mehr
bilden Mattstock, Gulmen, Goggeien und das Säntisgebirge, welche sämtlichen Gebirgsglieder sehr komplizierten Faltenbau aufweisen. Die s. folgende grosse Eozänmulde von Wildhaus verbreitert sich gegen O., was mit einem von hier an und weiter s. ganz allgemeinen Sinken der Gebirgszonen in der Längsrichtung gegen O. zusammenhängt. Relativ einfach gebildet ist die Kette der Churfirsten mit ihrem allgemeinen Nordfallen. Der Grat ist durch Breschen in einzelne Gipfel geteilt. Weiter gegen SO. folgt, normal nach NO. streichend, die Mulde des Sichelkamm, welcher der weithin sichtbaren Schichtbiegung seinen Namen verdankt. Von da endlich dreht sich die Kammlinie über Alvier und Kammegg bis zum Gonzen fast rechtwinklig zum Alpenstreichen, und die Kreideschichten sinken nach NO. zum Rhein hinab. Am O.-Ende, im Schollberg, erscheint ein schönes normal streichendes Jurakalkgewölbe mit Scheitelbruch. Alle bisher genannten Berge scheinen ein und derselben gefalteten, von S. überschobenen Kreidedecke anzugehören.
Steigt man über die Steilwände der Churfirsten zum Walensee hinab, so trifft man die Kreideschichten von den jüngsten bis zu den ältesten. Unter den letzteren ist aber eine Ueberschiebungsfläche, aus welcher zahlreiche Quellen hervortreten, an manchen Stellen entblösst; es folgt darunter Eozän (reich an Nummuliten) und nun die ganze Reihe der Kreidegesteine zum zweitenmal in einer freilich etwas abweichenden Ausbildung. Bei Quinten ist die Basis der Kreide mit Malmkalk (Hochgebirgskalk) entblösst, und weiter ö., am S.-Fuss der Churfirsten-Gonzen Kette, erscheinen brauner Jura (Dogger) und Lias, in komplizierter Weise ineinander gefaltet. Die obere Schichtreihe gehört einer oberen, die untere einer unteren Ueberfaltungsdecke an, und der sie trennende Eozänzug ist vom Walenstadterberg über Bättlis-Weesen-Kerenzenberg-Pragelpass bis über den Vierwaldstättersee zu verfolgen. Der Gonzen im Teilungswinkel des Rheinthales und Walenseethales enthält im mittleren Hochgebirgskalk (Sequanien) ein Eisenerzlager von 0,5-2 m Mächtigkeit, welches alle Faltungen mitmacht und ziemlich reich an Fossilien, besonders Ammoniten, ist. Dieses Erzlager ist schon vielfach ausgebeutet worden, zur Zeit aber steht der Erzbau still.
S. der Seezthal-Walenseelinie treten wir auf einen Schlag in ein ganz anderes Gebiet. Hier erscheinen in der Basis der unteren Schichtserie die Trias (Quartenschiefer = Keuper und Röthidolomit = Muschelkalk) und das Perm als Verrucano oder Sernifit, das ist rote und bunte (grüne, weisse etc.) quarzige Schiefer, Sandsteine und Konglomerate in mächtiger Entwicklung, aber ohne Fossilien. Die Schichtplatten steigen südwärts an. Die Thäler, die gegen Seez und Walensee münden, sind sämtlich in den Sernifit eingeschnitten, während die Alpflächen, Gräte und Gipfel dazwischen (Magereu, Spitzmeilen, Guscha etc.) aus Trias und aufsitzendem Lias bestehen. Unter dem Sernifit sollten krystalline Schiefer folgen. Statt dessen erscheint als Basis der ungeheuren, viele hundert Meter mächtigen Sernifitplatte im Weisstannenthal, Calfeisenthal und Taminathal etwas weniges zerkneteter Malmkalk und dann wieder das Jüngste: Eozän. Wir befinden uns hier im Gebiet der grossen Glarnerfalte. Die Gipfel (Foostock, Sardona, Ringelspitze, Graue Hörner) werden aus einer Sernifitplatte gebildet, die Gehänge darunter sind Eozän. Am graubündnerischen Abhang sinkt die mächtige Sernifitplatte von Sardona und Ringelspitze s. abbiegend zum Rhein hinab, und die normale Schichtfolge darüber zeigt uns dort Röthidolomit und liasischen Bündnerschiefer. Also auch das ganze Sernifitgebiet von Murgthal, Schilzbachthal, Weisstannen- und Calfeisenthal ist nicht an Ort und Stelle gelagert, sondern ein auf Eozän überschobenes Gebirge.
