterscheidet. So klein der Kanton ist, so lassen sich doch wieder in der Mundart gewisse Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Landesteilen erkennen. In konfessioneller Beziehung ist der Protestantismus vorherrschend; ihm gehörten bei der letzten Volkszählung 34046 Ew., somit 82% der Bevölkerung an; die 7403 Katholiken (gegen 18%) verteilten sich grösstenteils auf die Hauptstadt, auf die paritätische Gemeinde Ramsen und die industriellen Orte Neuhausen, Stein a. R. und Thaingen. Sehr gering ist die Zahl der Israeliten (im Jahr 1900 nur 22, nämlich 21 in der Stadt Schaffhausen und 1 in Neuhausen); anderer Konfession oder unbestimmt waren 58. Nach der Heimat waren 26877 Ew. Kantonsbürger, 6983 Schweizerbürger aus andern Kantonen und 7654 Ausländer, wobei naturgemäss die deutsche Nationalität in erster Linie, die italienische in zweiter Linie vorwaltet. 45% der Ew. beschäftigten sich mit Viehzucht und Ackerbau, ebensoviel mit Industrie und Handel. Während die Einwohnerschaft der grössern Industrieorte, vornehmlich der Hauptstadt und der an dieselbe angrenzenden Gemeinde Neuhausen, durch starke Zuwanderung von auswärts einen gewissen internationalen Charakter angenommen hat, ist bei der vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung der Landschaft der ursprüngliche Volkscharakter treu erhalten geblieben. Die Schaffhauser bilden einen kräftigen und ziemlich grossgewachsenen Menschenschlag; sie sind arbeitsam, reinlich, einfach und sparsam, redlich und zuverlässig, etwas zurückhaltend und nüchtern, allem Ueberschwänglichen abhold und mehr dem praktischen Verstand als der lebhaften Phantasie folgend; in kirchlicher Beziehung gelten sie als religiös, in politischer sind sie überzeugte Anhänger demokratischer Ansichten; in eidgenössischen Fragen stehen sie seit jeher in den Reihen der fortschrittlichsten und bundestreuesten Schweizer. Dem Schulwesen ist durch die Einsicht des Volkes und der Behörden eine rege und erfolgreiche Aufmerksamkeit gewidmet worden, so dass die allgemeine Volksbildung auf einer durchaus erfreulichen Höhe steht. Im Allgemeinen ist der Klettgauer lebhafter, intelligenter und unternehmender, aber auch unruhiger als der Bauer des Randengebietes und des Reiat. Das Volksleben hat wie anderswo seine Eigenart fast vollständig eingebüsst. Kirchweihen, Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen und andere Anlässe zeigen nichts Eigentümliches mehr; auch die lokalen Gebräuche, die Im Thurn im 12. Heft der Gemälde der Schweiz 1840 noch erwähnt, sind seither verschwunden. Einen Anziehungspunkt für die gesamte Landschaft und das benachbarte Gebiet bilden immer noch die vier Jahrmärkte in der Stadt Schaffhausen, von denen vor allem derjenige im August («Böllemärt») und November («Chabis- oder Martinimärt») sehr stark besucht sind.
Mit der alten Sitte ist leider auch die alte Tracht grösstenteils aufgegeben worden. Nur noch im Klettgau tragen einzelne Mädchen am Sonntag die sehr kleidsame Landestracht; sie bilden aber bereits seltene Ausnahmen. Auch das weibliche Geschlecht hat sich fast vollständig der alles bezwingenden Mode unterworfen; die Männertracht aber ist so vollständig verschwunden, dass man nur noch mit grösster Mühe einzelne ihrer Ueberreste aufzutreiben vermag. Früher hatten der Reiat und der Klettgau verschiedene Trachten. Die Männer auf dem Reiat trugen einen breiten, dreieckigen Hut (Nebelspalter), einen langen, grauschwarzen Zwilchrock, schwarzlederne, enganschliessende Beinkleider, die nur bis ans Knie reichten, und weisse Strümpfe. Die reichen Bauern trugen noch eine rotwollene Weste und silberne oder versilberte Knöpfe an ihrem Rock. Die Frauen trugen Rock und Jacke von grauem Zwilch oder Halbtuch und eine baumwollene Mütze mit breitem Boden. Reicher war die Frauentracht in den Randengemeinden Merishausen, Bargen und Hemmenthal. Sie bestand aus einer runden schwarzen Mütze mit breiten Spitzen, einer schwarzzwilchenen Jacke, welche vorn offen war, und einem roten Mieder mit grünen Schnüren eingefasst. Der Rock war schwarz, kurz und eng gefaltet, die Strümpfe von roter Wolle, die Schuhe mit 3 Zoll hohen Absätzen versehen. Am berühmtesten aber war die Hallauer- oder Klettgauertracht. Sie bestand bei den Männern in ausserordentlich weiten, aber enggefalteten Pumphosen von schwarzem Zwilch, einer kurzen, engen Jacke ohne Kragen von demselben Stoff und derselben Farbe, einer schwarzen Halsbinde mit langen, über den Rücken herunterhängenden Zipfeln, einer schwarzen runden Lederkappe und einem dreieckigen Hut. Ueber das Hemd oder über eine rote Weste war ein schwarzlederner oder sammtener Hosenträger gezogen, auf dem der Name des Besitzers mit farbiger Seide eingestickt war. Die Strümpfe bestanden aus Leinwand. Ueberdies trugen noch manche Männer eine weisse Schürze von den Hüften bis auf die Hälfte des Oberschenkels. Die Frauentracht des Klettgaus, die glücklicherweise noch heute nicht ganz verschwunden, aber doch stark modifiziert ist, bestand aus einem kurzen, kaum über die Knie reichenden, eng gefalteten Rock von schwarzer, dunkelblauer oder dunkelgrüner fester Leinwand, an dessen unterm Saume auf der hintern Seite
Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse des Kantons Schaffhausen
Lief. 172.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg
^[Karte: 6° 20’ O; 47° 40’ N; 1:180000]
░ Weinbau
░ Ackerland
▒ Weide
▓ Wald
▲ 25 Pferde
• 100 Rinder
❙ 100 Schweine
V 100 Ziegen
^ 100 Bienenst.
Stück Rindvieh auf 100 Einw.
░ 4 - 10
░ 11 - 20
▒ 21 - 25
▓ 26 - 30
MCE. BOREL & CIE. NEUENBURG.
V. ATTINGER SC.
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE DES KANTONS SCHAFFHAUSEN
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zwei blaue und rote Flecken Tuch aufgenäht waren; mit dem Rock war eine kurze Jacke ohne Aermel und Bruststück verbunden. Die Hemdärmel waren sehr weit; nur im Winter wurde darüber eine schwarze Leinwandjacke getragen. Der Unterarm vom Ellbogen an war nackt; den Hals und den obern Teil der Brust deckte ein sog. Halsmantel von geblümtere Baumwollstoff; von den Schultern bis gegen den silbernen, oft kostbaren Gürtel hingen silberne Kettchen herab. Den Kopf deckte eine kleine, nach rückwärts und aufwärts spitz zulaufende Haube, aus welcher bei den Unverheirateten zwei lange, mit langen schwarzseidenen Bändern durchflochtene Zöpfe über den Rücken herabhingen. Bei der Arbeit und bei schlechtem Wetter wurde über diese Haube ein grosses, dreieckiges rotes Baumwollentuch getragen. Die Strümpfe waren früher rot, später dunkelblau oder weiss.
[Prof. Dr. K. Henking.]
Landwirtschaft.
Die grosse Mehrheit der Bevölkerung des Kantons beschäftigt sich mit Landwirtschaft. Da die Landschaft wenig von Industrie durchsetzt ist, hat der Schaffhauser Bauer einen ziemlich konservativen Sinn sich bewahrt, der ihn einerseits in etwas langsamere Tempo Gebrauch machen lässt von den mannigfaltigen Anforderungen, welche Volkswirtschaft, Wissenschaft und Technik der Neuzeit an den Betrieb des Gewerbes stellen, andererseits ihn aber veranlasst, in ruhiger und unentwegter Art eine Idee zu verfolgen und zum guten Ziele zu führen, die er einmal als gut erkannt hat. In einer schönen Anzahl der Gemeinden sind landwirtschaftliche Vereine entstanden, die sich zu einem Kantonalverband zusammen geschlossen. Der Verband bestrebt sich, die Interessen der Landwirtschaft in volkswirtschaftlicher und technischer Hinsicht zu fördern und Fühlung zu halten mit den diesbezüglichen Bestrebungen des schweizerischen Verbandes. Leider hat der Kanton zur Zeit sich noch nicht entschlossen, das landwirtschaftliche Bildungswesen durch Errichtung einer Winterschule zu heben und so eine Jungmannschaft heranzubilden, die ein offenes Auge für die Förderungen hat, welche unsere Zeit an die Berufstüchtigkeit je länger je mehr stellen muss. Wohl wird der Besuch ausserkantonaler Schulen unterstützt; der Zuspruch ist aber verhältnismässig schwach und dürfte den gewünschten Umfang erst dann nehmen, wenn die Gelegenheit in der Nähe geboten wird. Der Genossenschaftsgedanke fängt an, nach verschiedener Hinsicht Boden zu gewinnen, so betr. Produktion, Konsumtion, Verkauf landwirtschaftlicher Produkte. Bei der starken Güterzersplitterung wäre die Güterzusammenlegung von unschätzbarem Wert und das vorzüglichste Mittel, der scharfen Konkurrenz des Auslandes erfolgreich zu begegnen. Anläufe zur Durchführung sind gemacht, und es steht zu hoffen, dass die Angelegenheit recht bald in Fluss gerate. Die Schaffhauser Bauernsame gilt durchschnittlich als wohlhabend. Die Wohlhabenheit hat sie in erster Linie dem grossen Fleiss und den bescheidenen Lebensansprüchen zu verdanken, dann aber auch den günstigen Produktions- und Verkehrsverhältnissen. Mit Ausnahme weniger Randenthäler, wo topographische Schwierigkeiten dem rationellen Betrieb entgegenstehen, ist die Güterlage recht vorteilhaft, und der natürliche Reichtum des Bodens gestattet eine vielseitige Nutzung ohne allzugrossen Aufwand. Am vorteilhaftesten von der Natur bedacht ist der unterste Teil des Klettgaus, wo ein tiefgründiger humusreicher Boden, der durch Verwitterung stets anreichert, auf die weitesten Strecken sich ausdehnt. Im obern Klettgau und im Höhgau sind mittlere und leichtere Bodenarten vorherrschend; der Dungaufwand ist dementsprechend grösser, die Bearbeitung dafür leichter. Auf dem Reiat leiden die Kulturen der geringen Tiefgründigkeit des Bodens wegen bald an Trockenheit; die Produkte sind jedoch, vermöge des natürlichen Kalkreichtums des Bodens, von vorzüglicher qualitativer Beschaffenheit. Eigentliche Grossbetriebe hat der Kanton nicht, allgemein ist ausgesprochener Kleinbetrieb. Die Grosszahl der Heimwesen zählt nur 1,5-5 ha, eine kleinere Anzahl bis 10 und 20 ha, wenige 20-40 ha und vereinzelte über 40 ha.
