mehr
nicht in jedem Fall den genauen Fundort der einzelnen Handstücke angegeben hat. Krankenhaus des Kreises Sainte Croix, 1880 eröffnet und mit Raum für jährlich durchschnittlich 65 Kranke. Armenunterstützungsverein, Unterstützungsverein für Greise und für verwahrloste Kinder. Ursprünglich wanderten die Bewohner von Sainte Croix periodisch aus, um sich mit verschiedenen Handwerken ihr Brot zu verdienen; später beschäftigten sich die Frauen mit der Herstellung von Spitzen und die Männer mit Messerschmiedearbeit und einigen Zweigen der Uhrenmacherei, von denen seit dem 18. Jahrhundert die Herstellung von Vorlegewerken für Repetieruhren in den Vordergrund trat. Geschäfte, die sich mit der Herstellung von fertigen Uhren befassen, entstanden in Sainte Croix erst seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine Spezialität ist die Fabrikation von Musikautomaten in allen Grössen, die 1811 eingeführt und seither vielfach vervollkommnet wurde, so dass sie sich nun zu einem ganz bedeutenden Industriezweig entwickelt hat.
Ueber die geschichtlichen Schicksale von Sainte Croix herrscht bis zum Jahr 1317 noch ziemliches Dunkel. Man darf annehmen, dass der Ort an der Römerstrasse von Eburodunum (Yverdon) nach Ariolica (Pontarlier) lag, die dann aber im Mittelalter allmählig vernachlässigt und verlassen wurde, da der Weg über Les Clées und Jougne den Interessen der hochburgundischen Herren besser zu entsprechen vermochte. 1177 bestätigte eine Bulle des Papstes Alexander III. der Abtei am Jouxsee eine ihr von Seiten des Huon von Grandson vermachte Schenkung des Sennberges Lantifer oder Chaux du Jura und zweier Mühlen an einem Sainte Croix genannten Ort, der nach den nähern Angaben der Urkunde mit dem heutigen Dorf dieses Namens identisch sein dürfte. Es wäre dies also die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Sainte Croix.
Diese Deutung ist aber doch noch nicht völlig sicher gestellt, da Sainte Croix unter den Besitzungen des Klosters sonst nicht wieder genannt wird und damit vielleicht auch die Ortschaft Villars-Sainte Croix gemeint gewesen sein könnte. Peter von Grandson, einer der mächtigsten Herren im Waadtland, wandelte 1317 die ihm zugefallenen Ländereien von Champvent jenseits des Arnon in eine besondere Herrschaft «Sainte Croix» um. Er baute hier zugleich ein Schloss und verlieh neuen Ansiedlern Grundeigentum und verschiedene Freiheiten, was zahlreiche Kolonen zur Niederlassung veranlasste.
Aus Furcht, dass der Verkehr von Reisenden und Waren sich nun von dem seinen eigenen Interessen besser dienenden Weg über Jougne abwenden könnte, liess Hugues de Châlons-Arlay, Herr von Jougne und der mächtigste Edelmann der Freigrafschaft, alte Befestigungen, die von frühern hochburgundischen Herren zum Schutz gegen Einfälle über den Col des Étroits her angelegt worden waren, wieder in Stand setzen und zugleich auch über einem durch eine Kette absperrbaren Engpass der von Sainte Croix herkommenden Strasse ein Schloss mit Zollstätte erbauen (1317). Von diesem nahe dem heutigen Dorf La Chaux stehenden und Franc Châtel oder Franc Castel (s. diesen Art.) geheissenen Schloss haben sich bis heute noch einige Reste erhalten.
Der hier erhobene Zoll gab wiederholt Anlass zu heftigen Streitigkeiten zwischen den beteiligten Herren. Die Herrschaft Sainte Croix kam nach Peter von Grandson an dessen zweiten Sohn Wilhelm (den Grossen) von Grandson und um 1388 an Otto, den Sohn Wilhelms. Nach dem Tod Otto's von Grandson fielen alle dieser Familie eigenen Herrschaften und Güter an die Krone Savoyen, von der Ritter Luquin de Saluces die Herrschaft Sainte Croix noch vor 1403 zu Lehen erhielt. Bald nachher wurde aber auch Sainte Croix dem Savoyerreich als integrierender Bestandteil einverleibt, worauf es als einer der 14 Flecken (bourgs) des Waadtlandes berechtigt war, an die Ständeversammlung der Waadt seine eigenen Abgeordneten zu senden. 1470 gehörte das Schloss Sainte Croix zum Leibgedinge der Jolantha von Frankreich, Herzogin von Savoyen. Der Schlossvogt Hugo von Gallera wurde von den Eidgenossen nach der Einnahme des Schlosses ¶
mehr
von Les Clées 1475 zusammen mit andern in dieser Gegend sitzenden Edelleuten getötet. 1485 hob man dann die Zollstätte von Franc Castel auf. Als 1500 die Grenze zwischen der Waadt und Burgund weiter westwärts verschoben wurde, kam dieses Schloss auf Seite der Burgherrschaft Sainte Croix zu liegen, blieb aber im Besitz der Châlons, so dass es nun eine fremde Enklave im Waadtland bildete. Diese Grenzverlegung ging aber allerdings nicht ohne Anstände vor sich und gab noch auf viele Jahre hinaus Anlass zu Streitereien zwischen den Grenzbewohnern und zu Verhandlungen zwischen Abgeordneten von Burgund, Savoyen, Bern und Neuenburg, bis dann endlich auf Antrag von Bern hin die Grenze 1552 derart festgelegt wurde, wie sie heute noch verläuft.
