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die Staatsanwaltschaft sowie die Untersuchungsbeamten.
Im Betreibungs- und Konkurswesen funktionieren einerseits die in den 93 Gemeinden für je 3 Jahre von den Gemeinderäten bestellten Betreibungsbeamten u. andererseits die von den 15 Bezirksgerichten für je 4 Jahre gewählten Konkursbeamten, ferner die Bezirksgerichtspräsidenten als untere und eine vom Kantonsgericht aus seiner Mitte bestellte dreigliedrige «Aufsichtsbehörde» als obere kantonale Aufsichts- u. Beschwerdeinstanz. Besondere Notare existieren im Kanton nicht. Jeder Bezirk hat sein eigenes Bezirksgefängnis, neben denen auch noch eine kantonale Strafanstalt vorhanden ist.
Finanzwesen (Staatshaushalt).
Im Jahre 1903 hatte der Kanton St. Gallen sein erstes Zentenarium hinter sich. Ein Blick in die Staatsrechnungen tut dar, dass die Staatsverwaltung in den ersten Dezennien seit dem Bestande des Kantons noch eine einfache war; dass die verkehrspolitischen und die wirtschaftlichen Verhältnisse im allgemeinen damals noch im Argen lagen, geht wohl aus der Tatsache hervor, dass während der ersten dreissig Jahre der Existenz des Kantons zur teilweisen Deckung seiner finanziellen Bedürfnisse noch Weg- und Brückengelder erhoben worden sind. Bis zum Jahr 1847 sind die Staatsrechnungen noch in der alten Geldwährung von Gulden und Kreuzern - ein Gulden gleich 60 Kreuzer - angelegt. In welcher Weise sich der Staatshaushalt beständig entwickelte, geht wohl am deutlichsten aus der sukzessiven Zunahme der Einnahmen und Ausgaben hervor. Vergleichsweise mögen die Einnahmen und Ausgaben von 30 zu 30 Jahren und zwar während der Zeitdauer von 1837 bis 1897 einander gegenüber gestellt werden.
Es bezifferten sich die
Jahr | Einnahmen Fr. | Ausgaben Fr. |
---|---|---|
1837 | 712700 | 541081 |
1867 | 1721915 | 1592864 |
1897 | 4217956 | 4018454. |
Es haben daher die Einnahmen von 1837 bis 1897 absolut um Fr. 3505256 oder um 492% zugenommen; die Ausgaben haben während der gleichen Zeitdauer eine Steigerung auf Fr. 3477373 oder um 643% erfahren.
Eine besonders rapide Vermehrung der Staatsausgaben und dementsprechend auch der Staatseinnahmen ist unter der Herrschaft der gegenwärtigen Kantonsverfassung vom eingetreten. Während im Jahr 1892 die Gesamtausgaben den Betrag von Fr. 3285325 aufweisen, steigerten sich dieselben 12 Jahre später, d. h. im Jahr 1904 auf Fr. 5132726, während die Einnahmen von Fr. 3264723 auf Fr. 5116181 erhöht worden sind. Unter den Ausgaben figuriert der grösste Posten für Strassen- und Wasserbau im Betrag von Fr. 1180916; der zweitgrösste Ausgabenbetrag von Fr. 778503 betrifft das Erziehungswesen. Für die Zivil- und Strafrechtspflege sind im Jahr 1904 Fr. 253715 verausgabt worden. Zur Hebung und Förderung der Landwirtschaft, des Forstwesens und der Alpwirtschaft, sowie für Bodenverbesserungen sind zusammen Fr. 377041 aus der Staatskasse geleistet worden. Die Leistungen an Handel, Industrie und Gewerbe, inklusive die Handelsakademie und Verkehrsschule, beliefen sich im Jahre 1904 auf Fr. 137511.
Unter den Einnahmen vom Jahr 1904 figurieren nachbezeichnete höchste Posten:
Das Staatsvermögen beziffert sich Ende des Jahres 1904 auf netto Fr. 6133748. Dieser Nettovermögensbestand setzt sich nachbezeichneter Weise zusammen:
Fr. | |
---|---|
Inventarvermögen | 8149036 |
Verfügbares Vermögen | 586532 |
Bruttovermögen: | 8735568 |
Ab : Mehr-Passiven im Eisenbahnkonto | 2601820 |
Netto-Vermögensbestand, gleich wie oben | 6133748 |
Das Vermögen der Spezialverwaltungen und Fonde beträgt per Ende des Jahres 1904 netto Fr. 16708911.
