dem Bistum Konstanz zugewiesen waren. Der Abt des Klosters St. Gallen
hatte in den ihm gehörenden Landschaften - dem Fürstenland (nördl.
Abschnitt des jetzigen Kantons St. Gallen)
und einem grossen Teil des Rheinthales und Toggenburgs - eine fast unbeschränkte weltliche und geistliche
Oberhoheit ausgeübt, bis mit der Reformation ein Teil der einstigen Untertanen sich seiner Herrschaft
entzog. Als 1815 die auf Schweizerboden liegenden Teile des Bistums Konstanz durch Papst Pius VII. von diesem losgelöst
wurden, stellte man sie provisorisch unter die Verwaltung des Propstes Göldlin von Beromünster (Kanton Luzern)
und gliederte sie
nach dessen Tod 1819 dem Bistum Chur an, dem nun das ganze Gebiet des heutigen Kantons St. Gallen
unterstand. 1823 verfügte
eine päpstliche Bulle die Gründung des doppelten Bistums Chur-St. Gallen mit dem Bischof von Chur als Oberhaupt. Nach dem Tod
des Bischofes Karl Rudolf 1833 hob das katholische Kollegium des St. Galler Grossen Rates diese Einrichtung
auf, worauf für den katholischen Kantonsteil in der Person des Pfarrers Zürcher ein bischöflicher Verweser ernannt wurde.
Sein Nachfolger war seit 1836 der apostolische Vikar Johann Peter Mirer aus Obersaxen, Pfarrer von Sargans, der dann nach langen
Unterhandlungen am zum regelrechten Bischof von St. Gallen
bestellt wurde. Ihm folgte im Mai 1863 Dr. Karl
Johann Greith aus Rapperswil, ein gelehrter Prälat, der apologetische und philosophische Studien veröffentlicht hat. Dritter
Bischof von St. Gallen
wurde am der bisherige Stiftsdekan Augustin Egger aus Kirchberg im Toggenburg. Das Bistum St. Gallen
untersteht direkt
dem apostolischen Stuhl und umfasst die Katholiken des Kantons St. Gallen,
sowie provisorisch (da die Appenzeller eine endgiltige
Angliederung nicht wünschen) diejenigen von Appenzell,
d. h. zusammen 68997^[Berichtigung: 168997] Seelen.
Dem im Klostergebäude zu St. Gallen
residierenden Bischof steht ein aus 5 residierenden und 8 Honorar-Domherren zusammengesetztes Kapitel
mit einem Dekan zur Seite, dem das Recht zusteht, sich seine Statuten selbst zu geben. Die residierenden
Domherren bilden den geistlichen Rat des Bischofes und versehen mit der Beihilfe von drei
Koadjutoren und von Vikaren die gottesdienstlichen
Funktionen an der Kathedrale. Innerhalb dreier Monate nach dem Tod oder Rücktritt des Bischofes wird von der vereinigten
Kapitelversammlung aus der Zahl der Weltgeistlichen der Diözese ein neuer Bischof erwählt, der vom katholischen
Administrationsrat des Kantons bestätigt werden muss.
Die Honorar-Domherren nehmen ihren Sitz im Stift blos im Falle einer Bischofswahl oder um ihr Kooptationsrecht auszuüben.
Als Gehilfe des Bischofes amtet ein besonderer Generalvikar. Neben dem Domherrenkapitel bestehen im Bistum
noch acht Landkapitel mit je einem Dekan, einem Kämmerer, zwei Abgeordneten und einem Sekretär. Jedem dieser Landkapitel
steht ein bischöflicher Kommissär vor, während ein solcher auch für die fünf Pfarreien von Appenzell
I. R. bestellt ist. Es bestehen
folgende Landkapitel: St. Gallen
mit den Bezirken Tablat und Rorschach und dem östl. Abschnitt des Bezirkes Gossau
(Gemeinden Straubenzell und Gaiserwald);
Rheinthal (Bezirke Ober und Unter Rheinthal);
Sargans (Bezirke Werdenberg und Sargans);
Gaster (Bezirk Gaster - exkl. Kaltbrunn - und Gem. Gommiswald im Seebezirk);
Uznach (Seebezirk - exkl. die Gem. Gommiswald - und
Gem. Kaltbrunn im Bezirk Gaster);
Ober Toggenburg (Bezirke Ober und Neu Toggenburg);
Unter Toggenburg (Bezirke
Alt und Unter Toggenburg);
Gossau (Bezirke Wil und Gossau, exkl. die Gemeinden Straubenzell und Gaiserwald).
