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Abweichung der Richtung nach SW. und wird durch Felsvorsprünge oder die Schuttkegel ihrer Nebenflüsse bald auf die eine und bald auf die andere Thalseite gedrängt. Ihre Nebenflüsse sind hier: von rechts die vom Rawilpass kommende und bei St. Leonhard mündende Liène, die den Gletschern am Wildhorn entspringende und nahe Sitten mündende Sionne, die die Schmelzwasser der Eis- und Firnfelder an der S.-Flanke des Sanetschpasses sammelnde Morge von Conthey und endlich die Lizerne, Losenze und Salenze, die den kleinen Gletschern an den Diablerets und am Stock der beiden Muveran entspringen; von links gegenüber Siders die aus den düstern Schluchten des Eifischthales (Val d'Anniviers) herausbrechende Navizance, die vom Ferpècle-, Arolla- und Seilongletscher kommende und an Wasserführung (nach der Visp und der Dranse) den drittgrössten Zufluss der Rhone im Wallis darstellende Borgne, die 2 km nö. der Stadt Sitten einmündet, die 4 km sw. dieser Stadt mündende Printze aus dem Val de Nendaz und unterhalb des Dorfes Riddes die das Val d'Isérables entwässernde Fare.
Bei Martinach fällt von S. her die aus den drei Thälern von Bagnes, Entremont und Ferret stammende mächtige Dranse, der zweitgrösste Zufluss, der Rhone von links in die Flanke und zwingt sie zu ihrer scharfen Abbiegung nach NW. zwischen den kahlen und oft unzugänglichen Steilhängen der Follaterres einerseits und des Mont d'Autan (Arpille) andererseits hindurch. Unterhalb Évionnaz wird sie durch den mächtigen Schuttkegel des Wildbaches von Saint Barthélemy ganz an den rechtsseitigen Thalhang, d. h. an den Fuss der Felsen von Ès Lex und La Crottaz hinüber geworfen, treibt dann gegenüber den Bädern von Lavey 1 km s. Saint Maurice seit 1902 ein Elektrizitätswerk, das der Stadt Lausanne eine Kraft von 14000 PS liefert, und bricht endlich durch die von Festungsanlagen gekrönte Klus von Saint Maurice, wo sich eine kühne Brücke mit einem einzigen Bogen über sie spannt.
Bis hierher erhält sie von links den dem Trientgletscher entspringenden und durch weltberühmte Schluchten brausenden Trient, die über eine 65 m hohe Felswand zu Thal stürzende Salanfe oder Pissevache und den Wildbach von Saint Barthélemy. Unterhalb Saint Maurice weichen die in der Klus einander scharf gegenüber getretenen Ausläufer der Dents du Midi und der Dent de Morcles-Diablerets gegen Monthey nach links und gegen Bex nach rechts wieder auseinander und lassen so Raum für die breite Alluvialebene, die nun bis zum Genfersee anhält, in den die Rhone mit ihrem mit Sinkstoffen beladenen grauen oder gelblichen Wasser ein beträchtliches Delta hinausgebaut hat.
Das Rhonewasser ist im blauen Wasser des Sees noch eine beträchtliche Strecke weit sichtbar und sinkt dann plötzlich unter. Damit hat der Fluss seinen alpinen Lauf von im Ganzen 170 km Länge vollendet und eine Höhendifferenz von 1378 m (1753-375 m) überwunden. Auf der 20 km langen Strecke vom Pont de Collombey bis Bataillère (Mündung; 1 km n. vom Dorf Le Bouveret) beträgt das Flussgefälle blos noch 18 m. An nennenswerten Zuflüssen erhält die Rhone von Saint Maurice bis zum Genfersee von links bei Monthey die die Wasser des Val d'Illiez und Val de Morgins sammelnde Vièze und von rechts auf Waadtländer Boden den dem Glacier des Martinets und dem Paneyrossazgletscher entspringenden Avançon von Bex, sowie die Gryonne und die das Thal der Ormonts durchfliessende Grande Eau, die beide von den Eis- und Firnfeldern der Diablerets her einen Teil ihrer Wasser beziehen.