Der Gesamt-Vermögensbestand Ende 1904 beziffert sich sonach auf Fr. 22842659. An Staatsschulden sind zu verzeichnen:
Fr. | |
---|---|
Allgemeine Staatsverwaltung | 37040714 |
Spezialverwaltungen und Fonde | 7377121 |
Total-Passiven: | 44417835 |
An Anleihen hat der Kanton seit dem unter zehnmalen total Fr. 34400000 aufgenommen, welche heute noch bestehen und an den Börsen Zürich, Basel und Bern kotiert werden. Von diesen Anleihen fanden Verwendung: Fr. 12 Mill. für die Dotation der Kantonalbank;
9,2 Mill. zu Eisenbahnzwecken;
4 Mill. für den Rheinthalischen Binnenkanal, 1700000 Fr. für das Altersasyl in Wil, 7500000 Fr. für die Staatskasse.
Der Zinsfuss für diese Anleihen schwankt zwischen 3¼ bis 4%.
Am hat der Grosse Rat ein Gesetz betreffend die direkten Staatssteuern erlassen. Das gegen diese Gesetzesvorlage eingeleitete Referendum kam nicht zustande. Die Annahme dieses bedeutungsvollen gesetzgeberischen Erlasses darf für den Kanton St. Gallen als ein gewaltiger Fortschritt auf wirtschaftlichem Gebiet und als eine wahre soziale Tat des Volkes bezeichnet werden. Das neue Gesetz ist an Stelle des Staatssteuergesetzes vom getreten und gibt den Behörden die ¶
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erforderlichen Mittel an die Hand, um die dringend notwendige Sanierung der Finanz- und Steuerverhältnisse im Staate und in den 93 Gemeinden in rationeller Weise zu bewerkstelligen. Schon die erstmalige Anwendung dieses Gesetzes war von grosser Wirkung und erfreulichem Erfolg. Das Privatsteuerkapital ist vorläufig von 375 Millionen auf rund 632 Millionen Franken gestiegen. Hiezu kommt noch das laut dem neuen Gesetz an den Staat steuerpflichtige Aktien-, Genossenschafts- und Reservekapital der Aktiengesellschaften und Erwerbsgenossenschaften im Betrag von rund 80 Mill. Franken.
Auch das steuerpflichtige Einkommen hat eine ganz bedeutende Steigerung namentlich zugunsten der Gemeindekassen erfahren. Das steuerpflichtige Einkommen von Privaten beträgt 33 Millionen. Das Ergebnis der erstmaligen Revision auf Grund des neuen Steuergesetzes ist um so erfreulicher, als das Gesetz zugunsten der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsklassen wesentliche Erleichterungen und in gar vielen Fällen gänzliche Steuerbefreiung vorsieht. So darf beispielsweise erwähnt werden, dass Vermögen unter 1000 Fr., ebenso Einkommen bis auf den Betrag von 1000 Fr. steuerfrei sind. Je nach der Zahl der Kinder steigert sich beim Einkommen das steuerfreie Existenzminimum.
Militärwesen.
Der Kanton St. Gallen gehört zur 7. Armeedivision und zum 3. Armeekorps und zerfällt in 4 Rekrutierungskreise. Er stellt folgende Truppen:
Auszug. | Offiziere | Unt.-Off. | Mann | Total |
---|---|---|---|---|
Infanterie. Füsiliere | 210 | 936 | 5916 | 7062 |
Schützen | 14 | 82 | 421 | 517 |
Artillerie. Feldartillerie | 47 | 97 | 660 | 801 |
Positionsartillerie | 6 | 32 | 178 | 216 |
Gebirgsartillerie | 4 | 13 | 44 | 61 |
Festungsartillerie | 8 | 16 | 80 | 104 |
Linientrain | 3 | 12 | 149 | 164 |
Kavallerie. Dragoner | 14 | 39 | 222 | 275 |
Guiden | 7 | 5 | 42 | 54 |
Maximisten | - | 2 | 24 | 26 |
Genie. Sappeure | 4 | 15 | 180 | 199 |
Pontonniere | 4 | 3 | 62 | 69 |
Pionniere | 1 | 6 | 55 | 62 |
Sanität. Divisionslaz. VII. und Korpslaz. III. | 17 | 19 | 120 | 156 |
Verwaltung. Komp. 7. | 6 | 4 | 96 | 106 |
Radfahrer | - | 5 | 15 | 20 |
Auszug. Total | 35 | 1286 | 8264 | 9895 |
Landwehr. | ||||
Infanterie. Füsiliere | 110 | 539 | 3948 | 4597 |
Schützen | 11 | 48 | 265 | 324 |
Artillerie. Kanoniere | - | - | 53 | 53 |
Train | 22 | 91 | 790 | 903 |
Kavallerie. Dragoner und Guiden | 8 | 49 | 215 | 272 |
Genie | 8 | 29 | 235 | 272 |
Sanität | 23 | 17 | 97 | 137 |
Verwaltung | 1 | 7 | 45 | 53 |
Radfahrer | - | 2 | 5 | 7 |
Landwehr. Total | 183 | 782 | 5653 | 6618. |
Militärgebäude: Altes Zeughaus auf dem Klosterplatz für Artillerie und Kavallerie;
neues Zeughaus auf der Kreuzbleiche;
Militärmagazin auf der Kreuzbleiche;
Kaserne, Offiziers-Kasino mit Soldaten-Kantine, Reitbahn mit Stallung für etwa 30 Pferde.
