Simmenthal). 2366 m. Berühmter Aussichtsberg der Berner Voralpen; nordöstliche Eckpyramide der vom Wildstrubel abzweigenden
und das Engstligen- und Kanderthal einerseits vom Simmen- und Diemtigthal andererseits trennenden Niesenkette. Nahe unter dem
obersten Gipfel steht seit etwa 1859 ein Gasthaus, zu dem von Wimmis, Heustrich Bad und Frutigen aus Saumpfade hinaufführen
(Wimmis-Niesen 4½ Stunden). Es wird auch der Bau einer Bahn auf den Niesen geplant. Die Aussicht ist eine der schönsten
und geschätztesten der Voralpen und umfasst die gesamten Berner Hochalpen von der Dent de Morcles bis zum Sustenhorn, über die
auch noch einige Gipfel der Walliser Alpen hereinschauen; einen prächtigen Vordergrund zu diesem grossartigen
Gebirgskranz bilden der Thunersee und die wie auf einer Landkarte ausgebreiteten Thalschaften (Suldthal, Kienthal, Kanderthal
bis Kandersteg, Engstligenthal, Simmenthal und Diemtigthal).
Der Niesen, schon 1357 urkundlich als Yesen bezeichnet, ist mit dem gegenüberliegenden Stockhorn 1557 oder 1558 von Benedikt
Marti (Aretius) aus Bern
zum erstenmal bestiegen worden, dessen interessante Beschreibung dieser Tour Konrad
Gessner in Zürich
1560 unter dem Titel Stocchornii et Nessi in Bernatium Helvetiorum Ditione montium et nascentium in eis stirpiumbrevis descriptio veröffentlicht hat. Darin findet sich über den Namen des Berges folgender Passus: Qui proxime montem habitantnominant eum den Stalden, praesertim lacus occiduum quo ab Erlenbachio scanditur, alii quibus remotiuscognitus est den Niesen ab ellebori albi [Helleborus, deutsch Niesswurz], cuius magna est in eo copia, nomine.
Non desunt tarnen qui putent nominandum den Jesen, et finde articulo cum nomine coalescente pro Jesen Niesen dici coeptum.
^[Latein:] Marti gibt ferner eine Liste von 22 Pflanzenarten, die er auf dem Berg gefunden. 1606 erschien
in Bern
ein vom Pfarrer Hans Rudolf Räbmann in Thun verfasstes merkwürdiges Gedicht Ein neuw Poetisch Gastmahl und Gesprächzweier Bergen, dess Niesens und Stockhorns. Diese Veröffentlichungen zeigen uns, dass der Berg damals schon oft besucht worden
ist. Vergl. Coolidge, W. A. B. Josias Simler et les origines de l'alpinisme jusqu'en 1600. Grenoble 1904;
Studer, G. Das Panorama vonBern.
Bern
1850.
Der Niesen ist aus Flysch aufgebaut, der hier entweder als dickbankiger und grobkörniger Sandstein (sog. Niesensandstein)
oder als feinkörniger und oft sehr harter Sandstein mit Glimmerblättchen oder auch als Kalktonschiefer
erscheint, welch' letzterer zum Teil gebrochen wird. Der Niesensandstein besteht aus einem Gemenge von Granit, Gneis, Glimmerschiefer
und sedimentären Gesteinsbrocken (Kalke, Dolomite etc.). Die Schichten sind stark gefaltet und zerknittert.
(Hoh) oder Riedbündistock (Kt. Bern,
Amtsbez. Frutigen).
2456 m. Gipfel in der Niesenkette. Wird schon 1557 oder 1558 von Benedikt
Marti genannt. S. den Art. Hohniesen.
652 und 596 m. Zwei Gruppen von zusammen 13 Häusern,
am W.-Hang des Lindenbergs und
2,5 km w. der Station Boswil der Linie Aarau-Lenzburg-Rotkreuz. 108 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Sarmenstorf.
oder Seltenschon (Kt. Bern,
Amtsbez. Ober Simmenthal und Saanen).
2777 m. Gipfel, dem Wildhorn nach N. vorgelagert und zwischen
dem Iffigenthal und der Dungelalp. Kann von der Wildhornhütte des S. A. C. (im obersten Iffigenthal) in
1½ Stunden bequem bestiegen werden.
(Kt. Bern).
Kette zwischen dem Engstligen- und Kanderthal einerseits und dem Simmen- und Diemtigthal andererseits.
