mehr
selbst einen einheitlichen Wiesenteppich darstellt, in den die vom Alter gebräunten Holzhäuser zahlreicher kleiner Weiler und Dörfer wie eingewoben erscheinen. Das einheitliche und etwas monotone Gepräge dieser Wiesen- und Waldlandschaft wird nur da und dort durch einige kleine Roggenfelder unterbrochen, die an den sonnigsten und am besten geschützten Stellen der Gehänge liegen. Unterhalb Niederwald tritt der Fluss in eine Schluchtenstrecke ein, längs der die Dörfer (Mühlibach, Aernen, Lax) hoch oben über den Felsufern tronen.
Zwischen Aernen und Fiesch treten die beiden Thalflanken etwas auseinander, um dem Fiescherbach und der Binna den Austritt ins Rhonethal zu gestatten. Im grossartigen Durchbruch durch den Deischberg fällt die Rhone zwischen Lax (1048 m) und der Brücke von Kupferboden (814 m) um volle 234 m. Dann engt sich das Thal zwischen den Terrassen von Biester und Betten neuerdings derart ein, dass neben dem schäumenden Fluss kaum noch die Strasse Platz findet. Rechts steigt hier eine Wiesen- und Weidenhalde gegen den Grossen Aletschgletscher hinauf, während über dem steilern und mit einsamen Wäldern bekleideten linksseitigen Thalgehänge sich das Bettlihorn erhebt.
Mitten in diesem Défilé liegt wie eine Oase das Dorf Mörel, das von Kastanien-, Nuss- und andern Obstbäumen umrahmt wird und als Vorbote einer fruchtbareren und weniger wilden Natur erscheint. Und wirklich öffnet sich nach der Mündung der Massa unterhalb dem Felsvorsprung der Massaeggen eine neue Thalebene, deren gleichmässig sanftes Gefäll durch einige kurze Schluchten und andere Hindernisse nur da und dort kaum merklich gestört wird. Gleich hinter der Massaeggen, gegenüber der die Simplonbahn sich vom Rhoneufer abwendet und den längsten Alpentunnel durchfährt, erscheinen zugleich zwei bedeutende Siedelungen und zwar links vom Fluss auf dem von der Saltine angeschwemmten grossen Schuttkegel am Fuss des Glishorns und der Terrasse von Brigerberg die Stadt Brig, die letzte schweizerische Station der neuen internationalen Alpenbahn, und rechts vom Fluss am Eingang in das zur Belalp hinaufführende Thälchen das von mächtigen Nuss- und Kastanienhainen beschattete Naters. Doch verliert das Thal diesen lieblichen Charakter sofort wieder, obwohl es jetzt den hochalpinen Abschnitt seines Verlaufes hinter sich hat.
Von Brig bis Leuk bleibt der höchstens 1 km breite und nur gegenüber Agaren mit der Seufzerwiese (Prairie des Soupirs) bis fast 2 km sich erweiternde Thalboden zwischen nackten, öden und monotonen Felshängen eingeschlossen, über denen magere Grashalden oder dichter Wald ansteigen und einige Weiler hoch oben hängen. Unterhalb Leuk, wo es nach einer kurzen Strecke direkt westlicher Laufrichtung wieder in die allgemeine SW.-Richtung einlenkt, weitet sich das Thal.
Der tief zurücktretende N.-Hang mildert sich zu sanft geböschten und prachtvoll exponierten Halden, und über den Rebbergen und Obstgärten stehen auf schönen Terrassen zahlreiche blühende Dörfer. So erscheint die «noble contrée» von Siders mit ihrer sanft gewellten, hügeligen Thalsohle, die diesen Charakter einem einst aus den Berneralpen her niedergebrochenen Bergsturz verdankt, ihren zahlreichen Burgruinen, Klöstern und Schlössern, ihren Rebhäuschen (mazots) und Villen wie ein nach dem schönen Süden zu geöffnetes Fenster.
Von Salgesch (Salquenen) an zieht sich nun längs den untersten Halden bis zum Vorsprung von Les Follaterres bei Martinach auf eine Länge von 40 km die Zone der Rebberge hin. Gegenüber diesen Halden der rechten Seite, die gegen den Rawil- und Sanetschpass hin ansteigen und zahlreiche treppenförmig übereinander liegende Terrassen tragen, zeigt auch das linksseitige Gehänge einen weniger ernsten und düstern Charakter, obwohl es ihnen an Fruchtbarkeit immer noch nachsteht und nur an einigen wenigen begünstigten Stellen (Brämis, Nax und Les Agettes an der Mündung des Eringerthales, Nendaz) mit ihnen zu wetteifern vermag.
