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Verwitterung herausmodelliert worden. Diese Formen waren annähernd in heutiger Gestalt vorhanden, als die Eiszeit eintrat und der Reussgletscher das Rigigebirge umflutete, wie aus dem Vorkommen der erratischen Blöcke hervorgeht. Unter diesen herrschen auf der S.-Seite Gotthardgranite vor. Gegenüber der Mündung des Reussthales steigen sie am höchsten an, nämlich am Gotthard bis 1399 m; an der Vitznau-Rigibahn gehen sie noch bis 1120 m, und auf dem Seeboden bilden sie die äussere Terrassenkante bei 1020-1030 m. Hier sind sie zu einer Moräne zusammengehäuft. Am nördl. Gehänge des Rigi steigen die erratischen Blöcke nur bis etwa 940 m hoch an (Rigidächli).
Die Gotthardgranite bilden noch einen reinen Schwarm von Blöcken im «Bühlen» südl. vom Lowerzersee; weiter westl. mischen sich mit ihnen Kalksteine und Taveyannazsandsteine. Die letztern sind häufig am Zugersee und stammen vom rechten Ufer des Reussgletschers (Schächenthaler Windgälle). Was unter dem Eis lag, wurde poliert und geschrammt (Schliffe und Schrammen z. B. auf ½ Wegstunde auf den Kalksteinplatten an der Seestrasse von Langmatt bis Gersau). Nach der Eiszeit begannen Verwitterung und Erosion wieder ungehindert zu arbeiten: es bildeten sich junge Schluchten (Schnurtobelschlucht etc.) und lösten sich Bergstürze ab. Im Nagelfluhgebiet seien genannt der Sturz vom Rigikänzeli zum Sentenberg, derjenige vom Heiligenkreuz bis zum See bei Lützelau (Ende des 17. Jahrhunderts), der Schlammstrom vom Kirchenwald nach Weggis (1795) und der Sturz vom Felsturm der Steigifadfluh (1870). Im Kalkgebiet ist neben grossen Bergsturzhaufen auch allgemeine Schuttbedeckung zu beobachten, so z. B. die Schutthalde am N.-Hang der Hochfluh bis zum Lowerzersee und die am Urmiberg gegenüber Ingenbohl. Vom Vitznauerstock sind verschiedene Bergstürze niedergebrochen, so einer ins Gersauertobel, ein zweiter nach Altorf (östl. Teil von Vitznau) (1674) und ein dritter ins Vitznauertobel (1879). Der Goldauerbergsturz hat den N.-Fuss des Rigi auf etwa 1,5 km Länge mit Schutt bedeckt.
Rigiwege.
Die zahlreichen nach den verschiedenen Punkten des Rigi hinaufführenden Saum- und Fusswege lassen sich folgendermassen anordnen: a) Wege nach dem Kulm. Je ein Weg von Arth (3¾ Stunden) und von Goldau (3½ Stunden) von NO. her. Beide vereinigen sich im untern Rigidächli, um von da aus am nördl. Gehänge des Thales der Rigiaa in den Klösterlitrichter hinein zuführen. Zuerst liegt dieser Weg hoch über dem in tiefer Schlucht fliessenden Bach, bis Weg und Bach von der Krauthütte (1260 m) an ungefähr in gleichem Niveau sich befinden.
Ueber Rigiklösterli (1320 m) erreicht man Rigistaffel, wo alle Kulmwege sich vereinigen und dem mehrfach genannten Längskamm entlang zum Kulm gehen (½ Stunde). Von NW. her führen drei von Immensee, Küssnacht und Greppen ausgehende Wege auf den Kulm. Immensee-Seeboden (1½ Stunden) über die nordwestl. Seitenkante der Rigipyramide und Küssnacht-Seeboden (1¼ Stunden) über die untere der beiden Stufen am NW.-Gehänge. Diese beiden Wege vereinigen sich beim Hotel auf der Kreuzegg, von wo sie gemeinsam über die Terrasse des Seebodens und im Zickzack über die obere Stufe zum Rigistaffel (1¾ Stunden) hinaufführen. Der Weg von Greppen geht im Zickzack über beide Stufen zum Känzeli (2¼ Stunden), von da über eine breite Verwitterungsterrasse zum Kaltbad (¼ Stunde) und endlich zum Staffel (½ Stunde). Zwei Wege von der Südwestseite aus, nämlich von Weggis (2¼ Stunden) und von Vitznau (2½ Stunden) zum Kaltbad. Der Vitznauerweg geht über die genannten, vom Känzeli nach SO. absinkenden Terrassen.
