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Avigna-Araundathal-Schlinigthal) und im N. an das Unter Engadin. Die allgemeine Richtung des Thales ist S.-N. mit einer leichten Ausbiegung nach O. im mittleren Abschnitt. Die Gruppe des Piz Pisoc grenzt im SW. an das Münsterthal, den Ofenpass und den vordern Teil des Spölthales, während die Sesvennagruppe sich nö. vom Scarlthal und Avignathal bis zum obern Vintschgau (Malserheide-Reschen Scheideck) ausdehnt. Die wichtigsten Gipfel der Pisocgruppe an der Grenze und innerhalb des Gebietes von Scarl sind (im N. angefangen): Piz Pisoc (3178 m) mit dem N.-Ausläufer Piz Lavetscha (2792 m), Piz Zuort (3122 m), Piz Mingèr (3108 m), Piz Foraz (3094 m), Piz Tavrü (3168 m), Piz Vallatscha (3023 m), Piz d'Astras (2920 m) und endlich Piz Murtera (2998 m) und Piz Starlex (3081 m), letztere beiden gegen Val Avigna im SO. Von diesen Gipfeln tragen nur der Piz Pisoc und Piz Zuort kleine Gletscherfelder.
Die Grenze in der Sesvennagruppe verläuft wie folgt: vom Piz Starlex nach N. und quer durch Plazér nach NO. zum vergletscherten Sesvennastock und über die Furcla Sesvenna bis zum Piz Cristannes (schweizerisch-österreichische Grenze);
dann zieht sie, erst das Gebirgsgebiet der Gemeinde Sent berührend, im N. über die Furcla und den vergletscherten Piz Cornet an den S.-Rand des Eisfeldes des Vadret Lischanna und bis zu den Paraits Sesvenna (im Piz Madlainstock), um dann, wieder auf Schulser Gebiet, über den Kamm des Piz und Mot San Jon zum Inn herabzusteigen.
Gipfel an dieser Grenze und innerhalb des Scarlthales sind: Piz Sesvenna (3207 m), Piz Cristannes (3120 m) und Piz Cornet (3033 m), alle drei vergletschert;
Piz Madlain (3101 m), Piz San Jon (3070 und 3049 m) und Mot San Jon (2446 m).
Das reich verzweigte Scarlthal steht mit den benachbarten Thälern und Berggebieten über zahlreiche Pässe in Verbindung. Von diesen nennen wir ausser denjenigen, die ins Münsterthal hinüberführen (s. den Art. Münsterthal), folgende: Pass Sur il Foss (2325 m) durch Val Mingér nach Val Plavna und Tarasp, Rundtour um den Piz Pisoc, 8 Stunden;
die Fuorcla Starlex (2633 m) aus Costainas, dem obersten Thalboden von Scarl, nach Val Avigna und Tauffers im Tirol;
n. davon das Scarljöchl (auch Cruschetta oder Cuolmen da Plazér genannt; 2316 m) aus der Alp Plazér ebenfalls ins Avignathal und nach Tauffers, von Scarl aus 3½ Stunden;
weiter n. jenseits vom Piz Sesvenna die Furcla Sesvenna (etwa 2830 m) aus Val Sesvenna zur Pforzheimerhütte des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins und in das Schlinigthal nach Mals, von Scarl aus 8 Stunden;
die Uebergänge Sursass und Munt Schlingia nach Val d'Uina;
die Furcla Cornet (2849 m) aus Val Cornet (Seitenthal von Val Sesvenna) nach Val Cristannes und Val d'Uina;
den Uebergang aus der Alp Sesvenna durch Val dell' Aua in n. Richtung auf den Lischannagletscher und hinunter nach Schuls.
Das Scarlthal ist vom Vereinigungspunkt seiner Quellbäche in der Alp Plazér oberhalb Scarl bis zur Mündung der Clemgia etwa 12 km lang; dazu kommen die beiden grössten der obern Verzweigungen mit etwa 8 km (Costainasthälchen-Alp Tamangur) und mit 2,8 km (Cruschetta-Alp Plazér). Die grösste Thalbreite liegt zwischen dem Plan Matun und dem Piz Cristannes mit 10,3 km in der Luftlinie. Am schmalsten ist das Thal kurz vor der Mündung der Clemgia in den Inn mit nur etwa 300 m. Unterhalb des Schmelzbodens und kurz vor der Mündung des Baches von Val Mingér wird das Bett der Clemgia schluchtenartig und bleibt nun bis hinunter nach Schuls teils in Fels, teils in mächtigen Moränen-, Fluss- und Gehängeschutt eingeschnitten.
