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Die Orbe erhält nur wenige Zuflüsse. Diese sind im Oberlauf des Flusses alle nur sehr klein und kommen alle von rechts. Zu nennen ist blos die in den Jouxsee mündende Lionne oder Lionnaz, die nur einige hundert Meter lang ist, den interessanten sog. Cavernes d'Enfer entspringt und zeitweise sehr stark anschwellen kann. Auf der unterirdischen Laufstrecke vereinigt sich mit der Orbe ein starker unterirdischer Nebenarm, der die Oberflächenwasser des ganzen O.-Hanges des Mont Risoux und wahrscheinlich auch eines Teiles der W.-Flanke der Kette des Mont Tendre und der Dôle sammelt. Im obern Abschnitt des Unterlaufes ist der beträchtlichste Nebenfluss die von links kommende Jougnenaz, die zwar in der Schweiz entspringt und mündet, aber doch zum grössten Teil auf französischem Gebiet fliesst und sich am Ausgang eines tiefen Tobels etwas nö. Vallorbe mit der Orbe vereinigt. Zu nennen wäre daneben noch ein von rechts kommender und Agiez durchfliessender kleiner Bach.
Die grössten Nebenadern, die kurz vor ihrer Mündung (2,8 km nö. der Stadt Orbe) sich vereinigenden Flüsse Nozon und Talent, erhält die Orbe erst in der Ebene. Neben der Orbe durchziehen die Ebene und münden in den Neuenburgersee noch im W. die aus der Umgebung von Peney und Champvent kommende und bei Les Tuileries (1,5 km nw. der Orbemündung) mündende Brinaz, der bei Champvent entspringende und ganz nahe der Brinaz mündende Bey und der von Sergey kommende und bei Mathod in die Ebene eintretende Mujon, der sich 1,5 km sw. Yverdon mit dem Canal Occidental vereinigt; im O. mehrere auf dem Plateau zwischen der Ebene und dem Buron entspringende und in den Canal Oriental mündende Bäche, wie z. B. der Bach von Sadaz, von Les Combes (zwischen Chavornay und Suchy) und von Épendes, und endlich der Buron, der auf dem Plateau von Échallens entspringt, unterhalb Gressy die Ebene erreicht und ö. Yverdon in den See mündet.
Neben diesen Flüssen und Bächen müssen aber auch noch die wichtigsten der die Ebene durchziehenden Kanäle genannt werden. Deren ältester ist der Kanal von Entreroche, der 1640 im Bau begonnen wurde, die Venoge mit der Orbe, d. h. den Genfer- mit dem Neuenburgersee verband und seinerzeit der Schiffahrt diente. Nachdem er seit 1829 sich selbst überlassen worden ist, hat er heute nur noch historisches Interesse. In der Orbeebene kann man ihn jetzt noch vom Mauremont an verfolgen: zunächst gibt er einen Teil seines Wassers durch den Fossé à la Judith an den Nozon ab, dann zieht er sich mit nur wenig und stagnierendem Wasser gegen N., wird vom neuen Bett des Talent geschnitten und verzweigt sich bei Essert-Pittet nach links zum Altwasser der Orbe, und nach rechts zum Canal Oriental. Der Canal Occidental beginnt bei Les Granges d'Orbe, fliesst der Orbe in kurzem Abstand parallel, nimmt den Mujon auf und mündet nach 10 km langem Lauf w. Yverdon. Der bei Essert-Pittet beginnende Canal Oriental geht zunächst dem alten Orbebett parallel, tritt dann bei Yverdon in das ehemalige Bett des Buron ein, bespühlt den Fuss des Schlosses Yverdon und mündet nach 9 km langem Lauf.
