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Klimsenhorn und dem Esel Cherleria sedoides und Pedicularis versicolor.
Zur Endstation Pilatus Kulm hinauf führt die 1886-1888 mit einem Gesamtkostenaufwand (Hotelbauten inbegriffen) von 1900000 Fr. von Locher & Cie. in Zürich erbaute Pilatusbahn mit Zahnradbetrieb. Der Ausgangspunkt Alpnachstaad (Station der Brünigbahn) liegt in 441 m und die Endstation in 2070 m, sodass also der zu überwindende Höhenunterschied 1629 m beträgt. Die Linie ist 4618 m lang und hat eine mittlere Steigung von 42% und eine maximale Steigung von 48%. Sie führt zunächst durch ein mit Bauernhöfen übersätes und mit Obst- und Nussbäumen bestandenes Wiesengelände, tritt dann in Buchenwald ein, setzt auf einer kühnen Brücke von 23 m Spannweite und 80 m Radius über die Schlucht von Wolfort und tritt dann in den 44 m langen Wolforttunnel ein, worauf sie die Schutthalde der Risleten erklimmt und am untern Rand der Tannenwaldzone die beiden Tunnels von Spicher (51 und 97 m lang) durchfährt, um ihre erste Wasserstation auf der Aemsigenalp zu erreichen.
Hier steht auch das Pumpwerk, das die Gasthöfe auf dem Gipfel mit Wasser versorgt. Nachher durchzieht die Bahn die mit grossen Sturzschuttblöcken übersäte Mattalp, macht eine Kurve und durchschneidet die grosse Felswand der S.-Schulter des Esel in 4 Tunneln von 44, 55, 45 und 11 m Länge, um gleich nachher die Endstation Pilatus Kulm zu erreichen. Von da aus führt ein mit Geländer versehener guter Fussweg auf den höchsten Punkt des Esel, der zu einer schönen Aussichtsterrasse eingeebnet worden ist.
Auf Pilatus Kulm im Sommer Postablage, Telegraph und Telephon. Von den Fusswegen auf den Pilatus gehen die am meisten benutzten von Alpnach und Hergiswil aus. Dieser führt vom Dorf Hergiswil aus über die Brunnialp und die Gschwendalp, das Hotel Klimsenhorn und durch den Felskamin des Kriesilochs (am Oberhaupt) in 4½ Stunden zum Gipfel des Esel hinauf, während der Aufstieg von Alpnach über die Lütholdsmatt, Schwändialp, Langenmatt und Hinter Frakmüntalp vor sich geht und ebenfalls 4½ Stunden erfordert.
Der Weg von Kriens her - die zeitlich erste aller Anstiegsrouten - führt durch das Eigenthal und über die Bründlen- oder über die Lauelenalp zum Hotel Klimsenhorn, wo er sich mit dem Hergiswilerweg vereinigt. (Luzern-Pilatus Kulm 6 Stunden). Die übrigen Gipfel können am bequemsten vom Pilatus Kulm aus besucht werden, so das Tomlihorn in ½ Stunde, das Widderfeld über Tomlishorn in 1¼ Stunden, der Gnepfstein in 2 Stunden. Aufstieg auf das Matthorn von der Mattalp her in ½ Stunde und auf das Klimsenhorn vom Hotel Klimsenhorn aus in 10 Minuten.
Die Aussicht vom Gipfel des Pilatus ist unstreitig eine der ausgedehntesten, abwechslungsreichsten und charakteristischsten der Schweizer Gipfel zwischen 1800 und 2600 m Höhe. Sie umfasst die Alpen vom Säntis bis zu den Diablerets; Glanzpunkte sind der Tödi und die Clariden, der gegen den frischgrünen Vordergrund Obwaldens kräftig sich abhebende Titlis mit seinem weissen Eismantel und die Wetterhörner mit ihren kühnen Felsformen. Tief unter dem Gipfel liegt der buchtenreiche Vierwaldstättersee mit seinen grünen Uferbergen, dann folgen Sarner-, Lungern-, Sempacher-, Bieler-, Murten- und Neuenburgersee und das ganze Mittelland zwischen Alpen und Jura. Diese Aussicht übertrifft diejenige des Rigi in manchen Beziehungen.
