Hintergrund des Calfeisenthals senkt und wird durch einen vom
Saurenstock ostwärts sich erstreckenden Felsgrat in einen kleinern
nördl. und einen grössern südl. Teil zerlegt. Er ist, namentlich im n. Teil, ziemlich stark von Spalten zerrissen.
(Kt. Glarus,
Graubünden
und St. Gallen).Lage und Ausdehnung. Diese Gebirgsgruppe umfasst den östlichsten Teil der
nördl. Hochgebirgskette der Schweizeralpen und ihrer voralpinen Abzweigungen. Sie ist fast ringsum durch tiefe
Thäler von
den benachbarten Gebirgsgruppen abgegrenzt. Im N., O. und S. wird sie durch die breite und tiefe Furche des
Walensee-,
Seez-
und
Rheinthales, die in Form eines gewaltigen Halbkreises die Gebirgsgruppe umspannt, von der Gruppe
der Thuralpen, dem
Rätikon und Plessurgebirge getrennt und im W. durch das
Linththal, das
Sernfthal, den
Panixerpass und das
Panixerthal von der
Tödigruppe geschieden.
Von ihrer 131 km langen Umgrenzung werden 115 km durch
Thäler gebildet, deren
Sohle unter 1000 m liegt;
auf eine Länge von 80 km liegt sie sogar unter 600 m. Nur im SW. beim
Panixerpass hängt die Sardonagruppe direkt mit dem
benachbarten Gebirge zusammen. Die in der Streichrichtung der
Alpen vom
Panixerpass nach
Ragaz verlaufende Längsachse misst 35 km,
die Querachse, die durch eine in der Richtung
Chur-Weesen verlaufende Linie dargestellt wird, 44 km. Die
ganze Gebirgsgruppe bedeckt eine Fläche von 927 km2.
Orographie.
Obschon die
Sardona, nach der die Gebirgsgruppe benannt ist, ziemlich exzentrisch in deren sw. Teil liegt und überdies von
einem andern Gipfel, dem
Ringelspitz, an
Höhe wesentlich übertroffen wird, verdient sie doch als Knotenpunkt
der ganzen Gruppe angesehen zu werden, da deren Hauptketten alle von diesem Gebirgsstocke ausstrahlen. Die Hauptkammlinie,
die vom
Panixerpass über
Vorab,
Sardona und
Graue Hörner nach
Ragaz verläuft, bildet die Wasserscheide zwischen dem
Rhein einerseits
und der
Linth und
Seez andererseits.
Vom
Panixerpass bis zum
Piz Segnes ist sie zugleich die Grenze zwischen den Kantonen Glarus
und Graubünden,
während diese ö. vom
Piz Segnes nicht mehr jener Wasserscheide, sondern dem
Kamm der
Ringelspitz- und Calandakette folgt. Eine zweite Hauptkette,
die von der
Sardona nordwärts über
Magereu und
Schild gegen das W.-Ende des
Walensees sich erstreckt, stellt die Grenze
zwischen den Einzugsgebieten der
Linth und der
Seez dar. Von der
Sardona bis zum
Gufelstock ist sie auch die Grenze zwischen den Kantonen Glarus
und St. Gallen.
Die Sardonagruppe wird durch eine in der Streichrichtung der
Alpen liegende Einsenkung, die von
Elm durch das
Raminthal,
über den
Foopass und durch das
Weisstannenthal bis nach
Mels verläuft, in zwei Teile von verschiedenem
Charakter zerlegt. Südl. von dieser Furche liegt als östl. Fortsetzung der Tödikette ein echtes Hochgebirge mit Gipfeln,
welche 3000 m überragen oder dieser
Höhe nahekommen; nördl. davon erreichen nur wenige Gipfel noch eine
Höhe von 2500 m,
und gegen den
Walensee hin nimmt das Gebirge bereits einen voralpinen Charakter
an.
