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Schmiedeeisen, eine treffliche Orgel, einen namentlich an Goldschmiedearbeiten reichen Kirchenschatz etc. Eine Hauptzierde bilden auch die Reliefarbeiten in Stuck des Bildhauers Wenzinger. Sie ist bis jetzt die einzige katholische Pfarrkirche der Stadt, wird aber in Bälde durch eine im W. der Stadt im Bau begriffene zweite Kirche entlastet werden. An die Kathedrale ist angebaut die Residenz des Bischofes und das Gebäude mit den Wohnungen der Domherren und der Dompfarrgeistlichkeit. Daran schliessen sich die früheren Klosterbauten, worin jetzt die altberühmte Stiftsbibliothek (mit prachtvollem Saal in Rokokostil), das Pensionat der Studierenden katholischer Konfession, die kathol. Kantonsrealschule, die höhere Töchterschule und der katholische Administrationsrat (d. h. die Verwaltung der ehemaligen Stiftsgüter) untergebracht sind. An diese ehemaligen Stiftsgebäude und ihre inneren Höfe reiht sich der grosse äussere Klosterhof an, der vom Regierungsgebäude, dem ehemaligen Zeughaus, dem frühern katholischen Primarschulhaus und der geschmackvoll gebauten kathol. Kinderkapelle (mit schönem Altarbild von Deschwanden) umschlossen wird. Oestl. vom Regierungsgebäude befindet sich das Karlstor (s. den Art Abtei St. Gallen) mit einem prachtvollen Bildhauerkunstwerk und dem alten Archivturm.
Der grosse öffentliche Platz zwischen Kathedrale und Regierungsgebäude wird gegen den Stadtbezirk durch Ketten abgegrenzt. In dem grossartigen Regierungsgebäude, dem ehemaligen Sitz der fürstäbtischen Staatsverwaltung, ist neben dem schön restaurierten Grossratssaal sehenswert das Schöll'sche Relief der Kantone St. Gallen und Appenzell und befinden sich ausser den Sitzungssälen des Grossen Rates, des Regierungsrates und des Kantonsgerichtes noch die Bureaux der obersten Verwaltungsbehörden, sowie das Staatsarchiv, das Stiftsarchiv (gemeinsames Eigentum des Staates und der katholischen Korporation) und das Archiv des aufgehobenen Klosters Pfäfers. Alle die Bauten und Plätze des zur politischen Gemeinde Tablat gehörenden Stiftseinfanges werden unter dem Namen der Pfalz (s. diesen Art.) zusammengefasst.
Im eigentlichen Stadtgebiet ist als Sehenswürdigkeit in erster Linie zu nennen die w. der Pfalz stehende reformierte Hauptkirche zu St. Laurenzen, ein gotischer Bau, der nach dem grundlegenden Plan des genialen Architekten J. G. Müller von Wil 1850-1854 restauriert wurde und 1856 seine Orgel erhielt. Die zweite reformierte Stadtkirche, die alte St. Magnuskirche, stammt aus dem 9. Jahrhundert und ist in den Jahren 1833-1839 restauriert worden (vergl. Pestalozzi, Pfarrer. Die St. Magnuskirche in St. Gallen während 1000 Jahren: 898-1898). Dem reformierten Gottesdienst dienen ferner noch zwei neue, ausserhalb der eigentlichen Stadt stehende Gotteshäuser, die St. Leonhardskirche und die Kirche im Linsebühlquartier, jene im frühgotischen und diese im italienischen Renaissancestil gehalten.