Diese Schluchten engen sich nach N., etwa von der Gegend Crappendos-Val Sasstaglia an und zwischen dem Piz Lavetscha einerseits und dem Piz und Mot San Jon andererseits, noch weiter ein und stellen hinter dem Schuttplateau von Plan da Fontanas, sowie unter Avrona im Vordergrund die wildesten Risse dar. Das Gefälle ist in diesem nördl. Thalabschnitt sehr gross und beträgt von der Mündung des Baches des Val Mingér bis zur Vereinigung der Clemgia mit dem Inn 505 m oder etwa 7,2%, während es von der Vereinigung der Quellbäche unter der Alp Plazér bis zur Mündung des Mingérbaches etwa 285 m oder 5,2% beträgt. Von den beiden schon erwähnten Quellthälern abgesehen, heissen die Seitenzweige des Scarlthales: Val Sesvenna (mit Val dell' Aua) auf der O.-Seite, Val Tavrü und Val Mingér-Val Foraz auf der W.-Seite. Die kurzen und wilden Felsenthälchen Val del Poch unter dem Piz Madlain und Trigl zwischen dem Piz Madlain und dem Piz San Jon sind zum Teil Trockenrinnen. Ein kleiner Quellbach, der am Gehänge über dem Lai Nair von Tarasp nach NO. fliesst, stürzt ¶
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unter Avrona in die Clemgiaschluchten hinab. Das gesamte Scarlthal umfasst topographisch 102 km2, wovon etwa 47 auf Weiden, 15 auf Wald, 37 auf Fels und Schutt und 3 auf Eis (Gletscher von Sesvenna) entfallen. Lauterburg schätzt die mittlere Wassermenge der Clemgia bei der Alp Mingér Dadora auf 1,71 m3 in der Sekunde, die gesamte Bruttowasserkraft des Baches von der Alp Mingér bis zur Mündung auf 11520 PS, die produktive Wasserkraft auf 922 PS. Heute rechnet man noch 1500 Sekundenliter beim Minimalwasserstand der Clemgia.
Das Elektrizitätswerk Schuls fasst das Wasser etwa 800 m s. der Kraftstation (1193 m) in 1273,6 m Höhe und leitet es mit einem Gefälle von 1‰ durch einen S.-N. verlaufenden Stollen von 667 m Länge, 2 m Höhe und 1,5 m Breite nach dem Wasserschloss. Zwischen diesem und dem Maschinenhaus beträgt die Druckhöhe 80 m. Eine Druckleitung von 60 cm Durchmesser speist zwei Turbinen zu je 225 PS. Bei künftigem weiterem Bedarf kann eine zweite Druckleitung angesetzt und im Maschinenhaus noch eine 500pferdige Turbine montiert werden.
Das Fahrsträsschen nach Scarl führt von der Innbrücke bei Schuls über das Schuttplateau von Gurleina steil hinan, zieht dann durch schönen Lärchenwald und gewinnt, das Wiesenidyll San Jon links lassend, die Waldterrasse von Plan da Fontanas, wo der von Vulpera-Avrona links der Clemgiaschluchten herkommende Fussweg den Scarlbach übersetzt. Durch spärlichen Wald (Bergföhren, Arven, Legföhren) gelangt man auf die trümmerbedeckte, wilde Höhe und dann beim Crappendos («überhängender Fels») vorbei hinab in das enge Felsenthal zwischen den zerrissenen Wänden des Piz Lavetscha-Piz Pisoc und dem Piz San Jon-Piz Madlain.
Etwa 1 Stunde vor dem Dörfchen Scarl fliesst die intermittierende Johannisquelle (Fontana San Jon), die am längsten Tag (d. h. am Johannistag) erscheint und am kürzesten wieder verschwindet, sodass dann das Quellbett trocken liegt. Die Intermittenz ist in dieser Form angezweifelt und zum Teil bestritten worden, doch ist sicher, dass sie überhaupt besteht und dass dieser sog. Hungerbrunnen zeitweise vollständig versiegt. Nun setzt man zwischen schauerlichen Felswüsten einigemale über die Clemgia, worauf sich das einsame, mit Bergföhrengestrüpp bewachsene Val Mingér öffnet, wo 1904 noch ein Bär geschossen worden ist.
Links von dessen Eingang zweigt sich über der Alp Mingér Dadora das enge und felsige Val Foraz ab. Von der rechten Thalseite hängt die wilde Trockenrinne des Val del Poch herab, in dessen Nähe die ehemaligen Bleigruben (silberhaltiger Bleiglanz und Galmei) am Hang des Mot Madlain liegen. Im sog. Schmelzboden gelangen wir an den für die Verarbeitung dieser Erze eingerichteten und jetzt verfallenen Hüttenwerken vorbei. Hier mündet der Bach des Val Tavrü; kurz nachher fliesst der Sesvennabach ein und sind wir in Scarl (1813 m) angelangt.