Das Bistum zählt 115 Kirchgemeinden
und 80 Kaplaneien. Kapläne: in 44 Pfarreien je einer, in 4 je 3 und in einer deren 5. Drei Pfarreien mit je zwei
und ebenfalls drei Pfarreien mit je 3 Filialgemeinden. Sechs Filialkirchen. Die innere Mission unterhält 5 Stationen in Appenzell
A.
R. (Teufen, Gais, Speicher, Herisau und Heiden) und 2 in den reformierten St. Galler Gemeinden Buchs und Wartau. Während der letzten 25 Jahre
sind 7 neue Pfarreien gegründet und 16 Kirchen erbaut worden. Das Bistum zählt 227 Weltgeistliche und
etwa 50 Ordensgeistliche, d. h. je einen Geistlichen auf 689 Katholiken. Seit der Aufhebung der Benediktinerabtei St. Gallen
und des
Klosters Pfäfers (1838) ist die Zahl der Mönchsklöster auf vier (Mels, Rapperswil, Wil und Appenzell)
gesunken.
mehr
Dagegen gibt es immer noch viele Frauenklöster: Benediktinerinnen in Glattburg, Zisterzienserinnen in Magdenau und Wurmsbach,
Dominikanerinnen in Weesen und Wil, Franziskanerinnen in Rorschach, Notkersegg, Altstätten, Wattwil, Appenzell,
Gonten, Wonnenstein und Grimmenstein,
Prämonstratenserinnen auf Berg Sion bei Uznach, Schwestern vom Guten Hirten in Altstätten. Theodosianerinnen (Waisen-, Armen-
und Krankenpflege) finden sich in den meisten Ortschaften und Menzingerschwestern (Schulschwestern) in
Rorschach und St. Gallen,
sowie zerstreut in zahlreichen Schulen des Kantons.
Zugleich mit der Abtei St. Gallen
sind auch deren Schulanstalten und 1874 ferner das bischöfliche Knabenseminar (Präparandenschule)
in St. Georgen aufgehoben worden, so dass heute nur noch das Priesterseminar besteht, das von einem
vom Bischof ernannten Rektor geleitet wird und blos Halbjahreskurs hat. Der Religionsunterricht in den Schulen wird von eigenen
Geistlichen erteilt, die der Bischof ernennt. Die Menzingerschwestern leiten höhere Mädchenschulanstalten (mit je 200 Schülerinnen)
in St. Gallen
und Rorschach. Mädchenpensionate bestehen in den Frauenklöstern St. Katharina in Wil, Mariahilf in Altstätten
und Wurmsbach am Obern Zürichsee. Vergl. Büchi, Dr. Die katholische Kirche der Schweiz. München 1902.
Gallen (Abtei). Das ehemalige Kloster St. Gallen
gehört zur politischen Gemeinde Tablat, wird aber rings von der Gemeinde
St. Gallen umschlossen. Der ganze Bautenkomplex um fasst die Domkirche oder Kathedrale, den Sitz
des Bischofes, der bischöflichen Verwaltung und des katholischen Administrationsrates, das kantonale Regierungsgebäude,
das Gefängnis mit dem Karlstor, das alte Zeughaus, eine Primarschule und die katholische Kinderkapelle, die Stiftsbibliothek,
das Stifts- und das Kantonsarchiv, die Kantonsbibliothek (Bibliothek der kantonalen Verwaltungsabteilungen), die katholische
Knabenrealschule, das katholische Pensionat und die katholische höhere Töchterschule. Vergl. die Art.
Pfalz und St. Gallen
(Stadt).
Seinen Ursprung verdankt das Kloster dem irländischen Glaubensboten Gallus, welcher mit Kolumban und 11 Gefährten aus dem
berühmten Kloster Bangor zur Bekehrung der Bewohner von Gallien, Burgund und Helvetien ausgezogen war. Während Kolumban
sich nach Italien wandte, blieb Gallus am Gestade des Bodensees zurück und gründete 614 in der Waldwildnis
der Steinach bei deren hohem Fall über die Felsen die «Galluszelle», von wo aus er mit seinen 12 Jüngern das
Christentum predigte und die Bewohner der Gegend zur Urbarmachung des Bodens anwies.
