Montreux-Oberlandbahn; hier die stattliche renovierte Pfarrkirche mit einem massiven
Turm und einer 90 Zentner schweren Glocke,
sowie das Pfarrhaus. 2.
Häusern oder
Hüseren (1005 m), am rechten Ufer der
Simme und an der Strasse
Zweisimmen-Lenk, mit Postbureau,
Telegraph und Telephon; 1892 durch eine Feuersbrunst heimgesucht, der auch das klösterlich gebaute sog.
SteinerneHaus zum Opfer fiel. 3. Grodoei oder
Grodei (1011 m) mitten in schönen
Wiesen. 4.
Matten oder An der
Matten (1050 m),
die grösste Ortschaft der Gemeinde, an der Mündung des
Fermelthales und 8 km sö.
Zweisimmen; mit einer grossen
Säge. 5.
Weiler
Im
Obersteg (1275 m), links über der Mündung des
Fermelthales. 6. Das
Fermelthal mit den Häusergruppen
Stalden,
Ziel und
Bühl (1350-1450 m), 3-5 km nö.
Matten Gemeinde: 287
Häuser, 1403 reform. Ew. Land- und Alpwirtschaft, Viehzucht.
Grosse
Säge und Baugeschäft. Postwagen
Zweisimmen-Lenk. Von
Grodei führt ein Fussweg über den
Reulissenberg und durch das
Turbachthal in 4 Stunden nach
Gstaad-Saanen. Gestützt auf eine Jahreszahl auf einer grossen Glocke galt
die Kirche von St. Stephan lange Zeit als die Mutterkirche und das älteste Gotteshaus im Obersimmenthal, doch wird sie urkundlich
erst 1335 erwähnt, als Heinrich von
Strättligen den Kirchensatz von
Zweisimmen nebst der Filiale von St. Stephan dem
Kloster
Interlaken vergabte.
Die dem h. Stephanus geweihte
Kapelle war einst ein Gnaden- und Wallfahrtsort. Schon im 14. Jahrhundert verlangten die Bewohner
der Gegend die Erhebung von St. Stephan zur eigenen Pfarrei, welchem Begehren sich aber das Kloster
Interlaken hartnäckig
widersetzte. Die Trennung von
Zweisimmen wurde erst 1525 ausgesprochen, obwohl diese schon 1433 durch
das Konzil von Basel
beschlossen worden war. Der Einführung der Reformation zeigten sich die Leute von St. Stephan feindselig
gesinnt. 1533 wurde die
Lenk von St. Stephan getrennt und zur eigenen Pfarrei erhoben. 1565 wütete die Pest, 1850 zerstörte
ein Hochwasser
in Matten 20
Häuser, und am fielen während eines Föhnsturmes in
Hüseren 35
Firsten
den Flammen zum Opfer. Der Ueberlieferung nach soll einst an der Mündung des
Dürrenwaldbaches 1 km s.
Matten eine Ortschaft
Niederdorf bestanden haben. Vergl. Gempeler-Schletti, D. Heimatkunde desSimmenthals. Bern
1904.
Bis 1887 stand hier eine mächtige
Linde, die als Sehenswürdigkeit der Gegend galt.
Die
Kapelle soll einst Pfarrkirche des 1375 von den
Guglern zerstörten Dorfes
Ober
Werd gewesen sein, an dessen Stelle später etwas weiter sw. die Ortschaft
Neuendorf entstand.
Vergl.
Wyss, Bernhard.
Kapellenund Bildstöcklein im Solothurnischen Buchsgau (in: VomJurazum Schwarzwald, 1886).
Nach der Stiftung
der St. Vinzenzkirche in Bern,
des heutigen
Münsters, führte man 1462 die Gebeine des Heiligen
hierher, worauf die alte
Kapelle allmählig zerfiel. An ihre Stelle trat ein Gotteshaus im Dorf
Oberbalm selbst, das heute
noch als dessen Pfarrkirche dient.
Vergl. Liebenau, Theod. von.
St. Sulpicius inOberbalm (im Anzeigerfür schweizer. Altertumskunde. 1905).
