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Sinne zu. Doch soll hier nicht weiter darauf eingetreten werden.
Bei Konstanz verlässt der Rhein als schöner geläuterter Strom den Hauptteil des Bodensees, um jedoch nach einem Lauf von nur 4 km gleich wieder vom Untersee gefangen genommen zu werden. Doch nicht für lange, denn gegen Stein hin verschmälert sich der See schlauchartig, um dann, selber längere Zeit zwischen See- und Flussnatur schwankend, den Strom endgiltig zu entlassen. Dieser wälzt nun seine klargrünen Fluten in mässiger Geschwindigkeit zwischen anmutigen Molasselandschaften dahin.
Die Flussstrecke Stein-Schaffhausen ist (ausser dem Broyekanal zwischen Murten- und Neuenburgersee und der Zihl zwischen Neuenburger- und Bielersee) die einzige fahrbare und auch wirklich von Dampfern belebte Flusswasserstrasse der Schweiz. An mehreren Stellen (so bei Stein, Diessenhofen und Schaffhausen) wird das Rheinthal von Moränenwällen gequert, die aus der letzten Eiszeit stammen und beweisen, dass der Rheingletscher damals bis Schaffhausen reichte und dann etappenweise zurückging. Auch nordwestl. vor dem Zeller- und Ueberlingersee, dann auf der Insel Reichenau, bei Konstanz und bei der Mainau quer durch den Ueberlingersee finden sich solche Moränenwälle. Dagegen fehlen hier die für das Rheinthal von Schaffhausen bis Basel und überhaupt für die grösseren Thäler der Nordschweiz so charakteristischen Hoch- und Niederterrassenschotter. Aber die Höhen (z. B. Hohenklingen bei Stein, Stammheimerberg und Kohlfirst) tragen Kappen von älterem und jüngerem Deckenschotter (löcheriger Nagelfluh) als Zeugen der ersten und zweiten Eiszeit.
Die deckenförmige Lagerung dieser ältesten Schotter deutet das Vorhandensein einer einförmigen, noch wenig durchthalten Ebene vor dem Eintritt des Eiszeitalters an, die das ostschweizerische Mittelland umfasste und bis nach Schaffhausen und über den jetzigen Bodensee bis nach Ulm reichte. Dieselbe wurde dann von den ältesten eiszeitlichen Gletschern und nach deren Rückzug von den Glazialschottern bedeckt. Die Thäler waren damals noch nicht in der jetzigen Tiefe und Verteilung vorhanden, die Flüsse irrten noch vielfach hin und her und verlegten sich bald dahin, bald dorthin. Dabei waren sie aber reich an Geschieben und darum zu Aufschüttungen geneigt. Der Rhein scheint zuerst gegen die Donau abgeflossen zu sein und erst später seinen Weg gegen Schaffhausen gefunden zu haben.
C. Der dritte Hauptabschnitt des Rheins
reicht von Schaffhausen bis Basel. Gleich unterhalb Schaffhausen ändert sich der Charakter des Flusses wieder. Es beginnt der Durchbruch durch den Jura und zwar sofort auf die grossartigste Weise im Rheinfall. Das erste Anzeichen dazu bildet ein bei Niederwasser sichtbarer Kalkfelsdamm, der wenig unterhalb der Stadt den Fluss an der Stelle durchsetzt, wo er nach Süden umbiegt. Dann wird das Gefälle immer steiler, das Felsbett enger, die Klippen zahlreicher, so dass der Strom in eine stürmische, schäumende und tosende Bewegung gerät und gleichsam den Anlauf zum nun folgenden Sturz nimmt.
Ein Kalkriff, auf dem das Schloss Laufen steht, drängt ihn nach rechts. Von diesem Riff geht ein Felsdamm nach dem gegenüber liegenden Dorf Neuhausen quer durch den Strom und zwingt ihn zu dem gewaltigen, etwa 160 m breiten und 24 m hohen Sturz. Mitten aus demselben ragt eine zackige Klippe in die Höhe und teilt den Fall in zwei Teile, von welchen der nördl. der etwas breitere ist. Die Menge des stürzenden Wassers beträgt bei mittlerem Hochstand etwa 700 m3 per Sekunde, kann aber auch auf unter 100 m3 sinken und auf über 1000 m3 steigen. Ein kleiner Teil des Rheinwassers (20 m3 per Sekunde) wird oberhalb des Falles zu industriellen Anlagen abgezapft (Aluminiumfabrik im ehemaligen Eisenwerk Laufen, eine Waggons- und eine Gewehrfabrik). Auch Schaffhausen hat seine Wasserwerke im Rhein, die aber dem Fall, nicht schaden können.
