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sind noch Spinnereien, Zwirnereien, Maschinenfabriken, grössere Elektrizitätswerke, eine Anzahl mechanischer Werkstätten, Bierbrauereien etc. zu nennen. 1900 zählte der Kanton 10 Baumwollspinnereien mit 283898 Spindeln, etwa 4500 mechanische und 2500 Handwebstühle für Baumwollenfabrikate, sowie 10000 Stickmaschinen. In den Bezirken See, Gaster und z. T. in Sargans und Werdenberg ist auch die Seidenweberei eingeführt. Ausser Zeugwaren versendet der Kanton viele Felle, die roh aus Graubünden und Appenzell kommen und hier verarbeitet werden. Es bestehen im Kanton St. Gallen 5 Gaswerke, 660 Wasserwerke mit einer Gesamtkraft von 15000 PS (die drei bedeutendsten dieser Werke liefern zusammen 8000 PS), 21 Elektrizitätswerke mit einer Minimalkraftleistung von 5000 PS. 382 Dampfmaschinen und 15 Gasmotoren. 73 Finanzinstitute, wovon 66 Bankgeschäfte, Spar- oder Leihkassen.
Nur wenige Privatbanken. Zahlreiche Unfalls-, Kranken- und Sterbekassen. In jeder grösseren Ortschaft besteht ferner ein Konsumverein. Unter dem eidgenössischen Fabrikgesetz stehen im Kanton 749 Fabrikbetriebe, nämlich 429 Stickereien, 28 Baumwollwebereien, 19 Zwirnereien, 10 Baumwollspinnereien, 9 Baumwollfärbereien, 21 Sengereien, Bleichereien und Appreturen, 8 Seidenwebereien, 22 Giessereien und Maschinenfabriken, 14 Ziegeleien, 29 Sägen und Zimmergeschäfte, 21 Mühlen, 14 Buchdruckereien, 10 Elektrizitätswerke, 12 Buchbindereien und Kartonnagegeschäfte, 14 Bierbrauereien, 5 chemische Wäschereien, 4 Gerbereien, 4 Lithographiegeschäfte, 3 Teigwarenfabriken, 3 Mühlenbauwerkstätten, 6 Schlossereien, 3 Rahmen- und Vergoldergeschäfte, 3 Fabriken elektrischer Maschinen und Apparate, 3 Schiefer- und Marmorgeschäfte etc. Die Gesamtzahl der in diesen Betrieben beschäftigten Arbeiter beträgt 24252, wovon 11936 Männer, 11318 Frauen und 998 Kinder unter 10 Jahren.
Mit der Wahrung der industriellen und kommerziellen Interessen der Stadt befasst sich in umsichtigster und erfolgreichster Weise vorab das Kaufmännische Direktorium der Stadt St. Gallen. Näheres über dessen Tätigkeit s. im Art. Stadt St. Gallen.
Verkehrswesen.
Der Umstand, dass im Innern des Kantons die zwei dem freien Verkehr hinderlichen Gebirge des Säntis und der Churfirsten liegen und dass St. Gallen ferner zwei politisch selbständige Halbkantone vollständig umschliesst, stellte dem erst 1803 gegründeten Staatswesen grosse Aufgaben und legte ihm schwere Opfer auf, wenn es alle seine einzelnen Landesteile mit guten Verkehrsverbindungen versehen wollte. Gleich schon im ersten Jahrzehnt seines Bestehens setzte sich der junge Kanton ein ehrenvolles Denkmal durch den Bau der imposanten steinern Krätzerenbrücke (über die Sitter) an der von Abt Beda erstellten Strasse von Wil nach Rorschach. Um die Mitte der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts beteiligte er sich finanziell stark an dem Bau der zum Bedürfnis gewordenen Eisenbahnen, sodass sich bald ein langer Schienenweg längs seiner ganzen Peripherie spannte: Fortsetzung der Linie Zürich-Winterthur über Wil und St. Gallen nach Rorschach, Linien das Rheinthal hinauf bis Sargans und Ragaz (mit Fortsetzung nach Chur), sowie von Sargans zum Walensee und Linthgebiet bis Rapperswil (Anschluss an die Linie nach Zürich). Später beteiligte sich der Kanton auch an der in Wil von der Linie Zürich-Winterthur-St. Gallen abzweigenden Toggenburgerbahn, sowie an den Linien Rapperswil-Pfäffikon (-Zentralschweiz), Gossau-Sulgen und Wil-Frauenfeld.
Neuestens hat der Kanton endlich auch mit einem ganz beträchtlichen Beitrag die Erstellung der Verbindung Romanshorn-St. Gallen-Wattwil-Uznach-Rapperswil ermöglicht und der Linie Ebnat-Nesslau ebenfalls eine weitgehende Unterstützung zugesichert. Die Hafenanlage in Rorschach wird vom Kanton unterhalten, und es ist an ähnliche Arbeiten am Boden- und Walensee ebenfalls finanzielle Beihilfe geleistet worden. Bahnlinien verbinden auch Rorschach mit Romanshorn-Konstanz und St. Margrethen und Buchs mit dem Vorarlberg.
