33107 Ew. 29762 Katholiken, 3214 Reformierte, 109 Juden und 22 Andere. 25007 Ew. sprechen französisch, 7351 deutsch, 596 italienisch
und 153 eine andere Sprache. Auf einen km2 entfallen 157 Ew. Der Bezirk zählt 61 Gemeinden, wovon 18 rechts und 43 links
der Saane. Rechts der Saane liegen: Arconciel, Bonnefontaine, Chésalles, Épendes, Essert, Ferpicloz, Marly le Grand,
Marly le Petit, Montécu, Montévraz, Oberried, Pierrafortscha, Praroman, Sâles, Senèdes, Treyvaux, Villarsel sur Marly und Zénauva;
links der Saane liegen Autafond, Autigny, Avry sur Matran, Belfaux, Chénens, Chésopelloz, La Corbaz, Corjolens, Cormagens, Corminbœuf,
Corpataux, Corserey, Cottens, Cutterwil, Écuvillens, Estavayer le Gibloux, Farvagny le Grand, Farvagny le Petit,
Freiburg,
Givisiez, Granges-Paccot, Grenilles, Grolley, Illens, Lentigny, Lossy-Formangueires, Lovens, Magnedens, Matran, Neyruz, Nierlet, Noréaz,
Onnens, Ponthaux, Posat, Posieux, Prez, Rossens, Rueyres-Saint Laurent, Villars sur Glâne, Villarlod, Villarsel le Gibloux und Vuisternens en Ogoz. 22 kathol.
Kirchgemeinden, die den Dekanaten Sainte Croix, Saint Maire, Saint Prothais und Saint Udalric zugeteilt sind.
Daneben bestehen in der Stadt Freiburg noch 4 weitere Pfarreien oder Rektorate, die unter dem Stift Saint Nicolas stehen. Ausser
den zahlreichen Schulen und Erziehungsinstituten für junge Leute beiderlei Geschlechtes in der Stadt Freiburg hat der Bezirk
noch das kantonale Lehrerseminar in Hauterive bei Posieux, eine Erziehungsanstalt für verwahrloste Mädchen
in Sonnenwil (Gem. Bonnefontaine), je eine Bezirksschule in Treyvaux und in Cottens, eine Erziehungsanstalt für schwachsinnige
Kinder in Seedorf bei Noréaz, eine Haushaltungsschule in Belfaux, sowie Zuschneide-, Koch-, Nähkurse etc. an verschiedenen
Orten.
Die Bewohner beschäftigen sich hauptsächlich mit Viehzucht, Käserei, Wiesenbau. Doch sind auch die übrigen
Zweige der Landwirtschaft von Bedeutung. Viel Milch wird an die Fabriken kondensierter Milch in Payerne und in Düdingen verkauft.
Die Viehstatistik hat folgende Resultate ergeben:
1886
1896
1901
Rindvieh
13194
15407
15442
Pferde
1600
1640
1832
Schweine
5231
8689
8199
Ziegen
2311
3085
2606
Schafe
3296
2639
1665
Bienenstöcke
1890
2165
1857
Für das Jahr 1901 entfallen somit auf je 1000 Ew. 467 Stück Rindvieh, 55 Pferde, 248 Schweine, 79 Ziegen und 50 Schafe.
Auf je 1 km2 Fläche entfallen 97 Stück Rindvieh, 12 Pferde, 52 Schweine, 16 Ziegen und 11 Schafe.
Dieser die Stadt Freiburg umfassende Bezirk ist der industriellste aller Bezirke des Kantons. Auf der
Landschaft arbeiten eine Papierfabrik in Marly, grosse Mühlen und eine Teigwarenfabrik in Sainte Apolline, eine Dampfziegelei
in Lentigny, eine grosse Molkerei in La Schurra, eine Ziegelei in Maison Rouge bei Prez. Molassesandsteine werden gebrochen in
Freiburg,
Belfaux und an andern Orten; ein Tuffbruch in Corpataux und Torfausbeute bei Rosé. Im ganzen s. Abschnitt
des Bezirkes betreibt man die Strohflechterei als Hausindustrie, die vielen Bauernfamilien erwünschten Nebenverdienst gewährt.
Ueber die industrielle Tätigkeit der Stadt Freiburg vergl. den betr. Art. Im ganzen Bezirk Holz- und Viehhandel, sowie Handel
mit den Bodenerzeugnissen. Den Bezirk durchzieht ein Netz von schönen Strassen, die alle gegen Freiburg
als den
Bezirks- und Kantonshauptort zu konvergieren. Er wird ferner bedient durch die Bahnlinien Bern-Freiburg-Lausanne, Freiburg-Yverdon
und Freiburg-Murten-Ins. Geplant wird der Bau anderer Linien, wie z. B. Freiburg-Bulle (längs dem rechten und längs dem linken
Ufer der Saane), die in kurzer Zeit erstellt werden sollen.
Bemerkenswert sind die Burgruinen von Arconciel und Illens, das ehemalige Kloster Hauterive (heute Lehrerseminar), der Viadukt
von Grandfey, die Glânebrücke, die Hängebrücken von Freiburg
und Corpataux. Mit Ausnahme der einstigen Herrschaften Illens und Arconciel
gehört das ganze Gebiet des heutigen Saanebezirkes der ehemaligen Alten Landschaft des Standes Freiburg
an, die
man auch als das Gebiet der 24 Pfarreien zu bezeichnen pflegte.
1475 eroberten die Freiburger die beiden Herrschaften Illens
und Arconciel und brannten deren Burgen nieder.
undSimmengruppe (Kt. Bern,
Freiburg
und Waadt).
Diese Gebirgsgruppe umfasst das der Wildhorngruppe nach N. vorgelagerte Bergland und damit
den Oberlauf der Saane und den ganzen Lauf der Simme. Das Gebiet gehört orographisch und geologisch zu
den Präalpen und bildet das Verbindungsglied zwischen dem Mittelland und den Hochalpen. Ihren voralpinen Charakter zeigt die
Gruppe auch dadurch, dass sie nur Flussläufen untergeordneteren Ranges den Ursprung gibt. Die Saane- und Simmengruppe grenzt
im S. an die Wildhorngruppe und wird von ihr geschieden durch eine Linie, die durch das Thal der Ormonts, über den Col du Pillon,
Gsteig, den Krinnenpass, Lauenen, den Trütlipass, die Lenk, den Hahnenmoospass, Adelboden, den Krindenpass und Kandersteg geht;
im O. wird sie durch die Kander vom Aarmassiv (Finsteraarhorngruppe) und durch das Aarethal bis Utendorf
von der Emmengruppe getrennt; im N. und NW. bildet eine über Utendorf, Wattenwil, Rüschegg, Plaffeien, Plasselb, La Roche, Bulle,
Semsales, Châtel Saint Denis und Vevey gehende Linie die Grenze gegen das schweizerische Mittelland, und im SW. endlich wird
die Gruppe von Vevey bis Aigle durch den Genfersee und die Rhone begrenzt. Das so umschriebene Gebiet hat
von O. nach W., zwischen Kandersteg und der Veveyse, eine Länge von 62 km und senkrecht darauf gemessen, zwischen Plaffeien
und Gsteig, eine Breite von 40 km. Die gesamte Fläche beträgt rund 2075 km2.
Die Höhen schwanken zwischen 375 m (Ufer des Genfersees) und 2764 m (Gipfel des Albristhornes). Die Gipfelhöhen
nehmen von S. nach N. und, schwächer ausgeprägt, auch von W. nach O. ab. Gletscher und Firn finden wir in der Saane- und Simmengruppe
nicht. Der überall vorherrschende eozäne Flysch, der der Verwitterung und Erosion wenig Widerstand
leistet, gibt den Bergen dieser Gruppe im allgemeinen abgerundete und breite Formen, doch sind die Gipfelpartien meist felsig
und oft auch ziemlich stark zerschnitten.