Neben den erwähnten kürzeren oder längeren Zuflüssen erhält die Rhone noch das Wasser von zahllosen Quellen, die längs ihres ganzen Laufes, besonders aber auf der Strecke von Gampel abwärts bis zum Genfersee, wo die Thalhänge aus Kalksteinen bestehen, entspringen. Diese Quellen, deren Aufzählung hier nicht möglich ist, senden dem Fluss ihr Wasser entweder oberirdisch oder unterirdisch zu. Eine der bedeutendsten ist die Sarvaz, die am Rocher de la Grande Garde entspringt und jedes Jahr die Ebene zwischen Saillon und Mazembroz unter Wasser setzt, weshalb man sie durch einen erhöhten Kanal zum Fluss abzuführen gedenkt. Die da und dort in der Alluvialebene der Rhone sich ansammelnden Quellwasser haben den Bau von zahlreichen Entwässerungskanälen notwendig gemacht, deren prachtvoll klares Wasser im Sommer von den trüben Wassern der von den Gletschern herunterkommenden Wildbäche lebhaft absticht. In der Gegend von Bex und Ollon und bei Versvey sind viele dieser Quellen gipshaltig.
Bei der Mont Blanc Brücke in Genf verlässt die Rhone als klarer Strom den Genfersee. Im Weichbild der Stadt liegen in ihr zwei Inseln, nämlich die Rousseauinsel (früher Ile des Barques geheissen), die als öffentliche Anlage dient und ein Standbild von J. J. Rousseau trägt, und etwas tiefer unten die grössere «Ile», die mit Häusern besetzt ist und auf den Fluss hinausgebaute, breite Quais besitzt. Unter der Passerelle de la Machine spannt sich quer durch den rechten Flussarm ein Schleusenwehr, das den Wasserabfluss reguliert und im besondern den linken Arm stetig auf demjenigen Niveau erhalten soll, das zum Betrieb der Turbinen des Wasser- und Elektrizitätswerkes der Coulouvrenière (im Fluss zwischen den beiden industriellen Quartieren der Coulouvrenière und von Saint Jean) notwendig ist. 2 km unterhalb der Mont Blanc Brücke erhält die Rhone unterhalb dem Quartier Saint Gervais rechts und dem auf niederem Alluvialboden stehenden neuen Quartier der Jonction links die Arve, deren trübes Wasser am Ende eines die Jonction nach unten verlängernden Dammes sich mit den blauen Fluten des Hauptflusses vermengt.
Das mit Sinkstoffen beladene Wasser der Arve trägt dazu bei, die Geschwindigkeit der Rhone in den untern Quartieren zu hemmen und hat bei Hochwassern der Arve schon mehrfach den Hauptfluss zurückzustauen und mit ihm bis zum See hinauf zu drängen vermocht. Diese Erscheinung ist nach Forel (Le Léman. Band 1) im Lauf des 16., 17. und 18. Jahrhunderts mehrfach beobachtet worden, tritt aber seit der Kanalisierung der Arve und der durch den erwähnten Damm bewirkten Verlegung ihrer Mündung flussabwärts immer seltener ein.
Von der Mündung der Arve an hat sich die Rhone bis zu ihrem Austritt aus der Schweiz bis zur Molasse hinunter in die alten fluvioglazialen Kiese eingeschnitten, die nun ihren schlingenreichen Lauf beiderseits als hohe Steilufer begleiten. Diese tragen Wald, Gärten und Weinberge und sind mit zahlreichen isolierten Bauernhöfen oder Dörfern und kleinen Flecken (Aïre, Vernier, Loëx, Peney, Aire la Ville, Russin, Cartigny) gekrönt. Auch Inseln treten auf, so zuerst eine kleine gegenüber den Moränen von Carabot, dann die grössere Ile du Nord vor Aire la Ville und endlich ein ganzer Archipel zwischen der Brücke von Peney und der Mündung der London. An einigen Stellen hat der Fluss auch längere ¶
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Stücke von flachem Uferland angeschwemmt, so z. B. die Berge du Canada, auf der das Wasserwerk Chèvres steht und wo ein Stauwehr mit Schleuse über ihn gespannt ist, und die an der Mündung der London liegende sog. Plaine, auf der sich verschiedene industrielle Betriebe angesiedelt haben. Die Rhone hat auf Genfer Boden längs dem rechten Ufer eine Länge von 18 und längs dem linken eine solche von 24 km und erhält von rechts gegenüber Cartigny die London, von links ebenfalls nahe Cartigny die Eau Morte und unterhalb Chancy die die Landesgrenze gegen Frankreich bildende Laire. Kurz nachher bricht sie durch die Klus des Fort de l'Écluse, um nun ihren Lauf auf französischem Boden fortzusetzen.