Vom Rheinfall weg wendet sich der Strom bis zur Mündung der Töss nach SSW. und bildet unterwegs bei Rheinau eine grosse Doppelschlinge zwischen den bewaldeten Steilrändern einer flachen Terrassenlandschaft. Dann umfliesst er, von hohen Sandsteinwänden in engem, klusartigem Thal eingeschlossen, in scharfer Kniebiegung den Buchberg, dem auf der linken Flussseite der Irchel und Rheinsberg gegenüber stehen. So gewinnt er wieder die W.-Richtung, die er dann mit im ganzen geringen nördl. Ausbiegungen (gegen Waldshut und Schwörstadt) bis Basel beibehält.
Auf dieser Strecke nimmt er zunächst rasch nacheinander die Thur, die Töss und die Glatt aus dem schweizerischen Mittelland auf und dann die Aare, die ihm den grössten Teil der Gewässer aus den schweizerischen Nordalpen, wie auch des Mittellandes und des Jura zuführt und seine Wassermasse mehr als verdoppelt. Zuletzt folgen noch einige kleinere Juraflüsse, so die Sisseln aus dem Aargauer Jura, die Ergolz aus dem Basler Jura, die Birs und der Birsig aus dem Berner Jura. Von den Schwarzwaldflüssen nennen wir hier als die zwei grössten nur die Wutach und die Wiese.
Der Rhein selber durchfliesst von Schaffhausen bis Basel noch zwei verschiedene Gebiete und zeigt darum auch verschiedenen Charakter. Nachdem er im Rheinfall zum erstenmal eine Juraklippe durchschnitten hat, betritt er wiederum das Molasseland und verharrt in demselben bis Kaiserstuhl. Dann durchschneidet er die sog. Rheintafel zwischen Jura und Schwarzwald, in der sich die Gesteine dieser zwei Gebirge begegnen, die Schichten aber horizontal liegen (Tafeljura) oder doch nur schwach geneigt sind (vom Schwarzwaldmassiv her). Die Unterlage bildet der Schwarzwaldgneis, der etwa von Hauenstein bis Säckingen ans Rheinthal herantritt und bei ¶
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Laufenburg auf kurze Strecke auch das Flussbett durchquert. Darüber folgen die Trias- und Juraschichten (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper; Lias, Dogger und Malm). Doch tritt der Jura nur an wenigen Stellen wirklich bis an den Rhein. Zwischen Kaiserstuhl und Koblenz durchschneidet der Fluss den Jurastreifen, der vom Aargau nach dem Klettgau und zum Randen hinüberzieht. Von da abwärts bis Basel herrschen die Triasgesteine nicht nur rechts, sondern auch links vom Rhein auf einer bald breiteren, bald schmäleren Zone. Im Molasseabschnitt ist das Rheinbett breiter und ausgeglichener, das Gefälle also gleichmässiger als im Gebiet der Rheintafel.
Nur ausnahmsweise kommen auf jener obern Strecke Einengungen vor, so besonders in dem oben genannten Knie bei der Tössmündung, wo der Rhein sich in prächtigere Bogen zwischen Molassebergen hindurchwindet und zwar wohl in ziemlich raschem Lauf, doch ohne eigentliche Stromschnellen zu bilden. Ganz anders ist der Rheintafelabschnitt. Hier treten die Felsen bald von der einen, bald von der andern Seite hart an den Rhein heran oder durchqueren ihn auch wohl. Das Flussbett wird enge und steiler, und Klippen ragen auf und hemmen die Flut.
Das sind die hier meist «Laufen» genannten Stromschnellen. Drei solcher Stellen fallen besonders auf. Die erste ist der «Kleine Laufen» etwas unterhalb der Aaremündung, wo der Jura einen Damm flacher Platten in den Rhein hineintreibt, der bei Niederwasser sichtbar wird und den man eventuell überschreiten könnte. Eine etwa 6 m breite Lücke darin gestattet kleinen Schiffen unter geschickter Leitung den Durchgang, doch nicht ohne Gefahr. Die zweite und zugleich grösste und schönste Flussenge und Stromschnelle ist der «Grosse Laufen» bei Laufenburg, das eben davon her seinen Namen hat.
Schon bei Waldshut tritt der Schwarzwaldgneis an den Rhein und bei Hauenstein auch auf die linke Seite desselben. Bei Laufenburg wird das Strombett am engsten und steilsten und am meisten von Klippen durchsetzt, so dass der Rhein sich da mit gewaltigem Wogensturz hindurchzwängen muss. Auf steiler Bahn toben die Fluten schäumend und brüllend durch ein enges Rinnsal, von hervorragenden und verborgenen Riffen und Felsblöcken aufgehalten, abgelenkt und hin- und hergeworfen.