Im Oberlauf ist die Orbe ein nur kleines Flüsschen, das dem Jouxsee unter normalen Verhältnissen durchschnittlich blos etwa 3 km3 Wasser in der Sekunde zuführt. Beträchtlicher, nahe an 5 km3 pro Sekunde, ist die durchschnittliche Wassermenge der Orbequelle am Beginn des Unterlaufes, was zeigt, dass die Quelle (wie vielleicht auch die Seen) zu einem grossen Teil noch von den Sickerwassern des Risouxhanges gespiesen wird (vergl. die Art. Joux, Lac und Vallée de). Bei Hochwasser kann die Orbequelle mehr als 60 m3 Wasser pro Sekunde führen. An der Mündung in den Neuenburgersee beträgt die mittlere Wassermenge des Flusses 10-12 m3 in der Sekunde. Das Maximum ist hier auf 180 m3 berechnet worden, welche Menge aber vielleicht noch überschritten werden kann, wenn die Hochwasser der Orbe und des Talent zeitlich zusammenfallen.
Ueber die Orbe führen 5 Eisenbahnbrücken (2 der Linie Vallorbe-Le Brassus und je eine der Linien Lausanne-Pontarlier, Orbe-Chavornay und Neuenburg-Lausanne), 11 Strassenbrücken, 8 Feldwegbrücken und 13 Fussgängerstege. Die Mehrzahl dieser Uebergänge findet sich im Oberlauf, während der durch Schluchten und Sumpfland ziehende Unterlauf deren nur wenige zählt. Bemerkenswert ist insbesondere die Eisenbahnbrücke (Lausanne-Pontarlier) bei Vallorbe, eine Eisenkonstruktion mit zwei mächtigen Pfeilern aus Mauerwerk; 161 m lang und 59 m hoch.
Die ebenso zum grössten Teil eiserne Brücke der Linie Neuenburg-Lausanne setzt schräg über den Fluss und ist 80 m lang. Durch ihre kühne Anlage zeichnet sich ferner aus die gemauerte Strassenbrücke s. vor der Stadt Orbe. Der Fluss liefert zahlreichen und bedeutenden Fabrikanlagen die Triebkraft, doch fallen in dieser Hinsicht blos die Strecke vom Lac des Rousses bis Vallorbe und dann die schluchtenreiche Bergstrecke des Unterlaufes in Betracht, während in der Ebene die Entwässerungs- und Korrektionsanlagen eine besondere Erwähnung verdienen. Im Jouxthal treibt die Orbe oberhalb Le Brassus eine Säge und Mühlen bei Le Sentier; die einst wohlbekannten Mühlen von Bonport am W.-Ufer des Lac Brenet sind im Verlauf der Korrektion und Kanalisation der Gewässer des Jouxthales abgebrochen worden. Der Joux- und Brenetsee hatte ehemals keinen oberflächlichen Ablauf, sondern floss einzig durch die schon erwähnten Bodentrichter ab, die aber bei Hochwasser nicht genügend zu funktionieren vermochten, sodass der See oft über seine Ufer trat. Um diesem Uebelstand zu begegnen, beschloss man, dem See einen künstlichen Abfluss zu geben, der nach Belieben reguliert ¶
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werden kann, genügend Wasser abzuführen vermag, um das Jouxthal vor jeder Ueberschwemmung sicher zu stellen, und die Höhe des Seespiegels zwischen 1005 m im Minimum und 1008,5 m im Maximum halten soll. Diese mit finanzieller Beihilfe des Bundes vom November 1901 bis Dezember 1904 durchgeführte Arbeit hat zugleich die Möglichkeit zur Schaffung einer beträchtlichen nutzbaren Wasserkraft gegeben. Der Kanal zweigt bei La Tornaz vom Lac Brenet ab und führt durch einen 2632 m langen Tunnel zu dem am Crêt des Alouettes (nö. vom Brenetsee) befindlichen Stauweier.