A. Der südliche, hochalpine Teil der Sardonagruppe
Die westlichste dieser Berggruppen ist die breite, wenig gegliederte Masse des
Vorab. Sie beginnt ö.
von der Einsenkung des
Panixerpasses (2407 m) mit einem schmalen
Grat, auf dessen W.-Ende der Rotstock oder
Piz Mar (2626 m)
sitzt, und verbreitert sich ostwärts zu einem 2 km breiten, leicht nach S. geneigten
Plateau, an dessen Rändern sich die
wenig vortretenden Gipfel erheben: im W. der Bündner
Vorab (3030 m) und der
GlarnerVorab (3021 m), am
N.-Rand die zackigen
Zwölfihörner (2743 m) und im O. der
Ofen (2881 m) und der
Piz Grisch (2893 m). Das
Plateau ist mit dem
Bündnerbergfirn bedeckt, der die ausgedehnteste Eismasse der ganzen Sardonagruppe ist, jedoch keinen
eigentlichen
Thalgletscher zu bilden vermag.
Gegen den
Segnespass (2625 m) hin verschmälert sich das
Plateau rasch wieder zu einem schmalen
Kamm, der mit den nadelartig
zugespitzten
Tschingelhörnern (2850 m) gekrönt ist. Die beiden Hauptabdachungen der Vorabkette sind wie diejenigen der Tödikette
sehr unsymmetrisch ausgebildet: während die Kette nach N. mit imposanten Steilwänden gegen den
Hintergrund
des
Sernfthales abstürzt, ist die gegen das Vorderrheinthal gerichtete S.-Abdachung auffällig flach und durch mehrere Thälchen
(Panixerthal,
Sethertobel,
Schleuisertobel,
Val Buglina, Laaxertobel) in eine Reihe von Bergrücken gegliedert, deren wellig
gerundete, von vielen
Bächen durchfurchte Abhänge meist bis zu oberst mit Alpweiden bedeckt sind.
Jenseits des
Segnespasses setzt sich die Hauptkammlinie in der
Sardona fort. Sie verbreitert sich zwischen
dem
Piz Segnes (3102 m) und dem
Saurenstock oder
Piz Sardona (3054 m) zu einem firnbedeckten
Plateau, das jedoch bei weitem nicht
die Breite des Vorabscheitels erreicht. Nordwärts sinkt sie über den scharfen, zackigen
Grat der Grossen
und der Kleinen
Scheibe (2922 m und 2561 m) zum
Foopass (2229 m) hinunter, und südwärts hängt sie über die Pyramide des
Trinserhorns (3028 m) und den
Piz Dolf (etwa 3000 m) mit der breiten, fast ringsum von steilen
Wänden eingefassten Kalktafel
des
Flimserstein (2696 m) zusammen, an deren S.-Fuss sich die grosse Bergsturzlandschaft von
Flims ausbreitet.
Wie beim
Vorab wird der gegen das
Sernfthal gekehrte NW.-Abhang durch mächtige Steilwände gebildet, während die gegen das
Thal von
Flims gerichtete S.-Abdachung und der ins Calfeisenthal abfallende O.-Abhang eine geringere durchschnittliche Neigung
besitzen. Daraus erklärt sich auch, dass die
Gletscher ganz auf diesen S.- und O.-Abhang beschränkt
sind
(Segnesgletscher zwischen
Piz Segnes und
Trinserhorn,
Sardonagletscher im
Hintergrund des Calfeisenthales).
An der
Sardona nehmen eine Reihe von Thälern ihren
Ursprung, so dass sie als Knotenpunkt der ganzen Gebirgsgruppe erscheint.
Zunächst erzeugt das
Tamina-Calfeisenthal, das sich von O. her tief in den Gebirgskörper eingeschnitten
hat, eine Gabelung der Hochgebirgskette in zwei Zweige, welche sich den
Rang, als eigentliche Fortsetzung der Hauptkette gelten
zu dürfen, streitig machen: die Ringelspitzkette und die Kette der
Grauen Hörner.
Die Ringelspitzkette schliesst sich mit dem
Trinserhorn an die
Sardona an und erstreckt sich in fast rein ö.