622 m. Grosse alte
Kapelle, auf einem Moränenhügel über
der St. Ottiliakapelle, 2 km nw.
Ruswil und 6,5 km nnö. der Station
Wolhusen der Linie
Bern-Luzern.
Die Zeit ihrer Stiftung ist nicht genau bekannt, doch muss diese ums Jahr 1464 erfolgt
sein.
Berühmt ist die
Kapelle als die Stätte, wo die
Eidgenossen nach der Schlacht bei
Murten am ihr
Gebet verrichteten.
Die Frontseite der
Kapelle trägt folgende Inschrift: Allhier haben sich dieHerrenEidgenossenversammeltund ihr Gebet verrichtet, als sie den Herzogen von Burgund vorMurtengeschlagen und zu Schanden gericht:deswegen diese alteKapelledes heiligen Urbani 1667 neu aufgericht. - Gott gebe denjenigen, so in der Schlacht umkommen sind,das Leben ewiglich.
Was ist geschehen den 22ten Juni 1476. - Renovatum 1776.
Urban(Kt. Luzern,
Amt Willisau, Gem.
Pfaffnau). 457 m. Gemeindeabteilung und Dorf mit der kantonalen
Irrenheilanstalt, in der NW.-Ecke des Kantons Luzern
und am rechten Ufer der
Rot. 3,5 km sö. der Station
Roggwil der Linie
Olten-Bern. Postbureau,
Telegraph, Telephon. Zusammen: 39
Häuser, 838 kathol. Ew.; Dorf: 7
Häuser, 570 Ew. Kirchgemeinde, deren heutige Pfarrkirche
aus dem 18. Jahrhundert stammt und von den Aebten Malachias Glutz und
Robert Balthasar erbaut wurde.
St. Urban war einst ein Kloster des Zisterzienserordens. Die Gründungsurkunde ist verloren gegangen, doch darf als ziemlich
sicher angenommen werden, dass das Klösterlein
Rot (später
St. Urban genannt) 1194 von der Abtei
Lützel(Cella lucis) im
Sundgau gegründet wurde. Als Stifter und Vergaber werden genannt die
Herren von
Langenstein, ihr Schwager
Arnold von
Kapfenberg, seine
Frau Wilburg und die
Herren von
Kienberg. Die Päpste Innozenz III., Innozenz IV. und Gregor IX.
nahmen die Abtei 1209, 1210 und 1228 unter ihren besondern
Schutz. Zu Ende des zwölften Jahrhunderts hatteUlrich
von
Langenstein die Vogtei über den
Ort und das von ihm dem Kloster vergabte
Gut an letzteres aufgegeben. König Heinrich VII.,
Friedrichs II. Sohn, nahm nun dasselbe als «königliches Kloster» in des
Reiches Schirm und gab ihm als Pfleger den Schultheissen der Reichsstadt Solothurn
und die übrigen Reichspfleger in Burgund.
Die Schirmvogtei ging mit der Erwerbung der
GrafschaftWillisau 1407, innert deren
MarchenSt. Urban lag, an Luzern
über.
St. Urban
stand im
¶
mehr
Burgrecht mit den Städten Solothurn
(seit 1252), Sursee (1256), Zofingen (1283) und Liestal (1288). In allen diesen Städten und seit 1313 auch
in Willisau besass St. Urban sog. grangiae, d. h. Klosterhöfe oder Schaffnereien. Wichtiger als die Burgrechte mit den oben
genannten Städten waren diejenigen mit den Städten Luzern und Bern
(9. Weinmonat 1415), die offenbar
zu Kollisionen führten. 1420 setzte eine Uebereinkunft fest, dass das Kloster St. Urban innerhalb der Grenzen der GrafschaftWillisau liege, weshalb die Abtei unter Luzerns Hoheit gestellt wurde.
Infolge der Reformation besassen die Städte Luzern
und Bern
und das Kloster St. Urban Gebiete und Rechtsame innert
den Territorien anderer Konfessionen. Da diese Verhältnisse zu Misshelligkeiten führten, wurde ein Uebereinkommen betr.