1) Vom Kaltbad aus längs dem südl. Querkamm (1¾ Stunden);
2) von Gersau aus durch das Tobel bis etwa ¼ Stunde unter die Höhe des Gätterlipasses, dann zuerst am Abhang und nachher auf der Kammlinie des Quergrates zwischen Hochfluh und Scheidegg (2½-3 Stunden);
3) von Lowerz über den Gätterlipass bis zum Gersauerweg und dann auf diesem weiter (3 Stunden).
Rigibahnen.
1. Die Vitznau-Rigibahn. Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern, Betriebsdirektion und Werkstätten in Vitznau. Zahnradbahn, eröffnet 1871; die älteste der Rigibahnen und darum auch kurzweg «Rigibahn» genannt. Erbaut wurde sie von den schweizerischen Ingenieuren Nik. Riggenbach, Olivier Zschokke und A. Näff. Länge bis Staffelhöhe 5155 m, bis Rigikulm 7058 m. Gesamtsteigung bis zum Kulm 1312 m, durchschnittlich 20%, im Maximum 25%. (Fachtechnische Besprechung von Lokomotiven und Oberbau in Schweizer. Bauzeitung. Bd 16 und 17). Spurweite 1435 mm, Kurvenradius 180 m, Gewicht eines Zuges aus Lokomotive und belastetem Wagen etwa 25-28 Tonnen. Stationen: Vitznau (440 m);
Freibergen (1026 m) ob dem Schwandentunnel und der Schnurtobelbrücke;
Romiti-Felsentor (1206 m) ob dem Eichenbachfall;
Rigikaltbad (1433 m), ¶
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Staffelhöhe (1551 m), Rigistaffel (1607 m), Rigikulm (1752 m). Fahrzeit 1 Stunde 14 Minuten. Während der Saison 1903 wurden befördert in 4804 Zügen: 131398 Personen, 1349400 kg Güter und 271875 kg Gepäck. Die Bahn benutzt zum Aufstieg bis Staffelhöhe die mehrfach genannten Verwitterungsterrassen und von da an den Längsgrat Känzeli-Kulm.
2. Die Rigischeideggbahn. Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern, Betriebsdirektion 15. Mai bis 15. November in Rigischeidegg, die übrige Zeit in Luzern. Eröffnet 1874. Adhäsionsbahn von 6747 m Länge; Spurweite 1000 mm, maximale Steigung 5%. Kurvenradius 125 m. Die Bahn beginnt beim Kaltbad (1439 m) und folgt dem südl. Querkamm, kommt also nach Rigifirst (Station bei 1455 m), windet sich auf der nördl. Seite um den Schild herum, erreicht die Station Unterstetten (1435 m), weicht auf gleiche Weise dem Dossen aus, hält nochmals bei 1546 m und gewinnt dann die Endstation Rigischeidegg (1607 m). Fahrzeit 35-40 Minuten. Saison 1903 auf 1122 Fahrten befördert: 9211 Personen, 82120 kg Gepäck und 148200 kg Güter.
3. Die Arth-Rigibahn. Aktiengesellschaft. Werkstätten in Goldau. Eröffnet 1875. Erbaut von den Ingenieuren Hans Müller (Aarau), Chr. Simonett (Andeer) und N. Riggenbach (Olten). Adhäsionsbahn von Arth bis Goldau (2818 m lang, Höhenunterschied 90 m, maximale Steigung 6,5%) und Zahnradbahn von Goldau bis zum Kulm (8659 m lang, Höhenunterschied 1239 m, maximale Steigung 20%, mittlere Steigung 14,3%; kleinster Kurvenradius 120 m; Gewicht eines belasteten Zuges etwa 30 Tonnen).