Nach der Bannvermessung vom Jahr 1870 umfasst der produktive Boden 26856 ha. Von diesen entfallen laut Agrarstatistik vom Jahr 1884 auf
ha | % | |
---|---|---|
Ackerland | 8880.83 | 33.4 |
Wiesen | 5106.08 | 19.25 |
Reben | 1117.68 | 4.21 |
Wald | 11426.35 | 43.08 |
Der Ackerbau verteilte sich 1884 auf folgende Kulturen:
ha | % | |
---|---|---|
Getreide | 4797.73 | 54.02 |
Wurzelgewächse | 1870.50 | 21.07 |
Futterbau | 2108.77 | 23.45 |
Industrie- u. Handelspflanzen | 95.85 | 1.08 |
Seit 1884 ist, der allgemeinen Entwicklung folgend, der Futterbau stark vermehrt worden, wenn schon der Getreidebau sich zur Zeit noch in bedeutend stärkerem Masse erhalten hat als in andern Gegenden der Schweiz. Der Schaffhauser Landwirt setzt nicht gerne alles auf eine Karte; er blieb deshalb dem Getreidebau trotz ungünstiger Preisverhältnisse treu. Dies konnte um so eher geschehen als das Gelände gerade für diese Kultur sich sehr wohl eignet. An Getreidearten werden kultiviert Weizen, Korn, Roggen, Gerste und Hafer. Die jährliche Getreideproduktion hat einen Durchschnittswert von gegen 2 Mill. Fr., die der Wurzelgewächse von bedeutend über 1 Mill. Fr. Der Hauptanteil fällt auf die Kartoffelproduktion. Neben vorzüglichen Speisekartoffeln kommen auch Brennkartoffeln zur Anpflanzung. Dieselben finden Absatz in den beiden Brennereien, die in Ausführung des Alkoholgesetzes vom Jahr 1886 im Kanton errichtet wurden. Dem Obstbau wird stets vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt. Eine Zählung vom Jahr 1886 ergab folgenden Bestand: Apfelbäume 76840, Birnbäume 35520, Pflaumen- und Zwetschgenbäume 86926, Kirschbäume 36213, Nussbäume 6800, Gartenobstbäume 8145, und in Baumschulen enthalten 183151 Stück, im ganzen also 433595 Stück. Pro ha produktiven Landes (exklusive Wald) trifft es 15,02, auf den Einwohner 6,5 tragbare Bäume. Ueber den Weinbau wird seit 1858 jährlich eine Statistik ausgearbeitet. Das Rebareal umfasste 1858 1008,09 ha, im Jahr 1880 war dasselbe auf 1144,93 ha gestiegen und 1903 wieder auf 1071 ha zurückgegangen. Voraussichtlich wird im Laufe der nächsten Jahre eine weitere Reduktion eintreten, da die Produktions- und Absatzverhältnisse dazu drängen. Der jährliche Durchschnittsertrag von 1858 bis 1903 beläuft sich auf 1503100 Fr. Nach dem heutigem Güterstand beträgt der Durchschnittswert pro ha 8550 Fr., der Durchschnittsertrag der letzten zehn Jahre (1891-1903) 46,16 hl pro ha. Die Steuereinschätzung des Rebgeländes betrug 1902: 9039802 Fr., 1903: 8815422 Fr. Vorzügliche Rotweine liefern namentlich die Gemeinden Hallau, Osterfingen, Schaffhausen, Stein, Trasadingen und Thaingen,
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gesuchte Weissweine Siblingen, Gächlingen und Buchberg.
Waldwirtschaft.
Der Kanton ist im Verhältnis zu seinem Flächenmass der waldreichste der Schweiz. Nach dem Besitzstand verteilt sich der Wald 1898 auf: 1905 ha Staatswaldung, 8063 ha Gemeindewaldung und 1593 ha Privatwaldung. Ausserhalb des Kantons besitzen an Waldfläche: der Staat 552 ha, die Gemeinden Schaffhausen und Stein 105 ha. Die Verteilung des Waldes gegenüber den andern Kulturarten ist im allgemeinen eine naturgemässe. Er nimmt hauptsächlich das Plateau und die Kuppen der Höhenzüge, sowie die Steilhänge ein, während der flachere Fuss der Hänge und die Thalsohle den landwirtschaftlichen Kulturen eingeräumt sind. Vorherrschend ist der Laubholzwald. Die übliche Betriebsart war früher der Mittelwald. Seit der Ausscheidung von Staats- und Stadtgut im Jahr 1832, mit der der Betrieb in die Hand eigentlicher Techniker gelegt wurde, bereitete sich nach und nach der Uebergang zum Hochwald vor. Zur Zeit werden bewirtschaftet (die ausserkantonalen Parzellen inbegriffen): von den Staatswaldungen 2457 ha als Hochwald, von den Gemeindswaldungen 5013 ha als Hochwald und 3155 ha als Mittelwald. Die Privatwaldungen sind zum grössten Teil dem Mittelwald zuzuzählen. Der Umtrieb im Hochwald bewegt sich zwischen 70-100, derjenige des Mittelwaldes zwischen 25-35 Jahren. Durch Ueberhalt von Eichen und Föhren und andern geeigneten Stämmen wird die Erziehung stärkerer Sortimente angestrebt. An Stelle der früheren Kahlschläge hat sich die allmählige Lichtung behufs natürlicher Verjüngung immer mehr eingebürgert. Die Ertragskontrolen pro 1898 zeigen folgende Ergebnisse:
(Fr.) | Staatswaldung | Gemeindswaldung |
---|---|---|
Einnahmen pro ha | 89.69 | 65.16 |
Ausgaben pro ha | 34.92 | 24.40 |
Reinertrag: | 54.77 | 40.76 |
Die Viehzucht
gewinnt gemäss den seit Dezennien bestehenden Konjunkturen Jahr für Jahr an Bedeutung. In erster Linie fällt in Betracht die Rindviehzucht. Der Bestand ist von 9060 Stück im Jahr 1876 auf 10627 im Jahr 1901 angewachsen. Während vor kurzen Jahren der Einfluss Deutschlands nicht im Sinne einer Rassenverbesserung sich geltend machte, ist heute vermöge der Zollverhältnisse und wirtschaftlicher Verschiebungen dieser Einfluss ziemlich dahingefallen, und der Kanton lehnt sich zu seinem Vorteil an die Schweiz an, indem er der Pflege der Simmenthalerrasse seine Aufmerksamkeit zuwendet. Einige Viehzuchtgenossenschaften arbeiten diesbezüglich in zielbewusster Weise. Sie haben am Abhang des Hohranden (im Babenthal bei Schleitheim) eine Jungviehweide eingerichtet, durch welche der für die Aufzucht unentbehrliche Weidgang angemessen zur Ausübung gelangen kann. Es ist vorauszusehen, dass dieser einen Anlage noch andere folgen werden. Vorerst wird in den einzelnen Ortschaften die Frühjahrs- und namentlich die Herbstweide in ziemlich ergibiger Weise ausgeübt. Segensreich wirkt die seit Jahren eingeführte obligatorische Viehversicherung; sie trägt im Verein mit den jährlichen Prämierungen namhaft zur Förderung der Viehhaltung bei.
Die Schweinehaltung hat sich seit 1876 von 5948 bis 1901 zu 11803 Einheiten entwickelt. Eine eigentliche Zuchtrichtung hat sich zur Zeit noch nicht gebildet. Um diese zu fördern, steht der Kanton im Begriff, eine Anzahl Zuchtstationen zu errichten, deren Zweck dahin geht, ein den Marktforderungen entsprechendes Zuchtprodukt zu erhalten, vorerst durch Reinzucht oder Kreuzung des englischen Schweines mit einer entsprechenden Landrasse oder mit konsolidierten Bastarden.
Im Zusammenhang mit der Steigerung der Schweinehaltung steht der Rückgang der eigentlichen Milchwirtschaft. Die in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts entstandenen Käsereigesellschaften sind heute alle verschwunden; die Milch findet lohnendere Verwendung in der Viehhaltung. Daneben bildet die Versorgung der Nichtproduzenten zu Stadt und Land einen sehr bedeutenden Faktor.
Der Pferdebestand belief sich im Jahr 1876 auf 1011, im Jahr 1901 auf 1018 Stück. Pferdezucht wird nur ganz vereinzelt getrieben. Die Ziegenhaltung befindet sich im schwachen Rückgang. Im Jahr 1876 betrug die Zahl der Ziegen 4232, im Jahr 1901 noch 3944 Stück. Sie werden hauptsächlich vom kleinsten Grundbesitz gehalten. Leider ist die ausgesprochene Stallhaltung allgemein geworden. Eine Zuchtrichtung hat sich noch nicht herausgebildet; in den letzten Jahren gelangte der Toggenburgerschlag zur Bevorzugung. Der Schafzucht ist wirtschaftliche Bedeutung nicht beizulegen. Im Jahr 1901 wurden nur noch 10 Schafe gehalten. Die Geflügelhaltung könnte mit Vorteil noch bedeutend vermehrt werden. Die Produktion gelangt kaum über den Hausbedarf hinaus, dagegen erfreut sich die Bienenzucht einer gesteigerten Aufmerksamkeit, was namentlich den Bestrebungen des kantonalen Bienenzüchtervereins zuzuschreiben ist. Die Zahl der Stöcke hat sich von 1427 im Jahr 1876 auf 2107 Stück bis 1901 gesteigert, und zwar ist diese Steigerung nicht nur quantitativer sondern auch qualitativer Natur, indem der Stabilbau zum grossen Teil dem Mobilbau gewichen ist. Besondere Verbreitung hat der Schweizerkasten erhalten; daneben fand auch der Sträulikasten Anerkennung und Bevorzugung. Den Verkauf reellen Bienenhonigs befördern die vom kantonalen Verein zu Stadt und Land errichteten Depots.