Alle in St. Gallen. Sodann besitzt der Kanton in Walenstadt eine Zeughausfiliale und die Kasernen für die Schiessschulen, für welch' letztere Kanton und Bund einen ausgedehnten Schiessplatz erworben haben. In Rapperswil befindet sich ein eidgenössisches Kriegsdepot, das der Eidgenossenschaft gehört. In neuester Zeit wurde beschlossen, Artilleriedepots in Wil und Walenstadt zu errichten, mit deren Bau bald begonnen werden dürfte.
Zahl der Schützengesellschaften: 294, wovon 202 dem wohl organisierten Kantonalschützenverein angehören. Kadetten-Korps in St. Gallen, Wil, Altstätten. Artillerie-Verein in St. Gallen.
Erziehungswesen
(geschichtliche Entwicklung seit der Gründung des Kantons siehe im Abschnitt Geschichte). Seit 1862 ist das Schulwesen verstaatlicht und wird von einem Departement der Regierung mit einem Erziehungsrat von 11 Mitgliedern geleitet. Unter diesem funktioniert in jedem Bezirk ein Bezirksschulrat und in den Schulgemeinden ein Orts- oder Gemeindeschulrat. Der Kanton zählt 614 Primarschulen, die entweder von früher her konfessionell getrennt oder - wo die Mehrheit der Stimmenden der politischen Gemeinde oder der betr. Schulgemeinde dies beschliesst - konfessionell vereinigt (d. h. simultan oder paritätisch) sind.
Davon sind 38 Halbjahrs- und 59 Dreivierteljahrsschulen, 9 geteilte Jahr-, 52 Halbtagjahr-, 66 teilweise Jahr- und 390 Ganzjahrschulen. Daneben bestehen 246 Ergänzungsschulen oder - an ihrer Stelle - an 35 Orten im Anschluss an die siebenkursige Primarschule ein achter Jahreskurs. Es gibt ferner 211 Fortbildungsschulen. Diese primären Schulanstalten werden von 207 Schulgemeinden unterhalten, an welche der Staat (speziell für Schulhausbauten und Reparaturen) 1901 im Ganzen 88953 Fr. bezahlt hat. In St. Gallen, Altstätten und Wil sind die Schulen nach Geschlechtern getrennt.
Die Zahl der Primarlehrer beträgt 545, die der Primarlehrerinnen 63, die der Alltagsschüler 35058, der Ergänzungsschüler 3319. Sekundar- oder Realschulen, die sich aus dem Opfergeist und Bildungssinn der grössern Ortschaften entwickelt haben und die Staatsbeiträge erhalten, gibt es 38, mit 102 Lehrern und 2743 Schülern. In den städtischen Ortschaften St. Gallen, Rorschach, Altstätten und Rapperswil weisen diese Schulen je über 4 Lehrer auf, in andern 2-4 und in 11 Ortschaften je 1 Lehrer.
An höhern Lehranstalten besitzt der Kanton das staatliche Lehrerseminar in Rorschach mit 4 Jahreskursen, 10 Lehrern und 91 Schülern;
die staatliche Kantonsschule in St. Gallen mit 25 Professoren, 10 Hilfslehrern und 421 Schülern (176 am Gymnasium, 123 an der technischen und 107 an der merkantilen Abteilung der Industrieschule, 8 Sekundarlehramtskandidaten und 7 Hospitanten);
die Verkehrsschule in St. Gallen (15 Hauptlehrer, 5 Hilfslehrer und 193 Schüler) mit Abteilungen für Eisenbahn, Post, Telegraph und Zoll;
eine Handelsakademie mit 12 Hauptlehrern, 5 Hilfslehrern, 127 Studierenden und 384 Hörern.
In den letzten 4-5 Dezennien wurde der Berufsbildung besondere Aufmerksamkeit geschenkt, indem man Fachschulen für bestimmte Berufsarten, Fortbildungsschulen für Lehrlinge und allgemeine Gewerbeschulen errichtete. Von solchen Anstalten nennen wir neben der Verkehrsschule und Handelsakademie noch die Industrieschule an der Kantonsschule, die Zeichnungsschule für Industrie und Gewerbe, das Industrie- und Gewerbemuseum mit Mustersammlung und Bibliothek (alle in St. Gallen), die toggenburgische Webschule in Wattwil, die Stickfachschulen in Rheineck, Grabs, Kirchberg und Degersheim, die kantonale landwirtschaftliche Schule in Rheineck mit Wanderkursen, die Nachstickschulen, die Frauenarbeitsschule in St. Gallen und die Koch- und ¶