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Geröll- und Schutthalden, mit Pflanzentypen, die sich durch eine lange, tiefgebende Wurzel auszeichnen (Gemskresse, Mont Cenis-Glockenblume, Alpenmohn, Alpenhutchinsie, Leinkraut, Hornkraut, gegenblättriger Steinbrech, kriechende Nelkwurz, Gemswurz, Gletscher-Ranunkel, Azalea, Alpenwucherblume, Vergissmeinnichte und Ehrenpreise, Enziane, Steinbreche, Alpenglöckchen, Labkräuter, Zwergweiden und Gräser).
Immer niedriger, spärlicher wird der Pflanzenwuchs gegen die höchsten Gipfel und Gräte hin; schliesslich sind es nur noch verschiedenfarbige Flechten, in die das organische Leben ausklingt. Einzig schön aber präsentiert sich von den Blütenpflanzen der höchsten Alpen die interessante Gruppe der reizenden Polster- oder Nivalpflanzen, die einen wahren Wetteifer entfalten in den diskretesten Farben und zugleich Zeugnis ablegen für die wunderbare Anpassungskraft der Pflanze an extreme klimatische Verhältnisse (Stengelloses Leimkraut, Steinschmückel, Mannsschilde, Sandkraut, Cherlerien, Steinbreche).
Ein Vergleich der st. gallisch-appenzellischen Alpenflora mit jener Bündens ergibt eine kleinere Zahl von Pflanzenarten der erstern. Dieselbe lässt am ehesten eine Parallele ziehen mit der Flora der Glarneralpen, mit welcher sie auch nach der Zahl der Arten ungefähr übereinstimmt. Vom Appenzellergebirge aus nimmt die Artenzahl nach S. zu und erreicht schliesslich ihr Maximum in den höchsten Erhebungen des Landes, im Calfeisen-, Weisstannen- und Murgthal. Die st. gallisch-appenzellische Alpenflora schliesst mit 352 Arten etwa ¼ der Gesamtflora ein.
Dem Gebirge des Oberlandes sind folgende 50 in den Churfirsten und im Appenzellerlande fehlende Arten eigen: Achillea nana und A. moschata, Alchimilla pentaphyllea, Androsace glacialis und A. pubescens, Aquilegia alpina, Arenaria biflora, Aronicum Clusii, Artemisia spicata, Asplenium septentrionale, Astrantia minor, Avena distichophylla, Campanula cenisia, Cardamine resedifolia. Carex frigida und C. curvula, Cerastium filiforme, Cerinthe alpina, Crepis grandiflora, Dracocephalum Ruyschiana, Daphne striata, Erigeron Villarsi, Gagea minima, Geum reptans, Hieracium Trachselianum und H. annuum, Luzula lutea, Paradisia liliastrum, Phaca alpina, Phyteuma pauciflorum, Poa laxa, Potentilla grandiflora und P. frigida, Primula viscosa und Pr. viscosa × auricula, Rhamnus alpina;
Ranunculus glacialis, R. rutaefolius und R. parnassifolius;
Saussurea alpina;
Saxifraga biflora, S. planifolia und S. Seguieri, Sedum repens, Sempervivum arachnoideum, Sesleria disticha, Valeriana saxatilis, Veronica bellidioides, Woodsia hyperborea.
Nur im Churfirstengebiete sind vorhanden: Cephalaria alpina, Gentiana pannonica, Geum inclinatum, Papaver alpinum, Pedicularis caespitosa, Viola cenisia. Gentiana pannonica, eine der schönsten und seltensten Pflanzen unseres Gebietes, fehlt der ganzen übrigen Schweiz. Da ihr Verbreitungsgebiet sich in den Ostalpen befindet, erreicht sie ihre westlichste Grenze in den Churfirsten.
Für das Säntisgebiet sind eigentümlich: Carex microglochin, Draba incana, Nigritella suaveolens, Petrocallis pyrenaica, Senecio abrotanifolius. Das Alviergebiet kennt als ihm allein eigene Art nur Oxytropis Halleri. In den Speervorbergen (ob Ebnat-Kappel) wächst das seltene Meum athamanticum. Dem Säntisgebirge fehlen (ausser den nur im Oberland, in den Churfirsten und im Alvier vorkommenden Arten) folgende Alpenpflanzen: Aquilegia alpina, Aconitum variegatum, Alchimilla pubescens, Artemisia mutellina, Astrantia minor, Campanula cenisia;
Carex lagopina, C. irrigua und C. frigida, Draba frigida u. D. Johannis, Juncus Jacquini, Linum alpinum, Luzula lutea, Trifolium alpinum, Saxifraga aspera und S. bryoides. Im Oberlande fehlen (ausser den nur für Churfirsten, Alvier und Säntis charakteristischen Arten): Arabis pumila, Crepis montana, Erinus alpinus, Orobus luteus, Pedicularis Oederi, Senecio aurantiacus.