Zahnradbahn Rorschach-Heiden; Drahtseilbahnen Rheineck-Walzenhausen, St. Gallen-St. Georgen (Mühleck), Ragaz-Wartenstein; elektrische Strassenbahnen St. Gallen-Gais-Appenzell, St. Gallen-Speicher-Trogen, Altstätten-Herbrugg-Berneck, Wil-Frauenfeld und Strassenbahnnetz der Stadt St. Gallen; Schmalspurbahn Winkeln-Herisau-Appenzell. Automobilwagenkurse Rorschach-Thal-Rheineck, Flawil-Degersheim, Herisau-St. Peterzell und Rapperswil-St. Gallenkappel.
Die Hauptstrassen durch alle Bezirke und in der Richtung nach allen bedeutenden Verkehrspunkten sind als Staatsstrassen vom Kanton übernommen oder auf eigene Kosten erstellt worden. Das Staatsstrassennetz von im Ganzen 473 km Länge erfordert eine jährliche Unterhaltungsausgabe von etwa 600000 Fr. Im Verlauf der letzten 50 Jahre hat sich auch das Netz der Gemeindestrassen sehr stark ausgedehnt und verbessert. An diese Bauten leistet der Kanton ebenfalls bedeutende Beiträge und zwar je nach den Verhältnissen solche von 10-40% der Gesamtkosten. Aber auch die sog. Nebenstrassen erfreuen sich der finanziellen Mithilfe des Kantons. Es sind namentlich diese kantonalen Unterstützungen, die die erfreuliche Entwicklung des Strassenwesens ermöglichten und sowohl eine rationelle Anlage als auch solide Durchführung sicherten.
Verwaltungs- und Gerichtswesen.
Der Kanton zerfällt in 15 Bezirke (St. Gallen, Tablat, Rorschach, Ober und Unter Rheinthal, Werdenberg, Sargans, Gaster, See, Ober, Neu, Alt und Unter Toggenburg, Wil und Gossau) und umfasst 93 politische Gemeinden mit eigener Verwaltung und ¶
Hauptsæchlichste Industrien des Kantons Sankt Gallen
Lief. 167.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 7° 0’ O; 47° 20’ N; 1:420000]
Stickerei
▴ Maschinenstick.
▴ Schifflistick.
▴ Kettenstick.
◆ Weberei
▾ Zwirnerei
+ Bleicherei
F Färberei
▐ Rideauxfabrik
S Seidenindustrie
L Wollindustrie
➚ Holzindustrie
↴ Metallindustrie
± Electrische Industrie
o Lebensmittel
o Müllerei
o Käserei
B Bierbrauerei
▬ Typographie
. Tonwarenfab.
Einwohner per Km2
░ 1 - 24 Einw.
░ 25 - 49 Einw.
▒ 50 - 74 Einw.
▒ 75 - 99 Einw.
▓ 100-149 Einw.
▓ 150-199 Einw.
▐ 200-299 Einw.
▐ 300-399 Einw.
▬ 400-499 Einw.
▬ Mehr als 500 Einw.
MCE. BOREL & CIE.
V. ATTINGER. SC.
HAUPTSÆCHLICHSTE INDUSTRIEN DES KANTONS SANKT GALLEN ¶
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je einem Gemeinderat und Gemeindeammann. Die Ortsgemeinde umfasst nur die Ortsbürger und bildet also die ortsbürgerliche Gemeinde mit Ausschluss der Bürger anderer Gemeinden des Kantons und anderer Kantone, die Schulgemeinde dagegen denjenigen Interessentenkreis, der eine oder mehrere Schulen eingerichtet hat und unterhält; die Kirchgemeinde endlich entspricht der Pfarrei mit einem oder mehreren Gotteshäusern und Geistlichen.
Die Organisation der Rechtspflege (Zivil- und Strafrechtspflege) im Kanton St. Gallen ist im Wesentlichen nach folgenden Grundzügen geregelt: Auf dem seit durch ein neues Gesetz geordneten Gebiet der Zivilrechtspflege bildet in jeder der 93 politischen Gemeinden für eine dreijährige Amtsdauer der vom Volk gewählte Vermittler (früher Friedensrichter geheissen) die unterste Instanz mit der doppelten Funktion eines Sühnebeamten einerseits und eines Einzelrichters in Prozesssachen mit einem Streitbetrag bis auf 25 Fr. andererseits. In jedem der 15 Bezirke besteht sodann, vom Volke für eine vierjährige Amtsdauer gewählt und mit einem vom Gerichte selbst aus seiner Mitte bestellten Präsidenten an der Spitze, ein aus 7 Mitgliedern und 4 Ersatzrichtern zusammengesetztes Bezirksgericht, das endgiltig - Nichtigkeitsbeschwerden an die Rekurskommission des Kantonsgerichtes vorbehalten - Streitsachen im Streitwert bis auf Fr. 500 und als erste Instanz, mit Appellationsrecht an das Kantonsgericht, Streitigkeiten im Wertbetrag von über 500 Fr., sowie die Grosszahl der anderwärtigen bürgerlichen und administrativen Streitigkeiten (Ehestandssachen, Vaterschaftsklagen, Bevormundungsprozesse, Verleumdungsklagen etc.) zu entscheiden hat.