[Regierungsrat Dr. T. Waldvogel.]
Siedelungsverhältnisse.
Der Kanton zählt 36 Ortschaften, die ebenso viele politische Gemeinden bilden. Sämtliche Ortschaften sind alten Ursprungs und schon im Mittelalter urkundlich nachweisbar; einzelne in mittelalterlichen Urkunden genannte Dörfer sind zu unbekannter Zeit abgegangen, wie Fulach, Eschheim, Berslingen in der Nähe der Stadt Schaffhausen, Ergoltingen (jetzt Mühle) bei Neunkirch u. s. w. Die Bauart der Dorfer zeigt keine grossen Verschiedenheiten; früher war das Bauen ausserhalb des Dorfumfanges nicht gestattet, und noch heutigen Tages bilden die schaffhauserischen Dörfer zusammenhängende Ortschaften mit einer oder mehreren Gassen; doch sind die einzelnen Häuser meistens freistehend. Vereinzelte, von den Dörfern abgelegene Gehöfte sind nicht häufig. Die Häuser sind auf dem Land aus Fachwerk gebaut und mit Ziegeln gedeckt; Schindel- und Strohdächer sind schon längst gesetzlich verboten und scheinen seit Jahrhunderten verschwunden zu sein. Die allgemein gute Bauart der Häuser bewirkt, dass grössere Schadenfeuer verhältnismässig selten vorkommen und die obligatorische Feuerversicherung, obwohl auf das kleine Kantonsgebiet beschränkt, bisher mit sehr bescheidenen Prämienansätzen ausgekommen ist. Die Bauernhäuser bestehen in der Regel aus dem einige Stufen über dem Boden erhabenen Erdgeschoss und einem Stockwerk;
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zweistöckige Häuser sind seltener. Ställe und Scheunen befinden sich unter dem nämlichen Dach wie das Wohnhaus. In den meisten Häusern wohnt nur eine Familie. Charakteristische Riegelbauten haben sich noch in einer Reihe von Ortschaften erhalten, wie in Stein a. R., Schleitheim, Gächlingen; in andern finden sich noch alte Vogt- und Herrensitze aus der Renaissance oder Barokzeit. Von den 36 Ortschaften hatten 3 städtische Befestigungsanlagen: das Landstädtchen Neunkirch, dessen Grundriss ein regelmässiges Rechteck bildet, das Städtchen Stein a. R., das seinen altertümlichen Schmuck noch am treuesten bewahrt hat, und die Hauptstadt Schaffhausen.
[Prof. Dr. K. Henking.]
Gewerbe und Industrie.
Der Kanton Schaffhausen ist von einer hauptsächlich Landwirtschaft treibenden Bevölkerung bewohnt. Einzig in seiner Hauptstadt und dem daran grenzenden Neuhausen hat sich die Industrie zu grösserer Bedeutung entwickelt; in allen andern Gemeinden beschäftigt sie nur einen kleinern Teil der Einwohner. Es mag dies seinen Grund einmal darin haben, dass Schaffhausen, eine von den Zünften regierte Stadt, stets eifrig darüber wachte, dass ihr von Seite seiner Untertanen keine Konkurrenz erwuchs. Den Webern auf der Landschaft war es z. B. verboten, selbstgemachtes Tuch und Zwilchen in den Dörfern herum zu verkaufen. So blieb die gewerbliche Tätigkeit nur auf die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse beschränkt. Ein weiterer Umstand, der Schaffhausen nicht zum Industriekanton werden liess, ist der, dass das Ländchen rings von Zollschranken umgeben ist, die den grössten Teil der Umgebung seiner Verkehrssphäre entziehen. Ueber die Industrie der Hauptstadt gibt der Artikel "Schaffhausen Stadt» nähere Auskunft. In Neuhausen ist von alters her Industrie heimisch gewesen. Es liegt am Rheinfall, dessen Wasserkraft schon vor dem Jahr 1000 zum Betrieb einer Mühle nutzbar gemacht wurde. In späteren Jahrhunderten finden wir neben der oder den Mühlen dort einen Eisenhammer, einen Kupferhammer, Schleifen, einen Drahtzug. Anfangs des 18. Jahrhunderts richtete Matthäus Schalch eine Eisenschmelze im «Laufen», wie der Rheinfall vor altem genannt wurde, ein. Das zu verhüttende Erz war im Kanton selbst gegrabenes Bohnerz. Im Jahr 1809 übernahmen die Gebrüder Neher die Liegenschaften im Laufen und errichteten daselbst einen Hochofen. Das «Eisenwerk Laufen», dem der einheimische Bergbau das meiste Rohmaterial lieferte, entwickelte sich zu schöner Blüte, und das Laufeneisen war seiner guten Qualität halber weitherum berühmt. Die durch die Eisenbahnen geschaffenen neuen Verhältnisse, wie billigere Eisen- und höhere Holzpreise, machten den weitern Betrieb des Hochofens unmöglich, so dass er 1850 einging und sich das Werk nur noch mit der Bearbeitung des Eisens beschäftigte. Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts ging es an die Aluminium-Industrie-Aktien-Gesellschaft über, die jetzt die neugefassten Wasserkräfte des Rheinfalls zur Erzeugung von Aluminium und Calciumkarbid verwendet. Ein weiteres grosses Unternehmen entstand in Neuhausen im Jahr 1855, nämlich die Schweizerische Industrie-Gesellschaft. Sie befasste sich zuerst einzig mit der Erstellung von Eisenbahnwagen aller Art, in der Neuzeit auch von Berg- und Strassenbahnwagen. Später gesellte sich hiezu die Fabrikation von Waffen, namentlich Gewehren. Das «Vetterligewehr» ist hier erfunden und hergestellt worden. In neuerer Zeit ist von Schaffhausen nach Neuhausen übergesiedelt die bekannte Müller'sche Fabrik für Spielkarten und Eisenbahnbillete. Die Industrie der übrigen Orte des Kantons ist neueren Ursprungs, mit Ausnahme der Mühlen und Ziegeleien, die schon längst, im Kanton verstreut, ihr Gewerbe betreiben, letztere namentlich auf dem lehmreichen Reiat im NO. des Kantons. In Stein am Rhein finden wir eine Uhrenschalen- und eine Schuhfabrik, dazu Gerbereien, in Thaingen und Hofen eine bedeutende Ziegelfabrik, sowie gleichfalls in Thaingen eine Gurten- und Schlauchweberei, in Neunkirch eine mechanische Werkstätte namentlich für Zentralheizungen, und endlich in dem zur Gemeinde Schleitheim gehörenden Oberwiesen eine mechanische Leinenspinnerei und Weberei.
Der Bergbau und verwandte Gewerbe finden im Kanton Schaffhausen nicht viele Schätze dem Schosse der Erde zu entreissen. Der Grubenbau auf Bohnerz beschäftigte vom 17. bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts eine ziemliche Anzahl Leute und gab zu Zeiten einen reichen Ertrag. Die Erzgruben befanden sich hauptsächlich auf den im S. des Klettgaus sich hinziehenden Höhen, dem Rossberg, dem Lauferberg u. s. w. doch wurde auch auf dem Reiat Bohnerz gegraben. Auf bergmännische Art werden auch die Gipsbrüche in der Gegend von Schleitheim betrieben; sie liefern Bau- und Ackergips. Versuche, im Kanton Steinsalz zu ergraben, führten zu keinem Resultat. Zahlreich sind die Steinbrüche, die aus den Jurakalken des Randen treffliche Bausteine für den eigenen Bedarf und für den Export liefern; für Gartenbeeteinfassungen sind die knorrigen Kalksteine aus der Gegend von Herblingen beliebt. Schleitheim liefert treffliche rote und blaue Sandsteine. Auf dem Reiat wird viel Lehm für die Tonwarenindustrie gewonnen, und besonders die Lohner Erde ist sehr geschätzt.
Nach der Statistik des eidgenössischen Fabrikinspektorates sind im Kanton Schaffhausen folgende Betriebe seiner Aufsicht unterstellt: 1 Baumwoll-Zwirnerei und Färberei, 3 Wollspinnereien, 1 Wolltuchweberei 1 Leinenspinnerei, 1 Verbandstofffabrik, 2 Strickereien, 1 Gurten- und Schlauchweberei, 2 Kleiderwäschereien und Färbereien, 3 Gerbereien, 2 Schuhfabriken, 1 Reiseartikelfabrik, 3 Mühlen, 2 Teigwarenfabriken, 1 Bierbrauerei, 1 Farben- und Firnissfabrik, 2 Fabriken chemischer und pharmazeutischer Präparate, 1 Gasfabrik, 1 Fabrik für galvanische Kohle, 2 Elektrizitätswerke, 3 Buchdruckereien, 2 Lithographien, 6 Buchbindereien und Kartonnagefabriken, 11 Sägereien, Zimmereien und Schreinereien, 1 Aluminiumfabrik, 1 Polsternägelfabrik, 1 Stahl- und Feilenfabrik, 8 Maschinenbauwerkstätten etc., 3 Wagenbauwerkstätten, 1 Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen, 1 Waffenfabrik, 3 Werkstätten für physikalische und mathematische Instrumente, 2 Bijouteriefabriken, 2 Uhren- und Uhrenschalenfabriken, 4 Tonwaren-, Ziegel-, Kalk- und Zementfabriken. Alle diese Unternehmungen zusammen beschäftigen insgesamt über 5000 Arbeiter.
[Hermann Pfister.]
Handel und Verkehr.