Im Innern der Stadt wurde durch den Abbruch des alten Rathauses, des Schlachthauses und des Gasthauses zum Bären, unter welch' letzterem die sog. Libetbänke (d. h. die Verkaufshalle für den früher berühmten Leinwandhandel) waren, Raum gewonnen zur Vergrösserung des Marktplatzes und zur Schaffung einer hübschen Anlage mit Ruhebänken. Hier steht die meteorologische Säule und ist 1904 dem Bürgermeister Watt (Vadianus) ein Denkmal, eine kraftvolle Schöpfung des Bildhauers Richard Kissling, errichtet worden. Den Marktplatz umrahmen der altrenommierte Gasthof zum Hecht, das Theater, das ansehnliche Zunfthaus zum Notveststein (heute durch ein Bankhaus ersetzt), die Postfiliale der innern Stadt (mit städtischem Polizeiamt) und das stattliche Gebäude der Museums- (Lese-) Gesellschaft (mit schöner Auswahl von Zeitschriften und reicher Bibliothek). Andere monumentale Neubauten im Innern der Stadt finden sich in der Multergasse, Neugasse, Speisergasse etc. Ein altehrwürdiges Gebäude ist die alte Post, seit 1868 Stadthaus (Sitz der Ortsbürgerverwaltung), wo auch die ethnographischen und kartographischen Sammlungen der ostschweizerischen geographisch-kommerziellen Gesellschaft aufbewahrt werden. Sehenswert ist der Kreuzgang des ehemaligen St. Katharinenklosters, der sich an die dem französischen reformierten Gottesdienst eingeräumte Kirche gleichen Namens anlehnt. Ein hübsches Gebäude aus der Uebergangszeit ist das ehemalige Karrer'sche Haus, das jetzt das Kaufmännische Direktorium der Stadt St. Gallen beherbergt. Ebenfalls aus der neueren Uebergangszeit stammt der schmucke Bau der «Bank in St. Gallen». Ein grossartiges Restaurationswerk der Neuzeit in der Altstadt St. Gallen bildet die Ueberwölbung und Eindeckung der Steinach vom Austritt aus ihrer romantischen Felsenschlucht bis zu ihrem Uebertritt auf den Bezirk Tablat und die Umwandlung des ehemaligen winkeligen Stadtviertels Lämmlisbrunnen in ein offenes und gesundes Quartier mit hübschen Neubauten.
Die neuen Quartiere der Stadt unterscheiden sich von der Altstadt auf den ersten Blick durch ihre regelmässigen Strassenzüge und sind mit ihren zahlreichen öffentlichen Bauten das Werk der letzten vier Dezennien. Die Bauentwicklung im W.- und NO.-Quartier greift ein halbes Jahrhundert zurück. An die drei hübschen neuen Häuserreihen vor dem Lindenplatz schloss sich bald nach Eröffnung der Bahnlinie das Simon'sche Quartier an,
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erstellt von dem Erbauer der Eisenbahn und deren langjährigem Betriebsdirektor, der sich auch um die Entwicklung des Heilbades Ragaz hochverdient gemacht hat. Rechts und links der Eisenbahn in westl. Richtung gegen die St. Leonhardskirche und an der Rosenbergstrasse greift die Stadt immer weiter aus. Wir nennen hier vor allem die St. Leonhardsstrasse und die Vadianstrasse mit einer nicht geringen Anzahl von grossstädtischen Gebäuden, die sich beim ehemaligen Multertor an die Altstadt anschliessen. Das 1889 erbaute grossartige Börsengebäude des schweizerischen Bankvereins und die Handelsbank umrahmen den Lindenplatt (heute Börsenplatz geheissen), auf dem der vom St. Galler Bildhauer Bösch geschaffene monumentale Broderbrunnen, ein zum Teil aus dem Broder'schen Legat errichtetes Denkmal zur Erinnerung an die 1895 vollendete Versorgung der Stadt mit Wasser aus dem Bodensee, sich befindet. Es folgen die aus Backsteinen aufgeführten Gebäude des Gewerbemuseums und der Zollikofer'schen Buchdruckerei, sowie die im maurischen Stil gehaltene Synagoge. Gegenüber dem Rathaus erhebt sich der Palast der Kantonalbank und unweit davon derjenige der Feuer- und Transportversicherungsgesellschaft «Helvetia», sowie eine Reihe von stattlichen Geschäftshäusern, von denen das des «Oceanic» einen sehr bizarren ultramodernen Baustil aufweist. Unten an der Rosenbergstrasse bemerken wir den im grossstädtischen Stil gehaltenen «Washington», dem nach W. hin noch andere vornehme Bauten folgen. Im W.-Quartier ist bemerkenswert das ansehnliche St. Leonhardsschulhaus. Jenseits des Leonhardsquartiers befinden sich Zollamt und Güterbahnhof und kommt auf der andern Seite der Bahnlinie in der Gemeinde Straubenzell eine neue katholische Kirche zu stehen, und an der W.