Zweigt vom Wildstrubel nach NW. ab, zieht über Ammertengrat und Regenbolshorn zum Hahnenmoos, geht von da
bis zum Albristhorn nach N. und biegt nun gegen NO. ab, um mit dem Niesen s. über dem Thunersee zu endigen. Trägt vom Passübergang
des Hahnenmooses an gezählt folgende Gipfel: Laveygra (2213 m), Thierberg (2375 m), Seewlenhorn (2530 m), Albristhorn (2764
m), Hempliger (2484 m), Gsür (2711 m), Wannenspitz (2438 m), Otterngrat, Erbethorn (2509 m), Männlifluh (2654
m), Winterhorn (2609 m), Ladholzhorn (2497 m), Linterhorn (2329 m), Weissenfluh (2357 m), Subegghorn (2383 m), Hohniesen oder Riedbündistock
(2456 m), Ochsenstock (2275 m), Meggiserhorn (2357 m), Tschipparellenhorn (2399 m), Steinschlaghorn (2322 m), Standhorn (2340
m), Triesthorn (2371 m), Drunengalm (2410 m), Fromberghorn oder Bettfluh (2397 m) und Niesen (2366 m). Verzweigungen
sind: 1. der vom Albristhorn nach NW. abgehende Kamm Lüeglen (2235 m) - Wannengrat (2146 m) - Albristegg (2125 m);
2. der vom
Gsür nach NNW. ziehende Kamm, der über Rauflihorn (2424 m) und Rothorn (2411 m) zum Stock der Spilgerten
streicht;
3. die von der Männlifluh zwischen dem obersten Diemtigthal (Schwendenthal) und dem Kirelthal nach NW. verlaufende
Kette mit Keibihorn (2463 m), Kirelgrat (2187 m), Gurbsgrat (2240 m), Ripprechtlifluh (2244 m), Thierlaufhorn (2154 m), Twirienhorn
(2303 m), Hohmad (1882 m) und Schwarzberg (1707 m).
Ferner sind als w. Ausläufer der Männlifluh noch die
Kileischeibe (2426 m) und Kirgelischeibe (2288 m) zu nennen.
Die Kette kann an zahlreichen Stellen ohne Schwierigkeiten überschritten werden. Als eigentliche Pässe fallen aber neben
dem Hahnenmoos blos in Betracht die Fermelkrinde oder Furggikrinde (etwa 2350 m), der Otterngrat (2282 m), Subegggrat (2340 m)
und der Eggschatthüttepass (1934 m; zwischen dem Fromberghorn und dem Niesen). Die Kette ist nicht vergletschert
und trägt auch keine das ganze Jahr über liegen bleibende Schneefelder. Die beidseitigen Gehänge sind mit Alpweiden bestanden
und ihrer Steilheit wegen für das Vieh oft schwer zugänglich.
Viele schöne Aussichtspunkte, die aber mit wenigen Ausnahmen nur selten besucht werden: Albristhorn,
Männlifluh, Gsür (schwierig zu besteigen), Tschipparellenhorn, Drunengalm, Hohniesen und ganz besonders der Niesen selbst. An
der SO.-Flanke entspringen zahlreiche Wildbäche (Allenbach, Tschentenbach, Otternbach, Sackbach, Rohrbach, Zwischenbach, Gantenbach,
Bräschgenbach, Leimbach, Gungbach, Heitibach, Schlundbach, Lauibach), die alle von links zur Kander gehen. Die Wildbäche der
NW.-Flanke gehören dem Einzugsgebiet der Simme an; von ihnen sind zu
mehr
nennen der Gattafelbach, Staldenbach Höllenbach, Goldbach, Kratzmattebach, Klossbach, Kirelbach, Filderichbach und Fermelbach
(mit dem Albristbach).
Die Niesenkette besteht fast ausschliesslich aus Flysch; blos Twirienhorn, Hohmad und Schwarzberg sind triasische Kalkdolomitblöcke,
die aber ebenfalls auf einer Flyschunterlage stehen. Der an andern Orten so leicht verwitternde und abgerundete Kuppen mit
sanften Gehängen bildende Flysch besteht hier aus einem harten und grobkörnigen Sandstein mit sedimentären
und granitischen Geröllen (Niesensandstein), der in mächtigen Bänken auftritt und mit Kalktonschiefern (mit fossilen Einschlüssen
wie Fukoiden und Helminthoiden) wechsellagert.
Diese Schiefer werden an einigen Stellen (z. B. bei Frutigen) abgebaut. Dem harten und der Verwitterung lange trotzenden
Sandstein verdankt die Niesenkette ihre bedeutende Höhe, die diejenige der Voralpen über dem Simmen- und Saanethal beträchtlich
übertrifft. Der tektonische Bau ist ziemlich verwickelt, da die Flyschschichten mannigfach gefaltet und zerknittert erscheinen.
Unter der Bezeichnung der Niesenzone versteht man das ganze Gebiet vom Thunersee bis zu den Ormonts, das vorwiegend
aus dem charakteristischen Niesensandstein aufgebaut ist, daneben auch noch bunte Konglomerate aufweist und überall die
benachbarten Kalkketten der Voralpen an Höhe überragt.
Die beste Uebersicht über die gesamte Niesenkette geben im S. das Elsighorn oder der Bonderspitz und im N. die Stockhorngruppe.
Prachtvoll ist auch die Ansicht des Niesen selbst vom Thunersee aus. Die Gegend um die Kette ist schon
frühzeitig besiedelt worden, wie z. B. die bemerkenswerten Funde von Gegenständen aus der Bronzezeit an der Zinsmadegg
(über Frutigen) gezeigt haben. Die meisten Alpweiden sind schon im Mittelalter befahren worden, so im 14. Jahrhundert die
Bruschgeren-, Gurbs-, Kilei-, Hohmad-, Mächlistall-, Lavey- und Niesenalp.