Hydrometrie und Hydrologie.
Die folgenden Zahlen stützen sich auf Angaben des eidgenössischen Oberbauinspektorates und auf die von F. A. Forel selbst unternommenen oder gesammlten Messungen und Beobachtungen. Das Einzugsgebiet der Rhone misst
km2 | |
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bis zur Mündung der Visp (787,25 km2 Einzugsgebiet) | 992.7 |
bis zur Mündung der Dranse (678,04 km2 Einzugsgebiet) | 3755.6 |
bis zur Mündung in den Genfersee | 5220.1 |
Die kleinste beobachtete Wassermenge per Sekunde betrug
m3 | |
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bei Brig | 7.2 |
bei Sitten | 20.2 |
bei der Porte du Scex | 26.0 |
Die grösste Wassermenge betrug
m3 | |
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bei Sitten | 702.0 |
bei Outre Rhône | 955.3 |
bei Illarsaz | 1074.0 |
Die jährliche Wasserführung beträgt nach Forel:
m3 per Sekunde | |
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Wintermittel | 55 |
Sommermittel | 740 |
Maximum bei Hochwasser | 1700 |
Beim Ausfluss aus dem See in Genf führt die Rhone nach Lauterburg (vergl. Forel's Léman; Bd 1, S. 432) im Minimum 14,1 m3 und im Maximum 656 m3 Wasser per Sekunde und bei ihrem Eintritt in Frankreich nach Martel (Grande Encyclopédie) 50 m3 bezw. 575 m3 per Sekunde. Sie führt dem See per Sekunde durchschnittlich 198 kg Geschiebematerial zu. Ihre Gesamtlänge beträgt bis zur Mündung in den See rund 170 km, nämlich
km | |
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von der Quelle bis zur Mündung der Saltine (Brig) | 50.0 |
von Brig bis Leuk | 30.0 |
von der Brücke Leuk bis zur Brücke Siders | 6.8 |
von der Brücke Siders bis zum Bois Noir | 51.8 |
vom Bois Noir (Mündung des Saint Barthélemy) bis zum See | 28.0 |
Total: | 169.6 |
Die Strecke Genf-Chancy misst | 21.0 |
Es beträgt somit die Gesamtlänge des Flusslaufes der Rhone auf Schweizerboden | 193.6 |
Die unter der Leitung von F. A. Forel bei der Brücke von Saint Maurice vorgenommenen Temperaturmessungen haben folgende Resultate ergeben:
°C. | |
---|---|
Wintermittel | 2.0 |
Frühjahrsmittel | 8.3 |
Sommermittel | 10.0 |
Herbstmittel | 7.5 |
Maximum | 12.7 |
Minimum | 0.0 |
Die Rhone friert selten auf grössere Strecken zu, doch ist zu erwähnen, dass sie vom 9. Januar bis auf der ganzen Strecke zwischen der Mündung der Gryonne und dem See, d. h. auf eine Länge von 22 km unter Eis lag.
‰ | |
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Gefälle zwischen Gletsch und Oberwald (3,5 km) | 109 |
Mittleres Gefälle oberhalb des Genfersees | 9 |
Mittleres Gefälle von Genf bis zur Landesgrenze | 1.5 |
Brücken.