Teils als Zeugen der einstigen Vergletscherungen unseres Landes (Gletscher-Relikte), teils durch Alpenbäche, Wind etc. heruntertransportiert sehen wir nicht weniger als 20% der alpinen Pflanzen ihre normale untere Grenze gegen die Thalgegenden hin verschieben. Von den 72 Arten gehen 53 bis zu einer Meereshöhe von 500-400 m hinunter und 19 Arten bis 1200-700 m. So kommt es, dass z. B. nicht nur die dem Säntis vorgelagerten Molassehügelzüge Speer, Kronberg, Gäbris, Hundwilerhöhe etc. noch zahlreiche echt alpine Pflanzen beherbergen, sondern sich Vertreter der höhern Alpenflora selbst in der Ebene des Bodensees, des Rheinthales, Walenseethales und der s. Alpenthäler finden. Es reichen beispielsweise die beiden Arten der Alpenrose im Rheinthal bis auf 500 m hinunter (bei St. Margrethen).
Dem st. gallischen und appenzellischen Alpenlande mangeln einige der schönsten Alpenpflanzen des Zentralgebietes und besonders des Bündnerlandes gänzlich, so z. B.: Atragene alpina, Aretia Vitaliana, Centaurea nervosa, Dianthus alpinus, Eritrichium nanum, Eryngium alpinum, Papaver rhaeticum, Primula latifolia und P. longifolia, Pedicularis tuberosa und P. incarnata, Ranunculus pyrenaeus.
Bibliographie:
I. Selbständig erschienene Arbeiten: Wartmann, J. St. Gallische Flora. 1817; Wartmann, B. St. Gallische Volksbotanik. 2. Aufl. 1874; Frölich. Botanische Spaziergänge im Kanton Appenzell 1850. - II. Erschienen in den Berichten (später: Jahrbuch) der St. Galler Naturwissenschaftlichen Gesellschaft: Wartmann, B., und Th. Schlatter. Kritische Uebersicht über die Gefässpflanzen der Kantone St. Gallen und Appenzell. 1881-1888;
Schlatter, Th. Ueber die Verbreitung der Alpenflora. 1872-1873;
Schlatter, Th. Die Einführung der Kulturpflanzen in den Kantonen St. Gallen und Appenzell. 1891-1892, 1893-1891;
Keller, R. Die wilden Rosen der Kant. St. Gallen und Appenzell. 1895-1896;
Rhiner, J. Abrisse zur zweiten tabellar.
Flora der Schweizerkantone. Ser. 1-3. 1890-1898;
Schmid, H. Einheimische Wasserpflanzen. 1898-99;
Schmid, H. Im Torfmoor. 1900-1901;
Baurngartner, G. Das Churfirstengebiet. 1899-1900;
Oettli, M. Beiträge zur Oekologie der Felsflora. 1902-1903;
Schmid, H. Alpenpflanzen im Gäbrisgebiet und in der Umgebung der Stadt St. Gallen. 1904;
Jäger, A. Ein Blick in die Moosflora der Kant. St. Gallen und Appenzell. 1866-1867, 1868-1869;
Culmann. Nachtrag zur Laubmoosflora der Kant. St. Gallen und Appenzell. 1894-1895;
Stizenberger Lichenes Helvetici. 1880-1882; - Baechler, E. Das Calfeisenthal (in Vorbereitung).
[E. Baechler.]
Landwirtschaft.
Acker- und Futterbau sind in neuerer Zeit stark zurückgegangen und haben der Wies- und Weidewirtschaft Platz gemacht. Von Bedeutung sind heute noch der Mais- und Kartoffelbau im Rheinthal, Werdenberg, Sargans und im Linthgebiet; der letztere reicht nicht mehr zum eigenen Bedarf aus. Erwähnenswert ist der Anbau von Frühkartoffeln im Rheinthal. Nicht bedeutend sind Gemüse-, Rüben- und Runkelrübenbau; Hanf und Flachs sind beinahe ganz verschwunden, ebenso Oelgewächse und Hopfen. Schabziegerklee ¶
Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse des Kantons Sankt Gallen
Lief. 166.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 7° 0’ O; 47° 20’ N; 1:420000]
░ Weinbau
▒ Ackerland
░ Bergackerbau
▓ Wald
░ Weide
▒ Unprod. Boden
.
