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Hirsch, während das Reh allmählig wieder häufiger wird. Heute sind die beiden Hauptvertreter der Raubtiere in den Neuenburger Waldungen der Fuchs und der Dachs. Die Wildkatze ist recht selten geworden und wird hie und da noch bei Le Maley im Chaumontwald geschossen. Häufiger treten Edelmarder, Steinmarder, Iltis, Wiesel und Hermelinwiesel auf. Erbarmungslos wird der Fischotter nachgestellt, die sich noch im Neuenburgersee (Pointe de l'Areuse) und an den Ufern des Doubs zeigt, aber wahrscheinlich bald ausgerottet sein dürfte.
Von Insektenfressern sind zu nennen der Igel, Maulwurf und vier Arten von Spitzmäusen, von Nagern das Eichhörnchen und
Murmeltier, der Siebenschläfer, die Haselmaus und vier weitere Arten von Feldmäusen, die schwarze und
die braune
Ratte, die Hausmaus und der gemeine Hase. Das Kaninchen kommt im wilden Zustand nicht mehr vor. Die braune oder
Wanderratte tritt immer häufiger auf und verdrängt allmählig die kleinere und schwächere schwarze
Ratte, die nur noch
in den
Dörfern und in einigen
Gassen von Neuenburg
sich aufhält, wo sie als eigentliche
Ratte (Mus rattus) und in
einer hellern Abart (Mus tectorum) vorkommt. Im
Neuenburger
Jura zählt man etwa 280 Vogelarten, die meist dem zentralen Europa
überhaupt angehören.
Doch kommen auch etwa Gäste aus dem Norden oder dem Süden. Einige in andern Teilen des Jura auftretende alpine Vogelgestalten, wie z. B. der Königsadler (soll bei Biel gesehen worden sein), fehlen. Von Zeit zu Zeit schwebt etwa ein Seeadler über dem See; ein bei Le Cerneux Péquignot erlegtes Exemplar besitzt das Museum zu Neuenburg. Das gleiche gilt für den Schreiadler (Aquila naevia). Von sehr seltenen Zugvögeln sind zu nennen Mandelkrähe, Bienenfresser, Goldamsel, Felsentaube, Silberreiher, Seidenreiher etc. Der dreizehige Specht und das Birkhuhn fehlen. Am Seestrand tummeln sich zahlreiche Strandläufer und 17 Arten Enten. Im Herbst erscheinen ganze Schwärme von Lachmöven (Larus ridibundus) und mit ihnen einige Flussseeschwalben, dreizehige Möven und Raubmöven.
Die Lachmöve wagt sich in zahlreicher Gesellschaft bis in die Strassen der Stadt und verlässt die Gegend wieder im Frühjahr, doch sollen einige Paare das ganze Jahr bleiben und an den s. Steilufern des Sees oder in dem benachbarten Sumpfland nisten. Sie wechseln im Frühjahr die Farbe und erhalten dann einen schwarzen Kopf. Von Zeit zu Zeit sieht man auch einige, besonders weibliche Exemplare von Zwerg- und Grosstrappen. Von diesen letzteren ist ein schönes Männchen vor etwa 60 Jahren vom Hauptmann Vouga nahe der Areusemündung geschossen worden, während man zu Ende 1902 zwischen Cornaux und Cressier drei Weibchen gesehen hat. Eines derselben befindet sich jetzt im Museum zu Neuenburg. Von Interesse ist, dass vor etwa 20 Jahren in den Sümpfen vor dem O.-Ende des Sees auch zwei junge Flamingos erlegt werden konnten. Selten erscheinen auch die Eiderente (Weibchen und Junge) und der Singschwan. Im Winter fangen sich in den Netzen der Fischer etwa auch einige Taucher (3 Arten), meist ebenfalls Junge und Weibchen.
Die Reptilien sind mit 8 Arten vertreten: gemeine Eidechse, Mauereidechse und Blindschleiche sind überall verbreitet, während die lebendig gebärende Eidechse die Bergregion bevorzugt. In der Nähe von Wasser ist die Ringelnatter nicht selten, die österreichische oder glatte Natter (Coronella laevis) wohnt in den Waldungen und wird oft für giftig gehalten; Giftschlangen sind die Redi'sche Viper (Vipera aspis) und die gemeine Viper oder Kreuzotter (Pelias berus).