Die Gehänge bekleiden grosse Waldungen, Wiesen und fette Weiden. An gewissen Stellen, so besonders im n. Abschnitt der Gruppe,
hat der nur schwer durchlässige Untergrund die Entstehung von Sumpfland veranlasst, und zwar sowohl
in den Thalsohlen als auch an den Bergflanken. Die Höhen der Kammlinien bleiben im allgemeinen ziemlich konstant, und mit
Ausnahme der Stellen, wo die Kämme durch Querthäler durchschnitten worden sind, finden sich deshalb blos wenig tief eingeschnittene
Passscharten, die nur von Fusswegen überschritten werden. Im ganzen Gebiet unserer Gruppe gibt es nur
drei und dazu noch wenig hohe Pässe mit Fahrstrassen, nämlich den Col des Mosses (1448 m) zwischen dem Thal der Ormonts und
der Vallée de l'Étivaz, den Uebergang über die Saanenmööser von Saanen ins obere Simmenthal (1283 m) und den Bruchbergpass
(1506 m) zwischen dem Jaunthal und dem untern Simmenthal.
Die Vielgestaltigkeit der Saane- und Simmengruppe, sowie die unregelmässige Anordnung ihrer Ketten und Thäler machen eine
rationelle Einteilung nach einem bestimmten Schema schwierig. Immerhin lässt sich erkennen, dass die Mehrzahl der Kämme
von SW. nach NO. streicht und der Kammlinie der Wildhorngruppe parallel zieht. Das Relief der Gruppe wird
bestimmt durch die Richtung der Falten und der tiefen Erosionseinschnitte der Saane, Simme, des Hongrin, Jaunbaches etc. Die
einzelnen Ketten werden somit durch Längs- und durch Querthäler voneinander geschieden, die sich mehrfach gegenseitig ablösen
können, sodass der gleiche Fluss bald in einem Querthal und bald in einem Längsthal dahin zieht.
Die tiefer eingeschnittenen Querthäler verdanken ihre Entstehung der Erosionstätigkeit der Flüsse, während die hier nicht
so stark ausgeprägten Längsthäler den geologischen Mulden oder auch den Gewölben folgen, deren Scheitel abgetragen worden
ist, d. h. also entweder Synklinal- oder Antiklinalthäler sind. Die ganze Gruppe gehört den Einzugsgebieten
der Rhone und der Aare an. Die Wasserscheide zieht vom Scheitel des Col du Pillon über die Palette du Mont, das Arnenhorn, die
Kette des Chaussy, die Pointe des Semeleys, den Col des Mosses, den Mont d'Or, die Pierre du Mouellé, die
mehr
Tour de Famelon, die Monts d'Arvel, die Rochers de Naye, die Kette der Dent de Jaman bis zur Dent de Lys, den Treysachaux und
den Niremont bis etwas nördl. Châtel Saint Denis. Diese Linie teilt also unsere Gruppe in zwei stark ungleiche Abschnitte,
indem derjenige, der dem Rhonegebiet zugehört, blos 1/7 der Gesamtfläche der Gruppe umfasst. In ihm
entspringen zugleich nur ganz unbedeutende Wildbäche, während der zur Aare sich entwässernde Teil die beiden ansehnlichen
Flüsse Saane und Simme, nach der unsere ganze Gruppe benannt worden ist, umschliesst. Die vorherrschende Laufrichtung dieser
beiden Flüsse ist S.-N., und ihre beiden tiefen Thäler trennen die Gruppe in drei Teile, einen westlichen
zwischen Rhone und Saane, einen mittlern zwischen Saane und Simme und einen östlichen zwischen Simme und Kander. Obwohl diese
Einteilung rein topographisch und durchaus nicht geologisch ist, legen wir sie doch als vortreffliche natürliche Scheidung
unserer Darstellung der ganzen Gruppe zu Grunde.
1. Abschnitt zwischen Rhone und Saane.
Die Saane fliesst zunächst von S. nach N., wendet dann scharf nach W. um und biegt nachher neuerdings nach N. ab. Daraus folgt,
dass dieser Abschnitt unserer Gruppe ziemlich unregelmässig gestaltet ist; immerhin kann man ihn mit einem Quadrat vergleichen,
dessen NO.-Viertel abgeschnitten ist, indem der hier einspringende Winkel der Aenderung in der Laufrichtung
der Saane entspricht. Die vielfach gewundene Wasserscheide zwischen Aare und Rhone trennt diesen Abschnitt der Gruppe in zwei
nahezu gleich grosse Teile.
Diese Linie bildet gleichsam den Rückgrat des Abschnittes zwischen Rhone und Saane und verläuft fühlbar parallel zum
Lauf der Saane. Die ganze Folge von Gipfeln und Pässen enthält aber trotz ihrem Charakter als Wasserscheide zweier Flüsse
doch nicht die höchsten Erhebungen dieses Abschnittes der Gruppe. Der höchste Punkt ist vielmehr die Gummfluh (2461 m),
eine im O. stehende Felsbastion, die den Mittelpunkt eines von den Thälern der Saane und der Tourneresse
begrenzten Gebirgsstockes bildet.
Die kurze Gummfluhkette zieht nach O. bis zur Saane, wo sie mit breiten Waldrücken endigt, und nach W. bis zum Thälchen
von L'Étivaz. Nördl. und parallel der Gummfluh streicht eine zweite kurze Kette, deren höchster Punkt der felsige Rubli
(2307 m) ist und die im W. mit dem Rocher du Midi (2100 m) abbricht. Dieser letztere wird durch einen
kurzen Grat, in den der Col de Base (1803 m) eingeschnitten ist, mit der Gummfluh verbunden, die selbst wieder einen bald felsigen,
bald berasten Zweig, den mit dem Arnenhorn (2214 m) endigenden O.-Hang des Thälchens von L'Étivaz, nach
S. aussendet, dessen höchster Punkt das Witenberghorn (2353 m) ist.
Vom Arnenhorn geht nach O. der kleine Ast der Doggelisfluh (2281 m), die steil zum Tscherzisthal abfällt. Die jenseitige Flanke
dieses Thales bildet die Kette der Palette du Mont (2173 m) mit dem Sieberghorn (2074 m), dem Blattihorn
(2021 m) und der Wallegg (2054 m) als Hauptgipfeln. Westl. vom Stock der Gummfluh bemerkt man in der Anordnung der Kämme eine
grössere Gleichartigkeit, indem diese einander parallel von SW. nach NO. ziehen. Die dazwischen eingesenkten Thäler gehören
im N. zum Gebiet der Saane und im S. zu demjenigen der Rhone.
Die Wasserscheiden werden durch sumpfige Hochplateaux oder auch durch eigentliche Pässe gebildet. Einige dieser
Längsthäler
werden vom Thal des von links zur Saane gehenden Hongrin senkrecht durchschnitten. Die erste der kurzen Ketten, die der Pointe de
Chaussy, beherrscht das Thal der Ormonts und weicht insofern von der allgemeinen Regel ab, als sie von
der Pointe de Chaussy (2355 m) bis zum Arnenhorn (2214 m) von W. nach O. zieht, um hier an den Stock der Gummfluh anzuschliessen.