Endlich taucht hinten im Taminathal, am tiefsten aufgeschlossen in der Umgebung von Vättis, unter dem Eozän eine normale, vollständige und mächtige Schichtreihe empor, die wohl unverschoben ungefähr da liegt, wo sie abgesetzt worden ist: das autochthone Gebirge. Hier ist die Kreide, besonders die obere Kreide, weniger stark entwickelt, der Hochgebirgskalk aber hat über 600 m Mächtigkeit, und der Dogger darunter ist wie am Mürtschenstock ausgebildet; dagegen fehlt der im Seezthal und s. des Walensees so mächtige Lias fast vollständig. Als Basis unter dem Röthidolomit und als Ausläufer des Aarmassives erscheint Serizitschiefer. Im Calanda sinkt das Sedimentgebirge ö. zur Tiefe. Das Thal Kunkelspass-Taminathal ist der verlassene Torso eines einstigen Ostrheines, der damals dem Walensee folgte. Calfeisenthal und Seez sind ehemalige Nebenflüsse. Die alten Terrassen lassen sich in schönster Weise in ihrem Zusammenhang mit den alten Thalböden verfolgen.
Bibliographie:
Geologische Karte der Schweiz in 1:100000. Bl. 9 und 14. - Gutzwiller, A. Molasse u. jüngere Ablagerungen enthalten auf Bl. 9; C. Mösch. Geolog. Beschreibung der Kalkstein- und Schiefergebirge der Kantone St. Gallen, Appenzell und Glarus. (Beitr. z. geolog. Karte der Schweiz. 14:1 und 3) Bern 1877 und 1881. - Gutzwiller, A., u. F. Schalch. Geolog. Beschr. der Kantone St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen. (Beitr. z. geolog. Karte der Schweiz. 19). Bern 1883. - Heim, Alb. Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein. (Beitr. z. geolog. Karte der Schweiz. 25). Bern 1891. - Heim, Alb. Das Säntisgebirge. Mit Atlas. (Beitr. zur geolog. Karte der Schweiz. N. F. 16). Bern 1905. - Heim, Arn. Zur Kenntnis der Glarner Ueberfaltungsdecken (in der Zeitschr. der deutschen geolog. Gesellsch. 1905).
[Prof. Dr. Alb. Heim.]
B. Molasse und jüngere Ablagerungen.
Die n. und nw. Kantonsteile werden von den Molassebildungen eingenommen, die in den in der Ostschweiz überhaupt bekannten drei Stufen auftreten: 1. Untere Süsswassermolasse (aquitanische Stufe); 2. Meeresmolasse (helvetische Stufe); 3. Obere Süsswassermolasse (Oeninger Stufe). Die untere Süsswassermolasse und die Meeresmolasse gehören ganz der gehobenen (dislozierten) Molasse an, die obere Süsswassermolasse nur zum Teil, während ihr grösserer Teil im Gebiet der horizontalen Molasse liegt. Im Toggenburg ist die Grenze zwischen unterer und oberer Süsswassermolasse nicht genau nachweisbar, doch geben die marinen Bildungen von St. Gallen einerseits und Bäch am Zürichsee andererseits genügende Anhaltspunkte für die Bestimmung der Uebergangszone. Uebrigens sind die höchsten Schichten der untern und die tiefsten Schichten der oberen Süsswassermolasse petrographisch und paläontologisch nicht voneinander zu unterscheiden.