Die Thalbahn beginnt bei Arth (423 m), folgt dem breiten Thal bis Oberarth (452 m) und erklimmt von da bis Goldau (513 m) die vom Rigi zum Rossberg hinüber setzenden Felsbänder und den darauf liegenden bekannten Bergsturzhaufen. Dann beginnt die Bergbahn. Diese setzt mit einem Viadukt über die Schwyzerstrasse, steigt auf einer Verwitterungsterrasse zur Station Krähbühl (766 m), gewinnt, über grossartige Kunstbauten an der Krähbühlwand aufsteigend, eine höhere Terrasse und lenkt durch den Rotenfluhtunnel (62,7 m lang) in das Thal der Rigiaa ein, um über die Stationen Fruttli (1137 m; Fussweg nach Rigidächli), Klösterli (1315 m) und Staffel (1607 m) die Station Kulm (1752 m) zu erreichen. Die Bahn beförderte 1900: 91332 Personen und 5147 Tonnen Gepäck und Güter. (Statist. Angaben über die Rigibahnen im Art. Die Bergbahnen der Zentralschweiz in der Zeitschr. für Schweiz. Statistik. 1903).
Klima.
Auf dem Kulm besteht eine vollständig ausgerüstete meteorologische Station, deren Beobachtungen im Zeitraum 1864-1900 folgende Mittelzahlen für das Jahr ergeben haben: Niederschlagsmenge 1666 mm;
Barometerstand 613,7 mm. Monatsmittel der Temperatur: Januar -4,5°;
Februar -4°;
März -3,4°;
April 0,2°;
Mai 3,9°;
Juni 7,5°;
Juli 9,9°;
August 9,9°;
September 7,5°;
Oktober 2,7°, November -0,8°;
Dezember -3,85° C. Jahresmittel 2,04° C. (Gersau 9,27° C.).
Die Temperatur nimmt also nach oben auf je 200 m um 1° C. ab.
Flora.
Wenn auch die Flora des Rigi mit Bezug auf Reichhaltigkeit und den ausgesprochenen alpinen Charakter hinter derjenigen des Pilatus zurücksteht, so bietet sie doch noch viel Interessantes. Schon früh, wenn anderwärts der harte Winter noch sein Szepter schwingt, erwacht bei Weggis und Vitznau ein buntes Pflanzenleben, dem typische Föhnpflanzen angehören. An den Waldrändern glänzen die blauen Sterne von Hepatica triloba und die roten Schmetterlingsblüten von Lathyrus vernus.
Bis zu dem üppigen Kastanienwald (Castanea vesca) hinunter leuchten aus der neu ergrünenden Wiese die blauen Kronen von Gentiana verna; im benachbarten Sumpfe erheben sich die stattlichen Sporangienähren von Equisetum telmateja. Im gemischten Waldgürtel des S.-Hanges trifft man noch vereinzelte Stöcke der Eibe, daneben die typischen Föhnsträucher Coronilla emerus, Euonymus latifolius und Tamus communis. In den höhern Gebieten des Rigi, bis hinauf zum Rigikulm dominiert die typische Alpenmatte, während die Schutthalden- und die eigentliche Felsflora nur wenig hervortreten. Mit dem schneeweissen Aufleuchten von Crocus vernus bis zum letzten Verwelken der Compositen entfaltet sich doch noch ein stattliches Heer von Alpenpflanzen.
Die Welt der Blumen hat auf dem Rigi einen harten Stand, da die gierige Zunge der Weidetiere und der nimmersatt abraufende Arm des Bergfahrers den meisten ein rasches Ende bereiten. So können sich die Alpenrosen, von denen ausser der bewimperten auch die rostblätterige und der Bastard zwischen beiden vorkommt, nur an wenig zugänglichen Stellen noch behaupten. Unmittelbar nach der Schneeschmelze blühen Krokus und Soldanellen. Später treffen wir auf den Alpweiden oberhalb Klösterli und auf Scheidegg eine stattliche Reihe von Enzianen, nämlich den grossblumigen gemeinen, den bairischen und den Schnee-Enzian, dann den gelben, den punktierten und den purpurfarbigen Enzian.