Der Pilatus ist einer der am längsten bekannten Schweizer Bergstöcke und soll nach Heinrich Runge schon ein heiliger Berg der Kelten gewesen sein, die zu ihm gepilgert seien und hier ihre religiösen Feiern abgehalten hätten. Der Felsblock zu oberst auf dem Mittaggüpfi oder Gnepfstein soll als keltischer Opferstein gedient haben. Der Berg galt auch zur Zeit der ersten Alemanneneinfälle als heilig. Da seine Quellen und Brunnen angebetet wurden, ist es wahrscheinlich, dass auch der kleine Pilatussee das Ziel von Pilgerfahrten gewesen ist.
Die christliche Kirche bemühte sich gleich von Anfang an, diesen heidnischen Bräuchen ein Ende zu bereiten und ersann vielleicht zu diesem Zweck die schon sehr früh auftretende Pilatuslegende, die den See zu einem Orte des Schreckens stempelte. Geschichtlich erwiesen ist, dass der römische Landpfleger Pontius Pilatus, der Christus verurteilt hatte, seiner schlechten Verwaltung wegen von Kaiser Tiberius zurückgerufen und ins Gefängnis geworfen wurde, wo er sich dann selbst entleibte. Seinen Leichnam warf man in den Tiber. Hier knüpft nun die Legende an und erzählt folgendes: Der wieder aufgefischte Körper wurde nach Vienna in Gallien übergeführt und dort neuerdings in den Fluss, die Rhone, geworfen. Da aber die Anwesenheit dieses verwunschenen Körpers furchtbare Stürme erzeugte, brachte man ihn nach Lausanne, wo er indessen denselben verderblichen Einfluss geltend machte, sodass ¶
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man endlich beschloss, ihn auf dem obersten Gipfel des Pilatus auszusetzen und damit unschädlich zu machen. Kaum aber befand er sich dort, als schreckliche Wind- und Wetterstürme vom Berg herabbrausten und die ganze umliegende Landschaft verheerten. Da traf es sich glücklicherweise, dass ein Student aus Salamanca des Weges kam, den Geist beschwor und mit ihm einen Vergleich schloss, wonach der Geist einwilligte, sich in den See auf der Bründlenalp zurückzuziehen und sich dort ruhig zu verhalten, unter der Bedingung jedoch, dass er jedes Jahr am Charfreitag sich mit allen Abzeichen seiner einstigen Würde als Proconsul schmücken dürfe und dass diejenigen, die ihn an diesem Tage belauschen würden, noch im Laufe desselben Jahres sterben müssten.
Von da an hatte das Land Ruhe, und nur dann, wann Steine oder andere Gegenstände in den See geworfen oder das Wasser sonstwie getrübt wurde, hüllte sich der Berg in Nebel und Wolken und brach das Ungewitter in seiner ganzen Schrecklichkeit von Neuem los. Der Rat der Stadt Luzern war von der Wahrheit dieser Ueberlieferung derart überzeugt, dass er in einer Reihe von Mandaten (so z. B. 1496, 1564, 1578 und 1582) einen Besuch des Sees ohne Bewilligung mit schweren Strafen bedrohte und die Priester schwören liess, dass sie Niemanden auf den Berg geleiten würden. 1307 wurden z. B. sechs Geistliche in Luzern ins Gefängnis geworfen, weil sie es gewagt hatten, sich ohne obrigkeitliche Erlaubnis dem gefürchteten See zu nahen. Im August 1518 besuchte Joachim von Watt oder Vadian (1454-1551) aus St. Gallen den See in Begleitung des Luzerner Chorherrn Johann Zimmermann und vier anderer Personen unter der Führung eines Schäfers, der die ganze Gesellschaft flehentlich bat, sich so ruhig zu verhalten, wie wenn sie sich in einem Heiligtum befände.
Vom See aus bestiegen dann unsere Touristen noch den Gnepfstein (d. h. Wackelstein, nach einem auf dem Gipfel befindlichen mächtigen Felsblock, der zu schwanken beginnt, sobald man auf ihn hinauf klettern will). Da ein Chorherr an der Partie teilnahm, ist es klar, dass der Rat die Erlaubnis zu dieser Exkursion erteilt hatte, obwohl Vadian dies nicht ausdrücklich bemerkt. Die gleiche Besteigung wurde noch im selben Jahr vom Herzog Ulrich von Württemberg und dann 1555 von Konrad Gessner in Begleitung des Luzerner Ratsweibels wiederholt.