Kanton und Stadt Schaffhausen sind in Bezug auf Handel und Verkehr so enge mit einander verknüpft, dass wir für diesen Abschnitt auf denjenigen unter «Stadt Schaffhausen" verweisen müssen. Was dort über das Eisenbahnwesen, die Dampfschiffahrt, den Fremdenverkehr und Geldverkehr gesagt ist, gilt auch hier; beizufügen bleibt nur, dass in jedem grösseren Orte sich Spar- und Leihkassen befinden, die einen bedeutenden Umsatz aufweisen. Der Postwagenverkehr besteht seit Inbetriebsetzung der Schleitheimerbahn nur noch zwischen
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Schaffhausen-Bargen, Osterfingen-Wilchingen-Hallau-Oberhallau, Thaingen-Hofen und Schleitheim-Beggingen. Der Güterverkehr der nicht an der Bahn gelegenen Ortschaften im Klettgau und Randengebiet mit der Stadt Schaffhausen erfolgt durch Boten. Die Landstrassen hatten Ende 1903 eine Totallänge von 74,074, die Vizinalstrassen eine solche von 128,962 km; die Zahl der mit dem Strassenunterhalt betrauten Wärter betrug 45. Oeffentliche Telegraphenbureaux bestanden Ende 1903: 10, öffentliche Gemeinde-Telephonstationen 26. Es ist demnach jede Gemeinde des Kantons telegraphisch oder telephonisch mit der Hauptstadt verbunden. Erleichtert wurden diese Anschlüsse durch einen Beschluss des Grossen Rates, jeder Gemeinde ⅔ an die Abonnementskosten aus dem Fiskus zu vergüten.
Was das Wirtschaftswesen anbetrifft, so ist zu bemerken, dass dasselbe ein recht gut entwickeltes ist. Ende 1903 bestanden im Kanton 111 Gasthöfe und 276 Speise- und Schenkwirtschaften, also durchschnittlich auf je 110 Ew. eine Wirtschaft. Der Kanton Schaffhausen besitzt ein bedeutendes Rebenareal, das 1901: 1113 ha 87 Aren betrug. Es ist deshalb leicht erklärlich, dass der Weinhandel eine ganz bedeutende Rolle spielt. Im Jahr 1900 betrug der Geldwert des verkauften Weines für 112067 hl volle 2254300 Fr. Der Durchschnittsertrag während 43 Jahren beläuft sich auf jährlich Fr. 1518527. Nicht zu unterschätzen ist auch der Handel mit Kartoffeln und andern Naturfrüchten; der Grossviehhandel, namentlich aber der Handel mit Kleinvieh, vorzüglich Schweinen, erhält durch die Wochen- und Jahrmärkte in Schaffhausen eine grosse Bedeutung. Der kaufmännische Direktorialfonds, der Ende 1903 Fr. 383862 betrug, trägt zur Förderung von Handel und Verkehr ein Wesentliches bei, indem er ganz bedeutende Beiträge an die Telephonkosten der Gemeinden und an die kaufmännischen Bildungsanstalten leistet; ausserdem öffnete er seine Fonds für die Konsolidierung der Rheinschiffahrts-Unternehmung und die Finanzierung der Schleitheimerbahn. Der kommerzielle Unterricht wird gefördert durch die Handelsschule des Kaufmännischen Vereins, die von Stadt und Kanton ansehnliche Subventionen erhält.
[A. Zindel-Kressig.]
Politische Einteilung und Organisation.
Der Kanton Schaffhausen bildet den 27. Nationalrats-Wahlkreis mit gegenwärtig zwei Mandaten; er gehört zum 3. eidgenössischen Assisenbezirk, zum 2. schweizerischen Zollgebiet, zum 8. Postkreis, zum 4. Telegraphenkreis, zum 3. und 4. Eisenbahnkreis und in militärischer Beziehung zur 6. Division. Eingeteilt ist er in sechs Bezirke: Schaffhausen (95,07 km2) mit Bargen, Beringen, Buchberg, Buchthalen, Hemmenthal, Merishausen, Neuhausen, Rüdlingen und der Bezirks- und Kantonshauptstadt Schaffhausen; Stein (27,56 km2) mit Hemmishofen, Ramsen und dem Städtchen Stein a. R. (Bezirkshauptort); Reiat (47,04 km2) mit Altorf, Barzheim, Bibern, Buch, Büttenhard, Dörflingen, Herblingen, Hofen, Lohn, Opfertshofen, Stetten und Thaingen (Bezirkshauptort); Oberklettgau (41,28 km2) mit Gächlingen, Guntmadingen, Löhningen, Osterfingen und dem Städtchen Neunkirch (Bezirkshauptort); Unterklettgau (39,65 km2) mit Oberhallau, Trasadingen, Unterhallau (Bezirkshauptort) und Wilchingen; Schleitheim (43,62 km2) mit Beggingen, Schleitheim (Bezirkshauptort) und Siblingen. Er zählt 36 Gemeinden, von denen siebzehn 126-500, zehn 500-1000, sieben 1000-2000 und je eine 3905 (Neuhausen) u. 15275 (Schaffhausen) Ew. besitzen (Volkszählung von 1900). Die Gemeinden zerfallen wieder in Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinden, wobei die erstern zugleich die Schulgemeinden bilden. Für die Wahl der Mitglieder des Grossen Rates existieren besondere Wahlkreise, und zwar bildet jede Gemeinde mit mehr als 250 Seelen einen Wahlkreis. Kleinere Gemeinden werden durch Dekret des Grossen Rates unter sich oder mit grösseren Gemeinden zu Wahlkreisen vereinigt.
Die dem Kanton Schaffhausen durch die Mediationsakte gegebene Repräsentativverfassung ist von 1831 ab mehr und mehr in demokratischem Sinne umgestaltet und ausgebaut worden. Das gegenwärtige Grundgesetz, welches vom 24. März 1876 datiert und 1891, 1892 und 1895 revidiert worden ist, hat die Volksrechte derart erweitert, dass der Kanton nunmehr als reine Demokratie mit beschränktem Repräsentativsystem zu betrachten ist. Die Staatsgewalt beruht auf der Gesamtheit des Volkes und wir durch dieses und die Behörden und Beamten ausgeübt. Der unbedingten Volksabstimmung, dem «obligatorischen Referendum», sind unterstellt: alle Gesetze und die auf Anrufung einer Abstimmung über Bundeserlasse abzielenden Beschlüsse des Grossen Rates, sowie alle Beschlüsse des letztern, welche eine neue einmalige Gesamtausgabe von mindestens Fr. 150000 oder eine neue jährliche Leistung von mindestens Fr. 15000 zur Folge haben. Fakultativ kann der Grosse Rat auch über andere Schlussnahmen oder über einzelne in einen Erlass aufzunehmende Grundsätze, als «Volksbefragung», eine allgemeine Abstimmung ergehen lassen. Ein weiteres direkt dem Volk zustehendes Privileg ist das Vorschlagsrecht in der Gesetzgebung, die «Initiative». Wenn nämlich mindestens 1000 Aktivbürger den Erlass eines Gesetzes verlangen, so muss der Grosse Rat den bezüglichen Vorschlag beraten und ihn in Gesetzesform dem Volksentscheid unterbreiten. Alle diese Abstimmungen, wie auch diejenigen über Bundesgesetze und Gemeindeangelegenheiten, finden in den «Gemeindeversammlungen» statt, zu welchen die Stimmberechtigten obligatorisch in ihren Wohnsitzgemeinden zusammentreten müssen. Bei allem fortschrittlichen Sinn, den das Schaffhauser Volk sonst und gerade bei seinen Abstimmungen bezeigt, hält es eben doch vor allem fest an seinen demokratischen Errungenschaften, und es will sich der einzelne Bürger durch die Einführung der Urnenabstimmung das Recht nicht nehmen lassen, zu jedem seinem Entscheid unterstellten Gesetz oder Beschluss vor versammelter Gemeinde das Wort zu ergreifen.
Die vorberatende und das Volk vertretende Behörde ist der Grosse Rat oder Kantonsrat. Er wird direkt vom Volk gewählt, und zwar kommt auf je 500 Ew. oder einen Bruchteil von mehr als 250 Seelen ein Mitglied. Seine Hauptgeschäfte sind: die Beratung und Beschlussfassung über alle der Volksabstimmung unterliegenden Traktanden; der Erlass von Dekreten zur Ausführung von Verfassungsgrundsätzen, soweit nicht deren Regelung dem Gesetz vorbehalten ist; die Genehmigung von Staatsverträgen; die Oberaufsicht über die Behörden und über den Vollzug der Verfassung und der Gesetze; die Erledigung von Kompetenzstreitigkeiten zwischen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden; sodann das Recht der Direktive in den sämtlichen Zweigen der Staatsverwaltung und endlich einige Wahlen, von denen diejenigen der
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Mitglieder des Erziehungsrates, der Oberrichter, der Kantonsrichter, des Staatsanwaltes und des Verhörrichters als die wichtigsten gelten. Ständige Kommissionen des Grossen Rates sind: die Staatswirtschaftliche Kommission, die Petitions-, die Justizprüfungs- und die Rechnungsprüfungskommission. Die oberste vollziehende Behörde ist der Regierungsrat. Dieser besteht aus 5 Mitgliedern, welche, wie die Abgeordneten zur Bundesversammlung, vom Volk in einem Wahlkreis gewählt werden. Die hauptsächlichsten Aufgaben des Regierungsrates sind: die Vertretung des Staates; die Ausarbeitung von Gesetzesvorlagen; die Veröffentlichung und der Vollzug der in Kraft erwachsenen Gesetze, Dekrete und Beschlüsse des Grossen Rates; die Oberaufsicht über die untern Behörden und die Beamten, sowie die letztinstanzliche Entscheidung über alle Verwaltungsstreitigkeiten; dann die Besorgung der gesamten Staatsverwaltung mit Einschluss aller Fiskalgeschäfte und schliesslich die Wahl der nicht vom Volk oder vom Grossen Rat bestellten Funktionäre des Staates und der Bezirke. Die Geschäfte verteilen die Regierungsräte unter sich nach Direktionen, doch geht jeder endgiltige Entscheid in der Regel von der Gesamtbehörde aus.