Der Ruf seiner Heiligkeit und aufopfernden Nächstenliebe verwandelte nach seinem Tod 640 die einsame
Siedelei der Galluszelle zu einem stark besuchten Wallfahrtsort, und sein Name ist als der des Gründers der ersten Ansiedelung
auf Stift, Ort und Land übergegangen. Auf Gallus folgten als Vorsteher der Gemeinschaft zunächst Magnus und 666 Stephanus.
Bis zum Jahr 720 erhielt die Galluszelle schon viele Vergabungen. Später wurde der
fromme Priester Audemar
durch den fränkischen Majordomus Karlmann zum Abt erhoben und die geistliche Korporation mit der Einführung der Regel des
h. Benedikt zum eigentlichen Kloster umgewandelt, welchem König Pipin das Recht der freien Abtwahl zuerkannte.
Die Frömmigkeit und Gelehrsamkeit des ersten Abtes, der den Namen Othmar angenommen hatte, brachten
dem Kloster grossen Ruhm und Ansehen, sowie Zuwachs seiner Mitglieder und seiner Besitzungen. Othmar erweiterte die Klosterbauten
und erstellte ein Hospital für Kranke und Arme, erregte aber dadurch den Neid und die Eifersucht des Bischofes Sidonius von
Konstanz, der schliesslich das Kloster dem Bistum Konstanz unterzustellen vermochte. Unter den frommen
und gelehrten Aebten Gozbert und Grimoald wurden im 9. Jahrhundert Kloster und Kirche regelmässiger und schöner um- und
neugebaut und mit kunstvollen Malereien und Bildschnitzarbeiten ausgestattet.
Dem eigentlichen Klostergebäude gliederten sich an mehrere Kapellen, die Gebäulichkeiten der Bibliothek, der Klosterschule
und der äussern Schule, ein Gasthaus für vornehme Fremde, eine Pilgerherberge, das Krankenhaus, die
Wohnungen der Klosterärzte und des Armenpflegers, das Pörtnerhaus, ^[richtig: Pförtnerhaus] die Wohnungen der Handwerker
und des Gesindes, Mühle, Kornhaus und Speicher. Dazu kamen noch die Gärten, Klosterplätze und der Friedhof.
Abt Grimoalds Einfluss beim königlichen Hof verdankte das Kloster auch die Ausgleichung wesentlicher
Anstände mit dem Hochstift Konstanz, sowie seine grössere Unabhängigkeit von diesem letztern und die Möglichkeit, ohne
Einmischung der Bischöfe seine innern und äussern Angelegenheiten, die nicht zu den allgemeinen bischöflichen Rechten gehörten,
selbst ordnen und verwalten zu können. Bischof Salomon I. willfahrte auch dem Wunsche, dem einst so hart
geprüften und in der Gefangenschaft gestorbenen Abt Othmar bleibende öffentliche Anerkennung zu gewähren, worauf dessen
Gebeine 864 in die zu seiner Verehrung erbaute Kapelle übergeführt wurden und sein jährlicher Gedenktag auf den 16. November angesetzt
ward.
Unter den nachfolgenden Aebten Hartmot, Bernhard und Salomon erfreute sich das Kloster 877-920 hohen
Ansehens und eines bedeutenden Wachstums. Die Klosterschule zählte über 300 Schüler, und Künste und Wissenschaften erfuhren
durch Abt und Konventualen rege Förderung. Es war dies die Zeit der Notker, von Ekkehart, Waltram, Ratpert (trefflicher
Historiker), der Lehrer der Schreibkunst Sintram und Volkart, deren prachtvolle Handschriften unübertroffen geblieben sind,
sowie des Mönches Tutilo, der sich durch die Verfertigung von Schnitzwerken aus Elfenbein und von getriebenen Metallarbeiten
einen grossen Ruf erwarb und dessen Werke Kirchen und Schatzkammern der Könige und Bischöfe Frankreichs und Deutschlands
zierten. Auch in der Oekonomie wurde grossartiges geleistet, indem man einen Backofen erstellte, in dem 1000 Brote
zur nämlichen Zeit gebacken werden konnten, eine Malzdarre errichtete, auf der 100 Malter aufgeschüttet wurden, und eine
Mühle
mehr
baute, die jährlich zehn neue Steine bedurfte. 905 erwarb Abt Salomon die Abtei Pfäfers. Unter diesem Abt, der (seit 890)
auch Bischof von Konstanz, sowie Staatsrat bei fünf Königen war, besass die Abtei St. Gallen
sowohl an eigenen als an Zinsgütern 160000
Jucharten Boden in 4000 Huben, wovon jede einen Weiler und manche ganze Ortschaften enthielten. Sodann
gehörten dem Kloster noch 54 Kirchen mit ihren Gütern und Einkünften, sowie eine Menge von jährlichen Naturalgefällen,
Zinsleistungen u. s. w.