Auf dem Gipfel fand Gessner verschiedene Namen und Wappen in die Felsen eingemeisselt, was zeigt, dass der Berg schon früher hie und da von uns nicht mehr bekannten Personen erklommen worden sein musste. Immerhin hatte aber eine sog. Pilatusbesteigung zu jener Zeit weder den Esel noch das Tomlishorn, sondern stets nur den Gnepfstein zum Ziel. 1585 begab sich der Luzerner Priester Johann Müller in zahlreicher Gesellschaft zum See hinauf, warf Steine in das Wasser und liess seine Begleiter in den Schlamm hineinwaten und ihn mit den Füssen aufwühlen - und alles dies, ohne dass der See aufbrandete oder sich ein Unwetter über dem Berg zusammenzog! Damit hatte die unheimliche Legende ihren endgiltigen Todesstoss erhalten, und schon 1594 liess der Rat zu Luzern den See entleeren und zu einem blossen Sumpf umgestalten, wo nur noch zur Zeit der Schneeschmelze sich etwas stagnierendes Wasser ansammelte. 1680 finden wir dann in J. J. Wagner's Historia naturalis Helvetiae curiosa über diesen einstigen See folgende Bemerkung: Nomen laculi, nedum lacus, vix meretur, sed lacunae potius atque paludis.
^[Latein:] Heute ist er für gewöhnlich ganz ausgetrocknet, doch kann man sein einstiges Bett (¾ Stunden von den Hütten der Bründlenalp noch) sehr deutlich erkennen. Sobald dem Bergstock sein Schrecken genommen war, wurde er dann von zahlreichen Naturfreunden nach allen Richtungen hin durchforscht und bestiegen. Schon lange bevor der Name Pilatus für ihn gebräuchlich wurde, war er unter der Bezeichnung Frakmont oder Frakmünt bekannt. Josias Simler spricht in seinem 1574 veröffentlichten Commentarius de Alpibus von dem «Fracmont, der gewöhnlich Pilatus geheissen werde».
Den Namen Frakmünt tragen heute noch zwei Alpweiden am Berg, deren eine am Hang gegen Alpnach und deren andere am Hang gegen Hergiswil liegt. Die Ableitung Pilatus = pileatus (mit einem Hut bedeckt, behutet) ist eine blosse etymologische Spielerei, die auch in dem schon von Cappeller in seiner Pilati montis Historia 1767 erwähnten Sprichwort Si Pilatus pileatus Aër erit defaecatus zum Ausdruck kommt. Heute pflegt man diesen Spruch in folgender Form zu fassen: «Hat der Pilatus einen Hut, so wird das Wetter gut; hat er einen Degen, dann gibt es Regen.» In der Beschreibung seiner Besteigung des Pilatus (d. h. des Gnepfsteins) erwähnt Konrad Gessner u. a. auch einer Höhle am Widderfeld, die er Mondmilchloch nennt und die diesen Namen heute noch trägt.
Der N.-Eingang dieser 1894 gründlich erforschten, etwa 120 m langen Höhle ist durch einen Felsen geschützt, der die Gestalt eines Mannes hat und deshalb St. Dominik oder kurzweg Domini geheissen wird, wonach das Volk die ganze Höhle auch das Dominiksloch zu nennen pflegt. Es knüpfen sich an sie verschiedene Volkssagen (vergleiche darüber das Jahrbuch des S. A. C. Band 30, S. 421-424).
[E. de La Harpe.]
Geologie.
Der geologische Aufbau der Gruppe des Pilatus ist ausserordentlich verwickelt. Die mit dem Kamm der Schrattenfluh in Verbindung stehende Kette besteht aus Neocom (Valangien, Hauterivien und Urgon) und Tertiär (Nummulitenkalk und Flysch). Das widerstandsfähige Urgon bildet die scharfen Gräte und die kahlen Felsabstürze, die für diese Gebirgsgruppe so charakteristisch sind. Die im untern Abschnitt bewaldeten, weiter oben mit Gebüsch, Alpenrosen etc. bewachsenen Gehänge bestehen dagegen aus den mehr mergeligen Bänken des Hauterivien und z. T. auch des Valangien.
Auf dem eocänen Nummulitenkalk und Flysch endlich breiten sich die den Gebirgsstock umsäumenden Alpweiden aus. Alle diese verschiedenen Gesteinsarten bilden im w. Abschnitt ein einziges nach N. übergelegtes grosses Gewölbe, das z. B. am Wängengrat und Gnepfstein (oder Mittaggüpfi) aufgeschlossen ist. Etwas ö. von diesem letztgenannten Gipfel taucht aus dem Nummulitenkalk und Flysch eine neue Neocomfalte auf, der das Widderfeld und Tomlishorn angehören. Eine dritte Falte endlich findet sich über dem Thal der Kleinen Schlieren und bildet das Matthorn und Krummhorn. Zwischen ¶