Es ist ein felsiger und zersägter Kamm, mit zahlreichen Passscharten und Gipfeln, von denen wir (von W. nach O. fortschreitend)
nennen die Pointe des Semeleys (2363 m), den Châtillon oder Taron (2481 m), den Tarent (2551 m), die Paraz oder Tornettaz (2543
m) und die Cape au Moine (2356 m). Von der gegen die Valée de l'Étivaz gerichteten N.-Flanke dieser Kette streben einige
unbedeutende Aeste aus, und gegenüber der Pointe de Chaussy erhebt sich am jenseitigen Ufer der Raverette
der kurze Kamm des Mont d'Or (2178 m). Gegen W. hin trifft man der Reihe nach auf vier weitere Ketten, die von der Rhoneebene
und vom Ufer des Genfersees her gegen das Thal der Saane hin ziehen.
Sie beginnen im SW. mit einer Folge von bewaldeten Rücken, nehmen allmählig an Höhe zu und tragen eine
ganze Anzahl von felsigen Gipfeln, um sich dann zur Saane hin wieder zu senken. Im nördl. Abschnitt werden sie vom tiefen Thal
des Grand Hongrin durchschnitten. Die erste dieser Ketten, die man nach ihrem höchsten Punkt diejenige
der Tour d'Aï nennen kann, bildet zusammen mit einem nach S. ausstrahlenden Ausläufer den N.-Hang des Thales von Ormont Dessous
und dann denjenigen des Thales von La Comballaz; sie trägt das ziemlich imposante Dreigestirn Tour d'Aï (2334 m), Tour de Mayen
(2325 m) und Tour de Famelon (2141 m), jenseits welcher sie über einen breiten Kamm, den der Col de la Pierre
du Mouellé (1480 m) überschreitet, mit dem schon genannten Mont d'Or in Verbindung steht.
Als Fortsetzung der Kette der Tour d'Aï lassen sich die jenseits des Hongrinlaufes stehenden zwei Rasenköpfe der Thisailles
(1622 m) und der Monts Chevreuils (1753 m) betrachten. Das Thal des Petit Hongrin, eines rechtsseitigen
Zuflusses des Grand Hongrin, trennt die Kette der Tour d'Aï von der Kette von Aveneyre, die im W. mit dem Mont d'Arvel (1771
m) beginnt und einen langen und wenig zerschnittenen Felskamm mit dem Malatrait (1932 m), der Pointe à l'Aiguille
(1936 m) und der Pointe d'Aveneyre (2030 m) als Einzelgipfeln bildet. Vom letztgenannten zweigt nach W. ein Grat aus, der ihn
mit der Kette der Rochers de Naye verbindet und der von dem aus dem Thal der Tinière in dasjenige des Hongrin hinüberführenden
Col de Chaude (1627 m) überschritten wird. Die Fortsetzung der Kette von Aveneyre jenseits des Hongrin
markiert die Pointe de Planachaux (1928 m).
Die dritte Kette, diejenige der Rochers de Naye, nimmt ihren Anfang am Ufer des Genfersees mit den breiten Ausläufern des
Sonchaud (1457 m) und erhebt sich bald zu einem steilwandigen Kamm, der als höchsten Punkt den berühmten
Aussichtsberg der Rochers de Naye trägt, um dann mit stets abnehmender Höhe gegen den Hongrin hin zu ziehen und am jenseitigen
Ufer dieses Flusses sich wieder zur kühnen Pyramide der Dent de Corjeon (1970 m) zu erheben, die mit der Pointe de Planachaux
durch eine lange, nur vom Col de Crau (1640 m) überschrittene Felsmauer zusammenhängt. Zwischen Genfersee
und dem Hongrin findet sich schliesslich noch eine letzte, den schon
mehr
genannten parallele Kette mit der Dent de Merdasson (1861 m), Dent de Jaman (1878 m) und Dent de Hautaudon (1874 m) als nennenswerten
Gipfeln. Sie hängt mit der Grande Chaux (1985 m), dem nö. Vorberg der Rochers de Naye, durch einen von der Dent de Hautaudon
auszweigenden Kamm zusammen, dessen tiefsten Punkt der Col de Bonaudon (1750 m) markiert. Die Dent de Jaman
ist der Ausgangspunkt eines langen und beinahe geradlinigen Zweiges, der gegen N. streicht und das hier longitudinale Thal
der Saane im W. begleitet; er wird gleich bei seinem Beginn vom Col de Jaman (1516 m) überschritten und
hebt sich dann über die Cape de Moine (1946 m) und Les Arches (2004 m) zur Dent de Lys (2017 m), seinem höchsten Punkt, worauf
er sich senkt, von zwei kleinen Nebenadern der Saane durchschnitten wird und beim Dorf Enney endigt. Westl. und parallel zu
diesem bald felsigen und bald mit Alpweiden bekleideten Gebirgszweig zieht sich der im Moléson (2005
m) kulminierende Rücken dahin, der vielfach zerschnitten und aufgelöst erscheint und im s. Abschnitt den Mont Cubly (1192
m), den Folly (1734 m) und den Molard (1755 m) trägt, um dann vom Teysachaux (1909 m) an als geschlossener Kamm
weiterzuziehen und mit der abgestumpften Pyramide des Moléson sein Ende zu finden.
Im ganzen Gebiet zwischen diesem von uns eben beschriebenen Bergland und der W.-Grenze der Saane- und Simmengruppe erheben
sich keine hohen Gipfel mehr, sondern blos noch wellige Rücken, die in ihrer Form und Streichungsrichtung vielfach an die
Hügelzüge des Mittellandes erinnern. An Stelle der felsigen Gipfel und der steilabgebrochenen Hänge
treten hier abgerundete Berge, die Wald und Weiden tragen. Als beherrschende Gestalten nennen wir hier, vom Genfersee ausgehend,
die Pléiades (1364 m), die Monts Corbettes (1408 m) und den Niremont (1517 m).
2. Der Abschnitt zwischen Saane und Simme
kann in seinem horizontalen Umriss im allgemeinen mit einem Pilz verglichen werden, dessen kurzer und abgestumpfter Stiel
nach S. zeigt. Oder mit andern Worten: die beiden den Abschnitt begrenzenden Flüsse fliessen einander zunächst von S. nach
N. parallel und weichen dann schroff auseinander, die Saane bei Saanen nach W. u. die Simme bei Zweisimmen
nach NO. In dem dem Hut des Pilzes entsprechenden Gebiet streichen die Ketten im allgemeinen parallel SW.-NO., nehmen in
dieser Richtung langsam an Höhe zu, sind sozusagen in geraden Linien angeordnet und zeigen keine tiefen Einschartungen, ausgenommen
da, wo sie von Querthälern zerschnitten sind.
Diese Gleichmässigkeit ist dagegen in dem durch den Lauf der Kleinen Simme vom Hut getrennten Gebiet des
Stieles unseres Pilzes nicht vorhanden oder doch zum mindesten weniger gut ausgeprägt, indem die Kämme eher S.-N. streichen.
Höchster Punkt dieses Gebietes ist das Gifferhorn (2543 m), das zusammen mit dem Lauenenhorn (2479 m) den
O.-Arm eines U-förmig gekrümmten Kammes zwischen dem Thal von Lauenen und dem Turbachthal bildet, in dessen W.-Arm die Felsgipfel
des Brüschengrates (2206 m), des Wasserengrates (2193 m) und des Dürrenschild (2044 m) stehen. Im O. und N. flankiert den
Zweig des Gifferhorns eine halbkreisförmige, kurze Kette, die den N.-Hang des Turbachthales bildet und
nach Aussen kleine Nebenzweige ausstrahlen lässt, die wenig tiefe Thäler voneinander scheiden und an der Grossen und der
Kleinen Simme endigen.