¶
mehr
Richtung bis nach Vättis und zu dem merkwürdigen Querthal des Kunkelspasses. Die durch die Erosion bewirkte Gliederung ist
hier reicher als in der Vorab- und Sardonakette. Wir beobachten daher auf der Kammlinie kein Scheitelplateau mehr, sondern
einen durch zahlreiche Breschen in scharf individualisierte Zacken und Gipfel zerlegten Grat. Ziemlich
in der Mitte desselben erhebt sich sein höchster Gipfel, der Ringelspitz (3251 m), der zugleich der Kulminationspunkt der
ganzen Sardonagruppe ist. W. davon stehen das Glaserhorn (3128 m), das Tristelhorn (3115 m), der Piz Sax (2793 m) und eine Reihe
namenloser Gipfelpunkte; ö. vom Ringelspitz sinkt die Kette über die Orgeln (2693 m) und den Simel (2350
m) zu dem vom Gorbsbach durchflossenen Kunkelsthal ab. Sehr auffällig ist auch hier die unsymmetrische Gestalt der beiden
Flanken des Gebirges.
Der gegen das Calfeisenthal gerichtete, von zahlreichen verästelten Runsenzügen durchfurchte N.-Abhang ist viel steiler
als der S.-Abhang, in den eine Reihe von schönen Thälchen eingeschnitten sind, die gegen das Vorderrheinthal
und das Thal von Kunkels sich senken. Die Felsgrate, die diese Thälchen trennen, weisen noch manche ansehnliche Gipfel auf,
so den aussichtsreichen Tschepp (2943 m) und den Moorkopf (2943 m). Da ausgedehnte Hochflächen fehlen, ist die Vergletscherung
trotz der bedeutendern Gipfelhöhe geringer als in der Sardonakette. Neben einigen unbedeutenden Firnflecken
treffen wir hier nur zwei nennenswerte kleine Gletscher, den Taminsergletscher an der SO.-Flanke des Ringelspitz und den Glasergletscher
auf der N.-Seite von Glaserhorn und Tristelhorn.
Die Kette der Grauen Hörner hängt durch den rauhen Muttenthalergrat mit der Sardona zusammen und erfüllt den
ganzen weiten Raum zwischen dem Calfeisen-Taminathal und dem Weisstannenthal. Ihre Gipfelhöhe ist zwar durchschnittlich geringer
als diejenige der Ringelspitzkette, aber ihre Hauptkammlinie setzt die Richtung der Vorab-Sardonakette direkt fort und besitzt
eine grössere Längenausdehnung als die Ringelspitzkette. Vor allem aus ist die Gruppe der Grauen Hörner aber durch ihre
reiche orographische Gliederung ausgezeichnet.
Eine Menge von kleinen Thälern, die oft selbst wieder verzweigt sind, haben sich vom Weisstannenthal und vom Tamina-Calfeisenthal
her in die weichen Flyschschiefer, welche diese Hörner grösstenteils aufbauen, eingeschnitten, so dass nun zahlreiche Felsgräte,
die sich vielfach wieder in Seitenäste gabeln, vom Hauptkamm ausstrahlen. Die wichtigsten jener Thälchen,
die meist einen zirkusförmigen Hintergrund besitzen und durch eine enge, oft ungangbare Schlucht ins Hauptthal ausmünden,
sind auf der Seite des Weisstannenthals das Thal von Lavtina und Valtüsch und das Thal von Vermol, auf der Seite des Calfeisen-
und Taminathales die Thäler von Tersol, Gelbberg, Calvina und Zanay.
Durch die Runsenzüge, welche die Seitenhänge dieser Thäler durchfurchen, sind die Gräte in zahlreiche
Hörner zerlegt worden. Die wichtigsten Gipfelpunkte des Hauptkammes sind von W. nach O. der Hangsackgrat (2649 m), der Zinerspitz
(2510 m), das Sazmartinhorn (2848 m), der Gelbistock (2682 m) und der Piz Sol oder Pizol (2849 m), der zentrale
Kulminationspunkt der ganzen Kette. Unter den Seitenästen ragt besonders der Kamm der Zanayhörner (2825 m) hervor, deren
Verzweigungen der Drachenberg (2625 m), der Aelplikopf (2619 m) und der Monteluna (2425 m) angehören. Die Grauen Hörner besitzen
ein einziges kleines Gletscherchen, den Pizsolgletscher in der vom Pizsol nordwärts gegen den Wildsee hinuntersteigenden
Mulde. Nach NO. nimmt das Gebirge rasch an Rauhheit ab
und sinkt mit sanft geneigten Abhängen, die mit ausgedehnten Wäldern
und Alpweiden bedeckt und in den tiefern Lagen mit vielen Siedelungen überstreut sind, gegen das st. gallische Rheinthal
ab.