Einem seit 1866 an Stelle der früheren «Untergerichte» getretenen Ausschuss, der Gerichtskommission, liegt sodann - wiederum unter Vorbehalt der Rekursbeschwerde an die Rekurskommission des Kantonsgerichtes - noch die endgiltige Entscheidung der Streitsachen im Wertbetrag bis auf 200 Fr. ob. Der Gerichtspräsident, in einzelnen Fällen der Bezirksammann, hat als Einzelrichter im besonderen Verfahren die erforderlichen provisorischen Zwischenverfügungen in bürgerlichen Streitsachen, wie auch in Betreibungs- und Konkurssachen zu erlassen.
Das vom Grossen Bat für eine Amtsdauer von 6 Jahren aus 9 Mitgliedern bestellte Kantonsgericht, in welchem die Präsidenten der Bezirksgerichte als Suppleanten funktionieren, beurteilt als Appellationsinstanz die an dasselbe weitergezogenen Urteile der Bezirksgerichte, ferner als einzige Instanz die durch die Bundesgesetzgebung an die kantonalen Gerichtsstellen gewiesenen Prozesssachen (aus Marken- und Musterschutz u. s. w.); es übt die Aufsicht aus über die Amtstätigkeit der unteren Gerichtsinstanzen und erteilt die Bewilligungen zur Ausübung des Anwalts- und Rechtsagentenberufes.
Ein vom Grossen Rat ebenfalls auf eine 6 jährige Amtsdauer aus 5 Mitgliedern und 4 Suppleanten bestelltes Kassationsgericht hat die gegen Haupturteile des Kantonsgerichtes und gegen Sprüche von Schiedsgerichten wegen Umgehung oder Verletzung von Gesetzen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden zu entscheiden. Für die Beurteilung spezieller Zivilstreitigkeiten bis zum Wertbetrag von 500 Fr., die sich auf die Erstellung von Stickereiartikeln beziehen, besteht seit 1899 ein besonderes Fachgericht für die Stickereiindustrie, dessen Präsident und Mitglieder, letztere aus Vertretern der verschiedenen Interessentengruppen, vom Kantonsgericht bestellt werden. In neuester Zeit ist auch die Schaffung gewerblicher Schiedsgerichte, aus Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern betehend, zur Erledigung von Streitigkeiten zwischen Prinzipal und Angestellten bei einem Streitwert bis auf 300 Fr., im Einverständnis der Parteien bei einem solchen bis auf 2000 Fr., ermöglicht worden; ein solches gewerbliches Schiedsgericht ist zur Zeit gemeinsam für die Gemeinden St. Gallen, Tablat und Straubenzell in der Entstehung begriffen.
Die vorstehend angeführten Gerichtsinstanzen funktionieren auch auf dem Gebiete der Strafrechtspflege nach der im Strafgesetz und in der Strafprozessgesetzgebung näher präzisierten Kompetenzenausscheidung, und zwar die Gerichtskommission und das Bezirksgericht bei der Beurteilung von Vergehen, das Kantonsgericht seit der 1865 erfolgten Abschaffung des erstinstanzlichen Kriminalgerichts als einzige Instanz bei der Beurteilung von Verbrechen (d. h. von mit Todes- und Zuchthausstrafe bedrohten Delikten und in schwierigeren und komplizierteren Fällen von Vergehen), sodann als zweite Instanz mit Bezug auf die im Appellationsverfahren weiter gezogenen bezirksgerichtlichen Urteile in korrektionellen Strafsachen.
Auch den kommunalen Verwaltungsbehörden, den Gemeinderäten, sowie den Bezirksämtern sind strafrichterliche Kompetenzen zur Beurteilung polizeilicher Uebertretungen und geringfügiger Korrektionsfälle übertragen. Mit den untersuchungsrichterlichen Funktionen in kriminellen Straffällen sind die Bezirksämter, mit denjenigen in korrektionellen und polizeilichen Straffällen die Gemeindeämter betraut. Ein vom Grossen Rat für je 3 Jahre gewählter erster Staatsanwalt mit einem vom Regierungsrat auf die gleiche Amtsdauer bestellten zweiten Staatsanwalt hat den Gang der bezirksamtlichen Strafuntersuchungen zu überwachen, die Anträge an die Anklagekammer zu stellen, die Anklage vor Gericht zu führen und die zuständigen Rechtsmittel zu ergreifen. Die vom Grossen Rat ebenfalls für 3 Jahre aus einem Präsidenten, zwei Mitgliedern und zwei Suppleanten bestellte Anklagekammer entscheidet über die Vollständigkeit geführter Strafuntersuchungen, verhängt die Ueberweisung des Angeschuldigten an den zuständigen Richter oder verfügt, mit der Rechtsfolge eines freisprechenden Urteils, die Aufhebung der Prozedur; unter ihrer direkten Aufsicht stehen ¶