Weniger grosse
Rebberge stehen ferner noch an den von den
DörfernDully,
Bursinel,
Perroy und
Allaman gegen den
See sich senkenden
Hängen.
Oben am Gehänge und auf der Hochebene findet sich viel
Wald. Das Kulturland verteilt sich wie folgt:
Die industrielle Tätigkeit ist in diesem vorwiegend agrikolen und Weinbau treibenden Bezirk nur von
untergeordneter Bedeutung. Immerhin sind zu nennen eine Zementröhrenfabrik in
Allaman, eine Weberei in
Dully, eine Ziegelei
in
Bursins; ferner Teigwaren- und Heizkörperfabriken,
Sägen und Zimmerplätze. Bedeutendste
Strassen sind die Seestrasse
Lausanne-Genf
und die ihr nahezu parallele und dem untern Rand der Weinberge folgende sog.
Vy d'Étraz(via strata)
von
Aubonne nach Nyon;
ferner die vom
See auf das
Plateau hinaufführenden
StrassenRolle-Burtigny-Saint Georges, Rolle-Gimel und
Allaman-Aubonne,
die sich nachher vereinigen zu der über den
Marchairuz nach
Le Brassus ziehenden Strasse. Den Bezirk bedienen die Bahnlinie
Genf-Lausanne (mit den Stationen und Haltestellen
Le Verney,
Bursinel, Rolle,
Perroy und
Allaman) und die
seit einigen Jahren eröffneten elektrischen Querbahnen Rolle-Gimel und
Allaman-Aubonne-Gimel. Dampfschiffstation in Rolle.
Postwagen Rolle-Begnins.
(Kt. Waadt,
Bez. Rolle). 378 m. Gem. und Stadt, Hauptort des Bezirkes gleichen Namens; am
Genfersee 24 km wsw.
Lausanne und 32 km
nnö. Genf.
An der Strasse und der Eisenbahnlinie
Lausanne-Genf. Station dieser Linie, Dampfschiffstation; Kopfstation
der elektrischen Strassenbahn
Rolle-Gimel, der die Société des forces de
Joux die nötige Kraft liefert. Postwagen
Rolle-Gilly-Begnins.
Strassen nach
Gilly-Trélex-Saint Cergues,
Gilly-Burtigny-SaintGeorges-Marchairuz und
Mont-Essertines. Postbureau, Telegraph,
Telephon. 1803: 1323 Ew.; 1860: 1591 Ew.; 1900: 2025 Ew. 126 Gemeindebürger, 1064 übrige Waadtländer, 525 übrige Schweizer, 310 Ausländer. 1687 Reformierte, 325 Katholiken
und 13 Andere. 1755 Ew. sprechen französisch, 197 deutsch, 53 italienisch und 20 eine andere Sprache. 218
Häuser.
Reform. Kirchgemeinde, freie evangelische Kirche, kathol. Pfarrei. N. und w. über Rolle erheben sich die Hänge der
Côte,
an denen oben
Wald und unten Weinberge mit geschätztem Ertrag stehen. Etwa eine Stunde nnö. der Stadt
befindet sich das
Signal de Bougy, dessen prachtvolle Aussicht jedes Jahr zahlreiche Besucher anzieht.
Gegen O. und S. hat
man Ausblick auf den
Jorat, die
Freiburger-, Waadtländer- und Savoyeralpen, den Salève und den ganzen
Genfersee. Die Stadt
besteht in der Hauptsache aus einer dem
See parallel ziehenden langen und breiten Strasse.
Vor den gegen den
See gerichteten S.-Fronten der
Häuser liegt eine ganze Reihe von Gärten, die sehr malerisch wirken und
dem
Ort eine ganz besonderes Gepräge verleihen. Einen weitern Schmuck bildet die etwa 100 m vor dem Ufer
liegende
Ile de La Harpe. Bemerkenswert ist ferner das gegen Ende des 13. Jahrhunderts von einem
Grafen von Savoyen erbaute
Schloss am O.-Ende der Stadt, ein mächtiges Viereck mit 4 Ecktürmen und einem Innenhof. Es dient heute als Sitz des
Bezirksgerichtes, als Bezirksgefängnis, als Sitz der an meist alten Werken über Theologie und Recht
reichen Stadtbibliothek, sowie als Schulhaus (Latein- und Industrieschule für beide Geschlechter gemeinsam 5 Primarschulklassen).
Nahe beim
Schloss die schöne Lindenallee (Promenade des Tilleuls), die
Place d'Armes und das Geburtshaus von Frédéric César
de La Harpe mit Gedenktafel. Ein anderes bemerkenswertes Privathaus ist dasjenige des gewesenen Staatsrates
Berney, das aus dem 16. Jahrhundert stammt und einst dem Edelgeschlecht derer d'Allinges gehörte. Am W.-Ende der Stadt hat
man um 1875 ein Kasino erstellt, dessen grosser
Saal zu Theatervorstellungen, Vorträgen und Versammlungen dient. Nahe dabei
steht am Quai eine meteorologische Säule, der Stadt vom Studentenverein Belles Lettres geschenkt, der
in Rolle jedes Jahr sein Frühlingsfest feiert. Die Pfarrkirche bietet kein besonderes Interesse.