Bei der Eroberung der Waadt leisteten die Leute von Sainte Croix 1536 den Bernern den Treueid und erlangten von diesen die Mittel, sich der Plackereien von Seiten der Besatzung des Schlosses Franc Castel erwehren zu können. Mit Hilfe von Berner Truppen und unter der Führung des Landvogtes von Grandson, Tribolet, wurde das Schloss genommen und zerstört, worauf es sich nie wieder aus der Asche erhoben hat. Die Ueberlieferung erzählt, dass die Besatzung durch eine List aus der Burg herausgelockt wurde, indem man ihr nämlich durch anhaltendes Läuten von Kuhglocken den Durchzug einer Viehherde, d. h. einer erwünschten Beute, vorspiegelte.
Von diesem Zeitpunkt an konnten die Leute das Plateau westl. der einstigen Burg ohne weitere Gefahren und Belästigungen besiedeln. Zuerst entstanden hier eine Anzahl von Scheunen (Granges), die nur im Sommer bezogen wurden, denen sich dann aber in der Folge auch ständige Wohnstätten beigesellten. Daher stammt der heute noch gebräuchliche Name Les Granges de Sainte Croix für diesen Abschnitt der Gemeinde. Das Schloss Sainte Croix stand ö. vom heutigen Dorf über der Schlucht von Covatannaz und beherrschte sowohl diese Schlucht als auch den ganzen gegen das Mittelland sich senkenden Abhang.
Nachdem es 1476 von den Eidgenossen verbrannt worden war, baute man es wieder auf und benutzte es bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu verschiedenen Zwecken. Später liess man es zerfallen, so dass heute keine Reste mehr davon vorhanden sind und nur noch der Name des Weilers Le Château (s. diesen Art.) daran erinnert. Die Berner Regierung zeigte sich den Leuten von Sainte Croix gegenüber im Allgemeinen wohlwollend. Auf den Wunsch der Gemeindebehörden hin liess sie sich 1591 auch dazu herbei, das ganze Gebiet w. vom Col des Étroits auf ewige Zeiten an die Gemeinde zu verpachten und ihr die Verteilung des Grundes an die einzelnen Bürger zu gestatten. 1600 erhielt die Gemeinde noch weiteren Grundbesitz in Pacht, der aber Gemeindegut bleiben sollte und daher nicht aufgeteilt werden durfte. Da die Pachtzinse niedrig gehalten waren, hob sich Sainte Croix zu einem gewissen Wohlstand. Aus diesen Umständen erklärt es sich, dass sich die Bewohner der Gemeinde nach dem Sturz des alten Bern nur ungern in die durch die französische Revolution angebahnte Neuordnung der Verhältnisse fügten. Die Reformation wurde in Sainte Croix zum erstenmal am durch François Meige gepredigt. 1744 zerstörte eine heftige Feuersbrunst die Kirche und einen grossen Teil des Dorfes.
Das Dorf liegt in einem bis zum Bathonien hinunter geöffneten Antiklinalthal, das die südl. Fortsetzung der Chasseronfalte bildet. In den korallogenen rötlichen Sequankalken der Steinbrüche oberhalb der Kirche findet man viele Fossilien. Kreide und Molasse bilden zwei seitliche Synklinalen: die Mulde von L'Auberson im NW. und diejenige von Colas und Culliairy im SO. Die Kreidefossilien der Gegend sind von F. J. Pictet in seinen Matériaux pour la paléontologie Suisse beschrieben worden. Im Torfmoor von La Sagne hat man ein Feuersteinmesser, ein Bronzebeil und Lanzenspitzen aus Bronze gefunden.
Reste einer Römersiedelung. Funde von römischen Münzen, von Pfeilspitzen und Steinkugeln (in der Umgebung des ehemaligen Schlosses von Sainte Croix). Sainte Croix ist die Heimat des Evangelisten Henri Pyt (1795-1835), des Arztes und Orthopäden Pierre Frédéric Jaccard (1768-1820) und des von uns mehrfach genannten Dr. Campiche. Hauptort des ganz im Gebirge gelegenen westlichsten der drei Kreise des Bezirkes Grandson, der die Gemeinden Sainte Croix und Bullet umfasst, einen besonderen Statthalter hat und 6515 Ew. zählt.
Bibliographie
(exkl. die den Kanton Waadt als Ganzes behandelnden Werke): Tribolet et Campiche. Carte géolog. des environs de Sainte Croix. Neuchâtel 1858; Rittener, Th. Étude géolog. de La Côte aux Fées et des environs de Sainte Croix et de Baulmes. (Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. N. F. 13). Mit Karte. Bern 1902;
Coup d'œil sur la situation des habitants de Sainte Croix en 1817;
Jaccard, E. Petit essai sur l'origine du développement industriel, commercial, intellectuel, politique et moral de Sainte Croix. 1857;
Favre, J. Notice sur Sainte Croix (im Journal de la Soc. vaud. d'utilité publ. 1865);
Notice sur Sainte Croix (im Journal de la Soc. vaud. d'utilité publ. 1891);
Guide de Sainte Croix, les Rasses et environs;
éd. par la Soc. de développera. de Sainte Croix. 1904;
Montandon, Em. Rapport sur la marche de la Soc. industrielle et commerc. de Sainte Croix. 1864-1886;
Paillard, Ern. Rapport sur la marche et l'activité de la Soc. industr. et commerc. de Sainte Croix. 1887-1894;
Bonard, Arn. Sainte Croix et ses industries (im Nouvelliste vaudois. 1897).