Erstere ist an den trockenen Gehängen über der Stadt Neuenburg und im Allgemeinen auch längs dem ganzen Neuenburger Jura sehr gemein und wechselt in der Farbe von dunkelbraun bis ziegelrot; die in den Alpen so häufige Kreuzotter ist bis jetzt nur vereinzelt (Les Verrières, Gorges du Doubs, Steinbrüche von Môtiers) angetroffen worden. Ueber die Amphibien vergl. den Art. Jura. Man kennt für den Kanton Neuenburg etwa 30 Arten Fische, die alle im Neuenburgersee leben, mit Ausnahme des Flussbarsches, der zuweilen von der Saône her in den Doubs hinaufsteigt.
Zwei charakteristische Arten sind der Balchen (Coregonus palea) und der Pfärrit (Coregonus exiguus var. bondella). Ersterer («palée» geheissen) bewohnt den Neuenburger-, Bieler- und Murtensee, der andere («bondelle») blos den Neuenburger- und Bielersee. Der zuweilen in den Bielersee hinaufsteigende Lachs (Salmo salar) scheint nicht bis in den Neuenburgersee vorzudringen. Auch der im Murten- und Bielersee, sowie in den Abzugsgräben der umliegenden Sumpflandschaften nicht seltene Wels (Silurus glanis) wird nur ausnahmsweise gefangen. In Bezug auf die Wirbellosen beschränken wir uns ebenfalls auf einige kurze Bemerkungen.
Die Kruster sind durch den Flusskrebs und einige kleinere Arten vertreten, die sich im See, in Gräben und Weiern aufhalten. Der Flusskrebs hat aber an Zahl bedeutend abgenommen, da ihm einerseits unvernünftig stark nachgestellt wird und da andererseits eine verheerende Krankheit unter ihm aufgeräumt hat. So kommt es, dass er jetzt an Stellen, wo er früher massenhaft gefangen wurde, völlig verschwunden ist. Von Interesse ist ein kleiner blinder Flohkrebs, Niphargus puteanus, der in tiefen Brunnen lebt und den man in Neuenburg, Troisrods und Les Verrières sowie in den Wasserlachen der sog. Grotte du Chemin de Fer (Gorges de l'Areuse) gefunden hat.
Eine etwas grössere Form (Niphargus Foreli) hält sich im See auf. Andere, an das Leben auf dem Lande angepasste Typen (Asseln etc.) findet man im Wald, an altem Gemäuer und auch in den Häusern. Unter den Tausendfüsslern ist eine eigentümliche Scutigera hervorzuheben, die wahrscheinlich mit Blumensendungen aus dem Süden her eingeführt worden ist und sich immer mehr verbreitet. Die in grosser Zahl und mannigfaltigen Formen vorhandenen Spinnentiere sind noch nicht genügend untersucht; ebenso besitzen wir von den Insekten blos über die Käfer, Schmetterlinge und Zweiflügler befriedigende Spezialstudien (vergl. Bull. de la Soc. des sc. nat. de Neuch. 29, 1900/01). Ueber die Anzahl der Insektenarten kann man zur Zeit noch keine bestimmten Angaben machen, sondern nur sagen, dass sie auf jeden Fall sehr umfangreich ist. Der Neuenburger Jura weist ferner noch an die hundert Arten Mollusken auf, die teils Landtiere (Helix, Clausilia, Pupa etc.), teils Wassertiere (Muscheln etc.) sind. Von letzteren weisen die Anodonten oder Teichmuscheln deswegen ein besonderes Interesse auf, weil man mit ihnen lehrreiche Versuche über den Einfluss der Lebensweise auf die Umformung der ¶
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Arten angestellt hat. Das gleiche gilt für die Limnaeen oder Lungenschnecken. Ueber das Seeplankton ist besonders eine schöne Arbeit von Dr. Fuhrmann (Bull. de la Soc. des sc. nat. de Neuch. 28, 1899/1900) zu vergleichen.