Dagegen ist das linksseitige Gehänge auf dieser ganzen langen Strecke gut bewaldet und mit schönen Maiensässen bestanden; an einigen Punkten trägt es auch Weinberge. Die Sohle erweitert sich thalauswärts immer mehr und hat von der Mündung der Raspille bis zu derjenigen der Morge eine mittlere Breite von 2 km, um dann vor Vétroz plötzlich 3 km zu erreichen und diese Breite bis Martinach beizubehalten. Längs dieser breitesten Strecke werden aber auch die Thalflanken wieder geschlossener und felsiger, und an Stelle der fruchtbaren gewellten Terrassen von Lens, Grimisuat und Savièse treten auf der N.-Seite mächtige Felswände, die, von der Sonne erhitzt, den an ihren Fuss sich anlehnenden Rebbergen eine Fülle von Wärme spenden. Bei Martinach ¶
mehr
biegt das Rhonethal zwischen den Dents de Morcles rechts und den Dents du Midi links aus seiner bisherigen SW.-Richtung unter scharfem Winkel nach NW. ab, wird bis zum Schloss von Saint Maurice auf eine Länge von 15 km immer enger und ist rechts und links von schroffen und zerrissenen Felswänden begrenzt, an die da und dort einige verkümmerte und zerzauste Tannen sich klammern. Eine etwelche Erweiterung und Milderung der schroffen Formen erscheint nur bei Évionnaz.
Jenseits der Klus von Saint Maurice ändert sich dann die Landschaft gänzlich und auf einen Schlag: der Horizont weicht zurück, und es erscheint eine mächtige Ebene, die sich gegen den See und dessen Waadtländer Ufer hin fächerförmig verbreitert. Dieser unterste Abschnitt ist zugleich der fruchtbarste, am besten angebaute und am dichtesten besiedelte Teil des ganzen Rhonethales. Die Berge werden zu beiden Seiten niedriger und weisen nur noch Gipfel von geringerer Höhe auf, deren sanfter geböschte Gehänge den verschiedenen Arten der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Menschen zugänglicher sind.
Längs dem Bergfuss reihen sich sowohl auf der Walliser wie auf der Waadtländer Seite blühende und regsame Flecken auf: Bex, Monthey, Aigle, Vouvry, Villeneuve, Le Bouveret. Weinbau wird in grossem Massstab betrieben, so besonders in Yvorne, Aigle, Villeneuve und Les Évouettes. Die Breite der Ebene steigt hier auf 5 bis 6 km. Am Rhonethal und seinen Gehängen haben 12 von den 13 Walliser Bezirken und der grösste Bezirk der Waadt Anteil. Bis Saint Maurice hinauf führen zwei grosse Strassen und zwei Eisenbahnlinien. 1 km n. Saint Maurice mündet beim Weiler Les Paluds die von Le Bouveret herkommende Linie in die Simplonbahn ein und ebenso vor dem Schloss von Saint Maurice die aus dem Chablais über Monthey kommende Strasse in die den Waadtländer Anteil am untersten Thal bedienende Strasse.
Von hier an folgt die Simplonbahn dem Rhoneufer bis etwas über Brig und die Thalstrasse bis hinauf nach Gletsch, wo sie sich einerseits mit der Grimsel- und andererseits mit der Furkastrasse fortsetzt. Von ihr zweigen die internationalen Strassen nach Chamonix, über den St. Bernhard nach Aosta und über den Simplon nach Domo d'Ossola ab und bei Martinach die bedeutendste der Nebenstrassen, die die rechtsufrigen Gemeinden Fully, Saillon, Leytron, Chamoson und Ardon miteinander verbindet.
Für alle weiteren Verhältnisse, wie z. B. Flora, Fauna, Landwirtschaft etc. vergl. den Art. Wallis.
[L. Courthion.]
Geologie.
Das Alpenthal der Rhone ist demjenigen des Rhein symmetrisch angeordnet und besteht wie dieses aus zwei verschiedenen Abschnitten. Der Abschnitt oberhalb Martinach ist ein in die Kette der Hochalpen eingeschnittenes Längsthal, das diese stellenweise in etwas schiefer Richtung durchschneidet, das Thalstück von Martinach abwärts bis zum Beginn des engen untersten Beckens des Genfersees (Petit Lac oder Lac de Genève genannt) dagegen ein Querthal, das der Reihe nach die Falten des Mont Blanc Massives, der Kalkalpen und des tertiären Mittellandes quer oder schief durchschneidet. Die ebenfalls noch zum Rhonethal zu rechnende Wanne des Genfersees liegt zum grösstenteil in dieser Querfurche der Rhone.
Im Längsthalabschnitt von der Rhonequelle am Rhonegletscher (Gletsch) bis zum Knie von Martinach ist geologisch nichts weniger als einheitlich gebaut. Tatsächlich schaltet sich zwischen Gletsch und Oberwald ein kurzes Querstück ein, wo die wildbrausende Rhone auf eine Länge von kaum 3 km mit einer Reihe von Schnellen und Fällen einen Höhenunterschied von beinahe 500 m überspringt. Diese Schlucht ist in die Gneis- und krystallin-phyllitischen Felsmassen des Aarmassives eingeschnitten. Erst bei Oberwald tritt der Fluss wieder in die zwischen die krystallinen Massen des Gotthard- und Aarmassives eingeklemmte Jura- und Triasmulde ein, die sich weiterhin im Ursernthal fortsetzt. Die Erosion hat aber ¶