Von Schuls bis hierher 3 Stunden. Das zu Schuls gehörende Alpendörfchen zählt heute nur noch wenige Häuser, während es zu Campell's Zeiten (etwa 1570) deren rund 70 hatte. Die Kriegsfurie liess eben im 17. Jahrhundert auch diese Gegend veröden. Theobald schildert in seinen Naturbildern die Lage von Scarl wie folgt: «Da wo die Bäche von Scarl und Sesvenna sich vereinigen, liegt ein kleines Dörfchen mit einer weissen Kirche in der Mitte traulich am Fusse der sanft ansteigenden Gneis- und Verrucanoberge, gegenüber die schroffen Kalkmassen des Piz Madlain. Als Hintergrund erscheinen innen im Sesvennathal der Piz Cornet und Cristannes, zwei Kalkberge, deren Schichtensystem bei gewaltig kühnen Umrissen der Bergform so zerrissen ist, dass ich mich nicht leicht an etwas Aehnliches erinnere.» Eine halbe Stunde oberhalb Scarl hört der Fahrweg auf, worauf ein Saumpfad nach O. zum Scarljöchl und ein anderer im breiter gewordenen Thal (schöne Arven) durch die Alpen Astras nach dem Scarlpass leitet (Scarl-Fuldera 3 Stunden und Schuls-Santa Maria im Münsterthal 8 Stunden).
Scarl (1813 m) hat noch etwas Getreidebau und ist mit Samnaun (1846 m) die höchste Stelle, wo im Engadin und in Graubünden überhaupt solcher betrieben wird. Die Wälder haben Lärchen, Fichten, Arven (Pinus cembra), Föhren (Pinus silvestris mit der Abart P. engadinensis), Bergföhren (Pinus montana) und Legföhren (Pinus montana var. uncinata, pumilio und mughus). Die Flora trägt ostalpinen Charakter. Einige seltene Arten sind: Thalictrum alpinum, Ranunculus rutaefolius, Papaver aurantiacum, Oxytropis sordida, Arabis coerulea, Senecio abrotanifolius, Silene quadrifida, Athamanta hirsuta, Linnaea borealis, Primula glutinosa (Sesvennastock), Avena distichophylla etc. Die Alpweiden im Scarlthal gehören Schuls, das überhaupt einen Reichtum daran aufweist, wie wenige Gemeinden Graubündens. Zur Benutzung für das Dorfvieh nebst Sömmerungsvieh dienen die Alpen Sesvenna (2093 m), Tavrü (2117 m), Praditschöl, Astras Dadora und Astras Dadaint (2138 und 2160 m), Tamangur Dadora und Tamangur Dadaint (2135 und 2120 m); die Alpen Tablasot (2090 m), Plazér (2097 m), Schambrina (2148 m) und Mingér (1715 m) werden verpachtet. Die Torflager im obern Scarlthal (Tamangur, Astras und Plazér) sind wohl die grössten des Unter Engadin.
Sehr kompliziert sind die geologischen Verhältnisse des Scarlthales: der Vordergrund überrascht durch die Zusammendrängung zahlreicher Gesteinsarten auf geringem Raum und durch tektonische Störungen, der übrige und ausgedehnteste Abschnitt des Thales durch die Grösse der Störungen und die imposante vertikale Verbreitung der Triasglieder. An der Ueberschiebungslinie des Innthales stossen gneisähnliche Serizitquarzite und Quarzitphyllite unvermittelt an den Tonschiefern des Unter Engadin ab und gehen in Muskovitglimmerschiefer und Gneis über.
Zwischen diesen metamorphosierten alten Sedimenten traten beim Bau des Stollens für das Elektrizitätswerk Schuls zahlreiche Gänge von Saussurit- und Pegmatitglimmergabbro auf. In der sog. Vitriolhöhle an der W.-Seite der Clemgiaschluchten, 10 Minuten unter dem Plateau von Avrona, verwittert aus dem Sedimentgneis massenhaft Schwefelkies zu Eisensulfat und Eisenhydroxyd. Auf den Gneis des untern Zuges folgt in grosser Mächtigkeit Serpentin, in welches Gestein die tiefsten und wildesten Bachschluchten der Clemgia eingeschnitten sind; dann tritt wieder Gneis (mit Granitgängen oder -stöcken) auf, der auf der linken Bachseite oberhalb Avrona mit grauen Kalkschiefern vielfach verquetscht erscheint; über ihm folgen zu beiden Seiten paläozoische Schiefer und Kalke in schmalem Band. Hie und da ist in der Umgebung Gneisverrucano vorhanden, dann beginnen unter mächtiger Schuttbedeckung die Triasglieder vom alpinen Muschelkalk bis zum Hauptdolomit. Die ältern Schichten der Trias sind zum Teil stark reduziert oder durch Druck und Stauchung zusammen- und auch ¶