[Prof. Paul Godet.]
Bevölkerung.
Der Volkszahl nach steht der Kanton Neuenburg unter den schweizerischen Kantonen an zehnter Stelle. Die erste Volkszählung, die ein verwertbares Resultat geliefert hat, fand 1752 statt. In folgender Tabelle stellen wir die Ergebnisse der verschiedenen Zählungen zusammen:
Jahr | Ew. | Jahr | Ew. |
---|---|---|---|
1752 | 32335 | 1870 | 95425 |
1800 | 46206 | 1880 | 102744 |
1810 | 49913 | 1890 | 108925 |
1820 | 51592 | 1900 | 126279 |
1830 | 55160 | 1901 | 126017 |
1840 | 62740 | 1902 | 127863 |
1850 | 70753 | 1903 | 129589 |
1860 | 87369 | 1904 | 130439 |
Es hat somit die Zahl der Bevölkerung stetig zugenommen und zwar zumeist in ziemlich beträchtlichem Umfang. Vorübergehende Stockungen sind nur in besonders ungünstigen Jahren zu verzeichnen gewesen, so 1810 und 1829 (Hungerjahre, Handelskrisen), 1831 (politische Wirren) und 1848 (Revolution und kommerzielle Krisis).
Seit 1871 bleibt die Zahl der im Kanton verbürgerten Bewohner hinter derjenigen der übrigen Schweizerbürger und Fremden
etwas zurück. 1871: 47365 Neuenburger und 47814 übrige Schweizer und Fremde, während sich noch 1850 das Verhältnis auf 44668 zu 27365 gestellt
hatte. Im Kanton sind geboren 4586 Fremde gegen 13189 Schweizer. ^[Berichtigung: Von den im Kanton sich
Aufhaltenden 13189 Fremden sind 4586 hier geboren.] Da sich dieses Ueberwiegen des nicht neuenburgischen Elementes immer
fühlbarer machte, hat man den Gemeinden die Aufnahme von Neubürgern erleichtert, womit aber die Neuenburger immer noch nicht
die Mehrzahl erreicht haben. Dieses schwächere Verhältnis der eigenen Kantonsangehörigen zu der übrigen
Bevölkerung lässt sich auf geringere Geburtsziffern, ziemlich beträchtliche Auswanderung und auf den Rückgang der Landwirtschaft
und einiger Handwerke zurückführen.
Neuenburger | Uebrige Schweizer | Fremde | |
---|---|---|---|
1890 | 48858 | 49133 | 9719 |
1895 | 53727 | 50592 | 10677 |
1900 | 56800 | 56290 | 13189 |
1901 | 58175 | 54885 | 13017 |
1902 | 59105 | 55566 | 13192 |
1903 | 59853 | 56333 | 13403 |
1904 | 60275 | 56499 | 13665 |
Von 1752 bis 1900 ist die Zahl der übrigen Schweizer und Fremden von 4318 auf 69479 gestiegen, d. h. sie hat sich versechszehnfacht. Im gleichen Zeitraum haben die Kantonsbürger sich kaum um das doppelte vermehrt (1752: 28017; 1900: 56800) und dies trotz der durch das Gemeindegesetz von 1888 gewährten Erleichterung in der Aufnahme von neuen Bürgern.
Es bildeten 1900 die Kantonsbürger nur 45% der Gesamtbevölkerung. Zu bemerken ist aber, dass zahlreiche Schweizer und Fremde im Kanton geboren sind und daher wohl auch den Neuenburgern zugezählt werden dürfen. Seitdem die Bundesverfassung allen Schweizern in sämtlichen Kantonen die Freizügigkeit und die gleichen politischen Rechte gewährleistet, fühlen die meisten in andern Kantonen ansässigen. Schweizer nicht mehr das Bedürfnis, sich in ihrer Wohngemeinde einzubürgern.