▲ 50 Pferde
• 200 Rinder
❙ 100 Schweine
V 100 Ziegen
γ 100 Schafe
^ 100 Bienenst.
. Ziegelerde
+ Schiefer
Stück Rindvieh auf 100 Einw.
░ 1-20 Rinder
░ 21-40 Rinder
▒ 41-60 Rinder
▓ 61-80 Rinder
▐ 81-85 Rinder
V. ATTINGER SC.
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE DES KANTONS SANKT GALLEN ¶
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(Melilotus coerulea) wird da und dort im Oberland gebaut. Sehr gehoben hat sich der Obstbau, der besonders gepflegt wird im n. Kantonsteil, im untern Rheinthal, an den Bergrändern des oberen Rheinthales, Werdenbergs, Sarganser- und Gasterlandes, sowie im Seebezirk und in den tiefern Lagen des Toggenburgerlandes. Den schönsten Obstbaumwuchs wohl der ganzen Schweiz treffen wir im untern Rheinthal (besonders um St. Margrethen) und im Bodenseegelände. Die hauptsächlichsten Obstarten sind Apfel, Birne, Süsskirsche, Sauerkirsche, Pflaume, Zwetschge, Pfirsich und Quitte.
Nach der Obstbaustatistik von 1886 steht der Kanton St. Gallen mit Bezug auf die Anzahl der auf einer ha Obstbaureal angebauten Bäume hinter den Kantonen Thurgau und Schaffhausen wohl noch zurück. Gesamtzahl der vorhandenen Obstbäume im Kanton St. Gallen: 2410527 (Gartenbäume inbegriffen);
auf 1 km2 des Gesamtareals des Kantons kommen 649 Bäume, per ha = 6 Stück.
Gesamtareal der Wiesen, Aecker, Baumgärten, Weiden: 1375 km2, wonach auf 1 km2 Obstbauareal 951 Bäume (per ha = 9-10 Bäume) fallen. Apfelbäume 550994 (44,95%), Birnbäume 443408 (36,18%), Kirschbäume 71557 (5,86%), Zwetschgen- und Pflaumenbäume 121424 (9,9%), Nussbäume 38211 (3,11%). Grösste Zahl der Obstbäume in den Bezirken Rorschach (132050 Stück), Sargans (122309), Gossau (117251); kleinste Zahl in den Bezirken Ober Toggenburg (23443) und St. Gallen (17747 Stück). In neuerer Zeit haben sich Obstbau- und Kelterungsgenossenschaften zur rationellen Obstkultur und Getränkfabrikation gebildet.
Obstverwertungsgenossenschaft in Wittenbach, Obsthandelgenossenschaft im Rheinthal und in Kaltbrunn im Gaster. Die Weinrebe, deren Gelände kranzartig den Fuss des st. gallischen Gebirgslandes umgeben, hat ihren Weg aus Italien über die rätischen Alpenpässe nach Bünden und ins st. gallische Oberland gefunden, während sie im N. des Kantons eher deutschen Ursprunges (vom deutschen Rhein her) ist. Am spätesten hat der Weinbau im untern Rheinthal Fuss gefasst. In den n. Gegenden des Kantons ist er zurückgegangen. Zur Zeit gibt es im Kanton etwa 120 ha Rebland. Sehr gute Weinsorten wachsen bei Goldach, Thal (Buchberg), Rheineck, Berneck, Au, von Balgach bis Altstätten, bei Sargans, Ragaz, Walenstadt, Quarten, Quinten, Weesen. Im Rheinthal besteht die Weinbaugenossenschaft Berneck.
Der Weide- und Alpenwirtschaft ist in neuerer Zeit alle Aufmerksamkeit geschenkt worden. Man hat wesentliche Verbesserungen erreicht durch Einführung eines rationellen Weideganges, durch Räumen und Entwässern des Bodens, Quellfassungen und Brunnenanlagen, Friedungen, Aus- und Neubau von Ställen und Sennereien, durch Einführung und Regelung des Genossenschaftsbetriebes etc. Zu Alpverbesserungen, Röhrendrainagen und Güterzusammenlegungen haben Staat und politische Gemeinden wohl über 3 Millionen Fr. verwendet.
Die Rheinkorrektion und die Anlage der grossen Binnenkanäle im Rheingebiet dürfte in Verbindung mit der Korrektion und Tieferlegung der Bachläufe, mit Entwässerungen, Güterzusammenlegungen und der Anlage eines ausreichenden Wegenetzes eine vollständige Umwandlung des Wirtschaftsbetriebes zur Folge haben. Weitere Aufgaben von Staat und Gemeinden sind die Ausführung ähnlicher Meliorationen auch im Alpengebiet des Kantons. Der Verkehrswert der 304 Alpweiden wird auf rund 14 Millionen Fr. geschätzt.
