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eidgenössischen Eisenbahnstatistik unter allen schweizerischen Bahnstationen im zehnten Rang nach Basel, Genf, Zürich, St. Gallen, Bern, Luzern, Winterthur, Lausanne und Romanshorn. Dieser Verkehr wird sich mit dem Anschluss der Linie Pruntrut-Bonfol an das elsässische Eisenbahnnetz ohne Zweifel noch steigern.
Ueber den Ursprung und die ersten Zeiten der Stadt schweigen die Geschichtsquellen. Nach der einen Version soll Pruntrut die Amagetobriga des Julius Caesar sein, während es nach einer andern von Ragentrud, der Gemahlin des Königs Dagobert I. (628-638) gegründet worden sein soll. Urkundliche Formen sind 1136: Purrentru;
1140: Pontereyntru;
1175: Purreintruy;
1186: Purendru;
1234: Burendrut;
1276: Brunnendrut;
dann Pourraintru, Porrendru, Pourraintrud, Porrentruy.
Ein Edelgeschlecht dieses Namens erscheint schon im 12. Jahrhundert. Regenerus und Girardus de Purrentru werden 1136 in der Stiftungsurkunde des Klosters Lützel genannt, und ein Cuno de Brunnendrut war 1345 Hofmarschall des Fürstbischofes von Basel. Dieses wahrscheinlich im 15. Jahrhundert erloschene Geschlecht führte in seinem Wappen Rot mit weisser Barre, darüber 3 rote verdrehte Drachenköpfe; über dem Schild als Helmzier ein Ritterhelm mit rotem Drachen, dessen weisse Flügel ausgespannt waren.
Der heraldische Eber im Stadtwappen (Weiss mit schwarzem Wildschwein auf drei schwarzen Bergen) soll gallischen Ursprunges sein. Aus der Legende des 610 geborenen h. Immer geht hervor, dass der Pons Ragentrudis d. h. eben Pruntrut ein bedeutender Ort war, da sie die Lage anderer Oertlichkeiten nach ihm bestimmt: Himerius, medio inter Sequanos et Rauracos loco, in vico Lugdanico, non longe a Ponte Ragentrudis ... natus est. ^[Latein.] In den alten Urkunden des Metropolitanstiftes Besançon wird Porraintru oft erwähnt, da diesem das Patronat über die hiesige Pfarrkirche zustand.
Funde von gallischen und römischen Münzen. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehörte der Elsgau (französ. Ajoie) mit Pruntrut der Reihe nach zum Besitz Ludwigs des Deutschen, zum Herzogtum Elsass, zur Grafschaft Mömpelgard (Montbéliard), dann zur Grafschaft Pfirt (Ferrette) und nachher neuerdings zu Mömpelgard. Nach dem Tod des Grafen Ludwig V. von Mömpelgard, Pont à Mousson, Pfirt und Bar, war der Elsgau mit Pfirt an Friedrich von Mömpelgard, den Stammvater der Linie Mömpelgard-Pfirt gekommen. Ulrich von Pfirt trat dann durch eine Urkunde von 1236 seinen ganzen Besitz in Pruntrut und im Elsgau an Thierri III. von Mömpelgard, den Gemahl seiner Tochter Alix, und seine Erben ab: castrum de Purrentru cum omnibus appendiciis et casatis ad idem castrum pertinentibus et quidquid in valle de Ajoia possidebat, et advocatiam de Bures cum omnibus appendiciis et medietatem forensem ad placitum de Coronot spectantem. ^[Latein.]
Damit blieb die Herrschaft Pruntrut während 111 Jahren mit der Grafschaft Mömpelgard vereinigt, bis sie 1271 Heinrich von Neufchâtel, Bischof von Basel, erwarb, dem 1280 auch die ganze Ajoie zufiel. Streitigkeiten zwischen den Bischöfen und den Grafen von Mömpelgard führten die Vermittlung des Kaisers Rudolf von Habsburg herbei, der Pruntrut besetzte und ihm die Rechte einer freien Reichsstadt verlieh. Fürstbischof Imer von Ramstein verkaufte die Ajoie 1386 um 13000 Gulden an die Grafen von Mömpelgard-Württemberg, von denen sie Bischof Johannes von Venningen 75 Jahre später wieder zurück erwarb.
Dieser Kirchenfürst stand auf Seite der Eidgenossen, mit denen seine ins Feld gezogenen Untertanen bei Héricourt, Grandson und Murten kämpften. Nachdem Basel zur Reformation übergetreten war, sah sich der Fürstbischof 1528 genötigt, diesen seinen alten Bischofssitz zu verlassen. Als neue Residenz wählte er Pruntrut. Hundert Jahre später wütete hier der 30 jährige Krieg in schrecklicher Weise; die Stadt wurde zu wiederholten Malen belagert und beschossen und geriet der Reihe nach in die Hände der Schweden, der Franzosen und der Kaiserlichen.