Eine Bezirksverwaltung besteht im Kanton Schaffhausen nicht. Verwaltungsbeamte und -angestellte der Bezirke sind nur die von den Bezirkseinwohnern direkt gewählten Waisen- und Teilungsinspektoren, welche das Vormundschafts-, Inventur- und Teilungswesen der Gemeinden ihres Bezirks zu überwachen haben, dann die Experten und Schätzer der Brandversicherungsanstalt und die Eichmeister. Die Gemeinden ordnen innerhalb der Schranken der Verfassung und der Gesetze ihre Angelegenheiten selbständig. Als Beispiel der innern Einrichtung und Verwaltung einer Gemeinde des Kantons möge der betreffende Abschnitt des Artikels über die Stadt Schaffhausen dienen.
Für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bildet im ordentlichen Prozess das Bezirksgericht und im summarischen Verfahren der Bezirksgerichtspräsident die erste Instanz. Mit dem letztern setzt sich jedes dieser sechs Gerichte aus 5 Mitgliedern zusammen, welche von den Bezirkseinwohnern gewählt werden. Die Bezirksgerichte urteilen über alle Zivilstreitigkeiten und Ehrenhändel, die nicht durch Sühnversuch des Friedensrichters geschlichtet werden konnten. Sie sind auch Nachlassbehörde und Strafgericht in allen sogenannten Polizeifällen und bei Bestrafung von Schuldnern gemäss dem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz. Die eigentliche Strafjustiz wird erstinstanzlich von dem aus 5 Mitgliedern zusammengesetzten Kantonsgericht ausgeübt, und zwar entscheidet dieses sowohl über Schuld- als Straffrage. Daneben ist es auch Matrimonialgericht und hat als solches die Status- und Eheangelegenheiten zu behandeln. Die Straffälle gelangen erst an das Kantonsgericht, nachdem der Verhörrichter den objektiven wie subjektiven Tatbestand erforscht und der Staatsanwalt einen bestimmten Antrag formuliert hat. Gegen die Verfügungen der Bezirksgerichtspräsidenten im summarischen Verfahren und die Urteile der Bezirksgerichte und des Kantonsgerichtes kann innerhalb 10 Tagen an das aus 5 Mitgliedern bestehende Obergericht appelliert werden. Dieses entscheidet letztinstanzlich in allen Zivil- und Straffällen, in letztern wieder sowohl in Bezug auf Schuld als Strafe. 1893 hat der Kanton die Todesstrafe wieder eingeführt. Ein Todesurteil kann aber nur vollzogen werden, wenn es im Grossen Rat von zwei Dritteln der Anwesenden bestätigt worden ist. Das Obergericht ist sodann auch Aufsichtsbehörde über die untern Gerichte, die Gerichtsbeamten, die Geschäftsagenten und die Betreibungsämter.
Finanzwesen und Steuerverhältnisse.
Nach seinem Staatsvermögen ist der Kanton Schaffhausen im Verhältnis zur Bevölkerung der reichste Kanton der Schweiz. Der Gesamtvermögensstand per 31. Dezember 1903 ergibt:
Fr. | |
---|---|
Kantonskasse | 1881342 |
Kirchen- und Schulfonds | 8341263 |
Armenfonds | 1601640 |
Brandassekuranzkasse | 1430907 |
Kaufmännischer Direktorialfonds | 303862 |
Kollegienfonds | 112819 |
Diverse Fonds unter Fr. 100000 | 257880 |
Total | 13989713 |
Davon ab die Passiv-Konti | 327400 |
bleibt Reinvermögen | 13662313. |
Von dieser Summe sind Fr. 8012732 in Immobilien festgelegt; an unproduktiven Werten sind ungefähr für 3 Millionen darin enthalten. Die Einkünfte aller Fonds betrugen im Jahr 1903 Fr. 2118091, die Ausgaben Fr. 2022131. Die hauptsächlichsten Vorschläge weisen auf: die Brandassekuranzkasse (Immobilienversicherung mit gegenwärtig ½‰ Steueransatz) Fr. 44061, der Armenfonds Fr. 22622, der kantonale Rebfonds (Steuer à 1‰ des Katasterwertes mit gleich hohem Staatsbeitrag zur Reblausbekämpfung) Fr. 17088, der kaufmännische Direktorialfonds Fr. 4475 und die Kantonskasse Fr. 4391. An die Einnahmen der letztern haben unter anderm geliefert: Kapital-, Pacht- und Mietzinse Fr. 83607, Wasserzinse Fr. 43054, Salzregal Fr. 19704, Wirtschaftspatente Fr. 28198, Erbschaftsabgaben Fr. 69285, Banknotensteuer Fr. 30000, Reingewinn der Kantonalbank Fr. 13515, Staatssteuer aus Fr. 206721253 Vermögen und Fr. 14048888 Einkommen Fr. 361064. Letztere wird erhoben auf Grund des Steuergesetzes vom 23. September 1879 und zwar als Vermögenssteuer vom beweglichen und unbeweglichen Vermögen nach Abzug der Schulden und als Einkommensteuer vom Arbeitserwerb (Unkosten abgerechnet), von Renten und Pensionen. Steuerfrei sind: das Vermögen des Staates, die Liegenschaften von Kirchen, Schulen, wohltätigen Anstalten, 25% der Taxation von Acker-, Wies- und Rebland, der Hausrat und das Arbeitswerkzeug. Sodann tritt bei jedem Steuerpflichtigen auf dem Steuerbetrag eine Reduktion ein von Fr. 4, weil Fr. 400 Einkommen oder Fr. 4000 Vermögen als Existenzminimum betrachtet werden. Anderseits wird aber bei einem Steuerbetrag von mehr als Fr. 25 ein progressiver Zuschlag gemacht und von jedem männlichen Einwohner eine Personalsteuer von gegenwärtig Fr. 2 erhoben. Der Ansatz der Steuer wird jährlich bei der Budgetberatung vom Grossen Rat festgesetzt. Seit Einführung des Gesetzes beträgt er unverändert 1‰ vom Vermögen, ½‰ vom Güterbesitz als Einkommen aus landwirtschaftlichem Betrieb und 1% vom übrigen Einkommen. Dass er sich bisher auf dieser niedrigen Stufe erhalten konnte, verdanken wir namentlich der amtlichen Inventarisation in jedem Todesfall und der strengen Bestrafung der Fälle von Steuerverheimlichung. Angesichts der vom Staat in neuester Zeit übernommenen grossen Verpflichtungen wird der Steueransatz jetzt aber wohl erhöht werden müssen. Auch wird der Ruhm, ohne Staatsanleihen auszukommen, bald genug einer vergangenen Zeit angehören.
Die Gemeinden des Kantons besassen 1898:
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Fr. | |
---|---|
An Einwohner-Gemeindegut | 10221125 |
An Bürgergut | 8857547 |
An Schulgut | 2344665 |
An Kirchengut | 1624451 |
An anderem Gemeindegut | 2113314 |
Zusammen | 25161102. |
und zwar hatten an Gesamtvermögen sieben Gemeinden Fr. 35000-100000, achtzehn Fr. 100000-500000, sechs Fr. ½-1 Million, vier Fr. 1-2 Millionen und eine Fr. 8½ Millionen.
Soweit der Ertrag der Gemeindegüter für die Bedürfnisse der Gemeinden nicht ausreicht, können auch diese Steuern erheben. Es geschieht dies nach den gleichen Grundsätzen wie für die Staatssteuer, mit dem Unterschied jedoch, dass keine Progression hinzutritt und über den Abzug eines Existenzminimum den Gemeinden freie Hand vorbehalten bleibt. Im Jahr 1898 konnten elf Gemeinden (Barzheim, Beggingen, Gächlingen, Lohn, Merishausen, Neunkirch, Osterfingen, Siblingen, Stein, Thaingen und Wilchingen) ohne Steuern auskommen. Von den andern erhoben vom Einkommen (%) und vom Vermögen (‰) einen Ansatz von 1¾ und 2½ je eine, 1¼ und 2¼ je zwei, 1 und 1½ je drei, 3 vier und 2 sieben Gemeinden. Armensteuern, welche von den ortsanwesenden Bürgern, und Kirchensteuern, die von den Genossen der Kirchgemeinden nach den Grundsätzen für die Gemeindesteuern aufzubringen sind, existieren nur in ganz vereinzelten Fällen.
[Rob. Harder.]
Militärwesen.
Der Kanton Schaffhausen gehört mit Zürich zur VI. Division. Er stellte im Jahr 1904 total 3272 Mann in Auszug und Landwehr. Bis 1900 hatte er blos 1 Bataillon Infanterie (Nr. 61) im Auszug, das aber beinahe den doppelten Bestand der andern Auszügerbataillone aufwies; deswegen ist dem Kanton Schaffhausen seit 1901 ein zweites Auszügerbataillon (Nr. 98) zugewiesen worden. Die Mannschaft des Kantons Schaffhausen gehört folgenden Truppengattungen an:
Mann | |
---|---|
A. Auszug. Infanterie (Bat. 61 und 98) | 1591 |
Kavallerie (Schwadron 16) | 152 |
Artillerie | 213 |
Genie | 121 |
Sanität | 32 |
Verwaltung | 22 |
Generalstab | 1 |
Total Auszug | 2132 |
worunter 67 Offiziere, 299 Unteroffiziere und 1766 Soldaten.
Mann | |
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B. Landwehr. Infanterie (Bat. 121. Komp. I und II) | 760 |
Kavallerie (Schwadron 16) | 129 |
Artillerie | 129 |
Genie | 75 |
Sanität | 29 |
Verwaltung | 16 |
Generalstab | 2 |
Total Landwehr | 1140 |
worunter 36 Offiziere, 170 Unteroffiziere und 934 Soldaten.
Im Landsturm sind 3535 Mann verzeichnet, wovon dem bewaffneten Landsturm 22 Offiziere, 80 Unteroffiziere und 402 Soldaten angehören. Dem unbewaffneten Landsturm sind zugeteilt 3031 Mann. Das militärische Interesse wird gepflegt durch den kantonalen Offiziersverein, den Unteroffiziersverein Schaffhausen, den Pontonnierfahrverein, den Sanitätsverein, den Reitverein Schaffhausen, ferner durch 40 Schiessvereine und 4 Revolverschiessvereine; Gesamtzahl der Mitglieder der freiwilligen Schiessvereine etwa 2000-2100 Mann. Sie sind zu einem kantonalen Verbande vereinigt und halten in der Regel jedes Jahr im Sommer einen kantonalen Schiesstag ab, der kein Schützenfest, sondern ein gut geleitetes Militärschiessen ist. Militärischen Zwecken dient z. T. auch der Samariterverein Schaffhausen.