Tierzucht und Milchwirtschaft.
Die Pferdezucht ist seit längerer Zeit zurückgegangen; sie stand im 18. und 19. Jahrhundert am höchsten in den s. Bezirken, wo auch in Kaltbrunn und Mels bedeutende Pferdemärkte abgehalten wurden. Hauptsitze der Pferdezucht sind jetzt die Gemeinden zwischen Marbach und Buchs und die Gemeinden Benken und Schännis. Durch Gründung von Zuchtgenossenschaften im Werdenberg und Fürstenland hat die Pferdezucht in neuerer Zeit merkliche Förderung erfahren. Die Rindviehzucht hat sich seit Erlass der bezüglichen Gesetze von 1870, 1883 und 1899 wesentlich gehoben.
Mächtig gefördert ist Quantität und Qualität des Viehstandes namentlich durch die Einführung staatlicher Prämien und die Bildung von Genossenschaften für Viehveredlung geworden. Die eidgenössische Viehzählung von 1901 ergab für den Kanton St. Gallen einen Bestand von über 100000 Stück Rindvieh. Ueber die Entwicklung der st. gallischen Rindviehzucht im Allgemeinen, das staatliche Prämienwesen, die Organisation des Zuchtwesens etc. erteilt Auskunft die im Auftrag des st. gallischen Volkswirtschaftsdepartements von Dr. W. Gsell herausgegebene Schrift: Die Entwicklung der st. gallischen Rindviehzucht seit 1896 (St. Gallen 1904). In gleichem Mass hat auch die Milchwirtschaft zugenommen, indem die Milchproduktion um das Vierfache gestiegen ist.
Von Bernern und Luzernern sind im Kanton St. Gallen eine Menge Käsereien nach Emmenthalerart eingerichtet worden. Alle Gemeinden der n. Bezirke, sowie im Rheinthal und Toggenburg besitzen heute eine oder mehrere Käsereien und milchwirtschaftliche Genossenschaften. Zugenommen haben ferner die Schweine- und die Ziegenzucht. Die Zahl der Schweine hat sich während des letzten halben Jahrhunderts verdoppelt. Es bestehen 7 Schweinezuchtgenossenschaften. Bedeutende Fortschritte wurden in der Ziegenzucht mit der zum Exportartikel gewordenen Toggenburgerziege erzielt.
Die Hauptziegenschläge sind die Sarganser- oder Oberländerziege («Stiefelgeiss» geheissen) im s. Kantonsteil und die Toggenburgerziege im Werdenberg und obern Toggenburg. In neuerer Zeit wird aber auch die Oberländerziege von der Toggenburgerziege zurückgedrängt. Von den 31 Ziegenzuchtgenossenschaften hält nur eine (Rebstein) heute noch Appenzeller Ziegen, während 8 davon ganz abgegangen und zur Zucht der Toggenburgerziege übergegangen sind. Die Schafzucht ist in den letzten 50 Jahren auf den Drittel zurückgegangen; ihr widmen sich heute noch 5 Genossenschaften.
Einen geschätzten Nebenerwerb bildet für den Klein- und Mittelbauern die Geflügelzucht. Die Bienenzucht, deren sich 11 Vereine annehmen, hat besonders unter ihren gebildeten Freunden an zielbewusster Behandlung gewonnen und ist ziemlich ertragsfähig geworden. Das Hauptverdienst an der Besserung aller landwirtschaftlichen Zustände trägt das Bildungs-, Vereins- und Genossenschaftswesen. Die kantonale landwirtschaftliche Gesellschaft zählt zur Zeit in 57 Sektionen 6244 Mitglieder. Die Molkereischule Sornthal ist 1897 eingegangen und durch die landwirtschaftliche Winterschule und milchwirtschaftliche Station Kusterhof in Rheineck ersetzt worden. Kantonale Hagel- und Viehversicherung, allgemeine bäuerliche Schadenversicherung.
Kulturtechnik.
Im Kanton St. Gallen sind zwar schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dann namentlich um die Mitte desselben einzelne kulturtechnische Arbeiten beschränkten Umfangs durchgeführt worden, doch haben diese Unternehmungen eine rationelle Förderung erst auf Grund des Bundesgesetzes über Förderung der Landwirtschaft von 1883 und eines darauf bezüglichen Grossratsbeschlusses von 1884 erfahren. ¶