Die Meeresmolasse von St. Gallen erstreckt sich in einem verhältnismässig schmalen, nach W. an Mächtigkeit stets abnehmenden Streifen von Rorschach und Staad am Bodensee bis in die Gegend von Herisau, wo sie sich an der Glatt auskeilt. Weiter wsw., im Toggenburg, fehlen die marinen Bildungen vollständig. Die Mächtigkeit der Meeresmolasse von St. Gallen beträgt im Maximum 450-480 m (an der Goldach und im Profil Kapf-Peter und Paul). An der Sitter
mehr
ist die Mächtigkeit schon geringer, doch haben hier die neueren Untersuchungen dargetan, dass die marine Molasse noch bedeutend weiter s. reicht, als bisher angenommen wurde. Es fand sich noch eine an Meeresversteinerungen reiche Schicht an der Urnäsch, s. vom Kubel, gewissermassen eine tiefere Etage der Meeresmolasse, welche von der höheren marinen Etage durch eine bedeutende Zwischenschicht von Süsswasserbildungen getrennt ist. Mit Einschluss der trennenden Süsswassermolasse erreicht die marine Molasse an der Sitter und Urnäsch eine Mächtigkeit von etwa 320 m, wovon etwa 140 m auf die höhere marine Etage, fast ebensoviel auf die Süsswasserbildung und höchstens 50 m auf die tiefere marine Etage fallen. Die trennende Süsswasserbildung lasst sich noch weiter nach O. nachweisen, dabei stets an Mächtigkeit abnehmend und an der Goldach nur noch wenige m mächtig. Die Meeresmolasse von St. Gallen muss also als zweistufig aufgefasst werden, wenigstens von der Goldach bis zur Sitter und Urnäsch. An Mächtigkeit steht die Meeresmolasse sowohl der unteren als auch der oberen Süsswassermolasse bedeutend nach. Alle drei Stufen aber werden von den nämlichen, vielfach miteinander wechselnden Gesteinen gebildet, nämlich von Nagelfluh, Sandstein und Mergel. Die Nagelfluh tritt in folgenden vier Zonen auf (des Zusammenhanges wegen sind auch die appenzellischen Teile wenigstens zu nennen): 1. Zone. Speer-Stockbergkette. Richtige Kalknagelfluh, vorwiegend Kalksteine, auch sehr zahlreiche Sandsteine enthaltend. Die sehr harte, fest verkittete Speernagelfluh, deren Gerölle infolge der Verwitterung oft fast strohgelb erscheinen, findet sich in weiter n. gelegenen Gebieten sehr oft auch erratisch. Der Speer ist mit 1954 m der höchste Berg des ganzen schweizerischen Molasselandes. Die Berge dieser Zone zeigen einseitigen (isoklinalen) Bau mit den steilen Schichtenköpfen nach N. 2. Zone. Maseldrangen-Krummenau-Hochalp-Kronberg. Die Nagelfluh dieser Zone ist w. der Thur noch Kalknagelfluh, ö. der Thur dagegen vorherrschend eine bunte mit sehr zahlreichen (30-40%) krystallinen Gesteinen (grünen und roten Graniten, Gneis, Diorit, Felsit etc.). Doch finden sich auch ö. der Thur an der Basis dieser Zone Bänke von Kalknagelfluh. Die Gipfel dieser Kette zeigen, wie die der Speerkette, einseitigen Bau, d. h. nach NW. einen Steilabfall (Schichtenköpfe), nach SO. eine stark geneigte schiefe Ebene (Schichtfläche) als Rücken. 3. Zone. Hochham-Hundwilerhöhe-Gäbris. Sie berührt das st. gallische Gebiet nur an ihrem ö. Ende, n. von Altstätten, und in der kleinen Nebenzone Forst-Sommersberg. Bunte Nagelfluh, in den tieferen Schichten auch einige an krystallinen Geröllen ärmere Bänke. 4. Zone. Hörnli-St. Gallen. Die ausgedehnteste von allen vier Zonen, von W. nach O. an Mächtigkeit und Ausdehnung stark abnehmend. Bunte Nagelfluh. Die Zahl der krystallinen Gerölle schwankt von 10-30%. Ein eigentümliches Vorkommnis innerhalb dieser Zone ist eine fast reine Kalknagelfluh, die sich von Abtwil bei St. Gallen ohne Unterbrechung bis nach Feldbach am Zürichsee verfolgen lässt. Sie führt den Namen Degersheimer Kalknagelfluh oder, weniger passend, Appenzellergranit, besteht aus bohnen- bis nussgrossen, dunkelgrauen und gelben Kalkgeschieben, kann auch zu fettem Kalk gebrannt werden und zeigt sogar ächte Karrenbildungen wie der Schrattenkalk. Sie wird bei Degersheim und im Bistrich zu den verschiedensten Zwecken gebrochen.
Die rätselhafte Herkunft der fremdartigen krystallinen Gesteine in der bunten Nagelfluh hat bekanntlich zu verschiedenen Hypothesen geführt. Neuerdings lässt die Schardt-Lugeon'sche Theorie von den Ueberfaltungsdecken die alte Studer'sche Annahme eines abgetragenen granitischen Randgebirges wieder in den Vordergrund treten. Eindrücke, Quetschungen und Rutschstreifen an den Kalkgeröllen der Nagelfluh lassen sich überall beobachten, ganz besonders schön aber in der Grenzschicht zwischen unterer Süsswassermolasse und Meeresmolasse, wo wahre Kabinetstücke zu finden sind (Wenigerweier-St. Georgen). Vielerorts finden sich Kiesgruben in der Nagelfluh. Der so gewonnene Kies ist jedoch weniger geschätzt als derjenige der glazialen Schottermassen und der Flussbetten.
Bei den Sandsteinen unseres Gebietes lassen sich in