Höchste Punkte sind hier das Wistatthorn (2360 m), der Amselgrat (1893 m) und die Hornfluh (1951 m). Der von uns mit dem Hute
des Pilzes verglichene nördl.
Teil des Abschnittes zwischen Saane und Simme beginnt im S. mit einer Reihe
von SW.-NO. ziehenden und auffallend geradlinigen Rücken, die von der Saane gegen die Simme hin streichen und bei der stets
grösser werdenden Divergenz dieser beiden Flüsse an Länge stets zunehmen. Mehrere dieser Rücken werden von
Querthälern durchschnitten, so besonders von denen des Jaunbaches, der Sense und anderer Nebenflüsse der Saane.
Die erste der Ketten, die im Hundsrück (2049 m) gipfelt, zieht von Saanen zum Lauf der Simme und bildet einen langen Kamm von
abgerundeten Formen; ihn begleitet im S. der kurze Zweig der Rodomonts (1882 m), der vom Girschbachthal
oder Thal von Les Fenils in der Mitte zerschnitten wird. Die zweite der Ketten zeigt nur am Beginn und am Ende sanfte und
breite Formen, bildet aber sonst einen ziemlich stark zerscharteten Kamm und trägt, von S. nach N. gezählt, die Laitemaire
(1680 m; vom Körper der Kette durch das untere Thälchen von Les Siernes Piccats getrennt), Dent de Combettaz
(2086 m), Dent de Savigny (2255 m), Dent de Ruth (2239 m), den Amelier (2133 m), die Wandfluh (2135 m) und die durch den Wolfsortpass
(1920 m) von ihr getrennte Birrenfluh (2075 m), die Sattelspitzen (2122 m) und die Zackenmauer der Gastlosen
(1994 m), um sich dann jenseits des Jaunthales mit dem Bäderhorn (2010 m) und der Holzersfluh (1949 m) fortzusetzen.
In den durch die Aenderung in der Laufrichtung der Saane bei Montbovon gebildeten Winkel dringen mehrere Waldrücken mit dem
Mont Culand (1716 m) als höchstem Punkt ein, von dem eine dritte Kette ausgeht. Diese, felsig und
an verschiedenen Stellen mit Karrenfeldern ausgestattet, trägt als Hauptgipfel die Becca de Cray (2074 m), den Gros Perré
(2226 m), die Pointe de Paray (2378 m), den Vanil Noir (2395 m), die Dent de Foliéran (2332 m) und Dent de Brenlaire
(2357 m). Ein vom Vanil Noir auszweigender und mit der Dent de Bimmis (2163 m) gipfelnder Seitenast zieht der Hauptkette parallel
nach NO. und umrahmt zusammen mit dieser den kleinen Vallon des Morteys.
Jenseits des sie durchschneidenden Rio du Mont setzt sich die Kette des Vanil Noir mit der Hochmatt (2155
m) und dem langgezogenen Rückberg (1811 m) und dann jenseits des Jaunbaches mit einer Reihe von felsigen und unregelmässig
angeordneten Bergen fort, die durch rechtsseitige Zuflüsse der Sense und linksseitige Nebenadern der Simme voneinander getrennt
werden und von denen wir die Pyramide des Schafberges (2293 m), die Kaiseregg (2163 m), den Widdergalm (2176
m) und Schafharnisch (2112 m) nennen.
Von hier an ändert sich die Streichrichtung der Kämme, die nun von W. nach O. und damit dem Lauf der Simme parallel ziehen.
Es bildet denn auch in der Tat die südlichste dieser Ketten ö. von der Gruppe des Schafberges die N.-Flanke
des Simmenthales; sie beginnt an der Mähre (2093 m), die mit dem Schafharnisch durch einen, von einem Pass (1792 m) zwischen
dem Simmenthal und dem obersten Thal der Sense überschrittenen Kamm zusammenhängt, und setzt sich über die Scheibe (2152 m),
den Widdergrind (2165 m), die Wanklifluh (2022 m) und die Schwiedenegg (2009 m), welch' beide letztgenannten
langen Felsgräte durch das Thälchen des Morgetenbaches voneinander getrennt sind, nach O. fort, um dann jenseits des die
Kette neuerdings unterbrechenden Bunschibaches (eines Zuflusses der Simme) einen gebrochenen Kamm zu bilden und das Stockhorn
(2192 m), Sohlhorn (2028 m), den Lasenberg (2020 m) und die Nüschleten (1988 m) zu tragen. Von dieser
zweigt endlich noch ein langer Ast gegen SW. aus,
mehr
der mit der felsigen Simmenfluh (1456 m) den Durchbruch der Simme bei Brodhüsi beherrscht. Nördl. und parallel zur Kette des
Stockhorns folgt diejenige des Ochsen (2190 m), die von diesem Gipfel bis zum Aarethal zieht und neben ihm noch die Gemsfluh
(2155 m), den Bürglen (2167 m), den Gantrisch (2177 m), die Nünifluh (2058 m), die Krummefadenfluh (2072
m) und die über einen berasten Kamm mit dem Stockhorn verbundene Hochmad (2079 m) als nennenswerte Gipfel aufweist. Diese
Kette des Ochsen ist an verschiedenen Stellen etwas eingeschartet und wird von einer Anzahl von allerdings nur wenig benutzten
Pässen überschritten. Die etwa 10 km breite Zone zwischen den O.-Enden der Stockhorn- und der Ochsenkette
und dem Lauf der Aare wird von niedern und breit ausladenden Rücken ausgefüllt, zwischen denen einige kleine Seen und zahlreiche
sumpfige Böden liegen.
Das Gebiet zwischen der schon beschriebenen Kette des Vanil Noir und dem untern Abschnitt des Jaunthales
umfasst ein System von Höhenzügen, die dem allgemeinen Streichen der Ketten folgen und von denen einige vom Thal des zum
Jaunbach fliessenden Motélon quer durchbrochen werden. Nennenswert sind hier drei parallele, kurze Ketten, die in der Dent du Bourgoz
(1912 m), in der Dent du Chamois (1893 m) und in der Dent de Broc (1832 m) gipfeln. Jenseits des Jaunbaches
setzen sich diese 3 Ketten orographisch und geologisch im Stock der Schopfenspitz fort, der im allgemeinen die Form eines H
aufweist, dessen zwei parallele Arme durch die felsigen Kämme der Schopfenspitz (2108 m) und der Pointe de Brémingard
(1926 m) dargestellt werden, während ein doppelter Zweig mit der Pointe de Ballachaux (1980 m) dem Querarm entspricht.
Das bis jetzt noch nicht beschriebene Gebiet des Abschnittes zwischen Saane und Simme, d. h. die gegen das Mittelland vorgeschobene
Zone, besteht aus einem Bergland, dessen Höhen kaum über 1700 m steigen und dessen sanfte Formen sich
aus dem leicht verwitternden Flysch erklären, der es aufbaut. Diese sanft geböschten und breiten Höhenzüge tragen Wald,
Wiesen und Weiden, sowie stellenweise auch Sumpfland und Torfmoore. Die Thäler sind nicht tief eingeschnitten, oft sumpfig
und moorig, und stehen untereinander durch zahlreiche Pässe in Verbindung, deren Aufzählung hier überflüssig
ist.