Dann hat der Fluss einige Zeit Ruhe und beschreibt unterhalb Säckingen den grossen Schwörstadterbogen. Aber diesen hat er noch nicht vollendet, so wird er bei Beuggen zum drittenmal gestört, denn wiederum stellen Verengung, stärkeres Gefäll und Klippen sich ein, die bis Rheinfelden anhalten. Diese Flussstrecke heisst «im Gewild» und eine der Hauptstromschnellen darin der «Höllenhacken». Der «Stein bei Rheinfelden», eine stolze und historisch berühmte Burg, steht auf einem grossen Kalkblock mitten im Fluss. Von da bis Basel bleibt der Rhein ziemlich ungestört; «er begütigt sich und laufet ganz gelinde und mit grosser Zufriedenheit nach Basel". . Und dann verlässt er mit nördl. Umbiegung die Schweiz und tritt in ein «grosses, ebenes Land, wo die Waldwasser nicht mehr brausend schäumen, die Flüsse ruhig und gemächlich ziehn».
Bei aller Verschiedenheit der einzelnen Abschnitte des Rheinthales von Schaffhausen, bezw. vom Rheinfall bis Basel in Bezug auf Breite, Gefälle und Terrain stellt sich doch eine Erscheinung mit grosser Konsequenz ein, nämlich der Umstand, dass der Thalboden fast durchweg von mächtigen Geschiebemassen gebildet ist, durch welche der Fluss in tiefem Gerinne dahinfliesst. Diese Erscheinung hat das genannte Stück des Rheinthals mit allen grössern und selbst mit vielen kleinern Thälern der mittleren und nördl. Schweiz gemeinsam.
Bei näherem Zusehen zeigt sich, dass diese Geschiebemassen eine Terrasse bilden, deren ebene Oberfläche sich etwa 30-35 m über den Flussspiegel erhebt und auch in alle Seitenthäler hineinreicht. Offenbar waren diese Thäler alle einmal tiefer als heutzutage und wurden dann zu einer bestimmten Zeit gleichmässig mit Schotter ausgefüllt. In diese ihre eigenen Ausfüllungsmassen nagten sich darauf die Flüsse ihre heutigen Rinnen ein. An manchen Stellen ist es ihnen gelungen, die Felsunterlage der Kiesmassen wieder zu erreichen, so dem Rhein im Knie zwischen Irchel und Buchberg, bei Kaiserstuhl, Kadelburg, Laufenburg und Rheinfelden.
Das sind vorzugsweise die Stellen der Stromschnellen, der «Laufen» des Volksmundes. Sie vor allem beweisen, dass der Rhein und seine Zuflüsse heute in einem Zustande des Erodierens, des Einschneidens sich befinden, der auf eine längere Periode der Akkumulation, der Aufschüttung gefolgt ist. Nähere Untersuchung hat nun gezeigt, dass die Kiesterrassen weiter oben in den Thälern sich an die Moränenwälle der letzten Eiszeit anschliessen, dass sie zuletzt gegen diese Moränen steiler ansteigen und dort aus gröberem Material bestehen als weiter thalabwärts und dass dieses Material wesentlich dasselbe ist, wie dasjenige der Moränen, nur dass es thalabwärts allmählig feiner und gerundeter wird und regelmässig geschichtet ist.
Man kommt so zu der Erkenntnis, dass es durch die Gletscher der Eiszeit bis an die Endmoränen transportiert und dort aufgehäuft und dann von da durch die Flüsse weiter verfrachtet und bei dem sich allmählig mindernden Gefälle abgelagert worden ist. Es ist also fluvioglazialer Natur und entspricht einer Eiszeit. Wie aber die Gletscher sich zurückzogen und die Flüsse weniger Geschiebe zu führen hatten, wuchs ihre Erosionskraft, sodass sie sich in ihre eigenen Ablagerungen wieder einschneiden konnten.
Penck, Du Pasquier und Andere haben nun gezeigt, dass sich dieser Prozess der Akkumulation und Erosion im Rheinthal und anderwärts mehrmals wiederholt hat. Denn in einem höhern Niveau als die bisher genannten Terrassenschotter finden sich an den Gehängen, etwa 100 m über dem Fluss, die Reste einer zweiten Kiesterrasse und noch höher, auf den Rücken der benachbarten Berge (z. B. auf dem Hohenklingen bei Stein, dem Stammheimerberg, dem Kohlfirst, dem Irchel und Rheinsberg, auf den Höhenrücken zwischen Rhein- und Wehnthal etc.) noch weitere, in «löcherige Nagelfluh» umgewandelte Schotter. Diese letztern, wie Kappen oder Decken auf den Rücken der Höhen ¶