Die Stadt ist von zahlreichen schönen Landhäusern umgeben. Dasjenige von
Les Uttins, vor der Stadt an der Strasse nach Genf
gelegen,
war lange Zeit Eigentum der De La Harpe de
Yens, des ältern Zweiges des Geschlechtes; es wurde zusammen
mit den zugehörigen Gütern von den Bernern konfisziert und 1792 an die Familie Morsier aus
Perroy verkauft. Es ist vom Herzog
von Noailles und seiner Familie 20 Jahre lang bewohnt worden. Ueberhaupt waren diese verschiedenen
Villen um Rolle um die
Wende des 18. und 19. Jahrhunderts der Sitz einer auserwählten und eleganten
Welt, so des Marquis de
Salgas und der Familien Rieu, Finguerlin, Desarts, Senebier, de Ribeaupierre, Tremblay, de Larrey, de
Saint Georges,
Rolaz
du Rosay, de Mestral, Passavant, de
Rovéréaz,
Favre, Eynard und
Châtelain. Heute werden diese
Villen nicht mehr das ganze
Jahr bewohnt. Ganz nahe n. der Stadt sprudelten einst eine Schwefel- und eine Eisenquelle, welch' letztere
im 18. Jahrhundert von den Aerzten Tronchin und Tissot empfohlen wurde und sich damals einer grossen Beliebtheit erfreute.
Sie ist seither verschwunden; ein Projekt, sie wieder aufzusuchen und eventuell von neuem nutzbar zu machen, hat man bald
wieder aufgegeben.
In Rolle bestehen drei Knabenpensionate (darunter ein nach der Vertreibung der Kongregationen aus Frankreich vor kurzem gegründetes)
u. zwei Mädchenpensionate. Zahlreiche Gesellschaften und Vereine aller Art
¶
mehr
(wie überall in den Städten der Waadt):
Volksküche, ein zwei Jahrhunderte alter Unterstützungsverein (Société charitable),
ein 1685 (d. h. im Jahr der Aufhebung des Ediktes von Nantes) gegründeter französischer Unterstützungsverein (Bourse française),
Alters-, Kranken- u. Sterbekassen, Turn-, Gesang-, Schiess- und Musikvereine, Temperenzverein, Schlittschuhklub, Seeklub (Société
nautique), Lese- und Vortragsgesellschaft etc. Eine sog. «Abbaye» (eine Art Zunft) besitzt aber Rolle
merkwürdigerweise nicht.
Die während der Zeit der Berner Oberhoheit hier bestehenden Vereinigungen dieser Art (so z. B. die Abbaye de l'Arc oder Bogenschützengesellschaft)
lösten sich nach einem von ihnen veranstalteten Bankett, das grosses Aufsehen erregt hatte, aus Furcht vor der Strafe des
Rates von Bern
auf. Rolle ist der Mittelpunkt des Weinhandels der Côte; der Bahnhof hat während der Weinlese 1900 im Ganzen 18497 hl
Wein spediert. Handel mit fremden Weinen, der demjenigen mit einheimischem Gewächs ungern gesehene Konkurrenz macht. Die
wenig industrielle Stadt hat eine Teigwarenfabrik, eine Kisten- und Kofferfabrik, eine Präzisionsinstrumentenfabrik,
eine Kochherd- und Heizkörperfabrik. Weit herum bekannt sind die «petits pains de Holle» geheissenen Brötchen. Um den Bahnhof
sind während der letzten Jahre mehrere neue Häuser erbaut worden, die den Anfang zu einem neu erstehenden Quartier bilden.
Die Geschichte von Rolle ist bis gegen das Ende des 18. Jahrhunderts noch ziemlich ungenügend bekannt.
Hier besass Graf Amé V. von Savoyen 1291 ein am Seeufer stehendes Schloss (1295: Castrum Rotuli), das er dem Aymon de Sallanova
zu Lehen gegeben hatte. Ein am zwischen dem Grafen Amadeus und seinem Bruder Ludwig, Herrn der Waadt,
vereinbarter Tauschvertrag
von Ländereien und Lehen setzte Ludwig in den Besitz von Schloss, Stadt und Mandament Nyon, während Amadeus
das Lehensrecht über Schloss und Mandament Rolle beibehielt, allerdings unter Bedingungen, die zeigen, dass Ludwig selbst
eifrig nach ihrem Besitz getrachtet hatte. Am erhielt Jean de Greilly vom Grafen von Savoyen Schloss
und Herrschaft Rolle zu Lehen, die nun während mehreren Generationen dessen Familie verblieben.