Diesem Gebiet gehören an der Bergstock der Berra im W. und die kurzen Ketten der Pfeife und des Selibühls. Der Stock der Berra,
der das Gebiet zwischen den Thälern der Warmen Sense, des Javroz und der Saane umfasst, bildet einen dreistrahligen Stern, in
dessen Mitte sich die Rasenpyramide der Berra (1723 m) erhebt. Der am wenigsten hohe und am breitesten
ausladende SW.-Strahl hat keinen nennenswerten Gipfel, während die beiden das Thal der Gérine umrahmenden anderen Strahlen
einige bekanntere Berge
tragen, so der NO.-Strahl den Cousimbert oder Käsenberg (1635 m), den Creux des Pierres (1499 m) und
die Müschenegg (1272 m) und der bald ebenfalls gegen NO. sich wendende O.-Strahl den Lotachat (1522 m), das Züberle (1620
m) und den langen und berasten Schweinsberg (1647 m). Gegenüber diesem letztern erhebt sich jenseits der Sense die mit der
aussichtsreichen Pfeife (1668 m) gipfelnde, kurze und sanft geböschte Kette der Egg. Südöstl. von dieser
endlich findet sich die dritte der genannten Ketten, die einen nach N. konkaven Bogen bildet und der Reihe nach die Schüpfenfluh
(1723 m), den Selibühl (1752 m), den Zigerhubel (1621 m) und den Ober Gurnigel (1542 m) aufweist.
3. Der Abschnitt zwischen Simme und Kander
bildet ein unregelmässiges Viereck, dessen S.-Seite von der Lenk bis Kandersteg der Grenze der ganzen Gruppe folgt, dessen
W.- und N.-Seite von der bei Zweisimmen umbiegenden Simme begrenzt wird und dessen O.-Seite an den Lauf der Kander stösst. Von
der SW.-Ecke zieht sich gegen die NO.-Ecke hin in nahezu gerader Linie eine etwa 30 km lange Kette, die
vom Wildstrubel auszweigt und mit der schönen Pyramide des Niesen abschliesst. Diese stark zerschnittene Felskette beherrscht
das Engstligenthal und das Kanderthal im W. und trennt sie vom Diemtigthal, das w. unter ihr liegt; von SW. nach NO. gezählt,
trägt sie folgende Einzelgipfel: Albristhorn (2764 m) - höchster Gipfel der ganzen Saane- und Simmengruppe -,
Gsür (2711 m), Wannenspitz (2438 m), Männlifluh (2654 m), Hohniesen (2456 m), Meggiserhorn (2357 m), Steinschlaghorn (2340 m),
Standhorn (2310 m), Drunengalm (2410 m) und endlich den als Aussichtsberg wohlbekannten Niesen (2366 m). Oestl. und parallel
dieser Niesenkette trennt ein ebenfalls vom Wildstrubel abzweigender, langer Felskamm das Engstligenthal
vom Kanderthal und endigt im Winkel über der Vereinigung dieser beiden Flüsse. Er beginnt im S. mit dem steil über der Scharte
der Bonderkrinden (2387 m) aufragenden Felskopf des Klein Lohner (2591 m) und setzt sich über den Bonderspitz (2548
m), Allmengrat (2530 m), First (2550 m) und das Elsighorn (2316 m) nach N. fort.
Die Niesenkette sendet vom Gsür aus einen Ast nach W., der zusammen mit einem kleinern, vom Albristhorn sich loslösenden, zweiten
Ast das einsame Fermelthal umschliesst und dem das Rauflihorn (2321 m), Rothorn (2411 m), die Spilgerten
(2479 und 2254 m), das Brunnenhorn (2221 m) und das Ganthorn (2113 m) angehören. Das Diemtigthal und seine obern Verzweigungen
werden im S. abgeschlossen von dem weiten Gebirgszirkus, der durch den Kamm Gsür-Spilgerten und den Kamm Gsür-Männlifluh (Niesenkette)
gebildet wird, und voneinander getrennt durch zwei unter sich parallel nach N. ziehende sekundäre Gebirgsäste,
deren einer an den Spilgerten und deren anderer an
der Männlifluh beginnt und von denen jener im Rötihorn (2283 m) und dieser im Thierlaufhorn (2248 m) kulminiert. Als letzte
Kette bleibt noch diejenige zu nennen, die das Simmenthal zwischen Bettelried und Erlenbach rechts begleitet und mit ihm einen
nach NW. konvexen Bogen beschreibt. Gegen die Simme senkt sich diese Kette mit breiten Rasen- und Waldhängen,
während sie ostwärts zum Männiggrund und dem untern Diemtigthal schroff und felsig abbricht. Im S. wird die Kammlinie vom
breiten Uebergang vom Thal des Männigbaches über die Meienbergalp (1852 m) ins Simmenthal unterbrochen, s. von welchem sie
die Kunigalm (2127 m; durch einen kurzen Alpweidenrücken mit dem Rötihorn verbunden) und die Muntigalm
(2079 m) trägt und n. von welchem sich das Niederhorn (2080 m), die Buntelgabel (1951 m), der Thurnen (2081 m) und der Abendberg
(1854 m) erheben.
Die Saane- und Simmengruppe ist durch ein weites Strassennetz und auch durch die bis in ihr Herz vordringenden
Eisenbahnen in allen ihren Teilen leicht zugänglich gemacht und dem Verkehr aufgeschlossen. Diese Bahnen sind die Linien
Bulle-Montbovon und Spiez-Frutigen, sowie besonders die elektrische Montreux-Oberlandbahn, die die Gruppe längs ihrem grössten
Durchmesser durchzieht. Wenn auch die Freunde des eigentlichen Hochgebirges unserer Gruppe nur geringere Aufmerksamkeit schenken,
so erhält sie doch zahlreichen Besuch von Seiten solcher Touristen, denen malerische und abwechslungsreiche
Landschaftsformen und -bilder besonders zusagen.
Viele der höher gelegenen Dörfer haben sich zu sehr geschätzten Sommerfrischen entwickelt, so Villars, Chésières, La Comballaz,
Rossinière, Château d'Œx, Gstaad, Zweisimmen, Jaun (Bellegarde), Charmey u. a. Leysin ist zur weltberühmten Luftheilstation für
Lungenkranke geworden. Ihnen lassen sich die längs den Grenzen der Gruppe gelegenen Fremdenstationen
Le Sépey, Les Ormonts, Gsteig, Lauenen, Adelboden und Kandersteg, sowie die Heilbäder L'Alliaz, L'Étivaz, Les Colombettes, Schwarzseebad,
Ottenleuebad, Weissenburg, Gurnigel, Rothbad, Schwefelberg, Blumenstein und Lenk anreihen. Viele Einzelgipfel der Gruppe sind sehr
schöne und stark besuchte Aussichtsberge, so vor allem die durch eine Zahnradbahn zugänglich gemachten
Rochers de Naye, dann aber auch Moléson, Dent de Jaman, Pointe de Chaussy, Tour d'Aï, Mont Cray, Hochmatt, Hundsrück, Männlifluh,
Niesen, Stockhorn u. a.
[Dr. Emil André.]
Geologie.
Die durch die Rhone im SW. und die Aare im NO. so gut begrenzte Saane- und Simmengruppe unterscheidet sich
mit Bezug auf die sie zusammensetzenden Felsarten und durch ihren tektonischen Aufbau scharf von der ihr im SO. sich anschliessenden
Zone der Hohen Kalkalpen. Auch gegen diese hin ist die Grenzlinie durch die topographische Gestaltung gegeben, da keines der
unsere Gruppe gliedernden Thäler sich in die äussere Flanke der Hohen Kalkalpen tiefer eingeschnitten
hat.
Die Quellen von Simme und Saane liegen fast alle an der Grenze der Hochalpen, die hinter den Präalpen einer hohen Mauer gleich
aufragen. Ausserdem stehen die einzelnen Thäler in ihren obersten Abschnitten durch eine Reihe von Pässen miteinander in
Verbindung, die oft sehr scharf ausgeprägte Einschnitte zwischen den Hochalpen und den Voralpen überschreiten.