Zur Zeit der folgenden Aebte Hartmann, Engelbert und Thieto litt das Kloster schwer unter den Einfällen der Hunnen, zum
Schutz vor welchen sich Abt Engelbert in die von ihm erbaute feste Burg Ramschwag an der Sitter zurückzog,
unter den Kämpfen zwischen König Heinrich und dem Herzog Burkhard von Schwaben, sowie unter dem Brand von 937. Unter dem
gestrengen Abt Kralo ging das Hoheitsrecht über das Kloster Pfäfers wieder verloren, wurden dafür aber der Klostergeist
und die Klosterzucht verschärft, denen auch sein Nachfolger Anno volle Aufmerksamkeit schenkte.
Unter Kralo bekam Rorschach Markt-, Zoll- und Münzrecht, und unter Anno wurde das Kloster und der daran liegende Flecken mit
Mauern und Türmen umgeben und so der Grund zu der Stadt St. Gallen gelegt. Der 1205 gewählte Abt Ulrich
VI., Freiherr von Sax, ein Freund der Wissenschaften, des geistlichen und weltlichen Rechtes besonders kundig und kräftigen
und ritterlichen Sinnes, wurde in den Reichsfürstenstand erhoben. Bis ins 13. Jahrhundert hinein und noch späterhin wechselten
im Bestande der Abtei günstige und ungünstige Schicksale miteinander ab. 1227 gelangten nach dem Brudermord
des Grafen Diethelm III. von Toggenburg die Stadt Wil und die alte Toggenburg an das Stift St. Gallen.
Es folgten Kämpfe mit Toggenburg, mit
Rudolf von Habsburg als Schirmvogt und mit dessen Nachfolger, dem Edeln von Ramschwag, ferner nach dem Amtsantritt (1379) des
gestrengen Abtes Kuno von Stoffeln Uneinigkeit zwischen ihm und dem Konvent und endlich Streitigkeiten
mit der Stadt St. Gallen und den appenzellischen Bergleuten, welch' letztere sich 1401 mit der Stadt zu einem 7 jährigen
Bündnis verbanden, aus dem sich dann der für sie siegreiche Befreiungskampf gegen die Abtei entspann.
Dieser brachte dem Kloster verschiedene grössere Verluste: Appenzell
wurde frei und St. Gallen
Reichsstadt. Als die wechselseitigen
Anstände fortdauerten, schloss die Abtei am ein ewiges Landrecht mit Zürich,
Luzern,
Schwyz
und Glarus.
Unter Abt Ulrich VIII. Rösch hoben sich
Besitz und innere Zustände von neuem; 1468 erwarb dieser Abt das Toggenburg und damit die Würde und
Rechte eines Grafen von Toggenburg. Die Gotteshausleute und Toggenburger fochten, da der Abt mit den Eidgenossen im Bunde stand,
gegen Karl den Kühnen und zogen 1478 mit den Urnern auch gegen Mailand (Schlacht bei Giornico).
Die vielen Reibereien mit den Appenzellern und der Stadt St. Gallen machten wiederholt die Vermittlung
der Schirmorte notwendig, ohne dass diese aber wesentliche Besserung brachte. Daher begann Abt Ulrich 1484 den Bau eines neuen,
freistehenden und von den Schlössern Rorschach, Wartensee und Sulzberg beschützten Klosters oberhalb Rorschach. Dadurch fühlten
sich aber die Appenzeller und die Bürger der Stadt St. Gallen in ihren Rechten und Vorteilen beeinträchtigt,
sodass sie mit Hilfe von Zuzügern aus dem Fürstenland und dem Rheinthal den Neubau am zerstörten. Es folgte zwar
von Seite der eidgenössischen Orte eine schwere Bestrafung dieses unüberlegten Handstreiches, dafür unterblieb aber auch
die beabsichtigte Verlegung des Klosters nach Rorschach.