Die fünfte hochalpine Kette, der Calanda, wird durch das Taminathal und den Kunkelspass (1351 m) von den
beiden eben besprochenen Ketten völlig abgetrennt. Ihre nach NNO. gerichtete Kammlinie konvergiert gegen Ragaz mit dem Hauptkamm
der Grauen Hörner und steht fast rechtwinklig zur Ringelspitzkette. Sehr auffällig ist auch hier die für die ganze Sardonagruppe
charakteristische Erscheinung, dass der gegen das Innere der Gruppe gerichtete Abhang viel steiler ist
als die gegen ihre Peripherie gewendete Abdachung. Im Gegensatz zu den GrauenHörnern ist die Calandakette sehr wenig gegliedert.
Die zahlreichen Bachrinnen, welche den ins Tamina-Kunkelsthal abfallenden Steilhang durchfurchen, erweitern sich, abgesehen
vom Gonschirolatobel, in ihrem Sammelgebiete nicht zu kleinen Thälchen, und auf der gegen das Bündner
Rheinthal gekehrten flachen SO.-Abdachung bringt blos das bei Untervaz sich öffnende kleine Val Cosenz einige Abwechslung in
die Gleichförmigkeit des breiten, mit Wald und Weide bedeckten Abhangs. Der geringen Durchthalung wegen fehlen der Kette
imposante Gipfelformen. Die am meisten hervortretenden Punkte sind der Taminser Calanda (2393 m), der
FelsbergerCalanda (2700 m) und der HaldensteinerCalanda (2808 m).
Die Hauptkette der ersten Abteilung zweigt beim Foopass von der Sardonakette ab und erstreckt sich in
fast rein n. Richtung über den Foostock (2610 m), die Riesetenhörner (2159 m), den Faulenstock (2118 m), das Weissgandstöckli
(2491 m), den Spitzmeilen (2505 m) und den Weissmeilen (2483 m) bis zum Magereu (2528 m). Hier gabelt sie sich in
zwei Zweige, welche die O.-Seite des Murgthales einrahmen; nach W. reicht sie über den Goggeien (2353 m), das Ruchsitenstöckli
(2391 m) und das Rottor (2514 m) bis zur Widersteinerfurkel, und nach N. sinkt sie über den Gulmen (2314 m), den Breitmantel
(2259 m), den Sexmor (2190 m) und die Güslen (1836 m) allmählig zum Walensee hinunter. Da die Kaminlinie
dem Sernfthal viel näher liegt als dem Seez-Walenseethale, ist die W.-Abdachung steiler als die NO.-Abdachung, und die Seitenketten,
die gegen das Sernfthal ausstrahlen, sind durch schärfere Gratbildung und ausgeprägtere Gipelformen ausgezeichnet als die
gegen das Seezthal verlaufenden Bergketten.
Die diese Seitenäste voneinander trennenden Thäler, nämlich auf der W.-Seite das Raminthal, das Krauchthal
und das Mühlebachthal und auf der O.-Seite das lange, bei Mels ausmündende Weisstannenthal, das bei Flums ins Seezthal eintretende
Schilzbachthal und das zwischen den beiden letztern liegende kleine Thal des Kohlschlagbaches besitzen alle einen auffällig
zirkusförmigen Hintergrund und sind, mit Ausnahme des Raminthales, namentlich dadurch ausgezeichnet, dass
über dem Steilhang, der diesen Zirkus bildet, sich eine breite, wellige, oft mit kleinen Seen¶