sich ohne Zweifel mit der Zeit zu einer Sommerfrische entwickeln. St. Karlskapelle, 1620 erbaut und am Eingang zum Friedhof 1880 neu
erstellt. Der 1862 gebaute
Spital brannte 1881 ab und erstand schon im folgenden Jahre wieder als grösseres und schöneres
Gebäude, das eine dem h. Joseph geweihte hübsche
Kapelle enthält. Reste einer prähistorischen Eisenerzmine
bei
Le Chaumont.
Saignelégier ist keine sehr alte Ortschaft, indem die ersten sie erwähnenden Urkunden aus 1382 und 1397 stammen. Die Geschichte
des
Ortes ist eng verknüpft mit derjenigen der
Freiberge überhaupt und der der Burgherrschaften
Spiegelberg und
Montfaucon
im besonderen. Saignelégier gehörte nahezu zwei Jahrhunderte lang zur Pfarrei
Montfaucon und wurde erst 1629 eigene
Kirchgemeinde. Heute ist es der Sitz des Dekanates der
Freiberge. Im Verlauf der französischen Revolution war der Franzose
Gruel, der bei der Erstürmung der Bastille eine
Rolle gespielt hatte, mit einer Anzahl anderer Revolutionäre nach Saignelégier
gekommen, um das Volk zum Aufstand gegen den Fürstbischof aufzureizen. Am wurde er aber nahe
der Pfarrkirche erschlagen und auf freiem
Felde eingescharrt.
Nach dem Uebergang des Bistums an Frankreich setzte man seine Ueberreste auf dem Friedhof bei. Wenige Wochen nach Gruel's
Tod kam der Agitator Rengguer de la Lyme mit einigen Gesinnungsgenossen nach Saignelégier, wo er die
Altäre, Beichtstühle, Gemälde etc. der Kirche zu einem grossen
Haufen anschichten liess, den er sodann anzündete und um
den er unter Absingen der Carmagnole herumtanzte. Später verkaufte er alle goldenen und silbernen Kelche, die er aus den
Kirchen der Gegend gestohlen hatte, nachLa Chaux de Fonds. Da die Pfarrkirche von Saignelégier der Mariä
Himmelfahrt geweiht ist, hat der Ortsname mit
Saint Léger (dem h. Leodegar) wohl nichts zu tun, sondern reiht sich den zahlreichen
anderen ähnlichen Bezeichnungen für ein sumpfiges Gelände (saigne, sagne, seigne, sagnette, sagnottes, sagneules etc.)
an.
(Kt. Wallis,
Bez.
Martinach). Kirche in 522 m. Gem. und ehemaliger
Flecken, der längst zu einem bescheidenen
Dorf herabgesunken ist; rechts der
Rhone und 12 km nö.
MartinachVille. Lehnt sich an einen Felssporn an und ist von Mauern
mit Toren umgeben. Fahrweg
Leytron-Saillon-Fully, der besonders zwischen Saillon und
Fully von den Hochwassern des
WildbachesSarvaz oft überschwemmt wird. 3,5 km nö. der Station
Saxon der Simplonbahn führt eine
Brücke über die
Rhone. Postablage, Telegraph, Telephon; Postwagen
Riddes-Leytron-Saillon (im Sommer wöchentlich dreimal). 422 kathol. Ew.
(1888: 416 Ew.). Kirchgemeinde.
Das Dorf bietet einen sehr malerischen Anblick, namentlich seiner Ringmauer wegen, die mit 4 Türmchen gekrönt
ist und oben auf dem
Felsen in 560 m
Höhe mit einem seines Daches beraubten grossen Rundturm abschliesst. Der dem
Rhonethal
zugekehrte, heisse Hang des Felshügels ist mit Weinreben bepflanzt. Früher zog sich die
Mauer bis gegen die
Rhone hin, wo
sich ein Tor auf eine
Brücke öffnete. Nachdem dann die
Rhone 1559 die
Brücke weggerissen und das Tor
beschädigt hatte, wurde dieses abgebrochen und jene nicht mehr ersetzt.
Zudem hatte Saillon zu jener Zeit seine einst nicht unbedeutende
Rolle als fester
Platz bereits ausgespielt, indem sein
Schloss
gleich denen von
Saxon,
La Bâtiaz etc. bei der Eroberung des Unter Wallis
1475 verbrannt worden war. Vorher hatten
sich die
Grafen von Savoyen alle Mühe gegeben, Saillon zu einer der bedeutenderen Städte im
Rhonethal zu machen. Aymon von
Savoyen,
Bischof von
Sitten, schenkte 1052 dem Stift
Sitten neben andern Gütern auch sein
Schloss Saillon, das dann aber im
Laufe des 13. Jahrhunderts von Savoyen wieder
¶
mehr
zurückgekauft wurde. Ein Burgvogt erscheint zum erstenmal 1233. 1271 gab der Graf dem Flecken das Stadtrecht und die Erlaubnis,
Märkte und Messen abhalten zu dürfen. Nachdem die hier als Vögte sitzenden Herren von Saillon, deren einer, Wilhelm, Bischof
von Sitten gewesen war, das Wallis
verlassen hatten, folgten ihnen andere feudale Geschlechter, wie die Collombey,
die Châtillon-Larringes und die Châtillon aus Aosta, im Amte nach. Vieles zum allmähligen Niedergang des einst blühenden
Fleckens hat namentlich auch die Verlegung der Thalstrasse beigetragen, die durch die beständigen Ueberschwemmungen notwendig
geworden war.