Grosse Umwälzungen brachte in den Stiftslanden die Reformation, da in dieser Beziehung auch die Schirmorte
auseinander gingen und Zürich
nicht nur auf Seite der reformiert gewordenen Stadt St. Gallen stand, sondern auch die äbtischen Lande
zum Abfall vom katholischen Glauben und vom Stift zu bewegen suchte. Es erfolgte ein Klostersturm, vor dem Abt und
Kapitularen geflohen waren; der Kirchenschatz wurde veräussert, und vom fanatisierten Volk wurden auch die Kunstwerke vernichtet.
Der zürcherische Schirmhauptmann Frei suchte, an Stelle des Abtes Landeshauptmann zu
werden, und der landschaftliche Volksführer
Ammann Gerster betrieb mehr die Demokratisierung seiner Landsleute als die Einführung der reformatorischen Ideen. Man erklärte
den Abt als seiner Ansprüche und Rechte verlustig, führte in der Klosterkirche den reformierten Gottesdienst
ein etc. Die Verhandlungen zwischen den den Rechtsstandpunkt des Klosters vertretenden katholischen Schirmorten und den reformierten
Ständen führten erst zu einem Resultat nach der für die Reformierten ungünstigen Schlacht von Kappel 1531. Im Landfrieden
vom 16. November dieses Jahres wurde das Bündnis Zürich's mit den äbtischen Landen aufgelöst und die frühere
Klosterherrschaft wieder hergestellt. Die Gotteshausleute unterwarfen sich gutwillig und huldigten am 15. und 16. Dezember zu Gossau
und Lömmiswil dem Abt Diethelm als ihrem Landesherrn. 1555 erfolgte die Vereinigung des Klosters Neu St. Johann mit dem
Stift St. Gallen,
und am starb Abt Diethelm, dem das Kloster den Ehrennamen eines dritten Gründers beilegte.
1567 wurde die Grenze zwischen Stadt und Stift St. Gallen
durch eine Mauer festgestellt und für das Stift ein besonderes Eingangstor
hergerichtet, das nach dem durch dasselbe einziehend en Kardinal Karl Borromäus den Namen Karlstor erhielt
und heute noch mit seinem kunstvollen Steinstandbild eine Zierde der Pfalzgebäude bildet. Unter dem frommen, milden und
gelehrten Abt Pius erhielt das Kloster 1645 eine der grössten und besten Druckereien der Schweiz, worin die Urkundensammlung
der Abtei St. Gallen(Codex Traditionum Monasterii Sancti Galli) gedruckt worden ist.
Unter dem umsichtigen und staatsmännisch gewandten Landeshofmeister Fidel von Thurn erstarkte die Abtei wieder und erhielt
in der eidgenössischen Tagsatzung unter den zugewandten Orten den ersten Rang. In dieser Zeit wuchs das Ansehen des Klosters
hinsichtlich Organisation, klösterlicher Ordnung und Zuwachs an Ordensmitgliedern und Studierenden derart, dass
eine bauliche Erweiterung notwendig wurde. Abt Zölestin I. aus der berühmten Mailänder Familie der Sfondrati-Riviera war
ein bedeutender Theologe und Rechtsgelehrter (1679 Professor an der Universität Salzburg, später von Papst Innozenz XI.
zum Bischof von Novara und 1695 zum Kardinal ernannt) und genoss allgemeine Verehrung als fester und dennoch milder
Landesvater, frommer Ordensmann und Förderer der Künste und Wissenschaften.
Unter seinem Nachfolger Leodegar gestalteten sich die Verhältnisse wieder unfriedlicher und nahmen eine verschärfte Wendung
an, als dieser durch den Bau einer Strasse aus dem Toggenburg über den Hummelwald eine bessere Verbindung mit dem befreundeten
Schwyz
erstrebte und dadurch die Zürcher und auch die Toggenburger reizte. In dem darauf folgenden Toggenburger-
oder Zwölferkrieg (auch zweiter Villmergerkrieg genannt) von 1712 gelangte die Abtei unter die Herrschaft von Zürich
und Bern,
und erst 1718 unter
Abt Joseph von Rudolfi kam ein Friede zustande, durch den die Abtei neuerdings in den Besitz ihrer weltlichen
Rechtsame und Länder im Toggenburg, Rheinthal, Fürstenland und dem angrenzenden thurgauischen Gebiet gelangte, dafür aber
den Toggenburgern grössere Freiheiten und den reformierten Untertanen freie Religionsübung gewähren musste.
