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erheben und der von einigen durch kühne Formen und Schroffheit bemerkenswerten Felsgipfeln (Rubli, Gummfluh etc.) beherrscht wird. Hochalpinen Charakter tragen die Thäler von Gsteig und Lauenen; namentlich das letztere gehört mit seinem imposanten Thalschluss durch den Geltengletscher und seinen prächtigen Wasserfallen unstreitig zu den schönsten Alpenthälern der Schweiz. Von besonderem Reiz sind das Tscherzisthal mit dem Arnensee und das von den dolomitenähnlichen Gastlosen überragte Thal von Abläntschen.
Hoch- und Vorgebirge des Saanenlandes werden in alpinistischer Hinsicht zu sehr vernachlässigt. Dank seinem gesunden Klima, das den Nebel sozusagen nicht kennt, ist das Saanenland auch zum Winteraufenthalt geeignet. 1019 Häuser, 1262 Haushaltungen und 5017 reformierte und deutsch sprechende Ew. 280 Ew. auf einen km2. Der Amtsbezirk umfasst die drei Gemeinden Saanen, Gsteig und Lauenen, die zugleich auch Pfarreien sind und denen sich als vierte Kirchgemeinde noch Abläntschen (in der politischen Gemeinde Saanen) beigesellt.
Die Bewohner bilden einen eigenartigen Menschenschlag, der sich von seinen Nachbarn im Ober Simmenthal deutlich unterscheidet und grosse Verwandtschaft mit der Bevölkerung des angrenzenden waadtländischen Oberlandes aufweist. Im alten Saanendialekt finden sich nicht wenige französische Ausdrücke (z. B. Murschli für Stück, französ. morceau), besonders auch in den Dank- und Grussformen (wie «obligé» etc.). Der feine, gewandte, am Alten hängende Saaner hat eine anziehende Schilderung erhalten durch die im 18. Jahrhundert viel gelesenen Briefe über ein schweizerisches Hirtenland von Karl Viktor von Bonstetten, der sie 1779 als Oberamtmann dieses Bezirkes verfasste. Ein vorzügliches Denkmal des saanerischen Dialektes ist das von dem gebornen Saanerdichter J. J. Romang verfasste Gedicht Der Friesenweg, das in meisterhafter Weise eine Sage des Saanenlandes behandelt.
In geschichtlicher Hinsicht fehlt über unser Gebiet bis zu Ende des ersten Jahrtausends n. Chr. jegliche sichere Nachricht. Bis jetzt sind weder aus prähistorischer noch aus römischer Zeit irgendwelche Funde bekannt. Im Mittelalter gehörte Saanen zu den Besitzungen der Grafen von Greierz. Das deutsche Saanenland, dem heutigen Amtsbezirk entsprechend, erstreckte sich von den Quellen der Saane bis zur Burg Vanel an der Mündung des Grischbaches in die Saane, das welsche Saanenland von da über Rougemont und Château d'Œx bis nach Greierz.
Das ganze Gebiet war eingeteilt in die Schlossherrschaften (Kastlaneien) Saanen und Rougemont, die dem Banner von Vanel folgten. Die Mannschaft hing ihrem Herrscherhaus mit grosser Treue an und zeichnete sich im Felde durch ihre Tapferkeit aus. Schon im 14. Jahrhundert erwarb sich Saanen von seinem Herrn verschiedene Rechte und Freiheiten, so namentlich 1398. 1403 stellten sich die Leute von Saanen unter den Schutz Bern's, und 1445 erwarben sie sich neben andern neuen Freiheiten das Recht, ein eigenes Siegel - den weissen Kranich auf einem Dreiberge in rotem Felde, d. h. das Wappen der Grafen von Greierz - zu führen.
In den Burgunderkriegen kämpfte die Mannschaft von Saanen unter der Fahne ihres Grafen, der mit den Eidgenossen verbündet war, und in den Mailänder Feldzügen zeichneten sich die Saaner derart aus, dass sie laut Urkunde vom vom Papst Julius II. öffentlich belobt und mit einem Panner beschenkt wurden. Als der letzte Graf von Greierz, Michael, in finanzielle Bedrängnis geriet, benutzten Freiburg und Bern die Gelegenheit, um den grössten Teil seines Gebietes zu erwerben. 1555 zog Bern die Landschaft Saanen vom Sanetsch bis zum Engpass La Tine an sich und machte sie zu einer Vogtei, deren Sitz die Gebäude der 1115 gegründeten und nun aufgehobenen Propstei Rougemont wurden.
Zugleich führte Bern 1556 in der Landschaft die Reformation ein, der die Bevölkerung grossen Widerstand entgegensetzte, welcher sich am längsten im Turbachthal geltend gemacht haben soll. 1575 zerstörte eine Feuersbrunst einen Teil des Fleckens Saanen. Die Mediationsakte von 1803 sanktionierte die Trennung des französischen Saanenlandes vom deutschen Teil der Landschaft, wodurch jenes dem Kanton Waadt, dem es schon seit 1798 als Pays d'Enhaut romand angehört hatte, verblieb und dieser zu einem bernischen Amtsbezirk gemacht wurde.
Die dem h. Mauritius geweihte Pfarrkirche von Saanen bestand schon 1228, wurde 1444 neu erbaut und 1447 eingeweiht. Als ihre Filialen entstanden 1402 die Kapelle in Gstaad, 1416 die Kirche in Gsteig und 1518 diejenige von Lauenen. Auch die heutige Pfarrkirche von Abläntschen, das seit 1704 eigene Kirchgemeinde ist, rührt noch aus der Zeit vor der Reformation her. Aus dem Saanenland stammen die Familien von Grüningen, Romang, Matti u. a., die ihrer engeren Heimat viele verdiente Beamte geliefert haben. Zu erwähnen ist auch der bedeutende Religionsphilosoph Joh. Peter Romang (1802-1875).
Bibliographie:
Briefe über ein schweizerisches Hirtenland (1779), von C. V. von Bonstetten; herausg. von Joh. Müller (in: Teutscher Merkur. Weimar 1781); Kohli, Jak. Versuch einer Geschichte der Landschaft Saanen. Bern 1827; Wyss J. R., der jüngere. Ausflug nach Saanen und über den Sanetsch nach Sitten. (Alpenrosen. Bern 1829); Saanenland, das; herausg. von der gemeinnütz. Gesellschaft in Saanen. Thun 1905.