Schulwesen.
Der Kanton Schaffhausen hat seit jeher dem Unterrichtswesen eine rege Sorgfalt zugewendet, und schon in frühern Jahrhunderten durfte er sich in dieser Hinsicht an die Seite der bestgestellten Städtekantone stellen. Begreiflicherweise ging die Hauptstadt mit ihren verschiedenen Schulanstalten (lateinische Schule oder Gymnasium, französische Schule, Collegium humanitatis, deutsche Schule, Mädchenschule, Steigschule, Privatschulen) voran; aber auch die meisten Dörfer der Landschaft besassen schon im 17. Jahrhundert ihre Volksschulen. Am 8. August 1645 wurde die erste, 15 Artikel umfassende gemeine Landschulordnung erlassen, die die Volksschule zu einem gesetzlichen Institut erhob. Diese Schulordnung ist 1717 und 1737 neu herausgegeben und teilweise revidiert worden. Aus den Berichten der Landschulmeister an den helvetischen Minister Stapfer vom Jahr 1799 geht hervor, dass damals jede Gemeinde mit Ausnahme des kleinen Hofen eine Schule besass. Die Mängel des Schulwesens früherer Zeit hafteten selbstverständlich auch demjenigen des Kantons Schaffhausen an; auch hier ist die moderne Volksschule erst eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts. Das erste ausführliche, alle Verhältnisse regelnde Schulgesetz datiert vom 20. Dezember 1850; es wurde am 24. September 1879 durch das jetzt noch in Kraft stehende, dem Fortschritt im Erziehungswesen Rechnung tragende Schulgesetz ersetzt. Gegenwärtig ist eine teilweise Revision desselben begonnen worden. Der öffentliche Unterricht wird erteilt in Elementarschulen, Realschulen, Fortbildungsschulen und der Kantonsschule (früher Gymnasium genannt). I. Die Elementarschule ist die obligatorische Volksschule; der Eintritt erfolgt im Frühling nach zurückgelegtem 6. Altersjahr. Die Schulpflicht dauert entweder 8 ganze oder 6 ganze und 3 teilweise Schuljahre; im letztern Falle ist die wöchentliche Stundenzahl während des Sommerhalbjahrs für das 7. und 8. Schuljahr beschränkt und hat das 9. Schuljahr nur während des Winterhalbjahres 12 Wochenstunden Unterricht. Die Mehrzahl der Gemeinden hat sich für 6 ganze und 3 teilweise Schuljahre entschieden. Alle 36 Gemeinden des Kantons besitzen eine Elementarschule. Ein besonderes Reglement ordnet den Unterricht in den weiblichen Arbeiten. Die Wahl der Elementarlehrer geschieht durch die Schulgemeinde auf eine Amtsdauer von 8 Jahren; die gesetzliche Besoldung beträgt je nach der Klasse 1400-1800 Fr., zur Hälfte vom Kanton, zur Hälfte von der Gemeinde entrichtet; seit 1904 kommt dazu aus der Bundessubvention eine Zulage, die für die Lehrer mit nur 1400 Fr. Jahresbesoldung 200 Fr., für die übrigen 100 Fr. beträgt, so dass das Minimum der Besoldung gegenwärtig 1600 Fr. ausmacht. Dazu entrichtet der Kanton noch eine Alterszulage bis auf die Höhe von 200 Fr. nach 20 Dienstjahren. Eine Reihe von Gemeinden leisten zum Teil beträchtliche Zulagen über diese gesetzliche Besoldung hinaus. Der Bau und Unterhalt der Schulhäuser, sowie die Beschaffung der allgemeinen Lehrmittel ist Sache der Schulgemeinden. Jede Schulgemeinde besitzt einen Schulfonds, der in einzelnen Gemeinden eine beträchtliche Höhe erreicht hat (Gesamtbetrag sämtlicher Schulfonds im Jahre 1903 Fr. 1852288; Ertrag Fr. 75821). Die Totalausgaben für die Elementarschulen (Kantons- und Gemeindeausgaben zusammen) betrugen 1903 Fr. 373683. II. Die Realschulen sind höhere Volksschulen und haben die Bestimmung, die in der Elementarschule erworbenen Kenntnisse der Schüler mit möglichster Berücksichtigung ihrer künftigen Lebensstellung zu erweitern. Gegenwärtig haben 10 Gemeinden solche Realschulen eingerichtet: Schaffhausen, Neuhausen, Beringen, Rüdlingen mit Buchberg, Neunkirch, Unterhallau, Schleitheim, Stein a. R., Thaingen und Ramsen. Der Eintritt erfolgt frühestens mit dem zurückgelegten 11. Altersjahr; in der Stadt Schaffhausen treten die Schüler in der Regel nach zurückgelegtem 5., in den Landrealschulen nach zurückgelegtem 6. Elementarschuljahr ein. Der Unterricht dauert in den Landrealschulen 3, in der Knabenrealschule der Stadt Schaffhausen 4 und in der Mädchenrealschule 5 Jahre. Als Regel gilt das Klassensystem; Fachunterricht ist mit Bewilligung des Erziehungsrates zulässig. Der Unterricht ist für Schüler, deren Eltern oder Vormünder im Kanton wohnen, bezw. deren Vermögen im Kanton versteuert wird, unentgeltlich (dasselbe gilt für die Kantonsschule). Die Wahl der Reallehrer geschieht durch den Erziehungsrat und die Schulbehörde der betr. Realschulgemeinde gemeinsam; auch hier (ebenso bei den Kantonsschullehrern) ist die Amtsdauer auf 8 Jahre festgesetzt. Die gesetzliche Besoldung beträgt 2500 Fr., woran die Gemeinde nur 200 Fr. per Lehrstelle leistet; die kantonale Alterszulage beträgt wie bei den Elementarlehrern im Maximum 200 Fr. Mehrere Gemeinden gewähren auch
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den Reallehrern beträchtliche Zulagen. Totalausgaben für die Realschulen im Jahr 1903 Fr. 124841. Für Elementar- und Reallehrer ist eine kantonale Patentprüfung eingeführt, die in der Regel von allen definitiv anzustellenden Lehrern gefordert wird. III. Die Fortbildungsschulen zerfallen in a) die obligatorische Fortbildungsschule. Sie hat die Aufgabe, das in der Elementar- bezw. in der Realschule Gelernte zu befestigen und im Hinblick auf das praktische Leben zu erweitern. Der Eintritt ist obligatorisch für diejenigen Schüler, welche nicht 8 volle Schuljahre durchgemacht haben; diese sind im 18. und 19. Lebensjahr zum Besuch während zwei Wintern verpflichtet. Der Unterricht dauert vom 1. November bis Lichtmess und muss mit wenigstens 4 Wochenstunden abgehalten werden; er wird von Elementar- u. Reallehrern erteilt, die dafür besonders entschädigt werden, zur Hälfte vom Kanton, zur Hälfte von der Gemeinde. b) die freiwilligen Fortbildungsschulen. Als solche bestehen zur Zeit die gewerblichen Fortbildungsschulen in Schaffhausen, Neunkirch und Stein a. R.; die Töchterfortbildungsschulen in Schaffhausen, Neunkirch, Schleitheim, Beggingen, Unterhallau (seit 1904), Stein a. R., Dörflingen und Beringen (seit 1905). Sie sind organisiert nach den Vorschriften des Bundes und beziehen ausser Gemeinde- und kantonalen auch jährliche Bundesbeiträge. Die Lehrpläne und die Ausdehnung der Unterrichtszweige richten sich nach den lokalen Bedürfnissen und sind begreiflicherweise sehr verschieden. IV. Die Kantonsschule besteht aus a) der humanistischen Abteilung mit 6 ganzen Jahreskursen zur Vorbereitung auf das Universitätsstudium; b) der realistischen Abteilung mit 5½ Jahreskursen zur Vorbereitung auf das Polytechnikum; Eintrittsalter für diese beiden Abteilungen das zurückgelegte 13. Altersjahr; c) der Seminarabteilung zur Heranbildung von Elementarlehrern mit 4 ganzen Jahreskursen; Eintrittsalter das zurückgelegte 15. Altersjahr. Töchtern ist der Eintritt in alle 3 Abteilungen eröffnet. Die Anstalt zählte im Schuljahr 1903/04 19 Lehrer (13 für die wissenschaftlichen, 6 für die Kunstfächer) und 202 ordentliche Schüler; seit 1902 hat sie die schönen Räume des neuen Kantonsschulgebäudes auf dem Emmersberg bezogen. Für die Schüler, deren Eltern auswärts wohnen, ist ein kantonales Konvikt eingerichtet. Die unmittelbare Aufsicht der 3 Abteilungen der Kantonsschule ist einem aus der Zahl der Lehrer durch den Regierungsrat gewählten Direktor übertragen. Die Wahl der Kantonsschullehrer erfolgt durch den Regierungsrat auf Vorschlag des Erziehungsrates. Die Oberaufsicht über das gesamte Unterrichtswesen steht dem Erziehungsrat zu, der aus dem Erziehungsdirektor des Regierungsrates als Präsident und sechs vom Grossen Rat gewählten Mitgliedern besteht. Die Inspektion der Elementar- und Realschulen besorgen drei vom Erziehungsrat gewählte Schulinspektoren, diejenige der Kantonsschule zwei ebenfalls durch den Erziehungsrat ernannte «Ephoren». Die 6 politischen Bezirke des Kantons sind zum Zwecke der Schulinspektion in 3 Schulbezirke zusammengezogen: 1. Schaffhausen (mit dem politischen Bezirke zusammenfallend), 2. Klettgau (aus den politischen Bezirken Oberklettgau, Unterklettgau und Schleitheim bestehend) und 3. Hegau (aus den politischen Bezirken Stein und Reiat bestehend). Jede Schulgemeinde wählt eine eigene Schulbehörde aus 5 oder 7 Mitgliedern zur unmittelbaren Aufsicht über die Elementar- und Realschulen und den Privatunterricht. Die Anzahl der Lehrer und Lehrerinnen, sowie der Schüler der einzelnen öffentlichen Schulanstalten ist aus der folgenden Tabelle ersichtlich:
Lehrer | Schüler | Knaben | Mädchen | |
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Elementarschulen | 128 | 6024 | 2899 | 3125 |
Realschulen | 32 | 923 | 519 | 404 |
Kantonsschule | 19 | |||
Humanist. Abt. | 70 | 70 | - | |
Realist. Abt. | 92 | 92 | - | |
Seminarabteilung | 40 | 26 | 14 | |
Zusammen | 179 | 7149 | 3606 | 3543. |
Das Kleinkinderschulwesen unterliegt vorläufig nicht der staatlichen Aufsicht. Kleinkinderschulen, zum Teil durch die Gemeinden, zum Teil durch gemeinnützige Vereinigungen eingerichtet, bestehen fast in allen Gemeinden. In Buch besteht die von einem besondern Verein gegründete und geleitete Rettungsanstalt Friedeck (1903/04 mit 33 Zöglingen [22 Knaben, 11 Mädchen]), die vom Kanton einen Beitrag erhält. Gegenwärtig wird durch die gemeinnützige Gesellschaft der Gründungsfonds für eine Anstalt für schwachsinnige, aber bildungsfähige Kinder gesammelt; die erfreulichen Ergebnisse dieser Sammlung, an welcher sich auch der Staat und die Gemeinden beteiligen, lässt die Eröffnung dieser wohltätigen Anstalt in baldiger Zukunft erhoffen. Privatschulen bestehen sonst im Kanton Schaffhausen nicht.