Von den die Rhone auf Schweizerboden überschreitenden Brücken sind zu nennen: 1. oberhalb des Sees die von Gletsch, Kupferboden (Deisch), Filet, Naters-Brig, Pfin (Siders), Riddes und Saint Maurice, die alle der grossen Thalstrasse dienen, dann die Rottenbrücke und diejenigen von Raron, Gampel, Susten (La Souste)-Leuk, Gradetsch (Granges), Sitten-Brämis (Bramois), Branson, Massongex, Collombey, Illarsaz und Porte du Sex; 2. unterhalb des Sees die Mont Blanc-, Bergues-, Ile-, Conlouvrenière- und Saint Jean-Brücke in Genf und weiter unten endlich die Brücken von Peney, La Plaine und Chancy.
Ausnutzung der Wasserkraft.
Der Kanton Wallis, der seine Wasserkräfte erst der Kleinindustrie dienstbar zu machen begonnen hat, konnte sich dank seiner zahlreichen Wasseradern untergeordnetern Ranges bisher behelfen, ohne die Rhone in Mitleidenschaft zu ziehen. Deshalb findet man hier an dieser ausser der für die Arbeiten am Simplontunnel erstellten und nach Vollendung des Tunnels für dessen Ventilation und Beleuchtung (mit dem Bahnhof Brig) bestimmten Druckwasserleitung zwischen Mörel und Brig einzig das 1902 eröffnete Wasser- und Elektrizitätswerk des Bois Noir, das der Stadt Lausanne gehört und ihr auf eine Entfernung von 56 km eine im Bedarfsfall auf das dreifache zu steigernde Kraft von 5000 PS zusendet.
Die Stadt Genf, die dem Fluss schon seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts (oder noch früher) ihr Trink- und Brauchwasser entnahm, hat in der Folge ihre Wasserwerke nach Massgabe des Bedürfnisses und mit den fortschreitenden Errungenschaften der Technik stetig erweitert. Nachdem die am Kopf der Ile angebrachte «Machine hydraulique» zu wiederholten Malen verbessert und umgebaut worden war, erstellte man 1883 das Wasser- und Elektrizitätswerk der Coulouvrenière und zehn Jahr später auch noch dasjenige von Chèvres, das bei Vernier 6 km unterhalb Genf steht und auf die Initiative des Ingenieurs Th. Turrettini hin entstanden ist (vergl. den Art. Genf). Der in den letzten Jahren erörterte Plan, zwischen Chèvres und der Landesgrenze ein drittes städtisches Werk zu erstellen, ist aus Gründen politischer Natur wieder in den Hintergrund getreten. Ein vor kurzem dem Grossen Rat vorgelegtes Projekt, eine Wasserwerkskonzession bei Chancy an Private zu erteilen, ist am Widerstand derjenigen gescheitert, die die Ausnutzung der Wasserkräfte einzig dem Staat oder der Stadt vorbehalten wissen wollen.
Wie der Walliser seinen grössten Fluss für industrielle Zwecke nur wenig in Anspruch genommen hat, benutzt er ihn bis heute auch nicht in grösserem Mass für Bewässerungszwecke. Es ist dies in nennenswerter Weise blos im Oberlauf oberhalb Brig geschehen. Im tiefern Abschnitt der Rhoneebene finden sich dagegen zu beiden Seiten des Flusses zahlreiche Entwässerungs- und Kolmatierungskanäle, so besonders im Gebiet Martinach-Fully-Riddes (s. den Art. Martigny, Canaux de), dann in der Ebene Granges-Grône und in der Ebene von Monthey bis zum See. Hier kommen noch die zur Rhonekorrektion gehörenden Anlagen des Stockalperkanales und des «Grand Canal» von Saint Triphon bis Villeneuve dazu, die Arbeiten eigener Art vorstellen. In neuerer Zeit hat man den Bau eines Kanales beschlossen, der von Sitten bis gegenüber Riddes ziehen und die Sumpfebenen der Corbassières und der Praz Pourris entwässern und kolmatieren soll. ¶