Diese eigenartige Stellung unserer Gruppe war schon Bernhard Studer aufgefallen, der sie als besondere Stockhorngruppe unterschieden
hat, welche Bezeichnung jedoch heute nicht mehr allgemein gebräuchlich ist, da der namengebende Gipfel doch allzu exzentrisch
liegt.
Auch der besonders bei den deutschen Geographen und Geologen übliche Name der Freiburger Alpen ist nicht
glücklicher gewählt, da dem Kanton Freiburg
nicht einmal der dritte Teil des Gebietes unserer Gruppe angehört. Besser ist die Bezeichnung
Greierzer Alpen, da die den Grafen von Greierz einst gehörenden Landschaften bis in das jetzige Bernische Gebiet
hineinreichten. Durchaus zutreffend, wenn auch wohl zu langatmig, ist der Name der Saane- und Simmengruppe, den unser Lexikon
dem ganzen Gebiete gibt. Die Welschschweizer pflegen die Gruppe meist unter der kürzern Bezeichnung der Préalpes romandes
(oder auch Préalpes du Stockhorn) zusammenzufassen, und auch wir werden uns des Ausdruckes der Präalpen
oder Voralpen der Kürze halber hin und wieder bedienen.
Die Präalpen
der Saane und Simme zeigen wie diejenigen des Chablais (s. diesen Art.) die bezeichnende Eigentümlichkeit, dass
die sie aufbauenden Felsschichten längs ihrem ganzen Umfang dem tertiären Grund- oder Randgebirge in verkehrter Lagerung
der Schichten aufsitzen, d. h. also, dass die ältesten in unserer Gruppe zu Tage anstehenden Gesteine
infolge von Dislokationserscheinungen abnormal die jüngern Bildungen (meist Flysch und Kreide) überlagern. Es ist noch
nicht sehr lange Zeit her, seitdem man diese Tatsache als vollständig sicher erkannt und zudem festgestellt hat, dass die
orographischen und tektonischen Formen dieses oder jenes Einzelgebietes der Gruppe denen anderer Teile
unseres Landes, wie z. B. des Juragebirges, ähnlich sind.
Folgt man den Grenzen der Gruppe, so kann man überall die verkehrte Auflagerung der mesozoischen Bildungen (Kreide, Jura
und Trias) auf dem Tertiär (Flysch) konstatieren. Aus diesem Umstand hat man die Hypothese abgeleitet, dass die das Gebiet
der Präalpen aufbauenden mesozoischen und z. T. auch tertiären Felsarten einer gefalteten Decke angehören und wahrscheinlich
Reste einer grossen liegenden Falte sind, die im eigentlichen Sinne des Wortes über die Hochalpen hinüber geschoben worden
ist.
Oder mit andern Worten: alle die unsere 125 km lange Gruppe (zusammen mit der Chablaisgruppe 200 km) aufbauenden
Gesteine und Schichten haben ihre Wurzel, d. h. ihre ursprüngliche (primitive) Lagerungsstatte, südlich der Hochalpenlinie
Wildstrubel-Dents de Morcles-Dents du Midi, ja sogar noch südl. der krystallinen Zentralmassive des Mont Blanc und des Finsteraarhorns.
Diese ganze Scholle oder Decke hat sich dann im Verlauf der Auffaltung der Hochalpen von ihrer Wurzel
losgelöst und ist durch Ueberschiebung über die liegenden Falten jener Hochalpen hinübergeglitten, um bis zum Miozän (Molasse)
des schweizerischen Mittellandes hin zu branden, sodass das horizontale Ausmass dieser Bewegung wahrscheinlich mehr als 50 km
beträgt.
Mit dieser Annahme stimmen auch die Faziesunterschiede überein, die die Schichten gleichen Alters in den
Hochalpen und in den Präalpen voneinander auszeichnen. Während nämlich die mesozoischen Schichten der Präalpen der mediterranen
Fazies angehören, weisen diejenigen der Hochalpen zentraleuropäische Fazies auf, die der jurassischen Fazies analog ist.
Nun bilden aber die Präalpen nicht eine einzige und einheitliche Deck- oder Ueberschiebungsscholle, sondern mindestens drei
verschiedene Decken oder grosse Schuppen, die teilweise übereinander liegen und deren einzelne Schichten
in der Art ihrer Ausbildung nicht nur gegenüber denjenigen gleichen Alters in den Hochalpen abweichen, sondern auch unter
sich stark verschieden sind.
Diese drei Decken oder Schuppen sind: 1a. Die Gurnigelzone, die der Hauptsache nach aus Flysch besteht,
aber auch Einschlüsse oder Lappen von Kreide, Jura und (seltener) Trias aufweist. Diese Zone bildet den Aussenrand der Präalpen
gegen das miozäne Mittelland hin und übersteigt kaum die Höhe von 1500 m. Die aus Flysch bestehenden Gipfel zeigen abgerundete
und in die Länge gezogene Formen, sind mit Wald und Weiden bestanden und werden durch zahlreiche Querthäler
zerschnitten.
Die Kreideschichten, die sich hier finden, weisen einige Aehnlichkeit mit denen der höchstgelegenen Falten der Hochalpen
auf. 1b. Am Innenrand der Präalpen tritt ein durchaus entsprechendes Gebilde auf in der Flyschzone des Niesen mit der sog.
Passzone (Zone des Cols). Der Niesenflysch zeichnet sich aus durch das Auftreten von mächtigen Bänken
von sehr hartem und grobkörnigem Sandstein, sowie besonders durch das Vorkommen von polygenen Breccien und Konglomeraten
mit sehr umfangreichen Einzelbestandteilen.
Bemerkenswert sind namentlich Blöcke von in der Nachbarschaft nirgends anstehend vorkommendem Granit, die daher exotische
Blöcke genannt werden, welche Bezeichnung man auch noch vereinzelten Fetzen mesozoischen Gesteines beilegt.
Wo die Flyschzone des Niesen nicht direkt an die Hochalpen sich anschliesst, schiebt sich zwischen beide die aus Trias-, Jura-
und (seltener) Kreidegesteinen bestehende Passzone ein. Sie steht zu der Flyschzone des Niesen in dem nämlichen Verhältnis
wie die Kreide- und Jurafetzen der Gurnigelzone zu dieser letztern, unterscheidet sich aber von dieser
doch durch das Vorwiegen der Schichten
mehr
der Trias und des untern Jura, die in der Gurnigelzone weniger vertreten sind. Auf beiden Seiten zeigen Kreide- und Juragesteine
die gleiche faziale Ausbildung.
Die äussere und die innere Flyschrandzone zeigen das Bestreben, sich an beiden Enden der Gruppe gegenseitig zu nähern (so
besonders am SW.-Ufer des Thunersees) und bilden somit gewissermassen einen ununterbrochenen Saum um die
Präalpen im engeren Sinn. Da nun der Flysch dieses Saumes unter die nach innen zu folgenden mesozoischen Gesteine eintaucht,
haben diese also keine Wurzel in die Tiefe, sondern schwimmen gleichsam auf dem Flysch und bilden damit eine aus weiter Ferne
stammende exotische Felsmasse, die man als 2. die Kalkkettenzone der Präalpen (oder auch als Préalpes
médianes) bezeichnet.
Hier ändert sich die mesozoische Schichtenreihe in der Richtung von N. gegen S. Im nördl. Teil sind Lias und Dogger sehr
gut vertreten, während gegen S. hin jener vollständig verschwindet und dieser an Mächtigkeit abnimmt und
zugleich aus einer Tiefmeerfazies in eine Seichtwasser- oder Uferfazies (Mytilusschichten) übergeht. Die im N.-Abschnitt
nur wenig mächtige Trias tritt gegen S. hin in grosser Mächtigkeit auf, wo sich seinen hellen dolomitischen Kalken dicke
Bänke schwarzer Kalke von der ostalpinen Fazies des Hauptdolomites beigesellen.