Ludwig II. von Savoyen, Herr der Waadt,
der seit einiger Zeit Lehensherr von Rolle war, trat 1314 diese Herrschaft zusammen mit anderen
Städten an seinen Onkel Amadeus V. ab, erhielt aber das Schloss in Anerkennung seiner geleisteten Dienste 10 Jahre
später wieder zurück. 1330 begann er, neben dem Schloss zu «Ruelloz» eine Stadt anzulegen, die «libre
et franche» sein sollte. Sogleich aber legten zwei Herren von Mont le Grand, Onkel und Neffe und beide Jean geheissen, Verwahrung
dagegen ein, indem sie sich auf angebliche ältere Rechte beriefen und geltend machten, der Boden stehe
hier unter ihrer Gerichtsbarkeit. Um dem Streit ein Ende zu machen, willigte Ludwig ein, dass die Herren von Mont le Grand
hier auf alle Zeiten das Amt des Schlossvogtes und Meiers (le vidomnat und la mestralie) mit sämtlichen dazu gehörenden
Rechten und Einkünften besitzen sollten und
dass ihnen ausserdem die Hälfte der von ihm erstellten
Mühlen und Backöfen gehören sollte.
Diese Uebereinkunft kann als der Gründungsakt von Rolle betrachtet werden. Das Schloss verblieb, immer unter der Oberhoheit
des Herrn der Waadt,
dem Geschlecht de Greilly. Gaston de Greilly, Sohn von Archambaud de Greilly und seiner
Gemahlin Isabelle de Foix, nannte sich Graf von Foix und besass in der Guyenne ausgedehnte Ländereien, weshalb er im 100jährigen
Krieg auf Seite des Königs von England stand und auch an der Schlacht von Azincourt (1415) teilnahm. Sein Sohn Jean de Foix
wurde in Castillon 1453 von den Franzosen gefangen genommen. Um sich das für den Loskauf dieses Sohnes
nötige Geld zu verschaffen, verkaufte Gaston seinen gesamten am Genfersee gelegenen und unter der Oberhoheit der Herzoge
von Savoyen stehenden Grundbesitz (Rolle, Greilly und Ville laGrand).
Die Herrschaft Rolle erwarb sich Amédée de Viry, Herr von Mont le Vieux, der seinen Wohnsitz im Schloss
Rolle nahm, das er beträchtlich umbauen und dem er u. a. den nördl. Eckturm (langezeit Tour de Viry genannt) beifügen liess. 1531 kam
die vereinigte HerrschaftRolle-Mont le Vieux an Jean Amédée de Beaufort, der eines der eifrigsten Mitglieder des sog. Bundes
der Löffelritter war und am dem Rat zu Bern
den Treueid schwor. Stark verschuldet, musste er 1550 Rolle
und Coppet an seinen Bürgen, den GrafenMichel von Greierz, abtreten, der sich dann aber durch seine eigenen finanziellen Schwierigkeiten
selbst wieder genötigt sah, alle seine schönen Herrschaften im Waadtland zu verkaufen, von denen Mont le Grand 1553 und
Rolle und Mont le Vieux 1558 an Johannes Steiger, Seckelmeister der Waadt
und einer der reichsten Patrizier der Republik Bern,
kamen. In
dessen Familie verblieb die Herrschaft Rolle bis 1798. Der letzte Herr war Ch. Rud. Kirchberger, Gemahl von Sophie Steiger.
Die freiheitlichen Ideen des endenden 18. Jahrhunderts fanden in Rolle eine begeisterte Aufnahme, die
ihnen besonders die eifrige Propaganda der Vettern Amédée de La Harpe und Frédéric César de La Harpe gesichert hatte.
Die Bogenschützengesellschaft veranstaltete zur Feier des Jahrestages der Erstürmung der Bastille am und am je
ein grosses Bankett, an denen begeisterte Reden gehalten wurden. Bei dem von A. de La Harpe präsidierten Festmahl von 1791 sang
man sogar Çaira und andere revolutionäre Lieder.
Bern
ging aber gegen die Anstifter dieser Demonstration mit Strenge vor. Amédée de La Harpe wurde zum Tode und
zum Verlust aller seiner Güter verurteilt, konnte aber entfliehen und machte nachher in französischen Diensten eine glänzende
Carrière. Am hat man eine an ihn erinnernde Gedenktafel an seinem einstigen Haus an der Place des Tilleuls angebracht.
Ebenso mussten auch andere Teilnehmer an den Banketten, so z. B. J. J. Cart, ihre Heimat verlassen.
Die ausserhalb Rolle nur wenig bekannte Geschichte der Ile de La Harpe wirft ein eigenartiges Licht auf den Geist, der zwischen 1830 und 1845 im Kanton Waadt¶