Austausch getroffen, welches am zum Abschluss gelangte. Die Rechte der Gerichtsbarkeit trat dann das Kloster sofort
an Luzern
ab, während ihm die Patronatsrechte, die Zehnten und übrigen Berechtigungen verblieben. Zu jeder
Zeit bestand in St. Urban ein sog. «Hausstudium».
Abt Benedikt Pfyffer von Altishofen gründete im Jahr 1770 in St. Urban die Normalschule (Lehrerseminar), die das Lob des helvetischen
Direktoriums erntete und bis 1806 bestand. Ihr berühmtester Lehrer war P. Nivard Krauer, Verfasser mehrerer Lehrbücher.
Abt Ambrosius Glutz eröffnete 1793 ein Gymnasium für adelige Jünglinge (Collegium Nobilium), das später
auch den Bürgerssöhnen zugänglich war und bis zum Jahre 1832 bestand. Abt Friedrich Pfluger richtete 1841 wiederum ein
Lehrerseminar ein, das bis 1817 wirkte. 1795 hatte sich der letzte Fürstbischof von Basel,
Xavier de Neveu, ins Kloster St. Urban
zurückgezogen, von wo aus er den übrig gebliebenen Rest seines Staates bis 1798 regierte. 1848 wurde
das Kloster aufgehoben und die Liegenschaften verkauft. 1870 kaufte der Staat Luzern
das Kloster mit einigen Liegenschaften an und
baute es zu einer kantonalen Irrenheilanstalt um. Der Umbau geschah in den Jahren 1870-1873. Die Anstalt
kann gegenwärtig 480-500 Pfleglingen Unterkunft gewähren.
Mit ihr sind die beiden Liegenschaften Weiherhof und Grosssonnhalden verbunden, die von der Anstalt aus bewirtschaftet werden.
Auf Grosssonnhalden, 20 Minuten von der Hauptanstalt entfernt, befindet sich eine Kolonie ruhigerer Kranker. Der Gesamtkomplex
des Anstaltslandes beläuft sich auf etwa 500 Jucharten (180 ha), wovon auf die Wälder 150 Jucharten,
auf die beiden Höfe, die eingefriedete Zentralanstalt und das verpachtete Land 350 Jucharten entfallen. Die Zahl der Kranken
und Angestellten beträgt 112. Die Bäckerei, Metzgerei, Wirtschaft und etwas Land sind verpachtet. Im Jahr 1896/97 wurde
ein Pavillon für aufgeregte Patienten innerhalb der Umfassungsmauer errichtet, und 1901/02 erbaute man
ausserhalb derselben einen Pavillon mit Ueberwachungsquartier für unruhige Männer.
Vor der nach S. gerichteten Hauptfassade liegt eine grosse und schöne Parkanlage mit Springbrunnen. Auf der O.-Seite ist
die Frauenabteilung mit den Gemüsegärten gelegen, und auf der W.-Seite befindet sich die Männerabteilung, welche durch
die in den Jahren 1719-1726 erbaute Kirche abgeschlossen wird. Diese letztere ist ein prächtiges Gebäude.
Die aus Holz geschnitzten Chorstühle, wahre Meisterwerke, sind nach England verkauft worden. In der alten Klosterbibliothek
sieht man noch das aus dem 18. Jahrhundert stammende schöne Täfelwerk.
Während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts war das Kloster der Sitz einer bedeutenden Backsteinfabrik,
deren Produkte mit kunstvollen Verzierungen geschmückt waren und sich durch elegante Ausführung und grosse Solidität auszeichneten.
Diese Backsteine wurden nicht nur für die eigenen Bauten des Klosters verwendet, sondern auch in die Städte, Burgen und
Klöster versandt, die mit St. Urban im Verkehr standen, so u. a. nach Zofingen, Altbüron, Fraubrunnen, Aarwangen.
Manche dieser Backsteine werden heute in den schweizerischen Museen aufbewahrt, besonders im Landesmuseum zu Zürich
und in den
Museen von Luzern
und Bern.
(Vergl. Jos. Zemp's Aufsatz Die Backsteine vonSt. Urban in der Festgabe auf die Eröffnung des schweizer. Landesmuseums.Zürich
1898).
Fund von römischen Münzen.