Der im N. vielfache Faziesunterschiede aufweisende obere Jurakalk wird gegen S. hin von gleichartiger
Fazies. Die im N. in der Gestalt von Neocom und rotem Cenoman-Senon auftretende Kreide endlich geht gegen S. ausschliesslich
in rote Kreide über. Als eine die vorige überlagernde Decke ist 3. auch noch die Zone der Hornfluhbreccie aufzufassen,
die sowohl der Kalkkettenzone als auch der Niesenzone aufliegt. Sie ist zusammen mit ihrer Unterlage
gefaltet und zerstückelt worden und bildet Gesteinsfetzen und -bänder, die in Mulden eingeschlossen sind, weshalb man sie
lange Zeit dem Flysch zugerechnet hat. Es sind brecciöse Bänke über Liasschiefern, Liaskalken und Trias, die man als eine
besondere Fazies der Juraschichten erkannt hat.
Sie treten in der Gegend der Hornfluh und des Niederhorns am mächtigsten auf, sind aber in der Chablaisgruppe sw. der Rhone
von viel grösserer Bedeutung als hier in der Saane- und Simmengruppe nö. der Rhone. Es muss also die Chablaisbreccie ursprünglich
über das heutige Rhonethal als geschlossene Decke hinübergegriffen haben, so dass die heutigen Vorkommnisse
dieser Felsart in der Saane- und Simmengruppe nichts anderes als die von der Erosion und Verwitterung bisanhin verschonten
letzten Ueberreste dieser Decke sind. Es lassen sich somit nach dem bis jetzt Gesagten die verschiedenen Bestandteile, die
unsere Gruppe aufbauen, folgendermassen graphisch darstellen:
Im Folgenden wollen wir die eben kurz charakterisierten vier Zonen der Saane- und Simmengruppe nach ihrer speziellen tektonischen
und orographischen Beschaffenheit noch etwas näher untersuchen. Die Gurnigelzone erscheint als ein Bergsaum von mässigen
Höhen und als ein Weiden-, Wiesen- und Waldland. Ihr gehören die freundlichsten Teile des Greierzerlandes an. Sie
umfasst die Pléïades, die Monts Corbettes, den Niremont, die Schiaz über La Part Dieu, den Stock der Berra mit dem Cousimbert
(Käsenberg) und der Müschenegg, die Pfeife und den Gurnigel.
Die äussern Formen sind abgerundet, mit Ausnahme der Stellen, wo harte Sandsteine und Konglomerate anstehen. Im Gebiet des
Niremont enthalten diese letztern Gerölle von grünem Granit, während beim Gurnigel rosaroter Granit
in oft sehr grossen Blöcken auftritt. Die mesozoischen Schichtglieder erscheinen wie im Flysch eingebacken und von ihm umhüllt
und treten oft unvermutet zu Tage, um ebenso rasch wieder unter den Flyschschiefern zu verschwinden. Am reichlichsten trifft
man sie im Gebiet der Pléïades und am S.-Ende der Berra (bei Montsalvens).
Ganz abgetrennte Teile dieser mesozoischen Sedimentfetzen, die isoliert im Flysch stecken,
werden mit dem Namen Klippen bezeichnet,
wegen der schroffen Erscheinung, welche sie inmitten der durchwegs berasten oder bewaldeten Flyschhügel darstellen. Die
im Mittel höher als 2000 m aufsteigende mediane Kalkkettenzone liegt mit der Trias dem Tertiär der
Gurnigelzone auf und zeigt eine Reihe von Falten, die oft sehr einfach und gleichmässig gebaut sind, aber auch durch Verwerfungen
gestört sein können. Im N., wo die Schichtreihe der mesozoischen Sedimente mächtiger entwickelt ist, herrschen die einfachen
Falten vor, während im S., wo der Lias fehlt, gequetschte Falten und Verwerfungen häufiger auftreten.
Diese Falten sind derart angeordnet, dass auf zwei nahe aneinander gelegte und eine spitze oder gequetschte Mulde einschliessende
Gewölbe je eine weiter gespannte Mulde (mit Kreide und Flysch im Kern) zu folgen pflegt, die die aus jurassischen Gesteinen
aufgebauten Kalkketten voneinander trennt. Dabei bildet die zwischen je zwei benachbarten Gewölben eingeklemmte
und der Erosion nur wenig unterworfene Mulde je nachdem mit dem einen oder dem andern ihrer Schenkel die höchste Kammlinie
der Ketten, an die sich dann die Gewölbeschenkel als Schultern anlegen.
Das schönste Beispiel dieser Art ist der Moléson zwischen den Thälern der Saane und der Veveyse de Châtel.
Ihm entspricht nö. der Saane die Dent de Broc, und auch der Vanil de la Monse und weiterhin die Dents Vertes und die Körblifluh
sind solche Synklinalgipfel, nur dass hier an Stelle der ersten Mulde eine zweite (die von Montbovon)
getreten ist. Das gleiche gilt auch für den Ganterist, wo diese Kreidemulde von neuem auftritt, nachdem sie an den Quellen
der Sense durch die bis auf die Flyschunterlage heruntergreifende Erosionstätigkeit des Flusses, die diese erste Kalkkette
(Ganteristkette genannt) völlig zum Verschwinden brachte, eine zeitlang unterbrochen war.
Die verschiedenen Kämme der Präalpen werden oft auch durch Antiklinalthäler voneinander getrennt, die
sich in den Scheitel eines Gewölbes eingeschnitten haben und nun den synklinalen Aufbau der höchsten Kammpartien umso schöner
erkennen lassen. So trennt das bis auf die Trias hinunter ausgewaschene antiklinale Neuschelsthal die Kette des Ganterist
auf eine grosse Länge von der folgenden Kette des Vanil Noir. Diese beginnt am Genfersee mit den Rochers de Naye
(Synklinalgipfel) und setzt sich über die ebenfalls synklinalen Kämme der Dent de Corjon, des Mont Cray und des Vanil Noir
bis zur Dent de Brenlaire fort, um dann jenseits des Rio du Mont mit der Hochmatt, dem Schafberg, der Kaisereck
und der Scheibe bis zum Stockhorn weiter zu streichen. An allen diesen Gipfeln bildet die in der Regel über 2000 m hoch liegende
Kreide die höchsten Kämme oder doch wenigstens die an den höchsten Punkt bis um Weniges heranreichenden Partien.
Eine in der Gestalt einer weiten und tiefen Mulde erscheinende Flyschzone (Zone von Vert Champ) trennt
die Kette des Vanil Noir mit ihren beiden Gewölben von der dritten Kalkkette, derjenigen der Gastlosen, die sich von den beiden
eben beschriebenen tektonischen Gebilden dieses Gebietes dadurch unterscheidet, dass sie nicht (wie diese) aus zwei nebeneinander
gelegten Falten besteht, sondern ein einheitliches Jurakalkgewölbe bildet. Dieses beginnt mit den Tours d'Aï
in vollkommen schöner Ausbildung und taucht dann gegen NO. unter den Flysch ein, den es mit seiner Kreideumhüllung nur
noch stellenweise durchsticht.