Der Kanal hat einen Querschnitt von etwa 5,7 m2 und ein gleichmässiges Gefälle von 3‰ und vermag in der Sekunde etwa 20 m3 Wasser abzuführen. Vom Stauweier oder Reservoir führt eine eiserne Röhrenleitung dem Elektrizitätswerk La Dernier das benötigte Triebwasser zu, das einen reinen Fall von 234 m hat und eine Kraft von 3720-6740 PS liefert. Das überschüssige Wasser des Reservoirs fliesst durch zwei weitere eiserne Leitungen zur Orbe ab. Der Fluss treibt ferner in Vallorbe und Umgebung (La Dernier, Les Éterpas etc.) verschiedene mechanische Werkstätten, Schmieden und andere Betriebe. In La Dernier bei Vallorbe ist auch eine Fischzuchtanstalt eingerichtet worden.
Es folgt die Schluchtenstrecke bis zur Stadt Orbe mit dem schönen Wasserfall des Saut du Day (grosse Fabrik zur Herstellung von chlorsaurem Kali), unterhalb welchem das die Bezirke Yverdon und Grandson mit Licht und Kraft versorgende Elektrizitätswerk Les Clées liegt und der die Fabriken von Orbe bedienende Kanal beginnt. Die der Orbe noch verbleibende sog. Kraft des Palier de Montcherand wird von einem in der Orbeschlucht oberhalb des Dorfes Montcherand stehenden und 1904-1906 erbauten Werk nutzbar gemacht, dem das Wasser mit einem Bruttofall von 98 m und einer Arbeitsleistung von 2800 PS durch einen 3600 m langen Stollen zugeführt wird. Die gewerblichen Betriebe des Dorfes Ballaigues erhalten ebenfalls Orbewasser, das durch mächtige Pumpwerke vom Saut du Day zu einem oberhalb des Dorfes angelegten Reservoir hinaufgehoben wird. In Orbe treibt der Fluss einige grosse Mühlen.
Der dritte Abschnitt des Flusslaufes beginnt nach seinem Austritt aus den Schluchten von Le Day unterhalb der Brücke von Orbe. Vor dem Jahr 1860 pflegte die über ihren eigenen Schuttkegel fliessende Orbe oft über die Ufer zu treten und die ganze Ebene unter Wasser zu setzen. Heute führt ein von Ufersicherungen begleiteter Kanal den Fluss mit gleichmässig sanftem Gefälle in den Neuenburgersee ab und schützt die Ebene, die zusehends dem Wiederanbau gewonnen wird, vor jeder Ueberschwemmungsgefahr.
Die grössern Nebenarme, wie Talent, Nozon und Mujon, sind ebenfalls korrigiert und kanalisiert worden, während man zugleich auch den Querschnitt der beiden Entwässerungskanäle, Canal Oriental und Canal Occidental, beträchtlich erweitert und die Brinaz, den Bey und den Buron vollständig korrigiert und direkt in den See geführt hat. Eine Schleuse gestattet, eine gewisse Menge Wassers durch Yverdon zu führen und dessen Kanäle und Abzugsgräben rein zu halten. Alle diese sehr kostspieligen Arbeiten sind vom Bund reichlich unterstützt worden. Infolge der Entwässerung der Sumpfebene werden allmählig alle noch in Yverdon bestehenden Mühlenanlagen eingehen.
Das Thal der Orbe ist ein mit Alluvionen überführtes Muldenthal. Die Tobel und Schluchten im höhern Abschnitt des Unterlaufes sind in Jura-, Neocom- und Tertiärschichten eingeschnitten.
Bibliographie.
Zu nennen sind in erster Linie die verschiedenen vom Baudepartement des Kantons Waadt veröffentlichten Broschüren und Berichte, dann die die Subvention der Entwässerungs- und Korrektionsarbeiten in der Orbeebene betreffende Botschaft der Bundesrates an die eidgenössischen Räte, der Rapport des Ingenieurs Palaz (Lausanne 1889) und eine vom Ingenieur C. Perrin im Bulletin technique de la Suisse romande (Oktober 1904) veröffentlichte Studie.