Von den 126279 Ew. im Jahr 1900 sind 81268 im Kanton selbst geboren. Der Kanton Neuenburg zählt 4 Gemeinden mit weniger als 200 Ew. und 28 Gemeinden mit 1000 und mehr Ew. 1900 zählten die 6 Bezirke oder 63 Gemeinden des Kantons zusammen 11479 Häuser und 27136 Haushaltungen, ferner 56800 Neuenburger, 56290 übrige Schweizer (wovon 33836 Berner) und 13189 Fremde;
60586 Ew. männlichen und 65693 Ew. weiblichen Geschlechtes;
107291 Reformierte, 17731 Katholiken, 1020 Juden und 237 anderer Konfessionen;
104551 Ew. französischer, 17629 deutscher, 3664 italienischer und 435 anderer Sprache.
Bezirk | Ew. französ. | Ew. deutscher | Ew. italien. Sprache |
---|---|---|---|
Neuenburg | 20661 | 5968 | 1160 |
Boudry | 12319 | 1885 | 299 |
Val de Travers | 14988 | 1435 | 730 |
Val de Ruz | 8079 | 1166 | 188 |
Le Locle | 17191 | 1525 | 270 |
La Chaux de Fonds | 31313 | 5650 | 1017 |
Von den Fremden sind 4531 Italiener, 4370 Franzosen und 3459 Reichsdeutsche. Auf die Gesamtbevölkerung entfallen 40820 Verheiratete, 7402 Verwitwete, 77203 Ledige und 654 Geschiedene.
Bezirk | Ew. | Charakter der Bevölkerung |
---|---|---|
La Chaux de Fonds | 38028 | industriell |
Neuenburg | 28070 | agrikol und industriell |
Le Locle | 18999 | industriell |
Val de Travers | 17177 | agrikol und industriell |
Boudry | 14563 | agrikol |
Val de Ruz | 9442 | agrikol |
[Ed. Quartier-La-Tente.]
Handel, Gewerbe und Industrie.
Die hauptsächlichsten Industriezweige des Kantons sind, nach Bezirken geordnet:
1. Neuenburg ist durch seine höhern Schulanstalten (Gymnasium, Akademie, Handelsschule) besser bekannt geworden, als durch seine industrielle Tätigkeit, wenn man letzterer das in allen Städten der welschen Schweiz blühende Gewerbe der Pensionnate nicht zurechnen will. Serrières, das eigentlich nur einen Vorort von Neuenburg bildet, hat eine Papierfabrik, die umfangreiche Schokoladenfabrik Ph. Suchard, Sägen, Mühlen und eine Hammerschmiede. In Neuenburg existieren neben mehreren Uhrengeschäften zwei Strohhutfabriken, eine Werkstätte für Telegraphenbau, eine Schaumweinfabrik, eine Zinkgiesserei und zwei Bierbrauereien. Von grosser Bedeutung ist auch der Weinhandel, der das mit Recht geschätzte Produkt des Neuenburger Vignoble in die übrige Schweiz und ins Ausland bis nach Amerika, China und Japan ausführt. In Marin eine Automobilfabrik.
2. Im Bezirk Boudry sind die Kabelfabrik zu Cortaillod (60 Arbeiter), die Motorenbauwerkstätte zu Saint Aubin (100 Arbeiter), eine Strohhutfabrik (40 Arbeiter) und eine Automobilfabrik (14 Arbeiter) in Boudry zu nennen. Diese vier Etablissemente exportieren ihre Erzeugnisse meist ins Ausland. Daneben arbeiten noch drei von Benzin- oder Petroleummotoren getriebene kleinere Werkstätten für einzelne Uhrenteile. Acker- und Weinbau beschäftigen rund 1050 Personen. Die Bodenerzeugnisse finden ihren Absatz im eigenen Kanton und in der übrigen Schweiz.
3. Die Uhrenindustrie im Bezirk Val de Travers exportiert alle ihre Produkte, besonders nach England und China. Bedeutendste andere Betriebe: in Noiraigue drei Zementfabriken mit zusammen 200 Arbeitern, in Saint Sulpice eine Zementfabrik mit 200 ¶