Ein weiterer Schmuck der obern Alpweiden des Rigi sind die Alpen- und die narzissenblütige Anemone, der Alpen-Hahnenfuss, die massliebchenblätterige Gänsekresse, die Berg-Sieversie, das Alpen-Berufkraut, die beliebte Arnika, der Kronlattich, die bärtige und die Scheuchzersche Glockenblume, die Bartschie, das quirlige und das beblätterte Läusekraut, der niedrige Mannsschild, der zwiebeltragende Knöterich, die weissliche Nacktdrüse und das beliebte Männertreu oder Bränderli.
Auf Felsen und Felsenschutt blühen die Kernere, die strauchige und die scheidenblätterige Kronwicke, die Dryade, das rosmarinblätterige Weidenröschen, der bläuliche, der keilblättrige und der sternblütige Steinbrech, das hahnenfussähnliche Hasenohr (Hochfluh), der strauchige und der Felsen-Ehrenpreis, die Alpen-Saturei, die Aurikel- und die ganzblätterige Schlüsselblume, die nacktstengelige und die herzblätterige Kugelblume, der Schild- und der arumblätterige Ampfer. An Sträuchern sind bemerkenswert der Alpen-Kreuzdorn, die gemeine und die wollige Steinmispel, die Felsenmispel, die Alpen-Stachelbeere, die gemeine und die Alpen-Bärentraube (Kulm), Erica (Dossen), der Zwergwachholder.
Eigentliche Hochalpenpflanzen, die auf dem Rigi vorkommen, sind das niedrige und das norwegische Ruhrkraut, die schwarzrandige Wucherblume und die kriechende Sibbaldie (zwischen Kulm und Staffel). Trotz den blumenplündernden Heerscharen der Rigifahrer beherbergt der Berg einzelne wertvolle Seltenheiten, wie die Korallenwurz und den Widerbart auf Klösterli, die thymianähnliche Kreuzblume und das Wald-Läusekraut. Andere weniger auffällige Alpenpflanzen, die jedoch den Botaniker interessieren, sind die Bastarde Senecio jacobaea × cordatus, Cirsium acaule × spinosissimum (Staffel), C. oleraceum × acaule (Scharteggli);
Hieracium bupleuroides, H. alpinum, H. prenanthoides, H. villosum, H. murorum × villosum;
Juncus filiformis, J. alpinus, J. triglumis;
Carex firma, C. sempervirens, C. tenuis;
Agrostis alpina und A. rupestris;
Poa alpina und P. cenisia;
Festuca Halleri, F. alpina, F. amethystina, F. pumila, F. pulchella;
Selaginella helvetica und S. selaginoides;
Cystopteris montana;
Asplenium septentrionale und A. trichomanes × septentrionale.
Siedelungen und Bodenbenutzung.
Am Fuss des Rigi stehen neben vielen Weilern 11 Dörfer: Küssnacht, Immensee, Arth, Oberarth, Goldau, Lowerz, Seewen, Gersau (alle im Kanton Schwyz), Vitznau, Weggis und Greppen (im Kanton Luzern). Von dieser Wirtschaftsbasis geht die Benutzung der Gehänge und bergwärts folgenden Thäler aus. Gersau z. B. hat als Hinterland das ringsum isolierte Gebiet seiner zwei Bäche, woraus sich seine geschichtliche Rolle erklärt (s. den Art. Gersau). Wald- und Weidland wechseln je nach der Bodengestalt: Wald an den steilen Gehängen des Urmibergs, der Hochfluh, des Vitznauerstockes, am ganzen N.-Hang, in der Schlucht der Rigiaa, auf den beiden Stufenabstürzen gegen den Küssnachtersee, auf den Abstürzen der Verwitterungsterrassen gegen Weggis und Vitznau;
Weiden auf den Terrassenflächen der Vitznauer- und Goldauerseite, auf der Erosionsterrasse des Seebodens, im obern Teil des Klösterlitrichters und in der Eozänzone.
Auf dem Weidland liegen 200 Sennhütten zerstreut und werden 4000 Stück Vieh gesömmert. Farnfelder am N.-Hang liefern Streue. Anteil am Rigigebiet haben ausser den bereits erwähnten Gemeinden auch noch Arth, Lowerz, Schwyz und Ingenbohl.
Die Aussicht
vom Rigi gilt als eine der grossartigsten in Europa. Ihr theoretischer Radius ist etwa 150 km und ¶