Unter Abt Zölestin II. wurde dem Aufschwung des Kornhandels in Rorschach entsprechend das dortige prachtvolle Kornhaus erbaut
und 1756 mit dem Neubau des St. Gallusmünsters, d. h. der heutigen Kathedrale begonnen, an den sich
das neue Bibliotheks- und Konventsgebäude anschloss. Der nämliche Abt brachte auch den Besitzstand und die Finanzen des
Klosters in erfreulichen Zustand und förderte die Volkswohlfahrt durch mannigfache gemeinnützige Unternehmungen. In
gleichem Sinn wirkte sein Nachfolger Beda, der die prachtvolle neue «Pfalz» (das heutige st. gallische
Regierungsgebäude) erstellen liess, bei der 1770 eintretenden Teuerung für die Hebung der allgemeinen Not sorgte, die Verkehrswege
verbesserte, die Landstrasse Wil-St. Gallen-Rorschach anlegte und für die Ausbreitung einer allgemeinen Bildung in allen Volksschichten
wirkte. Gegen das Ende seiner Regierung machten sich bereits die Wirkungen der französischen Revolution
in seinem Lande geltend, und es
mehr
entstanden die Volksparteien der Harten (d. h. der freiheitlich und fortschrittlich Gesinnten) und der Linden (d. h. der Anhänger
der alten Ordnung). Zu dieser Volksbewegung, deren freiheitliche Führer die Volksmänner Künzle, Condamin, Bossard etc.
waren, stellte sich Abt Beda entgegenkommend, suchte aber fest und klug die allseitigen Interessen zu wahren und schloss
mit dem Lande einen versöhnlichen Vertrag, der ihn mehrfach mit seinem eigenen Stiftskapitel in Widerspruch brachte.
Sein Nachfolger Pankratius vermochte mit seinem strengen Regime der französischen Revolution, welche die ganze Eidgenossenschaft
ergriff und alle Untertanenverhältnisse löste, nicht zu widerstehen. Die äbtische alte Landschaft (das sog. Fürstenland),
das Rheinthal und Toggenburg machten sich frei. Mit der Bildung des helvetischen Kantons Säntis 1798 und
des nachherigen Kantons St. Gallen
1803 fielen Fürstentum und Abtei St. Gallen
den neuzeitlichen Anschauungen zum Opfer. Es zeigte sich wohl etwelche
Neigung von Seite des Staates, die Abtei ohne weltliche Machtbefugnisse fortbestehen zu lassen, doch glaubte Abt
Pankratius, der sich mit der Mehrzahl der Kapitularen in die auswärtigen Klosterbesitzungen zurückgezogen hatte, alle Rechtsanforderungen
aufrecht erhalten zu müssen. Er starb 1828 im Kloster Muri, nachdem er sein Vermögen Kirchen und Armen seines einstigen Untertanenlandes
vermacht hatte. Mit ihm schliesst die Geschichte des fürstlichen Stiftes und Klosters St. Gallen
ab, das volle 1078 Jahre
bestanden hatte.
Das Wappen der Abtei hatte vier Felder, wovon das erste den schwarzen stift-st. gallischen Bären in goldenem Feld, das zweite
das weisse Lamm der Abtei St. Johann in blau, das dritte die schwarze toggenburgische Dogge in Gold und das vierte den Familienschild
des jeweiligen Abtes enthielt. Die Landesfarben waren schwarz und gelb. Die Wahl- und Ratsbehörde bildete
der Klosterkonvent, während der von diesem ernannte Fürstabt die Regierung führte. An der eidgenössischen Tagsatzung
hatte die Abtei als zugewandter Ort Sitz ohne Stimme. Näheres über Stiftsbibliothek, Stiftsarchiv, Kunstwerke der Abtei
und Bibliographie s. bei den Art. St. Gallen
(Kanton und Stadt).