-Grenze der Stadt befinden sich die weitläufigen Gebäude der Kaserne und des Zeughauses. In allen Stadtteilen von Neu- und Alt-St. Gallen befinden sich zahlreiche neue Bauwerke von meist bedeutendem architektonischem Wert: die Kantonsschule mit dem Denkmal von Prof. Peter Scheitlin in der städtischen Anlage des obern oder kleinen Brühls, der neue Bürgerspital mit dem ebenso stilvollen neuen Bürgerheim an der Rorschacherstrasse und ihm gegenüber der Kantonsspital, naher der inneren Stadt das katholische Gesellenhaus und der Neubau des Bierhofes. Im untern Brühl der herrliche Stadtpark und das geschmackvolle Museum mit der naturhistorischen, antiquarischen und der Gemäldesammlung, dann das grosse Primarschulhaus und die beiden Realschulgebaude für Knaben und Mädchen. Neben der Knabenrealschule ist ein eigenes Bibliotheksgebäude für die Vadiana im Bau begriffen, und gegenüber geht das umfangreiche, für Mädchen bestimmte Hadwigschulhaus seiner Vollendung entgegen. Im nö. Teil der Stadt der ansehnliche und rationell angelegte Bau der kantonalen Strafanstalt St. Jakob vom Jahr 1839 (seither erweitert), rechts davon neben der überwölbten Steinach das neue Schlachthaus, das Elektrizitätswerk und die Gasanstalt. Entsprechend der regen Bautätigkeit haben sich auch die Strassenanlagen erweitert und ausgedehnt: Zwingli-, Winkelried- und Dufourstrasse mit der Dufouranlage im Villenquartier des Rosenberges, Wildeggstrasse, Felsenstrasse mit Viadukt über die Steinach, projektierte Gottfried Kellerstrasse von Mühleck nach dem Bahnhof. Dieser letztere hat sich bei der grossen Entwicklung der Stadt schon längst als ganz ungenügend erwiesen und wird in nächster Zukunft umgebaut und erweitert werden. Ihm gegenüber stehen das Post- und Telegraphengebäude und das Hotel «Walhalla». Von den verschiedenen öffentlichen Plätzen, wie Markt- und Theaterplatz, Lindenplatz (heute Börsenplatz), Bahnhofplatz, Gallusplatz und Klosterhof, sowie von den öffentlichen Anlagen Oberer und Unterer Brühl und Stadtpark eröffnet sich ein lieblicher Ausblick auf den anmutigen Rosenberg, wo das städtische Waisenhaus, die Taubstummenanstalt, das frühere Konzerthaus (jetzt Kirche der Christkatholiken), das internationale Bildungsinstitut des Dr. Schmid etc. stehen und auf dem alljährlich das allbekannte St. Galler Jugendfest gefeiert zu werden pflegt. Am W.-Ende des Rosenberges liegt der städtische Friedhof «Feldle» mit Krematorium. An und auf dem s. gegenüber dem Rosenberg sich erhebenden Höhenzug Bernegg und dem Freudenberg, dem höchstgelegenen Aussichtspunkt in der nächsten Umgebung von St. Gallen, erhebt sich ebenfalls ein ganzer Kranz von schönen Neubauten. Zu den schönsten Aussichtspunkten in der Nähe der Stadt gehören noch St. Peter und Paul, die Solitude, Falkenburg, Drei Linden, Frölichsegg, die Kuranstalten Waid etc. Bei St. Peter und Paul hat die Stadt einen Wildpark.
Für nähere Angaben über die ausserhalb der Gemeindegrenze von St. Gallen liegenden Quartiere verweisen wir auf die Artikel St. Fiden, St. Georgen, Straubenzell, Tablat etc.
Klima.
In klimatischer Hinsicht hat St. Gallen an allen angenehmen und weniger erfreulichen Folgen seiner hohen absoluten Lage Anteil. Der mittlere Barometerstand beträgt 702,2 mm, die mittlere jährliche Temperatur 7,6 °C., der mittlere Feuchtigkeitsgrad 79% und die durchschnittliche jährliche Regenmenge 1293 mm. Da der Herbst sehr kurz ist und der Frühling eigentlich nur dem Namen nach existiert, kennt man in St. Gallen tatsächlich blos zwei Jahreszeiten: Winter und Sommer. Der oft schon mit dem Monat Oktober beginnende Winter dauert 7-8 Monate und bringt häufigen Nebel, der durch die Bergumrandung der Stadt im Thal zurückgehalten wird. Schnee fällt häufig, aber meist nicht in sehr ausgibigem Masse. Eine eigentliche Schneedecke, die das Schlittenfahren gestattet, liegt in der Stadt in der Regel nur im Dezember und Januar auf die Dauer von einigen Wochen, während der später fast alle Tage fallende