[Prof. Dr. K. Henking.]
Literatur: Bächtold, C. A. Schaffhauser Schulgeschichte bis 1645; Lang, Jak. Schulgeschichte (in der kantonalen Festschrift 1901).
Kirchliche Verhältnisse.
Im Jahr 1900 zählte der Kanton Schaffhausen 34046 protestantische (82% der Gesamtbevölkerung) und 7403 katholische (gegen 18%) Einwohner, sowie 22 Israeliten und 43 Anhänger anderer religiöser Bekenntnisse. Diesem Verhältnis entsprechend gilt die evangelisch-reformierte Kirche als Landeskirche. Sie besteht aus 28 Kirchgemeinden, worunter die Stadt Schaffhausen mit 3 und Stein a. Rh. mit 2 Kirchgemeinden vertreten ist; 6 Kirchgemeinden setzen sich aus 2
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Zivilgemeinden zusammen, eine aus 3 und 1 aus vier. In den 3 städtischen Kirchgemeinden wirken an 2 Gemeinden je 2 Pfarrer, in allen übrigen Kirchgemeinden je einer. In verfassungsrechtlicher Beziehung befindet sich die Landeskirche in einer eigentümlichen Lage. Die bestehende Kirchenorganisation datiert aus dem Jahr 1854 und trägt den Charakter der alten absoluten Staatskirche an sich, ist aber durch verschiedene spätere gesetzliche Bestimmungen bedeutend modifiziert und durch die Kirchenartikel der Kantonsverfassung von 1876 auf eine total andere Grundlage gestellt worden im Sinne möglichster Selbständigkeit. Da aber die auf Grund der Kantonsverfassung von einer konstituierenden Synode ausgearbeitete «Kirchenordnung» in der Volksabstimmung vom 31. Januar 1889 verworfen wurde und eine neue Vorlage bis jetzt nicht zustande gekommen ist, ist der gegenwärtige Rechtszustand ein schwankender, der zwischen dem Kirchengesetz von 1854 und der Kantonsverfassung von 1876 hin und herpendelt. Die faktisch bestehende Ordnung ist folgende: Die oberste Leitung der Kirche liegt in der Hand des Regierungsrates, bezw. der kantonalen Kirchendirektion. Dem regierungsrätlichen Kirchendirektor steht zur Seite ein von ihm präsidierter Kirchenrat, dem der Antistes von Amts wegen angehört und dessen übrige Mitglieder, von welchen 2 dem geistlichen Stande entnommen werden müssen, teils vom Grossen Rate (3), teils von der Synode (2) gewählt werden. Alle Beschlüsse des Kirchenrates bedürfen der Genehmigung des Regierungsrates. Der Antistes, «das vermittelnde Organ zwischen Regierung und Geistlichkeit», ist der geistliche Vorsteher der Kirche, ihr Inspektor. Neben Kirchenrat und Antistes besteht eine Synode, welche zusammengesetzt ist aus allen im Kanton wohnenden, ins Schaffhauser Ministerium aufgenommenen Geistlichen, aus einer Abordnung der Regierung und den Mitgliedern des Kirchenrates; sie ist kompetent zum Antragstellen in rein kirchlichen und zur Begutachtung in gemischt-kirchlichen Dingen; alle ihre Anträge gehen an Kirchenrat oder Regierung, bezw. den Grossen Rat. Die Pfarrer werden von den Kirchgemeinden auf je 8 Jahre gewählt. Jede Kirchgemeinde hat einen Kirchenstand (Kirchenpflege) von 5-7 Mitgliedern, dem der Pfarrer als Präsident und der Präsident der Zivilgemeinde (in Ramsen der katholische) als Vizepräsident von Amts wegen angehören. Der Kirchenstand, welcher alle 4 Jahre der Erneuerungswahl unterliegt, überwacht das kirchliche und sittliche Leben in der Gemeinde und besorgt die kirchliche (freiwillige) Armenpflege. Ausser der Wahl des Pfarrers und des Kirchenstandes hat die Kirchgemeinde auch das Recht zur Wahl des Vorsängers oder Organisten und des Messmers, erlaubt sich aber je und je auch die Besprechung lokaler kirchlicher Angelegenheiten. Die Kirchengebäude wurden im Gemeindegesetz von 1892 zum Eigentum der Zivilgemeinden erklärt, welchen auch die Verwaltung des Kirchengutes zusteht. Die Verfügung über das Kirchenopfer ist erst vor wenigen Jahren den Kirchgemeinden anheimgestellt worden. Die finanziellen Bedürfnisse der Landeskirche werden aus dem kantonalen Kirchengut bestritten mit geringen Zuschüssen einzelner Gemeinden. Eine grundsätzliche Regelung der kirchlichen Verhältnisse durch Aufstellung einer neuen Kirchenordnung, die mit der schweizerischen Bundesverfassung und den dieser entsprechenden Kirchenartikeln der Kantonsverfassung im Einklang steht, ist dringendes Bedürfnis. Trotz der misslichen Verfassungsverhältnisse ist das kirchliche Leben ein reges. Der gesetzlich bestehende Konvent der Geistlichen, der jährlich viermal tagt, unterzieht sämtliche kirchliche Angelegenheiten seiner Beratung; er sowohl als 2 theologische Gesellschaften verhandeln auch wissenschaftlich-theologische Fragen. Daneben bestehen zahlreiche freie Vereine, welche einzelne Zweige religiöser und kirchlicher Tätigkeit pflegen, wie die Bibelgesellschaft, die Missionsgesellschaft, der protestantisch-kirchliche Hilfsverein, die Evangelische Gesellschaft, der Verein für freies Christentum, der Verein positiver Kirchgenossen, der Verein für kirchliche Liebestätigkeit u. s. w. Seit der Zeit der Refugiés besteht in der Stadt ein regelmässiger französischer Gottesdienst.
Durch die Kantonsverfassung von 1876 ist neben der reformierten Landeskirche auch die römisch-katholische Kirchgemeinde Ramsen als öffentliche Korporation anerkannt worden. Ramsen ist die einzige paritätische Gemeinde des Kantons. Die Volkszählung von 1900 ergab in Ramsen 438 protestantische und 769 römisch-katholische Einwohner. Die von der katholischen Kirchgemeinde aufgestellte Kirchenordnung hat im Jahr 1883 die Genehmigung des Grossen Rates erhalten. Die übrigen Katholiken des Kantons, besonders in der Stadt Schaffhausen und in der benachbarten industriellen Gemeinde Neuhausen wohnhaft, teilen sich in Römisch-katholische und Christkatholische. Katholischer Gottesdienst findet in der Stadt Schaffhausen seit 1840 statt. Die Römisch-katholischen in Schaffhausen und Umgebung haben sich auf Grund der Kantonsverfassung von 1876 als freie Gemeinde konstituiert, in der Stadt eine Kirche erbaut und werden von 2 Priestern bedient. Die Christkatholischen (Gemeinde seit 1880) haben 1890 vom Staat den Charakter einer öffentlich-rechtlichen Korporation erlangt und halten ihren Gottesdienst in der der Einwohnergemeinde Schaffhausen gehörigen Münsterkapelle durch einen Pfarrer; an ihre finanziellen Bedürfnisse leistet der Staat einen mässigen Beitrag.
Neben der Landeskirche und den bereits genannten Kirchen bestehen weitere kleine religiöse Gemeinschaften, wie Neutäufer, Methodisten, Apostolische, Salutisten u. s. w.
[Pfarrer Dr. C. A. Bæchtold.]
Soziale und wirtschaftliche Statistik.
