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W.-Ab-Sturz, Schafbergalp am Wildhauserschafberg W.-Seite, am Gipfel des Kamm O.-Abhang etc.
Die Faltung der Erdrinde im Säntis
gebirge ist überall klar zu sehen. Die beigegebenen Profile geben ein
Bild davon. Glättet
man die Falten in Gedanken wieder aus, so bekommt man eine Zone von 2½-3 mal der Breite des jetzigen
Gebirges.
Im Säntis
gebirge findet man alle Gesteine von den ältesten bis zu den jüngeren harmonisch gefaltet. Nirgends sind ältere
Schichten vor Ablagerung der jüngeren aufgerichtet. Die Auffaltung ist also geologisch eine einmalige gewesen, und da sie
Flysch und Molasse in den Randregionen mit ergriffen hat, muss sie in der Pliozänzeit stattgefunden
haben. Das ganze Faltensystem des Säntis
gebirges schwimmt auf Flysch; es hat vertikal unter sich keine Wurzel, sondern gehört
dem Gewölbeschenkel einer liegenden Faltendecke an, deren Wurzel weiter südl. zu suchen ist.
Das Säntis
gebirge ist ferner von über 400 steil stehenden Querbrüchen durchsetzt. Im W.-Teil fehlen solche, in der Mittelregion
treten sie schwarmweise auf und haben hier fast durchweg vorherrschend horizontalen Sinn und horizontale oder flach nördl.
fallende Rutschstreifen auf den Bruchflächen. Die Verschiebungen betragen wenige Meter bis zu über 1 km und bedingen vielfach
den landschaftlichen Charakter. Das herrliche Landschaftsbild
Seealpsee thaleinwärts hat ein Querbruch dadurch erzeugt, dass
er die Säntis
gipfelkette in die Verlängerung der Thalmulde gestellt hat.
Eine Menge der grossen Breschen in den Kämmen sind durch Querbrüche veranlasst. Von Sax kann man fast geradlinig durch Saxerlücke, Stiefel, Bogartenlücke nach Schwendi auf einem mächtigen Bruch gelangen, der wie ein gewaltiger Schnitt alle Ketten durchsetzt und aneinander verschiebt. Er hat das abgescheerte O.-Ende des Roslenfirstgewölbes vor die Fählenmulde geschoben und dadurch den Fählensee gestaut und im Hüttentobel vor die Seealpseemulde den Alpsiegel gestellt. Die neuere Thalbildung vermochte diese Bewegungen noch nicht zu besiegen und hat die tektonischen Seen noch belassen. Die grosse Mehrzahl der Querbrüche rührt von Ungleichheiten im Widerstand gegen den Horizontalschub her. Sie verwerfen die Falten, ohne sie wesentlich zu verändern und sind also erst am Schluss der Faltung entstanden.
Gegen das O.-Ende der Falten, besonders vom Hohen
Kasten bis zum
Rhein, stellen sich zahlreiche quer und längs verlaufende
Brüche mit vorherrschend vertikaler Bewegung ein. Der ö. und n. Teil ist meistens
relativ eingesunken.
Diese
Brüche im O.-Ende der Säntis
ketten scheinen davon herzurühren, dass die sich aus S. nach N. überschiebende Kreidedecke
hier auf ein älteres (pliozänes) Thal vorgestossen worden ist, in welches sie einbrechen musste.
Alle Dislokationen, welche das Säntis
gebirge geschaffen haben, sind ausschliesslich Resultate des Horizontalschubes
in der Erdrinde.
Verwitterungsformen (Skulptur).
Die Verwitterungsgliederung des Säntis
gebirges zeigt vor allem eine ungewöhnlich durchsichtige Abhängigkeit von der Anatomie
des Gebirges in den grossen wie in den kleinen Formen. Die Gewölbefalte ist meist auch Bergrücken (Ausnahme: Antiklinalthälchen
in Gewölbe III), die Mulde auch Thallinie (Ausnahme:
Lauchwies-Lütispitz-Kamm). Querthäler (unterer
Teil des Brültobels, Simmischlucht ob
Wildhaus, Säntisthur
bei
Thürli,
Thur von
Starkenbach bis
Stein) sind selten und meist
untergeordnet, ebenso die Querkämme (Silberplatte-Stoss,
Grat w. Schrenit,
Lisengrat).
Pässe sind spärlich und wenig tief eingeschnitten. In seinem Zusammenhang von Bau und Form erinnert das Säntis
gebirge
an den
Jura. Die Verwitterung hat auch im Einzelnen nach dem anatomischen Bau ziseliert und denselben
auf das Schönste blosgelegt. Die ungeheure Blätterung der Erdrinde kommt zur Geltung. Die hellen Valangienkalke, der Schrattenkalk
und in etwas geringerem Masse auch der Seewerkalk sind so resistenzfähig, dass sie lokal überhängende
Wände bilden können,
während die anderen Glieder der Schichtreihe, im besonderen Gault, Oberneocom und Untervalangien, flache
Böschungen an den Bergprofilen bilden und sich leicht mit Vegetation bekleiden.
Die Verwitterung schält die resistenzfähigeren Gesteinsmassen aus den leichter verwitternden heraus. So entsteht durch die Kombination von mannigfaltiger Schichtstellung und sehr ungleicher Verwitterbarkeit der verschiedenen Schichtgruppen eine Kühnheit und Vielgestaltigkeit der Formen, wie sie in solchem Masse und solcher Pracht meines Wissens kein anderes Gebirge der Erde aufweist. Den Querbrüchen nachtastend hat die Verwitterung scharfe Tore und Breschen, Pässe, in die wildesten Gräte geschnitten (Bogartenfurkel, Saxerlücke, Wagenlücke und viele mehr). Ein Experiment mit Gelatineguss am Heim'schen Relief hat ergeben, dass die wirkliche Oberfläche des Gebirges über doppelt so gross ist als die Grundrissfläche, was eine sonst nirgends beobachtete reiche und scharfe Gliederung bedeutet.