Jenseits des Saanethales erscheint aber diese Kette wiederum und zwar diesmal in neuer Gestalt. Während nämlich hier
der jurassische Gewölbescheitel nicht sichtbar ist (sei es, dass er unter dem Flysch begraben liegt oder dass er abgetragen
worden ist), hat sich der südöstl. Schenkel, den Flysch durchstechend, wie eine schneidende Schuppe von SO. nach NW. auf
das Gewölbe hinaufgeschoben, so dass eine senkrechte Kalkmauer entstanden ist, die mit ihren kühnen
und spitz aufragenden Formen die wiesen- und
mehr
waldgrünen Flysch- und Kreidegehänge stolz beherrscht. Diese Ueberschiebung erscheint zum erstenmal an der Laitemaire, wo
der aufgeschobene Schenkel noch nicht stark geneigt ist, dann an der sehr steilen Ueberschiebungsplatte des Rocher de la Raye
und endlich jenseits des Pertet à Bovey an der Dent de Ruth, den Gastlosen und am Bäderhorn, wo die Ueberschiebung
jene senkrechte, gezinnte und zerschartete Mauer aufgetürmt hat, der die unwirtliche Kette der Gastlosen ihren Namen verdankt
und die schliesslich bei Oberwil wieder unter den Flysch des Simmenthales eintaucht.
Eine breite Flyschzone, der das schöne Plateau von Leysin, das Plateau von La Braye bei Château d'Œx, das
Thal von Rougemont, der Pass über die Saanenmööser, der Rodomont und der Hundsrück, sowie endlich auch das Simmenthal von
Zweisimmen bis Wimmis angehören, trennt die Kette der Gastlosen von einem stark dislozierten Gebiet, das den SO.-Rand der Zone
der Kalkketten bildet und mit dem Namen der Gummfluhzone bezeichnet werden kann. Diese besteht hauptsächlich
aus Jura und Trias und beginnt an den Rochers de la Cheneaux über Aigle mit wenig scharf hervortretenden Triaskalkfelsen, worauf
ihr ferner angehören der Triaskalkkamm des Mont d'Or und, jenseits der Tourneresse, der Rocher du Midi (Trias), der Rubli (Jura
und Trias) und die Gummfluh (Jura und Trias), deren kühne und kahle Wände einen lebhaften Gegensatz zu
der wiesengrünen Flyschlandschaft ringsum bilden.
Der tektonische Bau dieses Gebietes ist durch das Auftreten von Ueberschiebungen und Faltenverwerfungen (vergl. die geologischen
Profile) ein ausserordentlich verwickelter. Nun taucht der Jurakalk gegen NO. unter den Flysch und die Hornfluhbreccie ein,
um jenseits der Simme in etwas weniger verwickelter Gestalt im Niederhorn, Thurnen und den Spilgerten neuerdings zu Tage zu
treten und mit der Burgfluh bei Wimmis zu endigen. Ihrem ganzen S.-Rand entlang ruht diese Zone der Kalkketten mit ihrer Trias
dem Flysch der Niesenzone auf.
Die Ketten der Gummfluhzone werden zum grossen Teil noch von der Zone der Hornfluhbreccie überlagert.
Zwischen dem Rubli und der Gummfluh liegt die Hornfluhbreccie in Gestalt von einzelnen Fetzen und Lappen in den spitzen Mulden
eingeklemmt, so dass sie hier nur geringen Einfluss auf die Oberflächenformen ausübt. Ganz anders dagegen an der Hornfluh
selbst, wo diese Breccie als eine gefaltete Decke erscheint, die mit Ausnahme des Amselgrates die ganze
Fortsetzung der Rubli-Gummfluhzone überdeckt.
Der Kamm von Flühwald zwischen Le Vanel und Weissenbach besteht aus einer Reihe von Zungen der Hornfluhbreccie, die in den
Flysch und die Kalke der Zone Rubli-Gummfluh eingekeilt
sind und mit diesen zusammen ein verwickeltes
Ganzes bilden. Das Gebiet zwischen den Spilgerten und dem Niederhorn-Thurnen endlich weist wieder wie die Gruppe des Rubli
synklinale Fetzen der Breccie auf, die dann ferner noch in ziemlich grossen Schichtpaketen sich gegen das Simmenthal zu hinuntersenkt.
Die Flyschzone des Niesen hängt mit der aus mesozoischen Schichten bestehenden Passzone zusammen, indem
beide, besonders zwischen dem Col de la Croix und dem Chamossaire, oft ineinander übergreifen. Die mächtige Entwicklung des
Flysches weist der Niesenzone in der Saane- und Simmengruppe eine überwiegende Stellung an. Sie beherrscht mit ihren aus
polygenen Konglomeraten und harten Sandsteinen aufgebauten Gipfeln (Albristhorn, höchster Punkt der ganzen
Gruppe) die Nachbargebiete und wird nur von den nahen Ketten der Hochalpen an Höhe übertroffen. Um ihren mehr als 10 km breiten
Fuss reihen sich im Kreisbogen die Kalkketten der Präalpen und die Ketten der Gurnigelzone.
Der Flysch ist stark gefaltet und wahrscheinlich mehr als einmal übereinandergeschoben, was seine hier
so hervorragende Mächtigkeit leicht erklärt. Die widerstandsfähigsten und vorwiegendsten Felsarten der Zone sind der Niesensandstein
und das polygene Konglomerat des Chaussy. Ein vollkommenes und unentwirrbares Durcheinander bildet dagegen die Schichtenfolge
in der Passzone: Trias (Dolomit, Rauhwacke, Gips), Lias, Dogger, Malm, Neocom etc. verwickeln sich hier vollständig gesetzlos
unter sich und mit unzähligen Flyschlagen und zeigen die verschiedensten und widersinnigsten Fall- und
Streichrichtungen, so dass eine gänzliche Lösung dieses Wirrwars wahrscheinlich nie gelingen wird.
Der Grund für diese Erscheinung ist leicht ersichtlich, da sich gerade hier die verschiedenen aufeinanderfolgenden Decken
der Präalpen nach ihrem Schub über die Hochalpen überstürzt haben. Jede der Decken hat eben in dieser
Brandungszone Fetzen ihrer Stirn- und ihrer Fusspartie liegen gelassen, während ein anderer Teil weiter vorwärts geschoben
wurde und nun mit dem begleitenden Flysch zusammen die bogenförmige Gurnigelzone bildet. Gurnigelzone, Niesenzone und Passzone
gehören einer und derselben Decke an, welche unter der gefalteten Decke der Kalkketten durchgreifend
eine tellerförmige Unterlage bildet.
Die Erosion hat in die Saane- und Simmengruppe die zwei grossen Thalsysteme eingeschnitten, denen sie ihren Namen verdankt.
Mit Ausnahme von einigen weit zurückliegenden Quellarmen werden diese beiden hydrographischen Systeme in ihrer Gesamtheit
von unserer Gruppe gespiesen. Dazu gehören ihr ferner noch einige, allerdings
mehr
wenig wasserreiche Wildbäche an, die der Rhone oder dem Genfersee zufliessen. Die Eiszeit hat überall ihre Spuren in Form
von Moränen und fluvioglazialen Schottern hinterlassen, die vom Rhone- und Aaregletscher des Diluviums und ihren Schmelzwassern
abgelagert worden sind. Bedeutende Alluvionen liegen im untern Simmenthal und im untern Saanethal bei Bulle.
Infolge der geringen Höhe der Ketten der Saane- und Simmengruppe und der geringen breite derjenigen ihrer Kämme, die die
Schneegrenze erreichen oder überschreiten, finden sich hier zur Jetztzeit keine Gletscher mehr. Immerhin liegen an schattigen
Hängen und in einzelnen Karen noch einige dauernde Firnflecken als letzte ärmliche Ueberbleibsel der einstigen
Gletscher der Eiszeit.