Der grosse Bauernaufstand des 18. Jahrhunderts konnte nur mit Hilfe der Truppen des Königs Ludwig XV., des Verbündeten des Fürstbischofs Sigismund von Reinach, unterdrückt werden, worauf Pierre Péquignat aus Courgenay, der Führer der Bauern, 1710 vor dem Rathaus von Pruntrut enthauptet und gevierteilt wurde. 1781 kamen infolge eines Tauschvertrages zwischen dem Erzbischof von Besançon und dem Bischof von Basel sämtliche Pfarreien der Ajoie an das Bistum Basel. 50 Jahre nach dem Bauernaufstand brach die französische Revolution los, die sofort auch in der Ajoie ihren Widerhall fand.
Nachdem beim Herannahen der Truppen der französischen Republik der Fürstbischof mit seinem ganzen Hofstaat sich geflüchtet hatte, proklamierte 1793 das Volk der Ajoie die Raurazische Republik mit Pruntrut als Hauptstadt, die aber schon nach wenigen Monaten an Frankreich angegliedert wurde. Damit ward Pruntrut Hauptort des Département du Mont Terrible, das man dann 1800 selbst wieder dem Département du Haut Rhin einverleibte, wodurch Pruntrut blos noch Sitz eines Unterpräfekten verblieb.
Der Wiener Vertrag von 1815 endlich gab die Landschaft Pruntrut mit dem grössten Teil des ehemaligen Bistums Basel dem Kanton Bern, um diesen für den Verlust der Waadt zu entschädigen. Dies veranlasste die Berner Patrizier zu dem missmutigen Ausspruch, man hätte ihnen den Keller (die Waadt) und die Kornkammer (den Aargau) weggenommen, um sie dafür mit einer Dachstube zu entschädigen. 1831-1839 wurden Pruntrut und der Berner Jura durch die separatistische Agitation von Xaver Stockmar in Aufregung versetzt, der den Jura von Bern loszulösen und zum selbständigen 23. Kanton der Eidgenossenschaft zu erheben suchte. Als ¶
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die Berner Regierung aber auf die Einbringung Stockmar's einen Preis aussetzte, musste er ins Ausland flüchten. Die Ajoulots (d. h. Bewohner der Ajoie) erfreuten sich dann einer vollkommenen Ruhe, bis 1874 der Kulturkampf losbrach, der die vorübergehende militärische Besetzung des Berner Jura durch Truppen aus dem alten Kantonsteil zur Folge hatte.
Von hervorragenden Bürgern der Stadt Pruntrut seien folgende genannt: der Historiograph Frankreichs Pierre Matthieu (1565-1621), General Baron Jaquet (1769-1829), der Staatsmann und Politiker Xaver Stockmar (1797-1864), der Ingenieur, Geologe, Archäologe und Volksschriftsteller August Quiquerez (1801-1882), der Geologe und Begründer des Lehrerseminars Julius Thurmann (1804-1855), der eidgenössische Bundesrichter Paul Migy (1814-1879), der volkstümliche Dichter Louis Valentin Cuenin (1819-1868), der Geschichtsforscher und Archivar Joseph Trouillat (1815-1863), der Dichter und Botaniker Napoléon Vernier (1807-1885), der Archivar, Historiker und Dichter Xavier Kohler (1823-1891) und Abbé Louis Vautrey (1829-1886).
Bibliographie:
Almanach du Comté de Bourgogne. Besançon 1789; Quiquerez, Aug. La ville et le château de Porrentruy. Delémont 1870; Vautrey, Louis. Histoire du Collège de Porrentruy 1590-1865. Porrentruy 1866; Monuments de l'histoire de l'ancien Evêché de Bâle; recueillis et publiés par J. Trouillat. 4 tomes. Porrentruy 1852-1861; Perreciot. Description histor. d'une partie des Doyennés d'Ajoie. Besançon 1789; Vautrey, Ls. Histoire de la persécution dans le Jura 1873-1875. 2 vol. Paris 1875; Vautrey, Ls. Histoire de l'Évêché de Bâle. 2 vol. Einsiedeln 1884 et 1886; Vautrey, Ls. Villes et villages du Jura bernois. 6 tomes. Porrentruy, Delémont et Fribourg 1863-1882; Vautrey, Ls. Histoire de Porrentruy. 2 tomes. Delémont et Porrentruy 1868 et 1878; Daucourt, l'abbé. Dictionnaire des paroisses de l'Évêché de Bâle. Vol. 1 ff. Porrentruy 1895 ff.