Von besonderen Verwitterungsformen sind zu nennen: ¶
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Prachtvolle Karren im Schrattenkalk und z. T. im Seewerkalk der hohen Regionen, viele Trichter (Schneeloch Ebenalp, Oberbühl,
Lauchwies, Alpsiegel, Furgglenalp, Vorderöhrligrube, Hinteröhrligrube, Ried-Gräppelen etc.), Höhlen (Wildkirchlihöhlen mit
Höhlenbärenresten in grosser Zahl und mit eolithischen Quarzitwerkzeugen, Calcithöhle bei Kobeltwald, Flussspathhöhlen
in den Dürrschrennen unter dem Aescher etc.), zahllose Schutthalden und Schuttkegel, sehr viele Lawinenzüge
und Lawinenmoränen am Fusse der Steilwände. Im Säntis
gebiet zählen wir etwa 40 Bergstürze, von denen einige von bedeutenden
Dimensionen sind (Säntisalp in der Richtung gegen Riedbad, Schwegalp östl. Teil, Hintergräppelen, Meglisalp, Frümsen, Salez
- der letztere weit in die Rheinebene hinausreichend und teils im jüngeren Rheinkiese vergraben). Alle
sind vorhistorisch.
Hydrographisches.
Das Säntisgebirge enthält folgende Seen:
See | Fläche ha | Grösste Tiefe m | Höhenlage m |
---|---|---|---|
Seealpsee | 11 | 13 | 1139 |
Fählensee | 11.3 | 23 | 1448 |
Sämbtisersee | 14.5 | 4-6 | 1209 |
Gräppelensee | 1.8 | 8? | 1302 |
Wildseeli | 600 m2 | ? | 1930 |
Seeli ob Ueberknorren | 500 m2 | 1-2 | 1740 |
.
See | Abfluss | Entstehung |
---|---|---|
Seealpsee | oberirdisch | tektonisch Querverschiebg. |
Fählensee | unterirdisch | tektonisch Querverschiebg. |
Sämbtisersee | unterirdisch | Trichtererosion? (nach Brunnentobel bei Sennwald) |
Gräppelensee | oberirdisch | durch Bergsturz |
Wildseeli | keiner | tektonisch (Querverschiebung) |
Seeli ob Ueberknorren | keiner | durch Bergsturz? |
Die Schwankungen des Seealpsees sind durch die Wasserwerksanlage festgelegt, diejenigen des Fählensees betragen mehrere Meter. In der Tiefe ist alles mit dunkelgrünen Algen bewachsen. Der Gräppelensee ist ziemlich stabil und hat Seerosen, der Sämbtisersee steht im Winter oft ganz ab, so dass der Bach direkt der Versickerungsspalte an der S.-Seite des Sees zufliesst.
Das Säntisgebirge hat einen ganz kleinen Gletscher, den Blauschnee.
Er wird hauptsächlich genährt durch den in
dem NO.-Kessel im Schutze des Gipfels bei W.-Winden sich anhäufenden Schnee. Er hat Spalten und Vereisung. Horizontale Flächen
am Säntisgipfel werden schneefrei. Der «Grosse Schnee» im SO.-Winkel des Gipfelgratkreuzes ist ein ständiger Firnfleck ohne
sichtbare Vereisung und Bewegung. Noch an einigen Stellen bleiben in den meisten Jahren Firnflecke (NW.-Winkel unter
Säntisgipfel, östl. unter Altmann, Vorderöhrligrube, nordöstl. am Mutschen), manchmal halten auch Lawinenkegel das ganze
Jahr aus. In den Jahren 1850-1870 waren die ausdauernden Schneeflecken viel bedeutender. Sie sind seither zusammengeschwunden,
so dass im Herbst 1895 und wieder 1899 und 1900 nur noch am Grossschnee und Blauschnee
wenige kleine schmutzige Firneisflecken
geblieben sind.
Der zum Teil grossen Durchlässigkeit der Gesteine entspricht eine starke Versickerung und Quellbildung. Rings um das Säntisgebirge gibt es viele grosse, z. T. ausdauernde, z. T. periodische Quellen (Wideralpbächli, Schwegalp-Siebenbrunnen, Schwegalp-Tossbach, Dunkelberndli, Forstbach [periodisch], Wasserauen, Brültobel, Furgglenalp, Alt Sankt Johann, Alpli und Thurwies, Lögert und Brunnentobel bei Sennwald etc.). Die Quellen liegen meist tief und viele Alpen leiden an Wassermangel, dem erst z. T. durch Aufspeicherung von Dachwasser, grosse Reservoire etc. -
noch nirgends aber durch Pumpwerke abgeholfen ist.
Der leichten Durchlässigkeit des Gebirges entspricht ferner die geringe Bedeutung der Wildbäche. Wirkliche Wildbäche entwickeln sich erst im randlichen Flyschgebiet (bei Gams, an der Fähnern etc.), während es schon enormer Gewitter, wie z. B. desjenigen vom bedarf, bis die kleineren Runsen im Kreidegebiet Muhrgänge liefern.
Flora.
Aus dem Umstand, dass das Säntisgebirge der am weitesten nach N. vorgeschobene Abschnitt der Alpen ist, lässt sich z. T. erklären, dass es eine geringere Zahl von Alpenpflanzen beherbergt als die mehr nach S. gelegenen Churfirsten und die Gebirge der Grauen Hörner, des Calanda, der Ringelspitzkette, des Weisstannen- und Murgthales (vergl. Art. St. Gallen; Flora). ¶