I. Armen- und Krankenwesen. Die Armenpflege als amtliche Fürsorge für die Bedürftigen ist im Kanton Schaffhausen Sache der Gemeinden und nur aushilfsweise Sache des Staates, welcher indes durch den Regierungsrat bezw. die kantonale Armendirektion auch über das gesamte Armenwesen die Oberaufsicht übt. Bei den Gemeinden liegt die Hauptpflicht auf der Bürgergemeinde; der Einwohnergemeinde fallt nur die Besorgung der nach Bundesrecht und nach den Staatsverträgen zu gewährenden, sowie derjenigen Armenunterstützung zu, welche weder durch Gesetz noch durch Staatsverträge geregelt ist. Die betreffenden Organe sind die Bürgerräte (bezw. Einwohnergemeinderäte) und der jeweilige Armenpfleger. Die Unterstützungsmittel fliessen aus den Gemeindearmengütern, deren Gesamtvermögen im Jahr 1900 Fr. 7049400 betrug; zu Armensteuern mussten im genannten Jahr nur 3 Gemeinden Zuflucht nehmen. In den grösseren Gemeinden bestehen Armenhäuser, in den kleineren meist nur sog. «Spittel», in welchen Arme unentgeltlich Wohnung
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finden. Im Allgemeinen bestätigt sich auch hier, dass in Gemeinden mit ausschliesslich agrikoler Bevölkerung die Zahl der Unterstützungsbedürftigen geringer ist als in Gemeinden gemischter Einwohnerschaft; so weist die Statistik des Jahres 1900 für die Gemeinden Büttenhard und Guntmadingen je nur 1 unterstützte Person auf. Was die Teilnahme des Staates (Kantons) an der Armenpflege betrifft, so besteht dieselbe in Uebernahme der Hälfte der Kosten für Unterbringung von Epileptischen und Lungenkranken, von Taubstummen, Blinden und schwachsinnigen Kindern, Waisen, von jugendlichen und erwachsenen Verbrechern in zweckentsprechenden Anstalten, in Beiträgen zu Badekuren und in der Subventionierung solcher Bürgergemeinden, welche zeitweise ihren Verpflichtungen zur Armenunterstützung nicht nachkommen können. Ferner unterhält der Staat 4 Verpflegungsstationen für arme Durchreisende und leistet regelmässige Beiträge an die schweizerischen Hilfsgesellschaften im Ausland. Die erforderlichen Geldmittel werden aus dem kantonalen Armenfonds geschöpft, der (Irrenhaus und Kantonsspital inbegriffen) im Jahr 1903 ein reines Vermögen von Fr. 1601640 hatte. Die Ausgaben des Staates für Armenzwecke beliefen sich z. B. 1903 auf Fr. 88938. Zu der obligatorischen amtlichen Armenpflege gesellt sich eine fakultative, bei welcher diejenige der Kirchgemeinden besonders in der Stadt eine hervorragende Stelle einnimmt, sowie eine ausgebreitete private Tätigkeit, welche in einer langen Reihe von Unterstützungs- und Hilfsvereinen zur Erscheinung kommt, die zum Teil einen kantonalen Charakter haben, meist aber auf die einzelne Gemeinde beschränkt sind.
Was das Krankenwesen betrifft, so hat der Staat seine Fürsorge in neuerer Zeit ganz bedeutend gesteigert: 1) durch Erbauung der kantonalen Irrenanstalt Breitenau (s. diesen Art.) 1891 - die Anstalt wird ausser den Kostgeldern alimentiert durch den kantonalen Armenfonds -; 2) durch Uebernahme des städtischen Krankenhauses und Umwandlung desselben in einen Kantonsspital im Jahr 1902. Die Zahl der Verpflegten betrug im genannten Jahr in der Breitenau 239 und im Kantonsspital 929 Personen, von welch' letztern 475 dem Kanton Schaffhausen, 167 der übrigen Schweiz, 233 dem Deutschen Reich und der Rest anderen Staaten angehörte. Die Errichtung eines kantonalen Asyls für Gebrechliche ist in Aussicht genommen. Ins Gebiet der privaten Betätigung gehört das Asyl Schönbühl in Schaffhausen, welches, von einer Krankenwärterin aus Gächlingen begründet, im Jahr 1891 von der Evangelischen Gesellschaft des Kantons erworben und organisiert worden ist. Das Asyl ist vorzugsweise für weibliche Kranke bestimmt, welche mit unheilbaren oder langsam heilenden Uebeln behaftet sind; es zählt 48 Betten und hat z. B. im Berichtsjahr 1902/03 85 Kranke verpflegt. Ferner der Kinderspital in Schaffhausen, welcher im Jahr 1893 von der Schaffhauser Hilfsgesellschaft gegründet worden ist, sich - wie das Asyl Schönbühl - während seines kurzen Bestehens als ein äusserst segensreiches Institut erwiesen hat und deshalb auch einer ansehnlichen staatlichen Unterstützung erfreut. Für die Erstellung eines neuen, weit geräumigeren Anstaltsgebäudes ist bereits ein günstig gelegener Bauplatz erworben. Endlich seien noch die Krankenunterstützungsvereine und -kassen der verschiedenen grösseren Fabrikbetriebe namentlich in Schaffhausen und Neuhausen genannt, von welchen die im Jahr 1847 gestiftete Krankenunterstützungskasse des Eisenwerks Laufen am Rheinfall wohl die älteste ist.
II. Die Grosszahl der Wohlfahrtseinrichtungen allgemeinerer Natur, der sich unser Ländchen erfreut, verdankt ihre Existenz ebenfalls der Privatwohltätigkeit. Nur die hervorragendsten können hier genannt werden; es sind: 1) die Rettungsanstalt Friedeck in Buch, welche schon im Jahr 1826 durch den dortigen Pfarrer und späteren Antistes David Spleiss zum Zweck der Erziehung armer verlassener und verwahrloster Kinder gegründet worden ist und im Jahr 1902 durch Umbau ihres Hauptgebäudes eine sehr gelungene Verbesserung erfahren hat; sie beherbergt etwa 22 Knaben und 14 Mädchen und wird geleitet durch ein 15gliedriges Komite, welches sich durch Kooptation ergänzt und für Aufbringung der Subsistenzmittel besorgt ist, an welche auch der Staat einen kleinen Beitrag leistet. 2) die gemeinnützige Gesellschaft, Sektion der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft, deren Anfänge bis ins Jahr 1810 zurückreichen und von deren erspriesslichem Wirken nach verschiedenen Richtungen Siegerist-Scheitlin in seiner Geschichte der Gemeinnützigen Gesellschaft Schaffhausen (1901) erzählt. 3) Endlich seien noch einige Spezialfonds genannt, welche verschiedenen Unterstützungszwecken dienen und in staatlicher Verwaltung stehen, nämlich: der Stipendienfonds (Stand Ende 1903: Fr. 71516), das Schwarz'sche Legat (Fr. 7633), der Winkelriedfonds (Fr. 55557), Hagelversicherungsfonds (Fr. 11066), Viehseuchenfonds (Fr. 28629), die Brandassekuranzkasse (Fr. 1430907).
III. Auch mit Bezug auf das Vereinswesen überhaupt stellt sich der Kanton Schaffhausen als reich gesegnet dar, müssen ja Vereine und Gesellschaften zumal im modernen Leben als Haupthebel des Fortschritts bezeichnet werden. Leider ist eine amtliche Statistik seit 1859, in welchem Jahr im Kanton 87 Vereine bestanden, nicht mehr aufgestellt worden. Um zuerst noch einige Vereine mit Wohltätigkeitszwecken zu nennen, zitieren wir den Samariterverein und den Verein vom Roten Kreuz, den Mässigkeitsverein und den Guttemplerorden. Von immer grösserer Bedeutung werden für unsere agrikole Bevölkerung die landwirtschaftlichen Vereine, die besonders durch Vorträge und die öffentliche Presse unsere Bauernschaft mit Erfolg aufzuklären sich bemühen. Einer schönen Blüte erfreuen sich die Vereine, welche sich neben allgemeinen Bildungszwecken die Pflege eines besonderen Faches zur Aufgabe gemacht haben, wobei vor allem der kaufmännische Verein (gegründet im Jahr 1862; vergl. Zindel-Kressig: Geschichtl. Rückblick 1862-1900. Schaffhausen 1901) und der Gewerbeverein mit dem Verband des schweizerischen Lehrlingspatronats Erwähnung verdienen. Der erstgenannte pflegt ein ausgedehntes Unterrichtswesen, der andere hat eine Gewerbehalle mit Lesesaal und Bibliothek eingerichtet. Zahlreich sind seit uralter Zeit die Schützenvereine, darunter die schon 1477 zum erstenmal im Ratsprotokoll erwähnte Stadtschützengesellschaft Schaffhausen, flankiert von der Offiziersgesellschaft, dem Unteroffiziersverein, dem Kavallerie-Reitverein einerseits und von den Turnvereinen andererseits, an deren Spitze der Stadtturnverein Schaffhausen (gegründet 1835) marschiert (vergl. Bächli: Geschichte des Stadtturnver. Schaffhausen. 1885). Dieser bildet eine Sektion des schweizerischen Turnvereins und organisierte 1837 das erste und 1847 das zweite eidgenössische Turnfest in Schaffhausen. Sein jüngster Spross ist der Stemm- und Ringklub Schaffhausen. Noch zahlreicher sind die Gesangvereine jeder Art, die meisten eingegliedert in den Kantonalgesangverein. Der Männerchor Schaffhausen, dessen Geschichte G. Schönholzer auf das 60jährige Jubiläum 1886 geschrieben hat, genoss die Freude, schon 1846 die schweizerischen Sängerbrüder zum zweiten eidgenössischen Sängerfest in den Mauern unserer Stadt begrüssen zu dürfen. Noch älter ist das Musikkollegium Schaffhausen, dessen Ursprünge laut Mezger (Geschichte des Musikkollegiums Schaffhausen. 1878) bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts zurückdatieren und dessen Bestrebungen durch Errichtung der Musikschule im Imthurneum im Jahr 1866 einen grossen Erfolg errangen. Seit 1869 besitzt die Stadt auch eine Stadtmusik, neben welcher indessen auch einzelne Musikgesellschaften der Landschaft nicht unrühmlich bestehen. Der Kunstpflege im weiteren Sinn dient der 1848 gegründete Kunstverein Schaffhausen, der von dem sehnlich erhofften neuen Museumsgebäude eine Neubelebung erwartet. (Henking, K. Der Kunstverein Schaffhausen während der ersten 50 Jahre seines Bestehens 1848-1898). Wissenschaftliche Vereine sind die zwei theologischen Vereine, der historisch-antiquarische Verein des Kantons Schaffhausen mit ähnlichen Vereinen in Stein und Schleitheim, die naturforschende Gesellschaft (Sektion der schweizer. naturforschenden Gesellschaft) und der Museumsverein, die medizinische Gesellschaft, der Juristenverein; Vereine mit mehr allgemeinen Bildungszwecken der Männerverein in Thaingen, der Verein für Volksbildung in Neuhausen, ferner der Kantonallehrerverein u. a. (Vergl. auch Abschnitt Wissenschaft und Kunst). Zahlreich sind die religiös-kirchlichen Vereine. Weniger günstig ist der Boden für politische Vereine, die ein ausgeprägtes Parteiwesen voraussetzen, da unser Volk seiner überwältigenden