Die Gemeinde Saillon ist ziemlich umfangreich. In der Ebene reicht sie bis zur Saleintse einerseits, die
sie von Leytron trennt, und bis zur Sarvaz (Grenze gegen Fully) andererseits. Während das Stück ö. der Strasse nach Saxon
oft unter Wasser liegt, zeigt der Teil w. dieser Strasse eine Reihe von Inselchen, die mit Unterholz und Weidengebüsch bewachsen
und von den gewundenen Armen der Sarvaz umflossen sind. Es ist dies eines der heute selten gewordenen
Landschaftsbilder, das uns noch an den verwahrlosten Charakter des einstigen innern Wallis
erinnert und das sein Vorhandensein den
periodischen Ueberschwemmungen durch die Sarvaz, einer am Fuss der Felswand der GrandeGarde nahe der Marmorsägen entspringenden
starken Stromquelle, verdankt.
Der Hang ö. vom Dorf trägt Weinreben, während w. davon steinige und felsige Steilhänge aufsteigen, an deren Fuss Marmorsägen
stehen. Der von diesen verarbeitete Marmor entstammt einer wahrscheinlich triadischen Schicht von etwa 15 m Mächtigkeit,
die dem Karbon und den krystallinen Schiefern aufruht und von grauen Kieselkalken jurassischen Alters überlagert
wird, die hier in starker Mächtigkeit entwickelt sind und die Stöcke der Tête deBletton und der GrandeGarde (2144 m) aufbauen.
Der genannte Marmor, der seit 1875 gebrochen wird, hat dadurch eine gewisse Berühmtheit erlangt, dass er in seiner grün
und weiss geaderten Varietät sehr stark dem sog. cipollino antico der alten Römer gleicht. Doch ist
der Marmor von Saillon kein echter Zipollin, da er keinen Glimmer enthält. Seine Zeichnungen und Farbentöne sind bemerkenswert
schön und zeigen sich besonders vorteilhaft, wenn man den Stein schief zur Schichtung oder Bänderung durchsägt. Neben der
genannten Varietät des sog. Cipollino antico (cipolla italien. = Zwiebel; zwiebelschalenartige Anordnung
der Adern und Bänder) finden sich in der Marmorschicht noch folgende andere Spielarten: tiefschwarzer Marmor (Schweizer-Portor
genannt), türkischblauer Marmor mit Goldadern, reinweisser Marmor, weisser Marmor mit prachtvollen grünen Flecken.
«Diese Sorten kommen im Handel teilweise noch gar nicht vor und spotten deswegen jeder Konkurrenz. Besonders
darf aber nicht übersehen werden, dass der Zipollin nur noch in den Brüchen von Saillon vorkommt und deswegen folgerecht
als ein Monopol von sehr grosser Tragweite zu betrachten ist, weil er heutzutage seiner Schönheit wegen, so gut wie zur
Zeit der alten Römer, zu Dekorationen ... angewendet werden wird, sobald er bekannt geworden ist.» (DieEisenbahn. VII, 1877). Der heute ausgebeutete Marmorbruch liegt in etwa 1000 m Höhe und ist mit den Marmorsägen von La Cleusettaz
in der Ebene durch eine Drahtseilbahn verbunden.
Das Unternehmen, von dem man sich am Anfang grosse Erfolge versprach, hat mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen
gehabt und lag der Reihe nach in der Hand verschiedener Gesellschaften. Heute gehört es einer französischen Aktiengesellschaft.
Von den Werk- und Lagerplätzen von
La Cleusettaz werden die Blöcke auf Wagen nach der 5 km entfernten Station Saxon befördert.
Das Fehlen eines direkten Geleiseanschlusses mit Brücke über die Rhone macht sich sehr unangenehm fühlbar.
Vergl. Wolf. F. O. Saillon's Umgebung und seine Marmorbrüche (im Jahrbuch des S. A. C. 14). ^[Ergänzung: Vergl. die Schrift:
Die Marmorbrüche der «Société anonyme des carrières de marbres antiques de
Saillon» in Saxon. 1880.] 1 km n. Saillon führt ein Weg mit Gallerien und Brücken in die sehr sehenswerte
Schlucht der Salence (s. diesen Art.). 1050: castellum Psallionis;